TE OGH 1989/3/14 5Ob506/89

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Veröffentlicht am 14.03.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Heribert M***, Notar in Ruhe, Auhofstraße 165, 1130 Wien, vertreten durch Dr. Jörg Iro, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei Alfons V***, Hotelangestellter, Argentinierstraße 28/25, 1040 Wien, vertreten durch Dr. Gert Seeber, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 47.624,50,-- s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 3. Oktober 1988, GZ 6 R 83/88-42, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 11. Jänner 1988, GZ 5 Cg 374/84-36, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

Text

Begründung:

Im Jahr 1981 hatte Franz L*** die Absicht, in dem auf seiner Liegenschaft EZ 24 KG Wieden bestehenden Haus Argentinierstraße 28 im 4. Wiener Gemeindebezirk durch einen Umbau Eigentumswohnungen zu schaffen. Auf der gesamten Liegenschaft war ein von der Girozentrale Wien Franz L*** gewährter Kredit pfandrechtlich sichergestellt. Mit der Feststellung der Nutzwertanteile der zu schaffenden Wohnungen wurde schon vor Baubeginn Arch.Dipl.Ing. Sepp S*** beauftragt. Den Auftrag zur Vermittlung von Käufern erteilte Franz L*** hingegen Günther S***, der seinerseits den Kläger beauftragte, Kaufverträge über die zu errichtenden Wohnungen zu erstellen und grundbücherlich durchzuführen. In der Folge kam S*** mit dem Beklagten als Interessent für eine Eigentumswohnung ins Gespräch; vereinbarungsgemäß sollte der Dachboden für den Beklagten zu einer Eigentumswohnung ausgebaut werden. Nach einem Gespräch im Frühjahr 1981, an dem der Beklagte, S*** und Arch.Dipl.Ing. S*** beteiligt waren, erklärte sich der Beklagte mit einem von mehreren vom Architekt vorbereiteten Entwürfen zur Schaffung dieser Eigentumswohnung einverstanden. Noch vor Baubeginn schloß S*** mit dem Beklagten einen Kaufanwartschaftsvertrag für die Dachgeschoßwohnung top. Nr. 25 ab; es handelte sich dabei um ein vom Kläger für S*** verfaßtes und für alle Käufer verwendetes Vertragsformular. S*** besprach die einzelnen Punkte dieses Anwartschaftsvertrages mit dem Beklagten und gab ihm auch bekannt, daß das Honorar für den Notar etwa 3 % der Kaufsumme betragen werde. Nach Unterzeichnung des Kaufanwartschaftsvertrages durch den Beklagten und L*** brachte S*** diesen Vertrag dem Kläger in dessen Kanzlei nach Vöcklabruck mit dem Auftrag, den Kaufvertrag nach dem Vertragsformular und den Informationen S*** vorzubereiten. Der auf diese Weise vom Kläger schriftlich errichtete Kaufvertrag wurde von den Vertragsteilen in Wien und Vöcklabruck am

