TE OGH 1989/8/30 9ObA519/88

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Veröffentlicht am 30.08.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Fellner und Dr.Dengscherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der antragstellenden Partei Ö*** G*** FÜR D*** G*** Ö*** D***, Wien 1.,

Teinfaltstraße 7, vertreten durch den GÖD-Vorsitzenden und ÖGB-Vizepräsidenten Bundesrat Hofrat Rudolf S***, ebendort, dieser vertreten durch Dr.Rene S***, Sekretär der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, Wien 1., Teinfaltstraße 7, wider den Antragsgegner L*** K***, vertreten durch den Landeshauptmann Dr.Jörg H***, Klagenfurt, Arnulfplatz 1, dieser vertreten durch Dr.Wolfgang Tautschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, über den gemäß § 54 Abs 2 ASGG gestellten Feststellungsantrag, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Es wird festgestellt, daß die der Ausbildungsordnung 1985 unterliegenden Kärntner Turnusärzte ab 1.Juli 1987 Anspruch auf Überstundenentlohnung gemäß den §§ 153 ff Kärntner Dienstrechtsgesetz iVm § 43 Kärntner Landes-Vertragsbedienstetengesetz haben.

Die weiteren Anträge, festzustellen,

"I. die der Ausbildungsordnung 1985 unterliegenden Kärntner Turnusärzte haben Anspruch auf Überstundenentlohnung gemäß den §§ 16 ff GehaltsG 1956 bzw den §§ 153 ff Kärntner Dienstrechtsgesetz 1985, in eventu gemäß Punkt B 4 der Anlage II zur Dienstordnung 1962 für die Spitalsärzte in den Kärntner Landes-Kranken-, Heil- und Pflegeanstalten;

II. die der Ausbildungsordnung 1985 unterliegenden Kärntner Turnusärzte haben ab 1.Juli 1987 Anspruch auf Verwaltungsdienstzulage gemäß § 41 Kärntner Landes-Vertragsbedienstetengesetz;

III. die der Ausbildungsordnung 1985 unterliegenden Kärntner Turnusärzte haben ab 1.Juli 1987 Anspruch auf ein Monatsentgelt gemäß § 29 und Anlage 1 des Kärntner Landes-Vertragsbedienstetengesetzes unter Errechnung eines Vorrückungsstichtages gemäß § 27 leg cit,"

werden abgewiesen.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist eine kollektivvertragsfähige Berufsvereinigung der Arbeitnehmer im Sinne des § 4 Abs 2 ArbVG. Der Antragsgegner ist als juristische Person öffentlichen Rechts eine kollektivvertragsfähige Körperschaft der Arbeitgeber nach § 7 ArbVG. Beide Teile sind daher im Sinne des § 54 Abs 2 erster Satz ASGG als Parteien des gegenständlichen besonderen Feststellungsverfahrens legitimiert (vgl. Gamerith, Die besonderen Feststellungsverfahren nach § 54 ASGG, DRdA 1988, 311).

Der Antragsteller führt zur Begründung seiner aus dem Spruch ersichtlichen Anträge aus, daß er unter anderem rund 300 ab dem 14. Oktober 1985 in den Landesdienst aufgenommene Turnusärzte vertrete, denen der Antragsgegner als Arbeitgeber die Zahlung jeglichen Überstundenentgelts und der Verwaltungsdienstzulage verweigere. Überdies erhielten diese in Ausbildung zum praktischen Arzt befindlichen Ärzte nur 75 % des Bezugsansatzes I/a/1 des VBG 1948. Bei der Frage, ob die betroffenen Turnusärzte Anspruch auf diese Leistungen hätten, handle es sich um eine Rechtsfrage auf dem Gebiet des materiellen Arbeitsrechts, die für mehr als drei Arbeitnehmer von Bedeutung seien.

Der Antragsteller behauptete im wesentlichen folgenden Sachverhalt (§ 54 Abs 4 ASGG):

Der Antragsgegner stellt seit dem 14.Oktober 1985 Turnusärzte ausschließlich unter Verwendung der von ihm verfaßten Vertragsmuster Beilage A (Ausbildungsvertrag) und der einen Vertragsbestandteil bildenden Ausbildungsordnung 1985, Beilage B, an.

Das Vertragsmuster (Beilage A) lautet unter anderem wie folgt:

"..........

                             § 3

Das L*** K*** verpflichtet sich, dem Turnusarzt ein Entgelt

nach § 14 der Ausbildungsordnung 1985 für Turnusärzte der Kärntner

Landes-Kranken-, Heil- und Pflegeanstalten, das

entspricht..........zu gewähren.

Ein Anspruch auf sonstige Vergütungen besteht nur nach Maßgabe

der §§ 14 bis 26 der zitierten Ausbildungsordnung.

...........

                             § 5

Im übrigen gelten als Vertragsinhalt die jeweils in Kraft

stehenden Bestimmungen der Ausbildungsordnung 1985 für Turnusärzte

der Kärntner Landes-Kranken-, Heil- und Pflegeanstalten, soweit sie

nicht zwingenden Bestimmungen des Zivilrechts widersprechen.

                             § 6

Der Turnusarzt bestätigt, die Ausbildungsordnung für Turnusärzte

in den Kärntner Landes-Kranken-, Heil- und Pflegeanstalten,

insbesondere die Dienstanweisung, zur Kenntnis genommen zu

haben..........".

Die Ausbildungsordnung 1985 (Beilage B) enthält unter anderem

folgende Bestimmungen:

"..........

                             § 5

                     Interessenvertretung

Zur Vertretung der Interessen der Turnusärzte gegenüber dem

Dienstgeber sind die im Arbeitsverfassungsgesetz 1974, in der

jeweils geltenden Fassung, vorgesehenen Organe (Betriebsrat) berufen.

..........

                             § 7

                     Besondere Pflichten

(1) Der Turnusarzt ist verpflichtet, seine Ausbildung in den vom

Rechtsträger jeweils bestimmten Kranken-, Heil- und Pflegeanstalten

des L*** K*** zu absolvieren.

(2) Die in der Dienstanweisung (Anlage I) enthaltenen besonderen

Pflichten der Turnusärzte sind als Sondervorschrift im Sinne des § 5

Abs 2 Vertragsbedienstetengesetz 1948 anzusehen..........

