TE OGH 1988/4/20 14Os31/88

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Veröffentlicht am 20.04.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.April 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schumacher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mag. Barbara F*** und andere wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Elisabeth N*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 1.Oktober 1987, GZ 26 Vr 3640/85-85, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, und des Verteidigers Dr. Ringhofer, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (ua) die am 19.Februar 1963 geborene Apothekenhelferin Elisabeth N*** "zu B/1 des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB, zu B/3 und 5/a und b (gesondert) des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 12 StGB" (ersichtlich gemeint: zu B/1/3/5/a und b des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB, teils als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB) schuldig erkannt und hiefür zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt. Darnach hat sie in Axams mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der T*** G*** durch Täuschung über Tatsachen zu

Handlungen, nämlich zu Zahlungen an die ST. J*** für Medikamente, die den Vesicherten dort teils überhaupt nicht, teils nur in geringerem Wert ausgefolgt worden waren, verleitet, wodurch diese Krankenkasse am Vermögen einen zwar 5.000 S, nicht jedoch 100.000 S übersteigenden Schaden erlitt, und zwar

(zu B/1) vom 1.Jänner 1982 bis Februar 1983 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit - der im selben Verfahren bereits rechtskräftig abgeurteilten - Mag. Silvie H*** unter Benützung verfälschter Rezepte des Arztes Dr. Felix F***, dessen Medikamentenverschreibungen auf größere und teurere Packungen abgeändert worden waren (Schaden über 5.000 S);

(zu B/3) vom 1.April 1982 bis 1985 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Mag. Silvie H*** und - der gleichfalls schon rechtskräftig abgeurteilten - Sabine H*** durch Verfassung sogenannter "Laufzettel über Medikamentenwünsche" im Wert der von ihr aus der ST. J*** bezogenen von der Krankenkasse nicht zu bezahlenden Artikel und Übergabe dieser Zettel an Dr. Felix F*** zur Ausstellung entsprechender (fingierter) Rezepte, die der T*** G*** zur Verrechnung vorgelegt wurden

(Schaden 4.400 S) und

(zu B/5/a und b) in der Zeit von 1982 bis 1985 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Mag. Barbara F***, Mag. Silvie H*** und Sabine H*** durch Ausfolgung von durch die Gebietskrankenkasse nicht zu bezahlenden Drogeriewaren und Medikamenten an Dr. Peter P*** und Josef R*** gegen (fingierte) Rezepte für andere Medikamente (Schaden aus dem Tatenkomplex "Dr. P***" mehr als 5.000 S, aus jenem des "Josef R***" etwa 8.000 S).

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft die genannte Angeklagte - nach Zurückziehung der (ohne Anmeldung ausgeführten) Berufung beim Gerichtstag - mit einer auf die Z 5, 9 lit a und b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Mit der Rüge, es fehle an Urteilsfeststellungen über den Umfang der der Beschwerdeführerin als Apothekenhelferin nach dem Apothekengesetz zukommenden Befugnisse im Zusammenhang mit Arzneiausgaben und Abrechnungen gegenüber der Gebietskrankenkasse, wird kein Tatsachenfeststellungen betreffender Begründungsmangel (Z 5), sondern ein Fehler der rechtlichen Beurteilung geltend gemacht. Darauf wird bei Erörterung der Rechtsrüge noch einzugehen sein. Gleiches gilt für die formell abermals im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) vorgebrachte Behauptung von Feststellungsmängeln, die nach Ansicht der Beschwerdeführerin einer erschöpfenden Beurteilung allfälliger strafaufhebender tätiger Reue entgegenstehen. Bei dem Einwand aber, zufolge der wirtschaftlichen Abhängigkeit von ihrer Dienstgeberin, der Mitangeklagten Mag. Barbara F***, könne in der nur auf deren Anordnung erfolgten Abänderung von Rezepten noch kein Indiz für einen Betrugsvorsatz erblickt werden, übergeht die Beschwerde, daß die den Schuldspruch tragenden Urteilsannahmen zum Faktum B/1 des Urteilssatzes - worauf das Erstgericht ausdrücklich Bezug nimmt (vgl. US 20) - in der eigenen Verantwortung der Beschwerdeführerin eine zureichende Stütze findet; war sie doch - ungeachtet der von der "Chefin" erhaltenen Anweisung - im Sinne dieses Anklagepunktes (B/1) uneingeschränkt (also in Ansehung des Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatzes) geständig (vgl. S 67/I, S 50, 66, 67, 71, 72/XIV).