11. und 13. Juli 1981 unterfertigt, wobei der Kläger die Echtheit der Unterschriften seiner Notariatsangestellten als Machthaberin des Verkäufers sowie des Beklagten als Käufers beurkundete. Gegenstand dieses Vertrages waren 425/10.000-Anteile an der gegenständlichen Liegenschaft; der Kaufpreis betrug S 1,1 Mill. In Punkt II) des Vertrages wurde die Bezahlung des Kaufpreises in mehreren Raten je nach Baufortschritt geregelt und verzichtete der Käufer - neben anderen Vereinbarungen - auf eine grundbücherliche Durchführung dieses Kaufvertrages vor vollständiger Kaufpreisberichtigung. In Punkt V) verpflichtete sich der Käufer, die vertragsgegenständliche Eigentumswohnung spätestens zum 31. Dezember 1981 in den, der vertragsgegenständlichen Baubeschreibung entsprechenden bezugsfertigen Zustand zu versetzen, wobei der Käufer dem Verkäufer das Recht einräumte, diese Frist um 3 Monate zu überschreiten. Die Girozentrale Wien vereinbarte mit dem Kläger, daß dieser 50 % des jeweiligen Kaufpreises für die Wohnungen im gegenständlichen Haus auf das Girokonto Franz L*** überweisen sollte. Nach Eingang des jeweiligen Betrages in der Höhe von 50 % des Kaufpreises sollte die Lastenfreistellung der einzelnen Wohnungen erfolgen. Der Kläger haftete der Girozentrale für den Eingang des halben Kaufpreises, er war in dieser Angelegenheit Treuhänder. Am 11. Juli 1981 unterfertigte der Beklagte auch eine Vollmacht, mit der er den Kläger "generalbevollmächtigte" und versprach, diesem alle wie immer gearteten Barauslagen und die Entlohnung für die Mühewaltung in seinem jeweiligen Wohnort zu bezahlen. Im September 1981 begann der Umbau bzw Ausbau der Dachwohnung des Beklagten. Am 5. Oktober 1981 erhielt der Beklagte zur teilweisen Finanzierung seiner Liegenschaftsanteile eine Zwischendarlehenszusage über S 785.400,-- von der Bausparkasse der Österreichischen Sparkassen. Die diesbezüglichen Verhandlungen wurden vom Kläger geführt. Am 15. Oktober 1981 übernahm der Kläger gegenüber der Darlehensgeberin die persönliche Haftung für die Begründung von Wohnungseigentum bis spätestens 5. Oktober 1982 ob den Anteilen des Beklagten. In der Folge überwies die Bausparkasse entsprechend dem gemeldeten Baufortschritt verschiedene Darlehensraten an den Kläger. Von den jeweils zu seinen Handen eingehenden Beträgen überwies er vereinbarungsgemäß 50 % an die Girozentrale und 50 % an den Verkäufer Franz L***, der damit die Generalrestaurierung und den Umbau des Hauses Argentinierstraße 28 betrieb. In der Folge wurde dann das Eigentumsrecht des Beklagten auf 452/10.000-Anteilen der bezeichneten Liegenschaft sowie das Pfandrecht für die Darlehensforderung von S 785.400,-- ob dieser Anteile einverleibt (Beschlüsse des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 15. Jänner 1982). Der Kläger war mit der Errichtung des Kaufvertrages, der Darlehensbeschaffung sowie der grundbücherlichen Durchführung beauftragt. Dieser Auftrag umfaßte auch "die Verbindung und Begründung von Wohnungseigentum an dem vom Beklagten erworbenen Anteil" an der gegenständlichen Liegenschaft. Der Kläger hatte jedoch mit dem Nutzwertfestsetzungsverfahren sowie der Bauaufsicht beim geplanten Umbau bzw. den Restaurierungsarbeiten nichts zu tun. Am 30. Juni 1982 trat der Kläger in den Ruhestand. Seit seiner Pensionierung wird die Angelegenheit der Verkäufe von Wohnungen sowie die Bildung von Wohnungseigentum für die Wohnungen im Haus Argentinierstraße 28 in Wien von Notar Dr. Wolfgang S*** unter Assistenz des Klägers weitergeführt. Im Frühjahr 1982 stellte der Beklagte Mängel an der zu errichtenden Wohnung fest, die trotz Reklamation nicht behoben wurden, weshalb er einen Betrag von 45.100,-- S des Kaufpreises zurückhielt. Dieser Betrag haftet bei der Girozentrale in Wien unberichtigt aus, weshalb diese dem Kläger bisher noch keine Pfandauflassungserklärung zur Verfügung gestellt hat. Nach Erteilung der Benützungsbewilligung für das gegenständliche Haus beantragte Franz L***