§ 13

Dienstplan

(1) Die Einteilung des Turnusarztes zum ärztlichen Dienst erfolgt im Rahmen eines Dienstplanes, der vom Abteilungsvorstand für einen Monat im vorhinein zu erstellen und vom Medizinischen Direktor nach Herstellen des Einvernehmens mit dem Betriebsrat, zu genehmigen ist.

(2) Der Turnusarzt hat die im Dienstplan vorgeschriebenen Stunden einzuhalten, wenn er nicht hievon befreit, enthoben oder gerechtfertigt abwesend ist.

§ 14

Entgelt, Erschwernisabgeltung

(1) Turnusärzte haben unabhängig vom Ausbildungsstand, Anspruch auf ein Entgelt, das 75 vH des Monatsentgelts eines Vertragsbediensteten des Entlohnungsschemas I, Entlohnungsgruppe a, Entlohnungsstrufe 1, entspricht.

(2) Unter Monatsentgelt sind die im § 11 Abs 1 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 vorgesehenen Beträge zu verstehen.

(3) Die Bestimmungen des § 8 a Abs 2 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 über die Sonderzahlung finden auf das Entgelt sinngemäß Anwendung.

(4) Zuzüglich zum Entgelt gebührt dem Turnusarzt eine allgemeine Erschwernisabgeltung.

Diese beträgt im ersten Ausbildungsjahr S 1.163,-- monatlich, ab dem zweiten Ausbildungsjahr S 1.287,-- monatlich und ab dem dritten Ausbildungsjahr S 1.609,-- monatlich. Die Erschwernisabgeltung ist jeweils in gleichem Ausmaß zu valorisieren wie die Erschwerniszulage für Spitalsärzte.

Auf die Fortzahlung der Erschwernisabgeltung während des

Erholungsurlaubs oder bei sonstiger Dienstverhinderung finden die

für die Erschwerniszulage der Spitalsärzte jeweils geltenden

Bestimmungen Anwendung. ..........

..........

                             § 15

                  Einteilung zum Nachtdienst

            Erschwernisabgeltung für Nachtdienste

..........

(2) Turnusärzten die zum, die Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr

inkludierenden, durchlaufenden Dienst eingeteilt sind, gebührt

hiefür eine besondere Erschwernisabgeltung. Diese

Erschwernisabgeltung beträgt für Turnusärzte im ersten

Ausbildungsjahr S 429,--, für Turnusärzte ab dem zweiten

Ausbildungsjahr S 536,--, für Turnusärzte ab dem dritten

Ausbildungsjahr S 751,-- pro Nachtdienst.

..........

§ 16

Abgeltung von Samstags-, Sonn- und Feiertagsdiensten sowie von sonstigen Diensten

(1) Für an Samstagen, Sonn- und Feiertagen geleistete Dienste gebührt eine Erschwernisabgeltung. Die Erschwernisabgeltung beträgt:

S 143,-- für Dienste von Samstag früh bis Samstag

mittags,

von Sonntag früh bis Sonntag mittags,

von Feiertag früh bis Feiertag mittags,

S 286,-- für Dienste von Samstag früh bis Samstag

abends,

von Sonntag früh bis Sonntag abends,

von Feiertag früh bis Feiertag abends,

S 286,-- für Dienste von Samstag früh bis Sonntag

früh,

von Sonntag früh bis Montag früh, von Feiertag früh bis Werktag früh, von Feiertag bis Feiertag früh.

(2) Turnusärzte die bei zwingender dienstlicher Notwendigkeit, dh wenn die in der jeweiligen Dienststellenvereinbarung fixierte Mindestbesetzung von Turnusärzten unterschritten wird, im Anschluß an einen Nachtdienst zu Vormittagsdiensten herangezogen wurden, gebührt, falls ein Freizeitausgleich innerhalb von 6 Wochen nicht möglich war, eine Erschwernisabgeltung von S 143,--.

(3) Zusätzliche Nachmittagsdienste, die an bestimmten Krankenabteilungen entsprechend den jeweils gültigen Dienststellenvereinbarungen geleistet wurden, sind durch eine Pauschalvergütung im Betrage von S 143,-- für kurze Nachmittagsdienste (bis zu fünf Stunden) bzw im Betrage von S 214,50 für lange Nachmittagsdienste (mehr als fünf Stunden) zu entschädigen.

(4) Die Gewährung einer Erschwernisabgeltung für Nachtdienste (§ 15 Abs 2) schließt den Anspruch auf eine Erschwernisabgeltung nach § 16 Abs 1 nicht aus.

§ 17

Ruhezeit im Anschluß an einen Nachtdienst Turnusärzte dürfen im Anschluß an einen Nachtdienst grundsätzlich nicht zu Dienstleistungen herangezogen werden (siehe jedoch § 16 Abs 2).

Die Ruhezeit hat sich jedenfalls bis zum Dienstbeginn des dem Nachtdienst nächstfolgenden Kalendertages zu erstrecken.

§ 18

Rufbereitschaftsentschädigung

Turnusärzten, die fallweise verpflichtet werden, in ihrer freien Zeit ihren Aufenthalt so zu wählen, daß sie jederzeit erreichbar sind und bei zwingender dienstlicher Notwendigkeit binnen kürzester Zeit in der Krankenanstalt tätig werden können (Rufbereitschaft), gebührt eine zusätzliche Entschädigung.

Diese Entschädigung beträgt an Werktagen S 11,69, an Sonn- und Feiertagen S 15,76 je Stunde für Rufbereitschaft.

Rufbereitschaft gilt nicht als Ausbildungszeit.

Im Rahmen der Rufbereitschaft geleistete Dienststunden sind

durch Zeitausgleich abzugelten.

Die Rufbereitschaftsentschädigung ist jeweils im gleichen Ausmaße zu valorisieren wie die Rufbereitschaftsentschädigung für Spitalsärzte.

§ 19

Gefahrenzulagen..........

§ 20

Haushaltszulagen

Die Gewährung von Haushaltszulagen richtet sich nach den für die Vertragsbediensteten des L*** K*** geltenden Bestimmungen.

§ 21

Arztgebühren

Der Anspruch auf Arztgebühren richtet sich nach den jeweils

geltenden landesgesetzlichen Vorschriften.