Das gegen die Anlastung eines Schadensbetrages von 4.400 S (zum Faktum B/3) gerichtete Beschwerdevorbringen betrifft keine entscheidende - dh für die rechtliche Unterstellung der Tat oder die Anwendung eines bestimmten Strafsatzes maßgebliche - Tatsache; denn die für die Qualifikation nach § 147 Abs 2 StGB bedeutsame Wertgrenze von 5.000 S wird bei der gemäß § 29 StGB gebotenen Zusammenrechnung der Schadensbeträge aus sämtlichen Betrugstaten der Angeklagten N*** selbst bei völliger Vernachlässigung des Vermögensschadens aus der Urteilstat B/3 eindeutig überstiegen. In den bezüglichen Beschwerdeausführungen wird zudem der Hinweis der Urteilsbegründung (US 22) auf das Geständnis der Angeklagten übergangen, welches sich sogar auf einen geringfügig höheren Schadensbetrag bezog (S 52/XIV).

Wenn die Beschwerdeführerin im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) die Tatbestandsmäßigkeit ihres Verhaltens bestreitet, weil sie mit der Vorlage von Rezepten an die T*** G***

und mit der Abrechnung nicht unmittelbar befaßt, hiezu auch gar nicht befugt gewesen sei und diese Institution daher nicht (selbst) getäuscht habe, wendet sie sich der Sache nach nur gegen ihre (allerdings nur einem Teil des Schuldspruchs zugrundeliegende) Beurteilung als unmittelbare Täterin; denn nur der unmittelbare Täter (§ 12 erster Fall StGB), nicht hingegen der Bestimmungs- oder Beitragstäter (nach dem zweiten oder dritten Fall der genannten Gesetzesstelle) muß eine Ausführungshandlung - also ein dem Tatbild entsprechendes Verhalten - selbst gesetzt haben. Ein Vergreifen in der Täterschaftsform vermag indes - bei ausreichenden Feststellungen in tatsachenmäßiger Beziehung wie hier - angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der im § 12 StGB angeführten Modifikationen des einheitlichen Täterbegriffes keine Nichtigkeit zu bewirken (vgl. Leukauf-Steininger Kommentar2 RN 57 f, Mayerhofer-Rieder StGB2 ENr. 2 und 3 je zu § 12).

Die (zum Teil gleichfalls bereits im Rahmen der Mängelrüge ausgeführte) Rechtsrüge (Z 9 lit b) hinwieder, derzufolge der Beschwerdeführerin bei Berücksichtigung des Zeitpunkts ihrer zur Aufdeckung der Betrügereien führenden Information des Dr. Christoph K*** der Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue zugute komme, verkennt zum einen, daß es für die Rechtzeitigkeit im Sinn des § 167 Abs 2 StGB allein darauf ankommt, wann die Behörde (§ 151 Abs 3 StGB) vom Verschulden des Täters Kenntnis erlangt hat; zum anderen (und vor allem) übersieht sie, daß § 167 Abs 2 Z 2 StGB eine (rechtzeitige) vertragliche Vereinbarung (zwischen dem Täter und dem Geschädigten) über den Ersatz des ganzen aus der Tat entstandenen Schadens (innerhalb eines kalendermäßig bestimmten oder doch sogleich bestimmbaren Zeitraumes) voraussetzt, woraus folgt, daß eine solche Vereinbarung erst möglich ist, wenn die genaue Schadenshöhe bekannt ist (vgl. Leukauf-Steininger aaO § 167 RN 24, 25; Mayerhofer-Rieder aaO § 167 ENr. 52 uam). Auf eine rechtzeitig, nämlich (spätestens) vor dem 22.August 1985, an welchem Tag die Beschwerdeführerin von der Gendarmerie einvernommen wurde (vgl. S 53 ff/I = S 409 f/III), abgeschlossene, betrags- und terminmäßig bestimmte Vereinbarung mit der geschädigten Gebietskrankenkasse über die vollständige Schadensgutmachung hat sich aber weder die Beschwerdeführerin selbst berufen (vgl. insb S 73, 108/XIV, S 443/III) noch ergeben sich hiefür sonst Anhaltspunkte aus den Akten. Aus den Bekundungen der Zeugen Dr. T*** und Dr. H*** (S 99 und 109/XIV; vgl. auch S 699/III in Verbindung mit S 837/III) geht vielmehr hervor, daß der (geschädigten) Gebietskrankenkasse die Verfehlungen überhaupt erst im September 1985 aus Anlaß der Zeitungsberichterstattung über die bereits eingeleitete strafgerichtliche Verfolgung bekannt geworden sind. Der Hinweis der Beschwerdeführerin, daß ihre Mitwirkung an der Aufdeckung der Straftaten (auch der Mitangeklagten) der T*** G*** wirtschaftlich zum Vorteil gereichte, vermag an dem Gesagten nichts zu ändern; entscheidend ist vielmehr allein, daß eine rechtzeitige Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und der Gebietskrankenkasse über die Gutmachung des gesamten, von der Beschwerdeführerin zu verantwortenden Schadens nicht erfolgte. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E14096

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00031.88.0420.000

Dokumentnummer

JJT_19880420_OGH0002_0140OS00031_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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