Arch.Dipl.Ing. S*** mit der Einleitung des Nutzwertfestsetzungsverfahrens. Mit Bescheid vom 18. Oktober 1983 wurden die Nutzwerte für die ganze Liegenschaft vom Magistrat der Stadt Wien festgesetzt. Da der Beklagte sich mit diesem Bescheid nicht zufrieden gab, mußte die bereits für 16. Dezember 1983 zum Zwecke der Unterfertigung des vorbereiteten Wohnungseigentumsvertrages anberaumte Tagsatzung von Notar Dr. S*** abberaumt werden. Das bei Gericht anhängig gemachte Nutzwertfestsetzungsverfahren ist noch nicht beendet. Im Nutzwertfeststellungsverfahren war der Beklagte anwaltlich vertreten und liefen ihm Kosten in der Höhe von S 145.874,35 auf. Der Kläger stellte dem Beklagten für die bereits durchgeführten Arbeiten eine Honorarnote über S 47.624,50, wobei die Leistungen im einzelnen auch angeführt wurden.

Mit der am 22. Oktober 1984 erhobenen Klage begehrte Dr. Heribert M*** vom Beklagten die Bezahlung des in der Honorarnote für die Verfassung des Kaufvertrages, einer Zustimmungserklärung, eines Grundbuchsgesuches, eines Reverses sowie für verschiedene Unterschriftsbeglaubigungen, für Korrespondenz und die gesamte Abwicklung der Darlehensangelegenheit in Rechnung gestellten Betrages von S 47.624,50 s.A.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger sei von ihm mit der vertraglichen und grundbücherlichen Durchführung des Erwerbes einer Eigentumswohnung beauftragt worden. Er habe sich darauf verlassen, daß der Kläger als Vertragsverfasser alle Vorkehrungen zum Schutz der Rechte des Auftraggebers treffen werde. Der Kläger habe aber seine Rechte nicht ordnungsgemäß wahrgenommen. Bisher sei bloß ein Kaufvertrag errichtet worden und sein Eigentumsrecht an 452/10.000-Miteigentumsanteilen einverleibt worden, ohne daß mit diesen Anteilen Wohnungseigentum verbunden worden wäre. Der Beklagte habe auch fast den gesamten Kaufpreis an den Verkäufer zu Handen des Klägers bezahlt und müsse jetzt seine Ansprüche aus der mangelhaften Übergabe der Wohnung und aus dem Umstand, daß diese bis jetzt nicht lastenfrei gestellt worden sei, gegen den Verkäufer gesondert geltend machen. Außerdem seien die Arbeiten des Klägers noch nicht abgeschlossen und dürfe der zwischenzeitig in Ruhestand getretene Kläger keine entgeltlich juristische Tätigkeit mehr entwickeln. Er habe auch keine Vorsorge dafür getroffen, daß seine Arbeiten fortgeführt würden. Da der Kläger seinen Verpflichtungen auch nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei und Wohnungseigentum noch nicht begründet worden sei, sei der Honoraranspruch nicht fällig, zumal der Kläger auch nicht erklärt habe, keine weitere Tätigkeit mehr entfalten zu wollen. Schließlich wendete der Beklagte die ihm durch die mangelnde Obsorge des Klägers entstandenen finanziellen Nachteile (infolge Unterbleibens der Verschaffung von Wohnungseigentum, Vertretungskosten im Nutzwertfeststellungsverfahren, auftragswidrige Verwendung des bezahlten Kaufpreises mit der Notwendigkeit die Lastenfreistellung und die Behebung der Mängel des Kaufobjektes selbst geltend machen zu müssen) der Klagsforderung gegenüber aufrechnungsweise ein. Demgegenüber erwiderte der Kläger im wesentlichen, er habe vom Beklagten bloß den Auftrag übernommen, ihm durch Errichtung und grundbücherliche Durchführung eines Kaufvertrages Miteigentum an den genannten lastenfreien Anteilen an der Liegenschaft, für welche zu einem späteren Zeitpunkt Eigentum an der Wohnung Nr. 25 in dem genannten Haus hätte vereinbart werden sollen, zu verschaffen und ob den vorgenannten Liegenschaftsanteilen die grundbücherliche Sicherstellung einer Darlehensforderung der Girozentrale zu veranlassen. Diese Aufträge habe er erfüllt. Die Entlastung der vom Kläger erworbenen Liegenschaftsanteile sei daran gescheitert, daß der Beklagte einen Kaufpreisrest von S 45.100,-- bisher nicht bezahlt habe. Das Nutzwertfeststellungsverfahren habe sich deshalb verzögert, weil der Beklagte den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien durch Einbringung eines Antrages bei Gericht bekämpft habe. Er habe vom Beklagten niemals Aufträge zur Überwachung oder Kontrolle der baulichen Maßnahmen erhalten. Er habe auch über den Ankauf der Wohnung niemals mit dem Beklagten Verhandlungen geführt, vielmehr nur auf Grund der Information Günther S*** den Kaufvertrag errichtet und grundbücherlich durchgeführt. Seit seiner Pensionierung werde die Angelegenheit der Verkäufe von Wohnungen im Hause Wien 4., Argentinierstraße 28 sowie die Bildung von Wohnungseigentum für diese Wohnungen von Notar Dr. S*** unter seiner Assistenz durchgeführt. Ein von diesem anberaumter Termin zur Unterfertigung des Wohnungseigentumsvertrages habe mangels Rechtskraft des Nutzwertfeststellungsbeschlusses abgesetzt werden müssen.