§ 22

Bezugsvorschuß, Geldaushilfe

Bezugsvorschuß und Geldaushilfen gebühren in dem für

Landesbedienstete vorgesehenen Ausmaß.

§ 23

Ansprüche bei Dienstverhinderung,

Kuraufenthalt

Im Falle der Dienstverhinderung durch Unfall, Krankheit oder sonstige wichtige Gründe, bei Vorliegen eines Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs 1 bis 3 und § 5 Abs 1 des Mutterschutzgesetzes 1979 sowie bei Dienstbefreiungen anläßlich eines Kuraufenthaltes (der Unterbringung in einem Genesungsheim) finden die für Vertragsbedienstete des L*** K*** geltenden Bestimmungen sinngemäß Anwendung.

§ 24

Außerdienststellung

Im Anlaßfall finden die jeweils für die Vertragsbediensteten des L*** K*** geltenden Bestimmungen auf die Turnusärzte sinngemäß Anwendung.

..........

                             § 26

                         Verpflegung

Der Turnusarzt kann gegen Bezahlung Anstaltsverpflegung in

Anspruch nehmen.

..........

§ 29

Ausbildung

(1) Der Turnusarzt hat das Recht, so verwendet zu werden, daß seine Ausbildung, soweit es die ärztliche Versorgung der Patienten und die Organisation des ärztlichen Dienstes in der Krankenanstalt ermöglichen, gemäß den Bestimmungen der Ärzteausbildungsordnung 1974, in der jeweils geltenden Fassung, fristgerecht abgeschlossen wird. Es ist nach Tunlichkeit vorzusorgen, daß durch eine Versetzung der Ausbildungsgang nicht beeinträchtigt wird.

(2) Die tägliche Dienstzeit der Turnusärzte an den jeweiligen Abteilungen und die Anzahl der pro Krankenabteilung (Institut) höchstzulässigen Turnusarztstellen richtet sich nach den mit dem Zentralbetriebsrat der Kärntner Landes-Krankenanstalten abgeschlossenen Vereinbarungen (siehe Anlage III)."

Dieser Neuregelung ging eine öffentliche Diskussion voraus, in der der Landeshauptmann von Kärnten und der zuständige Landesrat wiederholt erklärten, daß es Inhalt der Neuregelung sein werde, daß die Bezüge der Turnusärzte um 1/3 (gemeint war offenbar 1/4) gekürzt werden, um 1/3 mehr Turnusärzte einstellen zu können. Die Dienstzeit der Turnusärzte gliedert sich in einen Hauptdienst, währenddessen alle Turnusärzte anwesend sein müssen und der im Durchschnitt der Ausbildungsdauer 30 Wochenstunden umfaßt, sowie in zusätzliche Nachmittags-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsdienste. Während des Hauptdienstes steht die Ausbildung der Turnusärzte im Vordergrund. Die Patientenbetreuung nehmen überwiegend die ausbildenden Sekundar- und Oberärzte vor. Hingegen erfolgt während des restlichen Dienstes so gut wie keine Ausbildung; es wird hier eine effektive Patientenbetreuung unter nur mehr begleitender Kontrolle geleistet. Diese Patientenbetreuung durch die Turnusärzte ist in diesen Zeiträumen zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes unabdingbar; ein geordneter Dienstbetrieb wäre ohne Turnusärzte nicht möglich.

In den ersten Monaten nach der Neuregelung erhielten Turnusärzte, wenn sie über den Hauptdienst hinaus Dienste leisteten, in einigen Kärntner Landeskrankenhäusern dafür Zeitausgleich. Erst mit Schreiben der Kärntner Landesregierung vom 17.Dezember 1986 wurde angeordnet, daß die auch sonst gültigen Dienstzeitvereinbarungen ("Dienststellenvereinbarungen") uneingeschränkt auf die neuen Turnusärzte anzuwenden seien und als "Richtschnur" für deren Arbeitszeit die 40-Stundenwoche gelte. Aus diesem Sachverhalt ergebe sich für die Ansprüche des betroffenen Personenkreises für die Zeit vor dem 1.Juli 1987 rechtlich folgendes:

Nach der wahren Absicht der Parteien des Ausbildungsvertrages sollte trotz der im § 3 der Beilage A vereinbarten Beschränkung der sonstigen Vergütungen auf die in den §§ 14 bis 26 der Ausbildungsordnung 1985 (Beilage B) vorgesehenen Leistungen ein allfälliger Anspruch auf Überstundenvergütung nicht ausgeschlossen werden. Entsprechend dem deklarierten Sinn der Neuregelung sei mit einer Erhöhung des Standes an Turnusärzten um 1/3 zu rechnen gewesen. Demnach hätte, auch unter Bedachtnahme auf eine Intensivierung der Patientenbetreuung, damit gerechnet werden müssen, daß Turnusärzte in Hinkunft zumindest keine Überstunden mehr zu leisten haben. Tatsächlich sei, wie auch aus dem Verhalten einiger Krankenanstaltendirektionen in den ersten Monaten nach dem Inkrafttreten der Neuregelung deutlich werde, aus den Erklärungen der Vertreter des L*** K*** geschlossen worden, daß für die "neuen" Turnusärzte eine Teilzeitbeschäftigung auf Basis der 30-Stundenwoche gelte. Ungeachtet der Richtigkeit dieser Annahme, die jedoch wegen der vielen strittigen Tatsachenfragen in diesem Verfahren nicht abzuklären sei, hätten die betroffenen Turnusärzte jedenfalls davon ausgehen dürfen, daß die Überstundenentlohnung bewußt deshalb ungeregelt geblieben sei, weil ohnehin keine Überstunden zu leisten sein würden. § 3 des Mustervertrages (Beilage A) umfasse daher keinen allfälligen Anspruch auf Überstundenvergütung.

