TE OGH 1988/8/24 14Os109/88

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Veröffentlicht am 24.08.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.August 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Felzmann und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Hanglberger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Karl Franz E*** wegen des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1, Abs. 2 1. Strafsatz StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11.März 1988, GZ 12 e Vr 5653/86-124, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, und des Verteidigers Dr. Hesz, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Strafe auf 2 1/2 (zweieinhalb) Jahre herabgesetzt.

Ferner wird in Stattgebung der Berufung gemäß § 38 Abs. 1 StGB dem Angeklagten auch die Vorhaft vom 29.September 1987, 11,10 Uhr, bis zum 1.Oktober 1987, 8,25 Uhr, auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem oben näher bezeichneten Urteil wurde der 42jährige Karl Franz E*** der Vergehen des Betruges nach § 146 StGB, der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1, Abs. 2, erster Strafsatz, StGB, der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB, der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB, der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB und des Diebstahls nach § 127 StGB schuldig erkannt. Die von ihm aus den Z 4, 5, 5 a, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gegen sämtliche Schuldsprüche - mit Ausnahme des wegen Veruntreuung gefällten - erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht begründet.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge (Z 4) ist nur insoweit prozeßordnungsgemäß ausgeführt, als sie sich gegen die Abweisung des in der Hauptverhandlung am 11.März 1988 gestellten Antrages wendet, einen Dolmetscher für die rumänische Sprache beizuziehen, um Christine V***, geschiedene E***, zu befragen, ob sie die erteilte Ermächtigung zur Strafverfolgung des Angeklagten wegen § 107 Abs. 1 StGB (Punkt C I des Urteilssatzes) nicht zurückziehe (Band II S 166, 190). Denn in Ansehung aller übrigen Fakten mangelt es schon an der unabdingbaren Hauptvoraussetzung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes, nämlich der Stellung eines Antrages in der Hauptverhandlung, über den nicht oder zum Nachteil des Antragstellers entschieden wurde.

Der Sache nach geht aber auch die formell gesetzmäßig ausgeführte Rüge fehl, weil Verteidigungsrechte des Angeklagten durch die Abweisung des erwähnten Begehrens nicht geschmälert wurden. Bestand doch nach der Rechtsnatur der Ermächtigungsdelikte (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO2, § 2, ENr 50 ff) auch nach der Entschlagung der Bedrohten von der Zeugenaussage kein Anlaß, sie im Sinne des gestellten Antrags zu befragen; im übrigen boten die Angaben der Zeugin in der Hauptverhandlung keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß sie der Hilfe eines Dolmetschers bedürfte, um das Wesen des juristischen Begriffes der Ermächtigung zu verstehen und wurden auch bei der Antragstellung vom Verteidiger keine sein Begehren stützenden Umstände dargetan.

Der auf die Z 5 und 5 a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Tatsachenrüge ist zunächst global zu erwidern, daß darin formale Begründungsmängel in Ansehung entscheidender Tatsachen nicht dargetan und auch im übrigen aus den Akten keine Umstände aufgezeigt werden, die geeignet wären, erhebliche Bedenken gegen die den einzelnen Schuldsprüchen zugrunde liegenden Tatsachenfeststellungen zu erwecken.

Im einzelnen ist hervorzuheben, daß es im Faktum A (betrügerische Herauslockung eines Darlehens von 1.000 S) nach der gesetzlich normierten gedrängten Begründungspflicht (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) einer speziellen Erörterung des Umstandes, daß der Angeklagte dem Darlehensgeber L*** seinen Paß vorwies und ihm seine richtige Adresse angab, nicht bedurfte, zumal der Beschwerdeführer unter der angegebenen Adresse jahrelang nicht erreichbar war (vgl Band II S 49).

Den umfangreichen, sich teilweise in hypothetischen Überlegungen verlierenden Beschwerdeausführungen zur Faktengruppe "Christina E***" hinwiederum ist schwergewichtig zu entgegnen, daß sich der Schuldspruch zu C I - mittelbare gefährliche Bedrohung der Christina E*** - auf die für glaubhaft befundene Aussage des Zeugen Anthony O'C*** stützt, vor dem die Drohung geäußert wurde (US 15) und daß die zu den Schuldsprüchen nach D I und II führenden Verletzungen durch das amtsärztliche Gutachten, jene zu D I überdies durch die Aussage eines Polizeibeamten (US 16) objektiviert sind. Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf die Aussage des Zeugen Z*** verweist, der Verletzungen der Christine E*** nicht bemerkt habe, läßt sie unberücksichtigt, daß Z*** - was das Urteil ausdrücklich hervorhebt - betont hatte, Christine E*** nicht in Richtung Verletzung angesehen zu haben (vgl US 17 in Verbindung mit Band II S 62).

Die Beschwerdeausführungen zur Faktengruppe "N***"

(Punkte C II 1 und 2 sowie E des Urteilssatzes) enthalten weder die konkrete Bezeichnung eines formalen Begründungsmangels, noch sind sie geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der den Schuldsprüchen zugrunde liegenden Tatsachen zu erwecken. Daß die Zeugin in der Hauptverhandlung nicht auszuschließen vermochte, daß es sich bei dem Gegenstand, den ihr der Angeklagte am 10. September 1987 am Kinn ansetzte (Punkt E des Urteilssatzes) möglicherweise um einen Brieföffner gehandelt habe, konnte angesichts dessen, daß notorischerweise auch mit einem Brieföffner eine gefährliche Halswunde bewirkt werden kann, sanktionslos unerörtert bleiben, zumal das Erstgericht ohnehin konstatierte, das vom Angeklagten verwendete Messer habe einem Brieföffner geähnelt (US 25).

