TE OGH 1986/12/9 5Ob156/86

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Veröffentlicht am 09.12.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Wolfgang E***, Magistratsbeamter, 2.) Evelyn E***, Bundesangestellte, beide wohnhaft in Graz, Trattfelderstraße 75, beide vertreten durch Dr. Hans Paar, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien

1.) Hans-Jörg G***, Elektrounternehmer, 2.) Ilse G***, Beamtin, beide wohnhaft in Graz, Papiermühlgasse 21/1/11, beide vertreten durch Dr. Emil Soucek, Rechtsanwalt in Graz, wegen 79.135,68 S samt Anhang infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 10. Juli 1986, GZ 3 R 88/86-19, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 26. Februar 1986, GZ 6 Cg 119/85-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien die mit 4.880,37 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 443,67 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Sowohl die beiden klagenden als auch die beiden beklagten Parteien sind miteinander verheiratet.

Die Gemeinnützige Grazer Wohnungsgenossenschaft, registrierte Genossenschaft mbH (in der Folge kurz Genossenschaft genannt), hat im Jahre 1979 unter Zuhilfenahme öffentlicher Förderungsmittel, unter anderem eines Darlehens des Wohnbauförderungsfonds, auf der ihr gehörenden Liegenschaft EZ 125 KG Lend Grundbuch Graz das Wohnhaus Graz, Papiermühlgasse 21, errichtet.

Am 10. August 1979 bot die Genossenschaft den Klägern die Wohnung top. Nr. 11 im Haus Graz, Papiermühlgasse 21, nach deren Fertigstellung zum Kauf an (Beilage 0). Dieses Anbot hat unter anderem folgenden Inhalt:

"Der Kaufpreis setzt sich aus den anteiligen festen Grundstückskosten und den anteiligen Aufschließungskosten und Baukosten zusammen.

Die Finanzierung erfolgt mittels Darlehens des Wohnbauförderungsfonds, eines Darlehens der Steiermärkischen Sparkasse und des in bar zu erlegenden Baukostenbeitrages einschließlich der Aufschließungskosten sowie des Grundstückskostenanteiles.

Der Baukostenbeitrag ist aufgrund der Preisbasis vom 1. Jänner 1979 errechnet und der Grundstückskostenanteil ist ein Fixbetrag .....

Gleichzeitig nehmen Sie hiemit verbindlich zur Kenntnis, daß die Wohnung bei Nichtbedarf, soweit die grundbücherliche Durchführung noch nicht vorgenommen wurde, der Genossenschaft zurückzugeben ist und kein Bewerber in Vorschlag gebracht werden kann..... Nach Vorliegen der Nutzwertfeststellung, die wir durch den Sachverständigen veranlassen und durch den Magistrat Graz genehmigen lassen müssen, und der Vollendung der Bauführung sowie nach Bezahlung der genannten Beträge wird auf Ihre Kosten ein Kaufvertrag über soviele Anteile der bezeichneten Liegenschaft abzuschließen sein, als zur Einräumung des Wohnungseigentums an der bezeichneten Wohnung (sonstigen Räumlichkeit) erforderlich sind. Die Errichtung des Wohnungseigentumsvertrages erfolgt durch den von uns zu beauftragenden Rechtsanwalt nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes 1975, nach dem ABGB und nach unserer Satzung auf Ihre Kosten. Falls Sie mit einer solchen Vertragsformulierung nicht einverstanden sein können, wird das Anbot sohin die Vereinbarung gegenstandslos und ist die Wohnung der Genossenschaft zurückzustellen.....

Die von Ihnen aufzubringenden Eigenmittel betragen:

Für Grundstückskostenanteil                  S  97.026,--

für Bauund Aufschließungskosten              S 115.587,--

zusammen:                                    S 212.613,--.

Die in der Endabrechnung (§ 34 Wohnbauförderungsgesetz 1968) enthaltenen, vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung anerkannten bzw. festgesetzten Beträge gelten als nachgewiesen. Die Eigenmittel werden nicht verzinst. ....

Die Eigenmittel werden auf den Kaufpreis angerechnet. Ab Übernahme der Wohnung sind die zur Tilgung und Verzinsung der Baudarlehen und zur Deckung der Instandhaltungs- und Verwaltungs- und Betriebskosten errechneten Beträge zu bezahlen. Die kostendeckende Errechnung erfolgt nach den gemeinnützigkeitsrechtlichen Bestimmungen.

Aufgrund dieser obgenannten Darlehensbedingungen und ausgehend von dem laut Förderungsbescheid festgesetzten Finanzierungsplan ergibt sich nachstehende Entwicklung der reinen Darlehensrückzahlungsrate: .....

Zu der monatlichen Darlehensrückzahlung kommen noch die jeweils gültigen Verwaltungskosten (ab 1980 pro Wohnung und Jahr S 918,-), der Instandhaltungskostenbeitrag (derzeit pro Quadratmeter und Jahr S 30,-) und die Akontozahlungen für Betriebskosten, welche jährlich nach dem tatsächlichen Verbrauch abgerechnet werden (derzeit S 8,- pro Quadratmeter und Monat).

Eine Berichtigung dieser angegebenen Beträge behalten wir uns aufgrund der Endabrechnung vor. ....

Zum Erwerb dieser Wohnung wäre aufgrund unserer Satzung erforderlich, daß Sie der Genossenschaft als Mitglied beitreten. Bei Annahme unseres Anbotes ersuchen wir Sie, das mitfolgende Beitrittserklärungsformular ausgefüllt und von Ihnen unterfertigt uns wieder zu retournieren."

Die Kläger nahmen das Anbot der Genossenschaft an, bezahlten die Eigenmittel und erklärten ihren Beitritt zur Genossenschaft. Zur Finanzierung der Eigenmittel nahmen die Kläger mehrere Darlehen (S 60.000,-, S 40.000,- und S 50.000,-) auf, die durchschnittlich mit 11 % p.a. verzinslich waren. Die Kläger erhielten auch vom Land Steiermark ein Eigenmittelersatzdarlehen in der Höhe von S 76.000,-. Nach der baulichen Fertigstellung des Wohnhauses kam es im Dezember 1980 zum Erstbezug der Wohnung durch die Kläger. Die behördliche Benützungsbewilligung für das Objekt wurde am 9. März 1981 erteilt. Ab dem Bezug der Wohnung bezahlten die Kläger der Genossenschaft vereinbarungsgemäß die Darlehenstilgungsraten samt Zinsen sowie die anteiligen Instandhaltungs-, Verwaltungs- und Betriebskosten (Beilage Qu).