In der Folge habe es sich gezeigt, daß der Antragsgegner die Zahl der Turnusärzte keineswegs in der in Aussicht gestellten Weise erhöht habe, so daß Überstunden in hohem Ausmaß geleistet worden seien. Für diesen nicht vorgesehenen Fall hätten redliche Parteien entweder die bislang für die Kärntner Turnusärzte geltende Regelung vereinbart (einheitlicher Überstundenzuschlag von 60 % - Punkt B 4 der Anlage II der zu 9 Ob A 517/88 vorgelegten "Dienstordnung 1962 für die Spitalärzte in den Kärntner Landes-Kranken-, Heil- und Pflegeanstalten") oder die in den übrigen Bundesländern für Turnusärzte landesgesetzlich für anwendbar bestimmten Normen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 und somit im Sinne dessen § 22 die Regelung der §§ 16 ff Gehaltsgesetz 1956. Eine solche Vereinbarung sei daher den Ansprüchen im Wege der Vertragsergänzung zugrunde zu legen.

Den dienstvertraglichen Vereinbarungen zwischen den "neuen" Turnusärzten und dem Antragsgegner liege in Wahrheit das Vertragsbedienstetengesetz 1948 zugrunde. Dies zeige sich nicht nur aus zahlreichen inhaltlichen Parallelen, sondern insbesondere auch aus der ausdrücklichen Bezugnahme auf dieses Gesetz in § 7 Abs 2 der Ausbildungsordnung 1985. Somit gelte aber auch § 22 VBG 1948 und damit wiederum die §§ 16 und 17 GehG 1956. Dieses Ergebnis werde dadurch bestärkt, daß andernfalls die getroffene Entgeltvereinbarung unbestimmt bleibe. Eine Entgeltfestsetzung könne nicht erfolgen, ohne daß die Zeiteinheit bestimmt werde, für die das Entgelt gebühre. Auch ein allenfalls anzunehmender Verzicht auf Überstundenentgelt wäre, weil das Ausmaß künftiger Überstundenleistungen nicht vorhersehbar sei, zu unbestimmt, um bindende Wirkung zu äußern.

Gemäß § 105 ÄrzteG sei den Turnusärzten ein angemessenes Entgelt zu entrichten. Auch wenn diese Bestimmung als Grundsatzbestimmung nicht unmittelbar anwendbares Recht sein sollte, seien zur Ermittlung der ortsüblichen, insbesondere kollektivvertraglichen Entgelte die auch in den übrigen Bundesländern angewendeten Bestimmungen heranzuziehen. Soweit Zweifel am Inhalt der getroffenen Vereinbarung bestünden, müßte die Undeutlichkeit der gewählten Formulierungen dem Antragsgegner zur Last fallen.

Ein globaler Ausschluß von Ansprüchen auf Überstundenvergütung sei auch sittenwidrig und gemäß § 879 ABGB unwirksam. Die in § 3 der Beilage A angeführten Erschwernisabgeltungen, Gefahrenzulagen und Rufbereitschaftsentschädigungen dienten lediglich der Abgeltung besonderer Anforderungen. Für über die Normalarbeitszeit hinausgehende Dienstleistungen sei überhaupt kein Entgelt vorgesehen. Dies habe zur Folge, daß die für den Turnusarzt entscheidende Ausbildung während der Normalarbeitszeit bezahlt werde, während die für den Dienstgeber wesentliche Dienstleistung im Überstundenbereich unentgeltlich erfolgen müßte. Sei die grundsätzliche Entgeltlichkeit der Dienstleistung vereinbart, widerspreche es dem Rechtsgefühl der Rechtsgemeinschaft, unter Ausnützung der durch Arbeitslosigkeit geschaffenen Zwangslage die Unentgeltlichkeit gerade der Überstunden zu erzwingen. Selbst wenn den unter die Ausbildungsordnung 1985 fallenden Turnusärzten bisher kein Überstundenentgelt gebührt hätte, stehe ihnen ein solches ab dem 1.Juli 1987, mit welchem Tag das Kärntner Landes-Vertragsbedienstetengesetz in Kraft getreten sei, jedenfalls zu. Nach § 43 leg cit hätten auch für die Nebengebühren der Turnusärzte die für die Landesbeamten jeweils in Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen sinngemäß zu gelten. Dabei handle es sich um die mit den §§ 16 ff GehG 1956 inhaltlich gleichlautenden Bestimmungen der §§ 153 ff des Kärntner Dienstrechtsgesetzes, LGBl 1985/35. Ein besonders begründeter Ausnahmefall, der den Abschluß eines Sondervertrages im Sinne des § 8 des Kärntner LVBG gerechtfertigt hätte, liegt nicht vor. Es könne nicht zweifelhaft sein, daß Turnusärzte im Sinne des § 28 leg cit dem Entlohnungsschema I (Entlohnungsgruppe a) angehörten. Damit stehe ihnen aber auch ab 1.Juli 1987 eine Verwaltungsdienstzulage gemäß § 41 K-LVBG zu.

Darüber hinaus bestehe ab 1.Juli 1987 keine Grundlage mehr, das Grundgehalt auf 75 % des Gehaltsansatzes I/a/1 des VBG 1948 zu beschränken. Den Turnusärzten gebührten vielmehr Bezüge im Sinne des § 27 K-LVBG und somit ein Monatsentgelt gemäß § 29 und Anlage 1 leg cit unter Berechnung eines Vorrückungsstichtages gemäß § 37 leg cit. Der Antragsgegner beantragt, die Feststellungsanträge mangels geeigneter Darstellung im Sachverhaltsbereich zurückzuweisen. Mit dem verstärktem Abgang von Absolventen des Medizinstudiums sei der öffentliche Spitalserhalter vor ungeheure Probleme der Bewältigung des Ausbildungsbedarfes gestellt worden. Aus Kostengründen habe sich entweder die Inkaufnahme jahrelanger Wartezeiten oder aber die an die Solidarität der Betroffenen gebundene Widmung gleicher Mittel für einen größeren Kreis angeboten. Nach jahrelangen Verhandlungen des Amtes der Kärntner Landesregierung mit dem Zentralbetriebsrat der Kärntner Landeskrankenanstalten als Vertreter der Turnusärzte sei es am 16.September 1985 zu einem paktierten Ausbildungsregulativ gekommen, das von der Kärntner Landesregierung am 1.Oktober 1985 antragsgemäß beschlossen worden und durch ausdrückliche Vertragsgestaltung mit dem einzelnen Turnusarzt jeweils Inhalt des einzelnen Dienstvertrages geworden sei. Die ausdrückliche Entgeltregelung für Nachtdienste, Samstags-, Sonn- und Feiertagsdienste, Nachmittagsdienste und von sonstigen Diensten einerseits und der Wegfall der ursprünglich vorgesehenen Zeitausgleichsregelung in der vom Antragsteller nicht vorgelegten geänderten Ausbildungsordnung zeige mit aller Deutlichkeit, daß der Entgeltanspruch der Turnusärzte in der Ausbildungsordnung abschließend und nicht erweiterbar geregelt sei, weshalb auch der Ausbildungsvertrag in seinem § 3 letzter Satz eine ausdrückliche Ausschlußklausel beinhalte. Die umfassende Regelung lasse für spekulative Erwägungen über Überstundenentgelte oder etwa die Annahme einer Teilzeitbeschäftigung auf Basis der 30-Stundenwoche keinen Raum. Durch die Einführung besonderer Entgelttatbestände, insbesondere durch die Gewährung einer globalen "Erschwernisabgeltung", seien die in Gestalt einer "Zulage" gekleideten Bezüge jeweils pauschalierter Ersatz für die entsprechende zeitliche Inanspruchnahme der Turnusärzte geworden. Damit habe sich der Antragsgegner selbst die Möglichkeit genommen, etwa für Zeiten der bloßen Arbeitsbereitschaft ein geringes Entgelt vorzusehen. Nach der erklärten Absicht der Vertragspartner der Ausbildungsordnung sollte eben keine stundenzählende Administration das Dienstverhältnis der Turnusärzte prägen, sondern die in den §§ 15 und 16 der Ausbildungsordnung genannten Bezüge sollten die abschließende Entschädigung für die über die 40-Stundenwoche hinausreichende Mehrdienstzeit sein.

