TE Vfgh Erkenntnis 1983/7/1 B457/82

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Veröffentlicht am 01.07.1983
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Index

19 Völkerrechtliche Verträge
19/01 Staatsverträge von St. Germain und Wien

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
StV Wien 1955 Art7 Z1
StV Wien 1955 Art7 Z3 erster Satz
StV St Germain 1919 Art67
VolksgruppenG §16
VStG §49 Abs1
VStG §49 Abs3

Leitsatz

Staatsvertrag von Wien; die Verfassungsvorschrift des Art7 Z3 Satz 1 gewährleistet als Sonderregelung zugunsten und zum Schutz sprachlicher Minderheiten ein subjektives öffentliches Recht; keine Verletzung dieses Rechtes im vorliegenden Fall durch Zustellung eines in der deutschen Staatssprache abgefaßten Bescheides Volksgruppengesetz; keine Bedenken gegen §16; ordnungsgemäße "Zustellung" eines in der Staatssprache und der Volksgruppensprache abgefaßten Bescheides iS dieses Gesetzes; kein Entzug des gesetzlichen Richters im vorliegenden Fall durch Zurückweisung eines verspätet erhobenen Einspruches gegen eine in der Staatssprache abgefaßte Strafverfügung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1.1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt verhängte über den österreichischen Staatsangehörigen E. W., wohnhaft in Weizelsdorf, Gemeinde Feistritz im Rosental (in der die slowenische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache zugelassen ist (Verordnung der Bundesregierung vom 31. Mai 1977, BGBl. 307)), mit Strafverfügung vom 14. August 1981, Z 55.252/1/81-5, wegen der Verwaltungsübertretung nach §2 Abs1 litg Z2 iVm §12 Abs1 Ktn. Landschaftsschutzgesetz 1981, LGBl. 29, - begangen dadurch, daß er am 23. Juli 1981 ca. 6 km südlich der Rosentalerstraße in Fahrtrichtung Kirschentheuer einen Wegweiser, lautend "Zum sonnigen Pirkenhofsee" und auf der Rückseite "Zum See", sowie eine Zusatztafel mit der Aufschrift "Angeln" und einem gezeichneten Fisch angebracht habe, ohne im Besitz der hiefür notwendigen Bewilligung zu sein - eine Geldstrafe von fünfhundert Schilling, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzarreststrafe von sechsunddreißig Stunden.

1.1.1.2. Eine in deutscher Sprache abgefaßte Ausfertigung dieser Strafverfügung wurde dem Beschuldigten am 20. August 1981 zu eigenen Handen - zugestellt.

1.1.2.1. Daraufhin richtete der Beschuldigte an die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt ein - mit 25. August 1981 datiertes und am 27. August 1981 eingelangtes - Schreiben in slowenischer Sprache, in dem es ua. - ins Deutsche übersetzt - hieß:

"Da ich Kärnter Slowene bin, müssen Sie mir die Zuschriften in Slowenisch zusenden."

1.1.2.2. In der Folge wurde dem Beschuldigten auf Grund einer - am 8. Oktober 1981 getroffenen - Verfügung der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt am 12. Oktober 1981 eine weitere Ausfertigung der Strafverfügung vom 14. August 1981, diesmal in slowenischer Sprache, zugestellt.

1.1.3.1. Am 27. Oktober 1981 gab der Beschuldigte eine an die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt adressierte und dort am 28. Oktober 1981 eingelangte Eingabe in slowenischer Sprache - datiert mit 26. Oktober 1981 - zur Post, worin der Sache nach eine Rechtfertigung zum Schuldvorwurf enthalten ist.

1.1.3.2.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 4. November 1981, Z 55.252/1/81-5, wurde diese als Einspruch gegen die Strafverfügung gewertete Zuschrift (vom 26. Oktober 1981) gemäß §68 Abs1 AVG 1950 - als verspätet - zurückgewiesen und der Beschuldigte - bei sonstiger Vollstreckung der Strafverfügung - zur Einzahlung der Geldstrafe binnen einer Woche aufgefordert.

Begründend wurde ausgeführt:

"Laut Rückschein wurde dem Beschuldigten die Strafverfügung am 20. August 1981 zugestellt. Die zweiwöchige Einspruchsfrist lief somit am 3. September 1981 ab. Der Einspruch wurde, wie dies der Poststempel nachweist, erst am 27. Oktober 1981 aufgegeben.

Er war daher verspätet."

1.1.3.2.2. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 12. November 1981 in deutscher und, auf ausdrückliches Ersuchen, am 18. Dezember 1981 auch in slowenischer Sprache - und zwar jeweils durch Hinterlegung - zugestellt.

1.1.4.1. Die Ktn. Landesregierung wies eine von E. W. gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 4. November 1981, Z 55.252/1/81-5, laut Schriftsatz vom 30. Dezember 1981 fristgerecht erhobene Berufung mit Bescheid vom 1. Juli 1982, Z Ro-217/2/1982, dem Berufungswerber in deutscher und slowenischer Sprache zugestellt, gemäß §66 Abs4 AVG 1950 als unbegründet ab.