Mit Schreiben vom 3. Mai 1984 (Beilage K) erklärten die Kläger der Genossenschaft unwiderruflich den Rücktritt von ihrer Wohnung Graz, Papiermühlgasse 21/1/11, als Wohnungswerber per 30. Juni 1984. Gleichzeitig ersuchten sie die Genossenschaft, die Beklagten als Erstwohnungswerber der angeführten Eigentumswohnung per 1. Juli 1984 vorzumerken.

Am 10. Mai 1984 schlossen die Streitteile nachstehende schriftliche Vereinbarung (Beilage B):

"Vereinbarung zwischen Wolfgang E*** (geboren am 5. Juni 1958) und Evelyn E*** (geboren am 24. Juli 1958), beide wohnhaft Graz, Papiermühlgasse 21/1/11, in der Folge "Verkäufer" genannt, und Hans-Jörg G*** (geboren am 24. Februar 1943) und Ilse G*** (geboren am 21. November 1956), beide wohnhaft Graz, Seidenhofstraße 60, in der Folge "Käufer" genannt.

Die Verkäufer verpflichten sich, ihre derzeitige Wohnung Graz, Papiermühlgasse 21/1/11, Wohnungsnummer 1 581 01 42 0, der Gemeinnützigen Grazer Wohnungsgenossenschaft registrierte Genossenschaft mbH, Graz, Neuholdaugasse 5, an die Käufer bis spätestens 31. Dezember 1984 zu übergeben.

Die Kaufsumme beträgt für die Käufer insgesamt S 440.000 (in Worten ....). Dieser Betrag beinhaltet die Zahlung an die Gemeinnützige Grazer Wohnungsgenossenschaft (ca. S 220.000,-). Den Restbetrag auf S 440.000,- erhalten die Verkäufer bis spätestens 31. Dezember 1984, womit alle Forderungen erfüllt sind. Jedoch die erste Teilzahlung an den Verkäufer von S 70.000,- am 30. Juni 1984. Die Verkäufer verpflichten sich, die ab 1. Juli auf Hans-Jörg und Ilse G*** lautenden monatlichen Zahlungen an die Grazer Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft zu leisten.

Wird die Wohnung vom Verkäufer vor dem 31. Dezember 1984 übergeben, so übernimmt der Käufer die monatliche Zahlung an die Gemeinnützige Grazer Wohnungsgenossenschaft und an die Grazer Stadtwerke AG (monatlicher Strom). Die Jahresabrechnung für Strom an die Grazer Stadtwerke AG geht zu Lasten bzw. Gunsten des Käufers. Tritt der Verkäufer von dieser Vereinbarung zurück, so zahlt der Verkäufer an den Käufer eine Pönale von 15 % der Kaufsumme und verpflichtet sich, alle aus dieser Vereinbarung geleisteten Zahlungen sofort zurückzuzahlen. Bei Rücktritt durch den Käufer gelten dieselben Bedingungen wie beim Verkäufer."

Am 14. Mai 1984 kam es zu einer Zusatzvereinbarung zwischen den Streitteilen mit folgendem Wortlaut (Beilage C):

"Vereinbarung zwischen Wolfgang E*** ..... und Evelyn E***

....., in der Folge Verkäufer genannt, und Hans-Jörg G*** ..... und

Ilse G*** .... in der Folge Käufer genannt.

Nachtrag zur Vereinbarung vom 10. Mai 1984:

Die Kaufsumme beträgt für den Käufer S 230.735,45 (in Worten

....) an die Gemeinnützige Grazer Wohnungsgenossenschaft ..... und

S 210.264,55 (in Worten ...) inclusive der Stornogebühr an den Herrn

E*** Wolfgang für Investitionen. Bei Rücktritt der Käufer muß der

Käufer die Investition an Herrn E*** Wolfgang trotzdem bezahlen."

Die Kläger gaben die Wohnung deshalb auf, weil sie eine Wohnversorgung im elterlichen Wohnhaus erhalten hatten. Die Beklagten gaben anläßlich des Erwerbes der Rechte hinsichtlich dieser Wohnung eine andere geförderte Wohnung auf. Der Betrag von S 440.000,- wurde vom Erstkläger genannt und von den Beklagten akzeptiert. Dabei handelte es sich um eine annäherungsweise Rechnung des Erstklägers unter Berücksichtigung der von ihm für die Privatdarlehen bezahlten Zinsen, der sonstigen Zinsen sowie um Aufwertungsbeträge. Die Rechnung des Erstklägers wurde von den Beklagten nicht überprüft und es wurde nicht davon gesprochen, daß es Bedingung sei, daß die Rechnung des Erstklägers ziffernmäßig richtig sei. Bei der Zusatzvereinbarung vom 14. Mai 1984 bereits bekannt, daß die Beklagten S 230.735,45 an die Genossenschaft zu bezahlen hatten, sodaß die Vereinbarung vom 10. Mai 1984 dahin präzisiert werden konnte, welcher Betrag von den Beklagten an die Kläger direkt zuzüglich der Stornogebühr von S 1.000,- zu bezahlen wäre. Beim Zustandekommen dieser vom Erstkläger aufgesetzten Zusatzvereinbarung wurde nicht darauf eingegangen, was unter dem Wort "Investitionen" zu verstehen sei. Da der Erstkläger die Vornahme von besonderen Aufwendungen, die dem allgemeinen Begriffsinhalt des Wortes zugeordnet werden könnten, nicht behauptet, kann er mit dem Ausdruck "Investitionen" nur die vorerwähnten Zinsen und Aufwertungsbeträge gemeint haben. Daß die Streitteile von einem gemeinsamen Begriffsinhalt ausgegangen wären, ist jedoch nicht feststellbar. Die Beklagten waren mit den Vereinbarungen und der Vorgangsweise einverstanden, weil sie damit rechneten, dadurch die Grunderwerbsteuer zu vermeiden. Mit Schreiben vom 24. Juli 1984 (A) sicherte die Genossenschaft den Beklagten das Eigentumsanwartschaftsrecht an der Wohnung top. Nr. 11 im Wohnhaus Graz, Papiermühlgasse 21, zu. Darin wurden die Beklagten in ähnlicher Weise wie seinerzeit die Kläger über die Finanzierung und die künftige Errichtung des Wohnungseigentumsvertrages informiert. Die von ihnen zu zahlenden Beträge wurden den Beklagten mit S 97.026,- für den Grundkostenanteil, mit S 109.587,- für den Baukostenbeitrag, mit S 7.378,33 für die Darlehenstilgung des Wohnbauförderungsfonds und mit S 10.744,12 für die Darlehenstilgung an die Steiermärkische Sparkasse, zusammen mit S 224.735,45 bekanntgegeben. Den Beklagten wurde insbesondere auch gesagt, daß es im Sinne der ihnen gleichzeitig zugemittelten Satzung der Genossenschaft erforderlich sei, der Genossenschaft als Mitglied beizutreten. Die Beklagten nahmen die Zusicherung an und wurden ebenfalls Mitglieder der Genossenschaft.