Auch wenn § 4 Abs 1 ÄrzteG den Turnus ausdrücklich in den "Rahmen von Arbeitsverhältnissen" stelle, dürfe nicht übersehen werden, daß es sich dabei um ein Beschäftigungsverhältnis "sui generis" handle. Der Turnusarztvertrag betreffe ein spezielles (individuell gestaltetes) Ausbildungsverhältnis, in dem die Anstaltserhalter eine weitreichende und kostenintensive Ausbildungspflicht treffe. Dieser Verpflichtung könnten diese nur nachkommen, wenn sie im Bereich der Bezugsregelung die wirtschaftliche Tragbarkeit in einem tolerablen Ausgleich zwischen Ausbildungslast und Versorgungsnutzen für die Spitalserhaltung berücksichtigten.

Die Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetz-Novelle 1988 bringe inhaltlich die Einführung der Regelung der Ärzteausbildungsordnung idF Novelle 1986 auf Gesetzesstufe. Diese Bestimmungen seien aber nur hilfsweise heranzuziehen, da bereits das K-LVBG in § 8 Sonderverträge in sachlich begründeten Ausnahmsfällen abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen zulasse. Da auf Grund des Ausbildungsverhältnisses der Turnusärzte im Entgeltregelungsbereich ein solcher sachlich gerechtfertigter Grund gegeben sei, sei der Ausbildungsvertrag im Entgeltbereich als Sondervertrag anzusehen, der nach der Übergangsvorschrift des § 100 Abs 2 K-LVBG weitergelte. Überdies garantiere § 8 K-LVBG auch die Gültigkeit der seit 1.Juli 1987 geschlossenen Verträge unabhängig von der Novelle, die ungeachtet ihrer Rückwirkung die vertraglich eingeräumten Rechte ohnehin nicht verändere. Der Antragsteller erwiderte, daß auch er von der Wirksamkeit der Ausbildungsordnung lediglich als Inhalt der Einzelverträge ausgehe. Im übrigen ergänzte er den Sachverhalt dahin, daß er vorbrachte, daß die Bezahlung der Turnusärzte außerhalb Kärntens nach den Regelungen des VBG 1948 erfolge. Die vom Antragsgegner praktizierte Entlohnung der nach dem 14.Oktober 1985 aufgenommenen Turnusärzte habe zur Folge, daß diese einschließlich Zulagen und Nebengebühren nur rund die Hälfte des Bruttoentgelts erzielten, das den Turnusärzten in den übrigen österreichischen Gebietskörperschaften zukomme. Daß eine Erschwernisabgeltung keine Überstundenentlohnung sei, ergebe sich neben der ausdrücklichen Zweckwidmung schon allein aus der Höhe und der Bindung an die Erschwerniszulage für die Spitalsärzte, die jene auch neben der Überstundenentlohnung erhielten. Die im Jahr 1986 nachgeholte Erschwernisabgeltung für Samstags-, Sonn- und Feiertagsdienste im § 16 der Ausbildungsordnung habe mit dem zugleich erfolgten Entfall der zwangsweisen Gewährung von Zeitausgleich für diese Dienste nichts zu tun. Die Ausbildungssituation der Turnusärzte sei kein sachliches Argument für eine Entgeltminderung und für das Vorliegen eines besonders begründeten Ausnahmefalls im Sinne des § 8 K-LVBG. Die 1. Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetz-Novelle wäre überflüssig gewesen, wenn ihr Inhalt ohnehin schon Inhalt der Sonderverträge gewesen wäre. Da ein Entgeltverlust von 50 % den Dienstwechsel faktisch ausschließe, verstoße eine solche verfassungswidrige Vertragsgestaltung gegen Art. 21 Abs 1 letzter Satz B-VB. Auch die inzwischen kundgemachte 1. Novelle zum Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetz, LGBl 1988/58, versuche, eine Entgeltbenachteiligung im Ausmaß von zumindest rund 35 % neuerlich einzuführen. Ferner werde durch die rückwirkend ab 1.Juli 1987 in Kraft gesetzte Novelle die Entgeltdifferenz zu den bis dahin geltenden Ansätzen des K-LVBG entschädigungslos enteignet. Diesbezüglich müßte Art 5 StGG und Art 1 des 1. Z Prot EMRK beachtet werden. Da sohin Art I Z 1, 4 und 8 der ersten Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetz-Novelle zumindest iVm Art II Z 1 leg cit verfassungswidrig sei, werde angeregt, die Aufhebung dieser Gesetzesstellen gemäß Art 89 Abs 2 B-VG beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen.