Das Erstgericht erkannte die Klageforderung mit S 47.624,50 als zu Recht bestehend, die eingewendeten Gegenforderungen als nicht zu Recht bestehend und gab daher dem Klagebegehren unter Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens statt.

Bei der rechtlichen Beurteilung des bereits wiedergegebenen Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß die Tätigkeit des Klägers insofern als Einheit aufzufassen sei, als sie in der Errichtung der Kaufvertragsurkunde, der bücherlichen Durchführung des Kaufvertrages sowie der Begründung von Wohnungseigentum und der treuhändischen Verwaltung des vom Beklagten aufgenommenen Bausparkassendarlehens bestanden habe. Den Kläger treffe aber kein Verschulden an der Nichtvollendung seiner Tätigkeit, welche auf Begründung von Wohnungseigentum ausgerichtet gewesen sei, weshalb er gemäß § 8 NTG Anspruch auf den Teil der tarifmäßigen Gebühr habe, der seinen bereits erbrachten Leistungen entspreche. Eine Verletzung der Obsorgepflicht des Klägers für den Beklagten bei Vertragserstellung liege nicht vor. Auch habe er für den Fall der Pensionierung für die Fortsetzung der Arbeiten durch Notar Dr. S*** gesorgt. Die als Gegenforderung geltend gemachten Schadenersatzansprüche bestünden daher nicht zu Recht. Zur Frage, ob den Kläger eine Pflichtverletzung als Treuhänder treffe, sei nicht weiter einzugehen, weil der Beklagte wegen dieser behaupteten Pflichtenverletzung nicht einmal eine Gegenforderung erhoben habe. Im übrigen habe der Kläger sein Honorar richtig verzeichnet. Es bestehe daher kein Grund für die Kürzung des Honoraranspruches; die begehrten Zinsen könnten allerdings erst ab dem Tag der Klagszustellung gewährt werden.