Seit dem vereinbarten Zeitpunkt benützen die Beklagten die Wohnung, die von den Klägern verlassen wurde. Der Wohnungseigentumsvertrag hinsichtlich des Objektes ist noch nicht errichtet. Die Genossenschaft war durchlaufend seit dem Jahr 1979 (Zusicherung an die Kläger) bis zum Schluß der Verhandlung grundbücherliche Eigentümerin des Objektes.

Die Beklagten bezahlten den ihnen durch die Genossenschaft vorgeschriebenen Betrag an diese.

Gleichfalls am 24. Juli 1984 richtete die Genossenschaft nachstehendes Schreiben an die Kläger (Beilage P):

"Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 3. Mai 1984 teilen wir Ihnen mit, daß die Genossenschaftsleitung Ihren Rücktritt vom Eigentumsanwartschaftsrecht an der Wohnung Nr. 11 im Wohnhaus Graz, Papiermühlgasse 21, per 30. Juni 1984 zur Kenntnis genommen hat. Nachfolgend angeführte Beträge erhalten Sie nach erfolgter Einzahlung durch Ihren Wohnungsnachfolger an uns von uns zurückbezahlt:

Grundkostenanteil                      S  97.026,--

Baukostenbeitrag                       S 109.587,--

Darlehenstilgung WBF                   S   7.378,33

Darlehenstilgung Steiermärkische

Sparkasse                              S  10.744,12

                                   S 224.735,45

abzüglich Rückzahlung

Eigenmittelersatzdarlehen              S  66.500,--

                                   S 158.235,45

abzüglich Manipulationskosten          S   1.000,--

abzüglich Betriebskosten und Heizung   S   1.000,--

Rückzahlungsbetrag:                    S 156.235,45."

Der den Klägern von der Genossenschaft in der Folge auch überwiesene Rückzahlungsbetrag stellt jenen Betrag dar, der den Klägern von der Summe ihrer Einzahlungen seit dem Jahre 1979 bis zum Rücktritt nach Abzug des Eigenmittelersatzdarlehens in der noch relevanten Höhe von S 66.500,- - welcher Betrag nach dem unbestrittenen Vorbringen der Kläger (AS 32) von der Genossenschaft unmittelbar an das Land Steiermark zurücküberwiesen wurde - aufgrund der Berechnung der Genossenschaft zustand.

Gegenstand und Zweck der Tätigkeit der Genossenschaft ist nach § 2 ihrer Satzung (Beilage N) unter anderem die Schaffung von Wohnungseigentum (die Durchführung von Wohnungseigentumsbauten nach dem Wohnungseigentumsgesetz). Ein Genossenschaftsmitglied kann seinen Geschäftsanteil mit Zustimmung des Vorstandes übertragen (§ 8 der Satzung). Gemäß § 12 Abs. 2 lit c der Satzung gehört es insbesondere zu den Rechten und Pflichten der Genossenschaftsmitglieder, sich um die Nutzung einer Genossenschaftswohnung, um ein Baurecht oder um die käufliche Überlassung eines Hauses der Genossenschaft oder einer Eigentumswohnung zu den vom Vorstand und Aufsichtsrat gestellten Bedingungen zu bewerben. Gemäß § 13 Abs. 1 der Satzung ist das Recht zur Nutzung einer Genossenschaftswohnung sowie zur Erwerbung eines Baurechtes, eines Hauses der Genossenschaft oder einer Eigentumswohnung durch die Mitgliedschaft bedingt. Nach § 13 Abs. 2 der Satzung darf an ein Mitglied (auch Ehepaar) nur eine geförderte Wohnung zur Nutzung, durch Kauf, als Eigentumswohnung oder im Baurecht übertragen werden. Der nach einem vom Österreichischen Verband gemeinnütziger Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen aufgestellten Muster abzuschließende Nutzungsvertrag wird nach den vom gemeinnützigen Wohnungsunternehmen anzuwendenden Verwaltungsgrundsätzen unter Beachtung der Vorschriften des WGG und seiner DV vom Vorstand und Aufsichtsrat in gemeinsamer Sitzung festgesetzt. § 13 Abs. 3 der Satzung besagt, daß bei der Veräußerung von Wohnungsbauten gemäß dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und seiner Durchführungsverordnung eine Sicherung gegen ungerechtfertigte Preiserhöhungen zu bestellen ist und die Genossenschaft in jedem Fall einer unzulässigen Preissteigerung von den ihr eingeräumten Rechten Gebrauch zu machen hat. Dafür, daß zwischen den Klägern (den Beklagten) einerseits und der Genossenschaft andererseits - zusätzlich zu den angenommenen Zusicherungen und Anboten - der besondere, in § 13 Abs. 2 der Satzung erwähnte Nutzungsvertrag geschlossen worden wäre, besteht kein Anhaltspunkt.