Die Anträge sind nur zum Teil berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

I./ Zur Antragslegitimation:

Der Antrag fällt in den Wirkungsbereich des Antragstellers (§ 54 Abs 2 ASGG). Dieses Tatbestandsmerkmal ist so wie in § 54 Abs 1 ASGG im Sinne des persönlichen Wirkungsbereiches, hier also mitgliederbezogen, zu verstehen (vgl 527 Blg NR 16.GP, 8). Der Wirkungsbereich der einzelnen Fachgewerkschaften erstreckt sich aber nicht nur auf ihre Mitglieder, sondern auch auf nichtkollektivvertragsangehörige Arbeitnehmer eines kollektivvertragsangehörigen Arbeitgebers (§ 12 ArbVG; RdW 1986, 53). II./ Zum Anspruch auf Überstundenentlohnung nach Punkt I des Feststellungsantrages:

Für die Auslegung von Entgeltvereinbarungen in Arbeitsverträgen gelten die allgemeinen Grundsätze der Rechtsgeschäftsauslegung. Es ist demnach die Bedeutung von Erklärungen so zu beurteilen, wie sie der andere Vertragsteil redlicherweise verstehen durfte. Ausgehend vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung kommt es vor allem auf die Absicht der Parteien an und es ist der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (§ 914 ABGB;

Mayer-Maly/Marhold, Österreichisches Arbeitsrecht I 69;

Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4 183 f; Koziol-Welser, Grundriß8 I, 87 ff ua).

Entgegen der Ansicht des Antragstellers entspricht es weder dem

Wortsinn noch dem redlichen Verständnis der Arbeitsverträge der

Turnusärzte, daß darin Mehrleistungen überhaupt nicht mitgeregelt,

sondern bewußt ausgeklammert worden seien. Ausgehend von § 3 des

Ausbildungsvertrages (Beilage A), wonach neben dem Entgelt ein

Anspruch auf "sonstige Vergütungen" nur nach Maßgabe der §§ 14

bis 26 der Ausbildungsordnung besteht, ist zu prüfen, ob diese

Vergütungen nur einer Abgeltung besonderer Anforderungen entsprechen

oder als wohlverstandener Ersatz für die gesamte zeitliche

Inanspruchnahme der Turnusärzte anzusehen sind. Die Erklärungen von

Vertretern des L*** K***, die in diesem Verfahren hinsichtlich

der wöchentlichen Arbeitszeit im übrigen nicht releviert werden, und

das Verhalten der Direktionen einiger Landeskrankenhäuser lassen

nach dem behaupteten Sachverhalt keinen Schluß darauf zu, daß eine

Überstundenentlohnung bewußt ungeregelt geblieben sei. Selbst wenn

man die öffentlichen Erklärungen des Landeshauptmanns und des

zuständigen Landesrats dem Antragsgegner als Vertragspartner der

individuellen Einzelverträge zurechnen wollte, könnte ihren

Erklärungen nur die Absicht entnommen werden, die Zahl der

Ausbildungsplätze für Turnusärzte ohne Erhöhung des Entgeltaufwandes

zu vermehren. Daraus ergibt sich aber keinesfalls zwingend, daß es

demzufolge von Fall zu Fall trotz des ausbildungsorientierten

Einsatzes keine Überstunden mehr geben werde. Auch aus dem Verhalten

einzelner Krankenhausverwaltungen in den ersten Monaten nach der

Neuregelung, den Turnusärzten für die 30 Wochen übersteigenden

Dienstleistungen Zeitausgleich zu gewähren, kann im Hinblick auf

§ 867 ABGB ein den Antragsgegner bindendes Erklärungsverhalten nicht

abgeleitet werden (vgl die zwischen den Parteien ergangene

Entscheidung 9 Ob A 521/88).