Das Gericht zweiter Instanz gab der vom Beklagten erhobenen Berufung Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das gesamte Klagebegehren abwies, wobei es die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig erklärte. Ausgehend von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen über den Umfang des dem Kläger erteilten Auftrages und der Feststellung, daß die gegenständliche Angelegenheit nach dem Übertritt des Klägers in den Ruhestand von Notar Dr. S*** unter Assistenz des Klägers weitergeführt werde, erkannte das Berufungsgericht der Rechtsrüge der Berufung Berechtigung zu. Werde einem Notar ein Auftrag zur Errichtung eines Vertrages erteilt, so übernehme dieser bei Annahme des Auftrages die Herstellung eines Werkes; es entstehe somit ein Werkvertrag, dem allenfalls Elemente des Bevollmächtigungsvertrages innewohnen könnten (NZ 1979, 74). Werde ein Entgelt nicht vereinbart, habe der Werkunternehmer Anspruch auf ein angemessenes Entgelt (§ 1152 ABGB). Gemäß § 1170 ABGB sei der Werklohn im Zweifel erst nach Vollendung des Werkes zu entrichten. Diese Regeln über den Werkvertrag fänden jedoch nur insoweit auf die Entlohnung eines Notars Anwendung, als das Gesetz, das den Entgeltanspruch des Notars regle, keine besonderen Bestimmungen enthielte (NZ 1979, 74). § 13 Abs 1 NTG bestimme, daß der Notar die Zahlung der Gebühren unmittelbar nach Beendigung der Tätigkeit verlangen könne. Als beendet werde die Tätigkeit des Notars angesehen, wenn er diese vollendet habe; dies sei, sobald die Notariatsurkunde über die Amtshandlung oder die Privaturkunde verfaßt sei. Im vorliegenden Fall habe der Kläger zwar den Kaufvertrag über den Erwerb der Miteigentumsanteile an der Liegenschaft bereits verfaßt, nicht jedoch den zur Erfüllung des Auftrages notwendigen Wohnungseigentumsvertrag. Im Hinblick auf die subsidiäre Geltung des allgemeinen Werkvertragsrechts sei die Bestimmung des § 13 NTG im Falle der Erledigung eines Geschäftes, das die Errichtung mehrerer Privaturkunden erfordere, dahin auszulegen, daß im Zweifel das Honorar des Notars erst mit der Errichtung sämtlicher Privaturkunden fällig werde. Da die Absicht des Auftraggebers dahin gerichtet gewesen sei, den Notar mit der "rechtlichen Durchführung des Erwerbes der Wohnung" zu beauftragen, könne für den Kläger auch aus dem Satz 2 des § 1170 ABGB nichts gewonnen werden, zumal auch nach der Verkehrsauffassung die Erledigung eines derartigen Auftrages nicht die Erbringung von Teilleistungen voraussetze (Krejci in Rummel Rz 9 zu § 1170 ABGB; zur Verkehrsauffassung siehe auch die Vertragsmuster "Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag" in Kaufmann "Wohnungseigentum und Grundbuch"). Zu prüfen bleibe, ob die Bestimmung des § 8 NTG auf die Fälligkeit des geltend gemachten Anspruches Einfluß nehmen könne. Diese Bestimmung normiere, daß dann, wenn aufgetragene Amtshandlungen oder Privaturkunden unvollendet bleiben, der Notar Anspruch auf den Teil der tarifmäßigen Gebühr habe, der seiner bereits erbrachten Leistung entspreche, soweit ihn kein Verschulden an der Nichtvollendung treffe oder die erbrachte Leistung für den Zahlungspflichtigen verwertbar sei. Nach der Vorgängerregelung des § 174 NO (alt) könnten die Gründe für das Unvollendetbleiben der Amtshandlungen sachlicher Natur (das Rechtsgeschäft erweise sich als undurchführbar) oder persönlicher Natur sein (die Parteien einigten sich nicht) oder in der Sphäre des Notars liegen, ihm jedoch nicht als sein Verschulden anzurechnen sein (Kostner, Kommentar zur Notariatsordnung, 452). Die Pensionierung eines Notars würde wohl ein derartiger Grund sein. Im vorliegenden Fall habe der Kläger jedoch behauptet und sei dies auch festgestellt worden, daß die Arbeiten von Dr. S*** unter Assistenz des Klägers fortgeführt würden; das heiße, daß der Kläger selbst eine Tätigkeit noch nicht für beendet erachte. Somit könne er sich aber auf die Bestimmung des § 8 NTG nicht berufen; daran könne auch der Umstand nichts ändern, daß der Kläger selbst allenfalls gegen den Beklagten keinen weiteren Entgeltanspruch habe, weil die mangelnde Fälligkeit des Werklohnes vor Herstellung des Werkes auch der Besicherung der Pflicht des Werkbestellers zur Erfüllung des Vertrages diene (Synallagma!). Das bedeutet also, daß selbst dann, wenn das Honorar für die Fertigstellung des Werkes nur von Notar Dr. S*** und nicht vom Kläger verlangt werden könnte, der ursprüngliche Auftrag an den Kläger als Vertragsverfasser auf Verschaffung von Wohnungseigentum gelautet habe und der im erstgerichtlichen Urteil allenfalls enthaltene Wiederspruch, daß es nicht Sache des Klägers gewesen sei, sich am Nutzwertfeststellungsverfahren zu beteiligen und der gegenteilige Standpunkt des Beklagten, daß dieses sogar Voraussetzung für die Vertragserrichtung (zur Begründung von Wohnungseigentum) gewesen wäre, nur Mängel der Erfüllung des Auftrages betreffen könnte, an der damit hinausgeschobenen Fälligkeit des Entgeltes aber nichts zu ändern vermöge. Der Anspruch des Klägers, zu dessen Höhe im übrigen das Erstgericht keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen habe, erweise sich somit als noch nicht fällig. Das Klagebegehren sei daher abzuweisen gewesen, ohne daß auf die Gegenforderungen des Beklagten hätte eingegangen werden müssen.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht mit dem Fehlen einer oberstgerichtlichen Rechtsprechung zur Auslegung der §§ 13 und 8 NTG, insbesondere auch zur Frage der Fälligkeit des Honoraranspruches eines Notars bei einem Auftrag zur Errichtung mehrerer Privaturkunden. Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag, die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Sinne der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.