Mit der gegenständlichen Klage, beim Gericht eingelangt am 31. Mai 1985, begehrten die Kläger - soweit dies im Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist -, gestützt auf die Vereinbarungen vom 10. und 14. Mai 1984, auf die Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes sowie auf jeden weiteren erdenklichen Rechtsgrund, die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand, ihnen den Betrag von S 79.135,68 samt 11 % Zinsen seit 1. Jänner 1985 zu zahlen. Sie brachten vor, sie hätten den Beklagten ihre Eigentumsanwartschaftsrechte auf die Wohnung Graz, Papiermühlgasse 21/11, im Ergebnis die genannte Eigentumswohnung verkauft. Der von den Streitteilen bei der Durchführung eingeschlagene Weg der Zurücklegung der Anwartschaftsrechte durch die Kläger an die Genossenschaft und sodann deren Einräumung an die Beklagten durch die Genossenschaft sei gewählt worden, um den Beklagten nach Möglichkeit die Grunderwerbsteuerbefreiung zu verschaffen. Zwischen den Klägern und der Genossenschaft habe hinsichtlich der Wohnung kein genossenschaftlicher Nutzungsvertrag oder Mietvertrag bestanden, sondern lediglich ein Eigentumsanwartschaftsverhältnis. Von dem vereinbarten Wohnungskaufpreis von S 440.000,- hätten die Beklagten nur S 230.735,45 an die Genossenschaft und S 70.000,- an die Kläger gezahlt; sie schuldeten den Klägern daher sogar noch S 139.264,55. Die Berechtigung der Klageforderung ergebe sich aber auch aus folgenden Erwägungen: Die Kläger hätten während der Benützung der Wohnung im Rahmen der monatlichen Rückzahlungen Annuitätszinsen in der Höhe von S 58.431,58 bezahlt. Weiter hätten die Kläger die erforderlichen Eigenmittel (außer durch das vom Land Steiermark gewährte Eigenmittelersatzdarlehen) durch mehrere Privatkredite aufgebracht. Diese seien im Durchschnitt mit 11 % pro Jahr zu verzinsen gewesen. Die Kläger hätten aus diesem Grund an privaten Zinsen S 54.823,10 bezahlt. Die Kläger hätten schließlich ihre im Jahre 1979 eingesetzten Geldmittel von der Genossenschaft erst im Jahre 1984 zurückerhalten. Sie hätten demnach einen Anspruch auf Aufwertung dieser Kapitalbeträge. Diese Aufwertungsbeträge abzüglich der 2 %igen Abschreibung (§ 17 Abs. 1 WGG) machten zumindest S 35.881,- aus. Von diesem Betrag von zusammen S 149.135,68 sei, um zu dem eingeklagten noch offenen Rest zu gelangen, die Zahlung der Beklagten von S 70.000 abzuziehen.

Die Beklagten bestritten das Klagebegehren, beantragten Klageabweisung und wendeten ein: Auf die prozeßgegenständlichen Vorgänge seien die Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und des Mietrechtsgesetzes anzuwenden. Die Kläger hätten Ansprüche aus der Zurücklegung der Anwartschaftsrechte nur gegenüber der Genossenschaft, die Beklagten hätten Verpflichtungen aus dem Erwerb der Anwartschaftsrechte nur gegenüber der Genossenschaft. Die Vereinbarungen vom 10. und 14. Mai 1984 seien insoweit nichtig, als sich die Kläger von den Beklagten Leistungen ohne Gegenleistungen hätten versprechen lassen. Investitionen seien von den Klägern nicht getätigt worden. Ob sich die Beklagte die Grunderwerbsteuer ersparen könnten, stehe noch nicht fest. Die Aufwertung des von den Klägern eingesetzten Kapitals sei von der Genossenschaft bei der Festsetzung des von ihr den Klägern zu leistenden Rückzahlungsbetrages zu berücksichtigen; sie könne nicht noch einmal von den Beklagten verlangt werden. Die von den Klägern während der Benützung der Wohnung gezahlten Annuitätszinsen würden durch die Benützung der Wohnung ausgeglichen. Die von den Klägern getragene Verzinsung ihrer Privatdarlehen könne nicht auf die Beklagten überwälzt werden.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und führte in rechtlicher Hinsicht aus:

Im vorliegenden Fall sei die Unterscheidung relevant, daß es Mietverträge, genossenschaftliche Nutzungsverträge und auch anwartschaftsrechtliche Nutzungsverhältnisse in bezug auf das Wohnungseigentumsgesetz gebe. Nur dann, wenn das Rechtsverhältnis der Streitteile zu der Genossenschaft als ein Mietvertrag oder als ein genossenschaftlicher Nutzungsvertrag angesehen werden könne, ergebe sich die Frage, ob es sich bei dem Betrag von S 440.000,- um eine zulässige oder verbotene Vereinbarung handle (§ 27 MRG). Entscheidend sei somit die Rechtsnatur der Benützung der Wohnung vorerst durch die Kläger und nunmehr durch die Beklagten auf der Basis der Anbote und Zusicherungen der Genossenschaft. Gemäß § 1 MRG sei dieses Gesetz auf Mietverträge und genossenschaftliche Nutzungsverträge anzuwenden. Ein Mietvertrag sei zwischen den Klägern und der Genossenschaft nicht vorgelegen, weil das Merkmal eines Mietvertrages die entgeltliche Gebrauchsüberlassung sei und eine solche Entgeltlichkeit nicht vorliege. Die Verpflichtung zur Zahlung eines angemessenen Verwaltungskostenbeitrages sei kein Entgelt nach mietrechtlichen Gesichtspunkten, auch wenn im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz das Wort Entgelt verwendet werde. Bei Gesamtbetrachtung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes handle es sich dabei nicht um ein Entgelt, das über das Niveau eines Kostenersatzes und der Erhaltung eines gegebenen Zustandes hinausginge. Das Mietrechtsgesetz sei somit nicht anwendbar, soweit das Vorhandensein eines Mietvertrages Voraussetzung sei.