Nach der einen Bestandteil des Arbeitsvertrages bildenden

Ausbildungsordnung 1985 haben die Turnusärzte unabhängig von ihrem

Ausbildungsstand Anspruch auf ein Entgelt, das 75 % des

Monatsentgelts eines Vertragsbediensteten des Entlohnungsschemas I,

Entlohnungsgruppe a, Entlohnungsstufe 1, entspricht. Zu diesem

Monatsentgelt kommen eine Reihe von Abgeltungen, Vergütungen,

Entschädigungen und Zulagen, die nur zum Teil der alleinigen

Abgeltung besonderer Anforderungen (wie etwa die Gefahrenzulage nach

§ 19) entsprechen. So gebührt nach der Ausbildungsordnung 1985 eine

"allgemeine Erschwernisabgeltung" (§ 14 Abs 4) auch neben einer

Erschwernisabgeltung für Nachtdienste (§ 15 Abs 2) und neben einer

(kumulativen) Erschwernisabgeltung für Samstage, Sonn- und Feiertage

(§ 16 Abs 1 und 4). Die Bestimmungen des § 16 Abs 2 und 3 der

Ausbildungsordnung 1985 regeln eine Erschwernisabgeltung für

Vormittagsdienste im Anschluß an einen Nachtdienst und für

zusätzliche (kurze und lange) Nachmittagsdienste. Der in diesen

Bestimmungen enthaltene Hinweis auf die Möglichkeit eines

"Freizeitausgleichs" und die ausdrückliche Bezeichnung der

Entschädigung für die zusätzlichen Nachmittagsdienste als

"Pauschalvergütung" zeigen, daß hiemit auch eine Entgeltregelung für

Mehrleistungen vorliegt. Ebenso sind die im Rahmen der

Rufbereitschaft geleisteten Dienststunden durch Zeitausgleich

abzugelten (§ 18). Der Antragsteller bestreitet selbst nicht, daß

eine Pauschalabgeltung etwa für Nachtdienste, die auch eine

Überstundenabgeltung einschließt, getroffen werden konnte

(vgl Arb 10.059). Seiner Rechtsauffassung, daß die Bestimmungen der

§§ 14 ff Ausbildungsordnung 1985 keine globale Entgeltregelungen

enthielten, kann aber schon auf Grund der aus dem Wortlaut der die

Ausbildungsordnung 1985 beinhaltenden Dienstverträge zu

erschließenden Absicht der Parteien nicht beigepflichtet werden. Ob

die (nicht verfahrensgegenständlichen) Spitalsärzte neben der

Erschwerniszulage noch einen Anspruch auf Überstundenentlohnung

haben, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang. Soweit mit der

Einführung der "Erschwernisabgeltung" für Samstags-, Sonn- und

Feiertagsdienste zugleich die zwangsweise Gewährung von

Zeitausgleich für diese Dienste weggefallen ist, spricht dies nicht

gegen das aufgezeigte Ergebnis, sondern zeigt wieder nur, daß eben

auch die Abgeltung gewisser zeitlicher Mehrleistungen vom

Regelungsinhalt der Ausbildungsordnung 1985 umfaßt ist. Für eine

Vertragsergänzung oder für die Anwendung der Unklarheitenregel des

§ 915 ABGB ist daher ebenso kein Raum wie für die Erwägung, die

Entgeltvereinbarung sei wegen des globalen Ausschlusses von

Überstundenvergütung sittenwidrig. Wie sich aus dem zwischen

denselben Parteien geführten Feststellungsverfahren 9 Ob A 521/88

ergibt, war die Entgeltvereinbarung in ihrer Gesamtheit auch nicht

unbestimmt.

Der Oberste Gerichtshof führte in diesem Verfahren aus, daß die

Arbeitsverhältnisse der Turnusärzte bis zur Inanspruchnahme der

Gesetzgebungskompetenz durch den Antragsgegner dem

Angestelltengesetz unterlagen, wobei die in einigen Punkten

vereinbarte Anwendung des VBG 1948 diesem nur die Qualifikation

einer lex contractus gab (vgl auch die dieselben Parteien

betreffende Entscheidung 9 Ob A 517/88). Der Antragsgegner war aber

nicht gehalten, das VBG 1948 undifferenziert auf alle Arbeitnehmer

anzuwenden; er konnte in Fällen, in denen es nach der Sache

gerechtfertigt war, auch Abweichendes vereinbaren. Eine derartige

Differenzierung erscheint hinsichtlich der in den Landesdienst

aufgenommenen Turnusärzte sachlich gerechtfertigt. Im Gegensatz zu

em üblichen Arbeitsverhältnis steht hier nicht die Erbringung einer

Arbeitsleistung im Interesse des Arbeitgebers, sondern die den Turnusarzt zur selbständigen Ausübung des Berufes als praktischer Arzt gemäß § 3 Abs 3 ÄrzteG berechtigende dreijährige praktische Ausbildung im Vordergrund. Bei derartigen Arbeitsverhältnissen, bei denen dem Interesse des Arbeitgebers an der Erbringung der Arbeitsleistung ein fast ebenso gewichtiges Interesse des Arbeitnehmers gegenübersteht, ihm die zur Vollendung seiner Berufsausbildung erforderliche praktische Ausbildung zu ermöglichen, kann es dem Arbeitgeber nicht verwehrt werden, das Entgelt nach anderen Gesichtspunkten festzusetzen als bei Arbeitsverhältnissen, bei denen die Arbeitsleistung in erster Linie im Interesse des Arbeitgebers erbracht wird. Der Antragsgegner verstieß daher durch die Schlechterstellung der Turnusärzte nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot, soweit er den Entgeltanspruch abweichend von der Gehaltsregelung der übrigen Vertragsbediensteten abschließend in der Ausbildungsordnung 1985 regelte und damit bei der Festsetzung des Entgelts den vor allem im Interesse der Arbeitnehmer liegenden Ausbildungszweck des Arbeitsverhältnisses berücksichtigte (9 Ob A 521/88 mwH).

Aus diesen Erwägungen wurde im besonderen Feststellungsverfahren zu 9 Ob A 521/88 der Antrag des Antragstellers, die der Ausbildungsordnung 1985 unterliegenden Kärntner Turnusärzte hätten für die Zeit bis zum 30.Juni 1987 Anspruch auf volles Monatsentgelt, abgewiesen und die Ansicht vertreten, daß mit dem vereinbarten Entgelt (§ 14 Abs 1 und 2 der Ausbildungsordnung 1985) die an den Dienststellen übliche Arbeitszeit von 38 bis 40 Stunden abgegolten worden war. Analoges muß für die Abgeltungen, Vergütungen, Entschädigungen und Zulagen (§§ 14 Abs 4 ff der Ausbildungsordnung 1985) hinsichtlich der Vergütung von allfälligen Überstunden gelten. Auch aus der Bestimmung des § 105 Abs 1 ÄrzteG 1984 die anordnet, daß den in Berufsausbildung stehenden Ärzten für ihre Tätigkeit ein angemessenes Entgelt zu entrichten ist, ist für den Standpunkt des Antragstellers nichts zu gewinnen. Wie Schrammel (Rechtsprobleme des Turnusarztverhältnisses, ZAS 1982, 207) zutreffend ausführt, ist diese Grundsatzbestimmung verfassungsrechtlich bedenklich, soweit der Rechtsgrund der Leistungspflicht der Krankenanstalt in einem zu ihr begründeten Dienstverhältnis steht, weil in diesem Fall die gesetzliche Regelung der Vergütung eine Angelegenheit ist, die dem für die Regelung des Dienstrechts zuständigen Gesetzgeber obliegt. Dieser Bestimmung kann daher bei verfassungskonformer Auslegung nur einschränkend als Grundlage für einen nicht auf einem Dienstverhältnis beruhenden Entgeltanspruch verstanden werden (9 Ob A 517/88).

III./ Zu den Ansprüchen auf Überstundenvergütung, Verwaltungsdienstzulage und volles Monatsentgelt ab 1.Juli 1987 nach den Punkten I (Eventualantrag), II und III des Feststellungsantrags:

Die Rechtslage ab dem 1.Juli 1987 ist vorerst dadurch gekennzeichnet, daß der Antragsgegner mit Gesetz vom 18. Dezember 1986 über das Dienstrecht der Vertragsbediensteten des L*** K*** (K-LVBG), LGBl 1988/19, von seiner Gesetzgebungskompetenz nach Art. 21 B-VG Gebrauch gemacht hat. Nach der Übergangsbestimmung des § 100 K-LVBG dürfen ab dem 1.Juli 1987 keine Dienstverträge nach anderen Bestimmungen mehr abgeschlossen werden und bestehende Dienstverträge gelten als Verträge im Sinne dieses Gesetzes. Ungeachtet der Einwirkung der zwingenden Bestimmungen dieses Gesetzes auf die Dienstverträge kann aber der Ansicht des Antragstellers, den vom Feststellungsantrag betroffenen Personen stünden die gegenständlichen Ansprüche ab 1.Juli 1987 jedenfalls zu, nicht beigepflichtet werden.