In seiner Revision hält der Kläger an der von ihm schon bisher vertretenen Rechtsansicht fest, die von ihm erbrachten Leistungen seien - selbst unter der Annahme, der ihm erteilte Auftrag habe auch die "Verbindung und Begründung von Wohnungseigentum an dem vom Beklagten erworbenen Anteil" umfaßt - als abgeschlossen anzusehen und daher vom Beklagten tarifmäßig zu honorieren. Der Beklagte sei durch seine Arbeit grundbücherlicher Eigentümer von Liegenschaftsanteilen geworden, sodaß es sich um "beendete Tätigkeiten" im Sinne des § 13 NTG handle. Aber selbst unter der Annahme, seine Tätigkeit sei ohne erfolgter Begründung von Wohnungseigentum noch nicht als beendete Tätigkeit im Sinne des § 13 NTG anzusehen, müsse man seinen Honoraranspruch unter Bedachtnahme auf § 8 NTG als gerechtfertigt anerkennen. Da ihn kein Verschulden daran treffe, daß vor seiner Pensionierung die Begründung von Wohnungseigentum nicht möglich gewesen sei und die von ihm erbrachten Leistungen für den Beklagten auch weiterhin verwertbar seien, könne er die Honorierung seiner bisherigen Leistungen im Sinne des NTG beanspruchen. Dazu ist wie folgt Stellung zu nehmen:

Dem Berufungsgericht ist vorerst darin beizupflichten, daß der Entgeltanspruch eines Notars primär im NTG geregelt ist und nur für den Fall, als für sein Entgelt keine anderen gesetzlichen Bestimmungen bestehen, die allgemeinen Bestimmungen über den Werkvertrag heranzuziehen sind (vgl. NZ 1979, 74).