Die Kläger beriefen sich insgesamt auf die Anwendbarkeit des Wohnungseigentumsgesetzes und die anwartschaftsrechtliche Situation, woraus sich eine weitestgehende Freiheit und Veräußerlichkeit des Anwartschaftsrechtes ergebe. Den Klägern sei zwar zuzustimmen, daß die Zusicherungen und Anbote der Genossenschaft auch im Hinblick auf das Wohnungseigentumsgesetz erfolgt seien. Dabei könne aber nicht übersehen werden, daß die Genossenschaft gleichzeitig sehr genau, jeweils unter Hinweis auf die Satzung, auch auf die Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes Bezug genommen habe. Es sei daher davon auszugehen, daß auf das Rechtsverhältnis zwischen den Klägern und der Genossenschaft vom Jahre 1979 bis zur Zurücklegung der Anwartschaftsrechte im Jahre 1984 und nunmehr auf das Rechtsverhältnis zwischen den Beklagten und der Genossenschaft zwar die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes, soweit sie sich auf die anwartschaftsrechtliche Phase bezögen, anzuwenden seien, die Vertragsverhältnisse aber gleichzeitig auch als genossenschaftliche Nutzungsverträge zu qualifizieren seien. Es könne nämlich an der Tatsache nicht vorbeigegangen werden, daß das anwartschaftsrechtliche Vertragsverhältnis den Klägern den Gebrauch und die Benützung der Wohnung ermöglicht habe, so wie dies nun den Beklagten zukomme. Das Gesetz selbst definiere den Begriffsinhalt eines genossenschaftlichen Nutzungsvertrages nicht. Aus diesem Begriff lasse sich jedoch nach allgemeinen Grundsätzen ableiten, daß ein genossenschaftlicher Nutzungsvertrag immer dann vorliege, wenn die Nutzung sich aus einem Vertragsverhältnis mit einer Genossenschaft ergebe; insoferne wäre die Mitgliedschaft zur Genossenschaft nicht Voraussetzung. Hinzu komme, daß der eigentliche Wohnungseigentumsvertrag noch gar nicht geschlossen worden sei, die Genossenschaft noch grundbücherliche Eigentümerin sei und es nicht sicher sei, daß es wirklich zu einem Wohnungseigentumsvertrag kommen werde; es sei nicht sicher, daß der von der Genossenschaft angebotene Wohnungseigentumsvertrag inhaltlich von den Klägern oder den Beklagten seinerzeit akzeptiert werde. Für diesen Fall sei vereinbart, daß die Rechte zurückzulegen seien. Es bestünden keine Bedenken dagegen, auf die Rechtsbeziehungen zwischen den Wohnungseigentumsbewerbern und einer gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft kumulativ die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes betreffend die anwartschaftsrechtliche Phase und jene des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes anzuwenden und dabei gleichzeitig zu sagen, daß es sich während dieser Phase um einen genossenschaftlichen Nutzungsvertrag handle.

Wesentlich erscheine auch, daß die Kläger ihre Rechte an die Genossenschaft zurückgelegt hätten. Für die Genossenschaft seien die Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes maßgeblich gewesen. Die Genossenschaft habe den Klägern gemäß §§ 13, 17 WEG (gemeint wohl: WGG) nur den dort angeführten Betrag zurückzahlen und den Beklagten nur den dort definierten Betrag vorschreiben können. Dem Gesetz sei zu entnehmen, daß kein Teil aus diesen Vorgängen einen Gewinn ziehen solle. Den Beklagten sei darin beizupflichten, daß den Klägern schon bei der Berechnung (der Rückzahlung) nach diesem Gesetz (WGG) eine Aufwertung - soweit zulässig - zugute gekommen sei, sie sich aber auch die Benützung der Wohnung anrechnen lassen müßten.

Es ergebe sich demnach, daß in Ansehung der Vereinbarung auf Zahlung von S 440.000,- auch das Mietrechtsgesetz (§§ 1,27) anzuwenden sei. Demgemäß sei die Vereinbarung insoferne unzulässig und ungültig, als die Beklagten zu einer Zahlung verpflichtet worden seien, die über den Betrag hinausgehe, den sie nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz zu bezahlen hätten. Insbesondere seien die §§ 13 bis 18 WEG auf Wohnungseigentumsbewerber auch nicht analog anzuwenden (MietSlg. 35.659). Dies spreche gleichfalls eher dafür, daß zufolge des grundbücherlichen Eigentums der Genossenschaft die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes mit Vorsicht anzuwenden seien. Auch an § 917 a ABGB sei zu denken, der sich direkt allerdings nur an die Vertragspartner wende. Die Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes könnten nach dieser Gesetzesstelle auch als eine Schutznorm zugunsten der Beklagten angesehen werden, wonach kein höheres Entgelt vereinbart werden dürfe, als dies nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz zulässig sei.

Die von den Klägern zur Fundierung des Klagsanspruches angeführten Annuitätszinsen, privaten Darlehenszinsen und Aufwertungsbeträge seien gemäß § 27 MRG als ungültig und verboten anzusehen. Sie ließen sich den dort taxativ angeführten überwälzbaren Beträgen auch bei Bedachtnahme auf § 10 MRG nicht unterstellen. Die Beklagten hätten keine gleichwertige Gegenleistung hiefür erhalten, weil für die Berechnung der Gleichwertigkeit die Maßstäbe des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes maßgebend seien und die finanzielle Abwicklung diesbezüglich von der Genossenschaft abschließend vorgenommen worden sei.