Wie schon erwähnt und in der zwischen denselben Parteien ergangenen Entscheidung 9 Ob A 521/88 näher ausgeführt, rechtfertigte der Ausbildungszweck der Dienstverhältnisse der Turnusärzte unter anderem auch eine abweichende Entgeltregelung. Die mit den Turnusärzten abgeschlossenen Ausbildungsverträge waren daher insoweit, wie der Antragsgegner zutreffend ausführt, als Sonderverträge im Sinne des § 8 L-LVBG anzusehen, auf die sich die Übergangsbestimmung des § 100 K-LVBG nicht beziehen konnte. Wollte man diese Übergangsbestimmung ausnahmslos anwenden, könnten auch in sonstigen besonders begründeten Ausnahmefällen in Dienstverträgen keine Regelungen getroffen werden, die von den Bestimmungen des K-LVBG abweichen. Die ausnahmsweise Eröffnung einer solchen Möglichkeit entspricht aber gerade dem Sinn des § 8 K-LVBG, so daß sich § 100 K-LVBG daher nur auf die "normalen" Dienstverträge beziehen konnte, bei denen von den Bestimmungen des Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetzes nicht abgewichen werden durfte (9 Ob A 517/88).

Diese Rechtslage änderte sich erst durch die (rückwirkende)

erste Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetz-Novelle vom

1. Juli 1988, LGBl 1988/58. Diese Novelle war entgegen der Ansicht

des Antragstellers nicht "völlig überflüssig", da sie nicht nur eine

(in der Ausbildungsordnung 1985 nicht enthaltene) Anpassung der

Entgeltregelung an das K-LVBG herbeiführte, sondern auch die

Dienstverhältnisse der Turnusärzte ausdrücklich in die Regelung

durch das K-LVBG einbezog. Diese Einbeziehung hat zur Folge, daß die

Ausbildungsverträge der Turnusärzte nicht mehr als Sonderverträge im

Sinne des § 8 K-LVBG angesehen werden können. Nach § 29 Abs 6 des

K-LVBG idF der Novelle gebührt jenen Vertragsbediensteten, die sich

gemäß § 4 Abs 1 ÄrzteG 1984 in der Ausbildung zum praktischen Arzt

befinden, für die Dauer der Ausbildung ein Entgelt, das 75 % des

Monatsentgelts eines Vertragsbediensteten des Entlohnungsschemas I, Entlohnungsgruppe a, Entlohnungsstufe 1, entspricht. Gemäß § 41 Abs 3 K-LVBG idF der Novelle gebührt diesen Vertragsbediensteten keine Verwaltungsdienstzulage. Mangels einer Ausnahmebestimmung haben die Turnusärzte aber ab 1.Juli 1987 kraft Verweisung durch § 43 Abs 1 erster Satz K-LVBG Anspruch auf eine gemäß § 151 Abs 1 Z 1 Kärntner Dienstrechtsgesetz, LGBl 1985/35, als Nebengebühr anzusehende Überstundenvergütung im Sinne der §§ 153 ff leg cit. Da dem vom Feststellungsantrag betroffenen Personenkreis schon auf Grund des als Sondervertrag anzusehenden Ausbildungsvertrages keine Entgeltdifferenz zu dem bis dahin geltenden Ansätzen des K-LVBG zustand, ist dem Argument ihre Differenzansprüche seien entschädigungslos enteignet worden, der Boden entzogen. Im übrigen hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan, daß keine Verfassungsvorschrift den Schutz wohlerworbener Rechte gewährleiste (VfSlg 3.665, 3.768, 3.836, 11.309 ua), so daß es im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten der Betroffenen zu verändern. Der Gesetzgeber ist aber auch - vom Verbot rückwirkender Strafgesetze

abgesehen - verfassungsrechtlich nicht gehindert, Gesetze mit rückwirkender Kraft zu erlassen, soweit diese Rückwirkung mit dem Gleichheitsgebot vereinbar ist (VfSlg 8.195). Es trifft zwar zu, daß der Verfassungsgerichtshof in seinem vom Antragsteller zitierten Erkenntnis VfSlg 11.309 zum Ausdruck gebracht hat, daß der Beweggrund des Gesetzgebers für den Eingriff in bereits entstandene Rechtspositionen, nämlich gleiche sachliche Voraussetzungen aufweisende Anspruchsberechtigte gleichzubehandeln, nicht die Minderung wohlerworbener Rechte jedweder Art und in jedweder Intensität sachlich zu begründen vermag. Von einem derartigen Eingriff - dort ging es um die Aberkennung von nach jahrzehntelanger Tätigkeit angefallenen Pensionsansprüchen - könnte aber im vorliegenden Fall, selbst wenn ein Differenzanspruch nach dem K-L*** bestanden hätte, keine Rede sein (9 Ob A 517/88 mwH). Es besteht daher kein Anlaß, die Rückwirkungsanordnung der ersten Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetz-Novelle als verfassungswidrig anzufechten.

Schließlich ist auch aus dem Einwand, die das Dienstrecht regelnden Landesgesetze dürften gemäß Art 21 Abs 1 B-VG den Dienstwechsel nicht wesentlich behindern, für den Antragsteller nichts zu gewinnen. Abgesehen davon, daß der Dienstwechsel schon durch das Ausbildungsverhältnis erschwert ist, ist die Möglichkeit des Wechsels zwischen dem Dienstgeber Bund, den Ländern, den Gemeinden und Gemeindeverbänden (Art 21 Abs 4 B-VG) nicht auf die Entgeltfrage zu reduzieren, zumal gerade zwischen den Entgeltregelungen des Bundes, der Länder und der Gemeinden bekanntermaßen beträchtliche Unterschiede bestehen. Dem Feststellungsantrag war daher lediglich in seinem Eventualantrag zu Pkt I stattzugeben, im übrigen war er als unberechtigt abzuweisen.

Anmerkung

E18312

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBA00519.88.0830.000

Dokumentnummer

JJT_19890830_OGH0002_009OBA00519_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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