Nach § 13 Abs 1 NTG kann der Notar die Zahlung der Gebühr unmittelbar nach beendeter Tätigkeit verlangen. Aus den für die rechtliche Beurteilung allein maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen ergibt sich, daß der Kläger an dem gesamten Projekt der Begründung von Wohnungseigentum maßgeblich beteiligt war. So hatte er im Auftrag S*** die Vertragsformulare für die Kaufanwartschaftsverträge entworfen und von S*** auch den Auftrag erhalten, ua den Kaufvertrag zwischen L*** und dem Beklagten zu verfassen, die Echtheit der dabei zu leistenden Unterschriften zu beurkunden, die Kaufverträge grundbücherlich durchzuführen und Wohnungseigentum an den betreffenden Miteigentumsanteilen zu begründen. Außerdem hatte der Kläger vom Beklagten den Auftrag, die Verhandlungen mit der Bausparkasse zu führen, um dem Beklagten damit die Möglichkeit zu geben, den Erwerb seiner Liegenschaftsanteile teilweise zu finanzieren. Im Zuge der Verhandlungen mit der Bausparkasse übernahm der Kläger auch im Oktober 1981 der Bausparkasse gegenüber die persönliche Haftung für die Begründung von Wohnungseigentum bis spätestens 5. Oktober 1982 ob den Anteilen des Beklagten. Darüber hinaus trat er als Treuhänder für die ihm für den Beklagten ausbezahlten Darlehensbeträge auf und übernahm er die Verpflichtung, die Darlehensbeträge vereinbarungsgemäß zu verwenden, und zwar zum Teil durch Ausfolgung an den Liegenschaftsverkäufer und zum anderen Teil zum Zwecke der Lastenfreistellung der Liegenschaft. Wenn der Kläger unter den gegebenen Umständen den Wohnungseigentumsvertrag noch nicht unterschriftsreif vorbereitet und die Verbücherung von Wohnungseigentum sowie die Lastenfreistellung unter anderem der Liegenschaftsanteile des Beklagten auch noch nicht veranlaßt hat, so besteht kein Zweifel, daß er die von ihm übernommene "Tätigkeit" im Sinne des § 13 Abs 1 NTG noch nicht beendet hat. Nach § 13 Abs 1 NTG kann er somit die Zahlung des begehrten Honorars nicht verlangen. Richtig ist, daß vor Vollendung der Tätigkeit eines Notars allenfalls § 8 NTG zur Anwendung kommen kann. Nach dieser Bestimmung hat der Notar - bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen - Anspruch auf den Teil der tarifmäßigen Gebühr, der seiner bereits erbrachten Leistung entspricht, wenn die ihm aufgetragenen Amtshandlungen oder Privaturkunden unvollendet bleiben. Diese Bestimmung ersetzte jene des § 174 NO, nach der dem Notar für "angefangene Amtshandlungen, die ohne sein Verschulden unvollendet geblieben waren" eine "angemessene Vergütung" gebührte, die jedoch in keinem Fall die Höhe der für die vollendete Amtshandlung entfallende Gebühr erreichen durfte. Den Erläuterungen zur RV zum NTG (848 der BlgstProtNR XIII. GP) ist zu entnehmen, daß der Gesetzgeber des NTG der Bestimmung des § 8 NTG gegenüber jener des § 174 NO eine bestimmtere Fassung geben wollte (RV, aaO, 11 zu § 8) und § 8 NTG für den Fall der Beendigung der Tätigkeit des Notars vor ihrer "Vollendung" anwendbar sein sollte (RV, aaO, 11 zu § 13). Aus dem Zusammenhang zwischen § 13 Abs 1 und § 8 NTG (bzw. §§ 174 und 176 NO) ergibt sich, daß vom "Unvollendetbleiben" einer Tätigkeit des Notars im Sinne des § 8 NTG nur dann gesprochen werden kann, wenn die Tätigkeit des Notars vor ihrer Vollendung "beendet" wird, die Vollendung der ihm aufgetragenen Tätigkeit durch ihn als Notar also endgültig unterbleibt (vgl. die für Werkverträge im allgemeinen geltende Bestimmung des § 1168 ABGB über die Vereitelung der Ausführung eines Werkvertrages, die dem Werkunternehmer bei endgültigem Unterbleiben der Ausführung des Werkes, wenn er also das Werk selbst nicht mehr ausführen bzw fertigstellen kann, ausnahmsweise schon vor "Vollendung des Werkes" einen Anspruch auf Entgelt einräumt, und dazu insbesondere Adler, Höller in Klang2 V 401 ff insbesondere 403; Krejci in Rummel, ABGB Rz 5 zu § 1168; Grillberger in Schwimann, Praxiskommentar IV/2 Rz 3 zu § 1168). Wenngleich der Kläger nach den Feststellungen der Vorinstanzen im Sinne seines Vorbringens dem die "Angelegenheit" weiterführenden Notar noch helfen oder ihn unterstützen werde, so steht doch fest, daß der Kläger den ihm in seiner Eigenschaft als zur Errichtung von Verträgen und Vertretung von Parteien in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen befugte Person erteilten Auftrag mit den aus seiner Stellung als Notar sich ergebenden Pflichten nicht mehr vollenden kann, weil er in den dauernden Ruhestand getreten ist und damit nicht mehr berechtigt ist, die übernommene Tätigkeit fortzusetzen. Die "Weiterführung der Angelegenheit" durch einen anderen Notar "unter seiner Assistenz" steht unter den gegebenen Umständen der Annahme nicht entgegen, daß der Kläger die von ihm übernommene Tätigkeit vor ihrer Vollendung endgültig beendet hat. Der Kläger ist somit berechtigt, trotz nicht vollendeter Tätigkeit Anspruch auf einen seiner bisher bereits erbrachten Leistung entsprechenden Teil der Gebühr zu erheben, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 8 NTG erfüllt sind, dh ihn kein Verschulden an der Nichtvollendung des Auftrages trifft oder - selbst wenn ihn diesbezüglich ein Verschulden trifft - die erbrachte Leistung für den Beklagten verwertbar ist.