Das Klagebegehren sei daher abzuweisen gewesen, ohne daß es noch erforderlich gewesen wäre, im einzelnen auf die Richtigkeit der geltend gemachten Berechnungen der Kläger einzugehen. Sollte nämlich der Standpunkt der Beklagten nicht zutreffen, daß die Vereinbarung auf Zahlung von S 440.000,- teilweise ungültig sei, dann gäbe es keinen Grund, an der Gültigkeit dieser Vereinbarung zu zweifeln, und wäre das Klagebegehren ohne weiteres berechtigt. Nur hinsichtlich der Zinsen wäre diesfalls ergänzend festzustellen:

Die Kläger nahmen zur Finanzierung des Eigenmittelanteiles am 11. Juni 1979 bei der B*** ein Darlehen in der Höhe von S 60.000,-

mit einem Jahreszinssatz von kontokorrentmäßig 9,27 % auf. Dabei entstand eine Kreditgebühr von S 480,-. Weiter nahmen sie am 17. August 1979 einen Kredit über S 50.000,- auf, der mit 9 % pro Jahr zu verzinsen war. Schließlich nahmen sie im Jahre 1978/79 noch einen weiteren Kredit bei der B*** in der Höhe von S 40.000,- auf. Die Kläger haben im übrigen schon vor dem 1. Jänner 1985 bei der Raiffeisenkasse Straßgang einen Kredit in der Höhe von S 100.000,-

aufgenommen, der mit 11 % Zinsen pro Jahr belastet ist. Hätten die Beklagten den eingeklagten Betrag bezahlt, dann wären insoferne 11 % Zinsen seit 1. Jänner 1985 nicht entstanden.

Das Berufungsgericht erkannte im Sinne der Klage und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es legte seiner Entscheidung die erstgerichtlichen Feststellungen sowie den gesamten Inhalt der in der mündlichen Berufungsverhandlung verlesenen Urkunden Beilagen A und O zugrunde und führte in rechtlicher Hinsicht aus:

Unbestritten sei, daß die Kläger mit Abschluß des Kaufvertrages Beilage O als Wohnungseigentumsbewerber im Sinne des § 23 Abs. 1 WEG anzusehen gewesen seien. Als solche hätten sie nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle einen unabdingbaren Anspruch darauf gehabt, daß ihnen die zugesicherte Wohnung nach deren Beziehbarkeit und nach Bezahlung der vereinbarten Kaufpreisbeträge zur Nutzung übergeben und in der Folge ihr Eigentumsrecht mit den entsprechenden Eigentumsanteilen im Grundbuch eingetragen werde. Diese Bestimmungen seien laut Punkt 8 der Einführung zum Bericht des Justizausschusses (1681 BlgNR 13.GP) vom Gesetzgeber im besonderen deshalb erlassen worden, "um dem Wohnungseigentumsbewerber, der zumeist bereits in der Vorphase erhebliche finanzielle Mittel aufbringen muß, mit der Vollendung der Bauführung den unabdingbaren Anspruch auf die tatsächliche und rechtliche Herstellung des von ihm erworbenen Wohnungseigentums zu sichern, sowie die Vereinbarungen und Vorbehalte auszuschließen, die mit dem Wesen des Wohnungseigentums unvereinbar sind". Die Einräumung der Nutzung der Wohnung sei somit ein unmittelbarer Ausfluß des Wohnungseigentumsanwartschaftsrechtes und unterliege grundsätzlich nicht den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes (vgl. MietSlg. 31.543, 35.650, 35.731 ua). Die diesbezüglichen Vereinbarungen richteten sich vielmehr nach allgemeinem Vertragsrecht (Würth in Rummel, ABGB, Rz 12 zu § 23 WEG). Vereinbarungen, die geeignet seien, die dem Wohnungseigentumsbewerber zustehenden Nutzungs- und Verfügungsrechte aufzuheben oder zu beschränken, seien unwirksam (§ 24 WEG). Dem Wohnungseigentumsbewerber stehe das Recht zu, seine Ansprüche nach den §§ 23 ff. WEG auch an Dritte zu übertragen, wobei allerdings, wie hier, die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung zumindest bis zur tatsächlichen Verbücherung des Eigentumsrechtes der Zustimmung des Wohnungseigentumsorganisators bedürfe (MietSlg. 31.546/40 ua). Im vorliegenden Fall sei nicht strittig, daß die Kläger im Vertrag mit den Beklagten nicht bloß ihre Nutzungsrechte, sondern ihre gesamten Anwartschaftsrechte am Wohnungseigentum übertragen wollten.

Das Erstgericht vermeine nun, daß hinsichtlich der anwartschaftsrechtlichen Phase die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes anzuwenden seien, das Vertragsverhältnis aber gleichzeitig kumulativ als genossenschaftlicher Nutzungsvertrag qualifiziert werden müsse. Genossenschaftliche Nutzungsverträge unterlägen nunmehr dem Mietrechtsgesetz (§ 1 leg.cit.). Unter diesem Begriff seien aber - dies ergebe sich unter anderem auch aus der getrennten Anführung im § 13 Abs. 1 WEG (gemeint wohl: WGG) - nur jene Verträge zu verstehen, welche die Überlassung des Gebrauches einer Wohnung aus dem Titel eines Miet- oder sonstigen Nutzungsvertrages beträfen. Der Inhalt der Kaufurkunden Beilagen O und A lasse die Annahme eines solchen selbständigen Nutzungsvertrages zwischen dem Wohnungseigentumsorganisator und dem jeweiligen Wohnungseigentumsbewerber nicht zu. Vielmehr ergebe sich in aller Deutlichkeit, daß die Überlassung der Wohnung an die Kläger nur in Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung nach § 23 WEG und nicht wegen Abschlusses eines gesonderten Nutzungsvertrages erfolgt sei. Es könne daher auch nicht in Zweifel gezogen werden, daß der Wohnungseigentumsorganisator im Streitfall verpflichtet sein werde, nach Vorliegen der hiefür vorgesehenen Voraussetzungen den jeweiligen Anwartschaftsberechtigten das Eigentumsrecht an der ihnen zur Nutzung übergebenen Wohnung durch grundbücherliche Eintragung zu verschaffen. Daran ändere das bedungene und nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen bestehende Recht auf Rücktritt vom Vertrag nichts, sodaß der diesbezügliche Umstand auch nicht zur Stützung der Rechtsansicht der Beklagten und des Erstgerichtes herangezogen werden könne.