Die Rechtsrügen des Beschwerdeführers sind undifferenziert auf die Z 9 lit a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützt. Soweit er die den Schuldsprüchen C I, II und E zugrunde liegenden Drohungen als bloße Unmutsäußerungen gewertet sehen will, weicht der Angeklagte in unzulässiger Weise von den für die rechtliche Beurteilung bindenden Urteilsfeststellungen ab, wonach er zu C I und II in der Absicht gehandelt hat, die Bedrohte in Furcht und Unruhe zu versetzen und er zu E die Wiederaufnahme der Lebensgemeinschaft erreichen wollte (US 9, 13 f). Ebensowenig mit den Urteilsfeststellungen vereinbar ist der (hilfsweise) Versuch der Umdeutung des Faktums C I von einer (mittelbaren) gefährlichen Drohung an Christine E*** in eine Nötigung der Sicherheitsbeamten, vor denen die Drohung geäußert wurde, dem Angeklagten eine Unterredung mit der Ehegattin zu ermöglichen.

Desgleichen setzt sich die Beschwerde zum Faktum A (die Anführung des Faktums B in S 4 der Beschwerde beruht ersichtlich auf einem Schreibfehler) über die Urteilsfeststellung hinweg, wonach der Angeklagte schon bei der Entlehnung des Geldbetrages den Vorsatz gefaßt hatte, ihn nicht zurückzuzahlen (US 12).

Die Subsumtion der Zueignung der beiden Jugenstilkasten, die der Angeklagte in der von Inge W*** gemieteten Wohnung

vorgefunden hatte, als Diebstahl bekämpft er unter der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO, weil die Eigentümerin ihren Gewahrsam aufgegeben und ihm sämtliche in der Wohnung befindlichen Möbel anvertraut habe; es könne daher nur Veruntreuung vorliegen.

Dem ist zu entgegnen, daß die Vermieterin nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen (vgl US 13 und 21) dem Angeklagten ausdrücklich erklärt hatte, die beiden Kasten müßten in der Wohnung verbleiben, womit sie sich die Verfügungsmacht und damit den (Ober-)Gewahrsam über die beiden Möbelstücke vorbehalten hatte. Damit kann aber von einem "anvertrauten Gut" bei der gegebenen Sachlage nicht mehr gesprochen werden (vgl Mayerhofer-Rieder StGB2 § 127 ENr 96) und erweist sich die vom Erstgericht vorgenommene rechtliche Beurteilung als fehlerfrei.

Auf die unter der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO gemachten Beschwerdeausführungen bezüglich der dem Erstgericht unterlaufenen fehlerhaften Vorhaftanrechnung wird bei der Behandlung der Berufung zurückgekommen werden, weil derartige Mängel seit dem Inkrafttreten des Strafrechtsänderungsgesetzes (1.März 1988) nicht mehr unter Nichtigkeitssanktion stehen.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, die Tatwiederholung und die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, welche die Anwendung des § 39 StGB ermöglicht hätten. Als mildernd zog das Schöffengericht hingegen das Teilgeständnis, den Umstand, daß es in einem Faktum beim Versuch geblieben war, sowie die Bereitschaft zur Schadensgutmachung in einem anderen Faktum in Betracht und verhängte es über den Angeklagten gemäß §§ 28, 133 Abs. 2, erster Strafsatz, StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren. Die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Reduzierung des Strafmaßes anstrebt, ist begründet.

Nicht einzusehen ist zwar, weshalb es mildernd sein sollte, daß die Mehrzahl der Straftaten aus dem Jahre 1984 stammten; angesichts der erst im September 1983 erfolgten Entlassung aus der letzten Strafhaft rechtfertigte dies eher die Annahme eines relativ raschen Rückfalls und damit eines zusätzlichen Erschwerungsgrundes. Zutreffend weist die Berufung aber darauf hin, daß im strafsatzbestimmenden Faktum (Punkt D des Urteilssatzes; Veruntreuung eines Kraftfahrzeuges im Wert von rund 98.000 S) der Tatsache, daß das Fahrzeug sichergestellt werden konnte (US 11) erhebliche mildernde Wirkung beizulegen ist.

Unter diesem Aspekt erweist sich aber die vom Erstgericht geschöpfte Unrechtsfolge als zu hoch gegriffen, weshalb sie in Stattgebung der Berufung auf ein tatschuldadäquates Maß zu reduzieren war.

Berechtigt ist nach der Aktenlage auch der im Rechtsmittel erhobene Vorwurf in Ansehung der Vorhaftanrechnung. Denn tatsächlich wurde der Angeklagte nicht erst am 1.Oktober 1987, 8,25 Uhr, sondern bereits am 29.September 1987, 11,10 Uhr, in Haft genommen (vgl ON 81) und war insoweit gemäß § 38 Abs. 1 StGB eine Richtigstellung vorzunehmen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E15130

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00109.88.0824.000

Dokumentnummer

JJT_19880824_OGH0002_0140OS00109_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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