Da das Berufungsgericht - von einer nicht zu billigenden Rechtsansicht ausgehend - es unterlassen hat, zu den in der Berufung des Beklagten erhobenen Mängel- und Beweisrügen Stellung zu nehmen, ist die Rechtssache noch nicht spruchreif und die Aufhebung der Entscheidung des Berufungsgerichtes damit unumgänglich. Das Berufungsgericht wird daher auf die Mängelrüge des Beklagten und dessen Ausführungen zum Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung einzugehen und sodann neuerlich zu entscheiden haben. So lange aber nicht Klarheit über den für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Sachverhalt besteht, erscheint es nicht angezeigt, Erörterungen über die Frage eines allfälligen Verschuldens des Klägers an der Nichtvollendung des ihm erteilten Auftrages oder die Verwertbarkeit der von ihm in der Honorarnote verzeichneten Leistungen, zu denen auch noch die entsprechenden Feststellungen fehlen, anzustellen. Dessen ungeachtet kann aber jetzt schon der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht beigepflichtet werden, daß insoweit, als das Unvollendetbleiben des Auftrages seinen Grund in der Pensionierung des Klägers haben sollte, ein Verschulden des Klägers iS des § 8 NTG nicht angenommen werden könnte.

Damit erweist sich aber die Revision im Sinne des subsidiär gestellten Aufhebungsantrages als berechtigt, weshalb das Urteil des Berufungsgerichtes aufzuheben und die Rechtssache an dieses Gericht zur neuen Entscheidung zurückzuverweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E16817

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00506.89.0314.000

Dokumentnummer

JJT_19890314_OGH0002_0050OB00506_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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