Nach diesen Überlegungen sei eine unmittelbare Heranziehung der Bestimmungen des § 27 MRG auf den Streitfall nicht möglich und zulässig. Allerdings könnte man - wie vor Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes - die Auffassung vertreten, daß wegen des bestandrechtsähnlichen Charakters der Gebrauchsüberlassung die sinngemäße Anwendung der diesbezüglichen Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes zulässig sein und auch § 27 MRG Platz greifen könnte. Die Zulässigkeit einer solchen Analogie habe stets die Gleichheit des Rechtsgrundes und des Schutzbedürfnisses zur Voraussetzung und ihre Grenze dort, wo ein Analogieschluß einer vom Gesetzgeber offensichtlich gewollten Beschränkung widerspreche (vgl. SZ 50/45). Im Mietrechtsgesetz habe nun der Gesetzgeber eine Sonderstellung für Eigentumswohnungen geschaffen und nur bestimmte Paragraphen des Mietrechtsgesetzes hierauf für anwendbar erklärt (§ 1 Abs. 4 Z 3 MRG). Die Bestimmungen des § 27 MRG seien nicht darunter. Gelte dies für die Zeit nach Eintragung des Eigentumsrechtes des Wohnungseigentumsbewerbers im Grundbuch, dann bestünden aber auch nicht die Voraussetzungen für die Annahme, daß der Gesetzgeber diesen Ausschluß für das aus dem Anwartschaftsrecht fließende gleichartige Nutzungsrecht vor der grundbücherlichen Eintragung beseitigt wissen wolle. Eine Ergänzung des Wohnungseigentumsgesetzes bzw. des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes durch analoge Heranziehung der Bestimmungen des § 27 MRG sei daher nicht gestattet.

Nichts sei auch aus der Bestimmung des § 13 der Satzung der hier tätigen Wohnbaugenossenschaft für den Standpunkt der Beklagten zu gewinnen, wonach bei Veräußerung von Wohnungsbauten gemäß dem WGG und seiner Durchführungsverordnung eine Sicherung gegen ungerechtfertigte Preiserhöhungen zu bestellen sei und im Falle einer unzulässigen Preissteigerung die Genossenschaft von den ihr eingeräumten Rechten Gebrauch zu machen habe. Diese Rechte der Genossenschaft beträfen nämlich das Rechtsverhältnis zwischen der Genossenschaft und dem jeweiligen Mitglied, machten jedoch einen ordnungsgemäß abgeschlossenen Kauf-, Übertragungs- oder Verschaffungsvertrag zwischen einem Mitglied und einem Dritten nicht ungültig.

Unbestritten stehe fest, daß die Beklagten von dem an die Kläger nach der Vereinbarung zu leistenden "Kaufpreis" einen Betrag von S 79.135,68 nicht bezahlt hätten und daß die Kläger dadurch mit Kreditzinsen aus diesem Betrag in der Höhe von 11 % pro Jahr belastet seien.

Da der von den Beklagten behauptete Leistungsverweigerungsgrund nicht zu Recht bestehe, sei die Abweisung des Klagebegehrens durch das Erstgericht nicht gerechtfertigt gewesen.

Da hinsichtlich der hier behandelten Rechtsfragen keine zugängliche Judikatur vorliege und die Rechtsmeinungen dazu nicht ausgeformt erschienen, die Lösung des Streitfalles daher für die Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung von erheblicher Bedeutung sei, sei auszusprechen gewesen, daß die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig sei.

Gegen das Berufungsurteil richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Abs. 1 Z 4 in Verbindung mit Abs. 2 ZPO gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, in Abänderung des angefochtenen Urteils das Ersturteil wiederherzustellen. Die Kläger beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Beklagten argumentieren folgendermaßen: Das Erstgericht sei zu dem zutreffenden Schluß gelangt, daß auf den gegenständlichen Rechtsfall hinsichtlich der anwartschaftsrechtlichen Phase die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes und die Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes kumulativ anzuwenden seien und es sich in dieser Phase um einen genossenschaftlichen Nutzungsvertrag handle. Es habe seine Auffassung unter anderem zu Recht damit begründet, daß in der Satzung ausdrücklich auch die Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes angezogen würden. So sei im § 13 der Satzung ausdrücklich vereinbart worden, daß die Genossenschaft im Falle unzulässiger Preissteigerungen von den ihr eingeräumten Rechten Gebrauch zu machen habe. Es bedürfe wohl kaum einer näheren Erörterung, daß im gegenständlichen Fall eine solche unzulässige Preissteigerung vorliege; die gegenständliche Wohnung sei nämlich eindeutig mit einem namhaften Gewinn, zu einem Betrag, der den von den Klägern aufgewendeten Betrag bei weitem übersteige, abgestoßen worden. Das verstoße daher eindeutig gegen alle wohnbauförderungs- und gemeinnützigkeitsrechtlichen Bestimmungen.

Daß es die Absicht des Gesetzgebers sei, dies zu verhindern, ergebe

sich eindeutig auch aus dem Umstand, daß die Genossenschaft gemäß

§§ 13 bzw. 17 WWG (gemeint wohl: WGG) lediglich verpflichtet sei,

dem die Wohnung aufgebenden Teil den in den vorgenannten

gesetzlichen Bestimmungen definierten Betrag zurückzuzahlen. Daraus

könne jedoch nur der Schluß gezogen werden, daß keiner der daran

Beteiligten einen Veräußerungsgewinn aus einer Wohnung, die mit

geförderten Mitteln erworben wurde, ziehen solle. Jede andere

Auslegung würde dem Handel mit geförderten Eigentumswohnungen Tür

und Tor öffnen. Auch Korinek weise in diesem Zusammenhang bezüglich

der Rückzahlung von Finanzierungsbeträgen in seinem Kommentar zum

WGG darauf hin, daß der Grundgedanke des Gesetzgebers darin liege,

daß der Nachmann dem Nutzungsberechtigten bei Auflösung des

Nutzungsvertrages das zurückgebe, was er zur Finanzierung der

Grund- und Baukosten geleistet habe, abzüglich einer Verminderung

durch einen Abschreibungssatz. Auch daraus folge, daß der Veräußerer

keinen Gewinn erzielen solle. Berücksichtige man letzten Endes, daß

die Kläger noch gar nicht grundbücherliche Eigentümer gewesen seien

und es auch nicht feststehe, ob sie dies jemals geworden wären, dann

müsse man auch aufgrund dieser Tatsache davon ausgehen, daß sich die

Kläger gewisse Beschränkungen ihres Anwartschafts-(und nicht

Eigentums-)Rechtes gefallen lassen müßten, zumal es sich eben nicht

um eine frei finanzierte, sondern um eine mit staatlichen Mitteln

geförderte Wohnung gehandelt habe und es nicht rechtens und billig

wäre, wenn aus deren Veräußerung ein - noch dazu unverhältnismäßig

hoher - Gewinn erzielt werden würde. Daß die Kläger in ihren

Verfügungsrechten nicht gänzlich frei seien, ergebe sich im übrigen

auch aus der Tatsache, daß zur Verbücherung des Eigentumsrechtes der

Beklagten die Zustimmung der Genossenschaft erforderlich sei. Das Erstgericht sei demnach im gegenständlichen Fall zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes und des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes kumulativ anzuwenden seien und damit auch die einschlägigen Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes zum Tragen kämen, weshalb das Klagebegehren mangels gleichwertiger Gegenleistungen der Kläger abzuweisen gewesen sei. Dieser Argumentation kann nicht beigepflichtet werden.

Die Kläger haben sich dafür, daß sie von ihrem mit der Genossenschaft bezüglich der Eigentumswohnung Graz, Papiermühlgasse 21/11, abgeschlossenen Kaufvertrag zurückgetreten sind und so den Beklagten die Möglichkeit verschafft haben, ihrerseits einen Kaufvertrag bezüglich dieser Wohnung mit der Genossenschaft abzuschließen, ein Entgelt ausbedungen. Diese Entgeltvereinbarung verstößt (zumindest in dem Umfang, in dem sie der gegenständlichen Klageführung unter Berücksichtigung einer bereits geleisteten Teilzahlung durch die Beklagten in der Höhe von S 70.000,- zugrunde gelegt wurde) weder gegen ein gesetzliches Verbot noch gegen die guten Sitten (zur Sittenwidrigkeit überhöhter bzw. ungerechtfertigter Entgelte im allgemeinen vgl. Krejci in Rummel, ABGB, Rz 98 ff zu § 879 ABGB).

Eine Anwendung der §§ 27 (Abs. 1 Z 1 oder 5 in Verbindung mit Abs. 2 lit. a) MRG und 17 WGG auf den gegenständlichen Fall scheidet deshalb aus, weil die Kläger nicht miet- oder genossenschaftliche Nutzungsrechte, sondern Eigentumsanwartschaftsrechte an der Eigentumswohnung aufgegeben und den Beklagten nicht bloß den Erwerb von miet- oder genossenschaftlichen Nutzungsrechten, sondern von Eigentumsanwartschaftsrechten an dieser Wohnung ermöglicht haben. Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, daß die Einräumung der Nutzung der Wohnung (durch die Genossenschaft zunächst an die Kläger und in der Folge an die Beklagten) als Erfüllung des im § 23 Abs. 2 Z 1 WEG verankerten, einen unmittelbaren Ausfluß des Wohnungseigentumsanwartschaftsrechtes darstellenden Anspruches des Wohnungseigentumsbewerbers und nicht als Begründung eines Miet- oder genossenschaftlichen Nutzungsverhältnisses zu beurteilen ist (vgl. MietSlg. 29.048 und 34.618/24). Auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes sind die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der genannten gesetzlichen Bestimmungen auf den gegenständlichen Fall nicht gegeben (vgl. dazu Korinek-Funk-Scherz-Weinberger-Wieser, Kommentar zum WGG, Anm. 1 am Ende zu § 17, wonach die bei Mietern und sonstigen Nutzungsberechtigten gegebene Problematik, die diese Bestimmung lösen soll, beim Wohnungseigentum nicht besteht). Aus den Bestimmungen des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 und des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 läßt sich gleichfalls nicht ableiten, daß die prozeßgegenständliche Entgeltvereinbarung nichtig wäre.

§ 13 Abs. 3 der Genossenschaftssatzung - der seine Grundlage offenbar in den §§ 8 WGG 1940, 12 WGGDV 1940 hatte, welche Bestimmungen überdies für den Bereich des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 gemäß dessen § 24 Abs. 2 nicht anzuwenden sind und zufolge § 40 Abs. 1 Z 1 WGG 1979 mit dessen Inkrafttreten ihre Wirksamkeit verloren (vgl. Würth in Rummel, ABGB, Rz 9 zu § 24 WEG) - betrifft, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt, das Rechtsverhältnis zwischen der Genossenschaft und dem jeweiligen Mitglied; er macht die Vereinbarung zwischen den Streitteilen nicht ungültig.

Es kann schließlich aber auch nicht gesagt werden, daß die prozeßgegenständliche Entgeltvereinbarung (zumindest in dem Umfang, in dem sie der Klageführung unter Berücksichtigung einer bereits geleisteten Teilzahlung durch die Beklagten in der Höhe von S 70.000,- zugrunde gelegt wurde) mangels Gegenleistung der Kläger sittenwidrig wäre. Die Kläger haben für die Errichtung der Eigentumswohnung Kapital eingesetzt, für dessen Aufwertung und Verzinsung sie von der Genossenschaft weder aufgrund der Vereinbarungen noch aufgrund der zwingenden Gesetzeslage (der Rücktritt der Kläger fällt weder unter § 24 Abs. 1 Z 4 WEG noch unter § 17 WGG) etwas zu erhalten hatten und auch tatsächlich nicht erhalten haben; sie haben dadurch den Beklagten die frühere Bereitstellung des Kapitals erspart und die Möglichkeit geboten, eine mit geringeren Baukosten errichtete, relativ kurzfristig beziehbare Eigentumswohnung zu erwerben. Für die Benützung der Wohnung haben die Kläger (über die Annuitäten hinaus) Instandhaltungs-, Betriebs- und Verwaltungskosten gezahlt (Beilage Qu).

Es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E09827

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00156.86.1209.000

Dokumentnummer

JJT_19861209_OGH0002_0050OB00156_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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