1.1.4.2. Die Begründung des Berufungsbescheides lautet ua. wie folgt:

"Gemäß §15 Abs1 Volksgruppengesetz, BGBl. 396/1976, hat eine Person, die beabsichtigt, in einer Tagsatzung oder mündlichen Verhandlung von der Sprache einer Volksgruppe Gebrauch zu machen, dies unverzüglich nach Zustellung der Ladung der Behörde oder Dienststelle bekanntzugeben. Die Bekanntgabe gilt für die Dauer des ganzen weiteren Verfahrens, sofern sie nicht widerrufen wird. Nach §16 dieses Gesetzes sind Entscheidungen und Verfügungen (einschließlich der Ladung), die zuzustellen sind und die in der Sprache einer Volksgruppe eingebrachte Eingaben oder Verfahren betreffen, in denen in der Sprache einer Volksgruppe bereits verhandelt worden ist, in dieser Sprache und in deutscher Sprache auszufertigen. Wird entgegen den Bestimmungen des Volksgruppengesetzes, und soweit §17 Abs2 und 3 nichts anderes bestimmt, die deutsche oder die Sprache einer Volksgruppe nicht verwendet oder die Verwendung der Sprache einer Volksgruppe nicht zugelassen, so gilt für den betreffenden Verfahrensschritt der Anspruch derjenigen Partei auf rechtliches Gehör als verletzt, zu deren Nachteil der Verstoß unterlaufen ist (§17 Abs1 leg. cit.).

Aus den §§15 Abs1 und 16 Volksgruppengesetz ergibt sich, daß Zustellungen in slowenischer Sprache immer erst ab dem Zeitpunkt der 'Bekanntgabe' iS des §15 oder dem Zeitpunkt, ab dem im Verfahren in slowenischer Sprache verhandelt wurde, zu erfolgen haben. Ab diesem Zeitpunkt ist dies verpflichtend und eine Verletzung zieht Rechtsfolgen nach sich.

Aus dem Protokoll des Gendarmeriepostenkommandos Feistritz im Rosental vom 3. August 1981, welches die Grundlage für das gegenständliche Verfahren darstellt, ist nicht zu entnehmen, daß sich ... E. W. der slowenischen Sprache bedienen wollte.

Erst mit Schriftsatz vom 25. August 1981 hat er auf sein Recht verwiesen und die Erledigung in slowenischer Sprache begehrt. Dieser Zeitpunkt ist für das weitere Verfahren maßgebend. Eine Ex-tunc-Wirkung besitzt die Bekanntgabe jedenfalls nicht.

Zur Rechtzeitigkeit der vorliegenden Berufung ist zu bemerken, daß der angefochtene Bescheid entgegen den Bestimmungen des §15 Abs1 und §16 Volksgruppengesetz (dem Beschuldigten) vorerst nur in deutscher Sprache zugestellt wurde. Erst über sein Ersuchen erfolgte am 18. Dezember 1981 die Zustellung auch der slowenischen Ausfertigung des Bescheides. In Anlehnung an die Bestimmungen des §31 AVG 1950 - unterlaufen bei der Zustellung Mängel, so gilt diese als in dem Zeitpunkt vollzogen, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist (Empfänger), tatsächlich zugekommen ist - sowie unter Berücksichtigung der Regelungen des §17 Abs1 Volksgruppengesetz ist davon auszugehen, daß der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 4. November 1981 (dem Beschuldigten) erst mit 18. Dezember 1981 rechtskräftig zugestellt wurde. Die Berufung vom 30. Dezember 1981 wurde somit rechtzeitig eingebracht.

Der Einspruch vom 26. Oktober 1981 gegen die Strafverfügung erfolgte hingegen aus folgenden Gründen verspätet:

Gemäß §49 Abs1 VStG 1950 kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung schriftlich, telegrafisch oder mündlich Einspruch erheben und zugleich die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Die Frist beginnt für jede Partei nach §63 Abs5 AVG (§24 VStG) mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides. Wird ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben, so ist die Strafverfügung zu vollstrecken (§49 Abs4 VStG).

Dem Beschuldigten wurde die Strafverfügung am Donnerstag, dem 20. August 1981, ordnungsgemäß in deutscher Sprache persönlich zugestellt. Damit begann gemäß §63 Abs4 AVG 1950 die Berufungsfrist zu laufen und endete am Donnerstag, dem 3. September 1981. Seine Eingabe vom 23. August (Postaufgabestempel), mit der er die Zusendung in slowenischer Sprache begehrt, kann - auch im weitesten Sinn ausgelegt - nicht als Einspruch gewertet werden. Sie ist allerdings als Bekanntgabe der Gebrauchnahme der Sprache seiner Volksgruppe für die Dauer des ganzen weiteren Verfahrens zu betrachten.

Wie die obigen Ausführungen zeigen, erfolgte die Zustellung der in deutscher Sprache gehaltenen Strafverfügung ohne jegliche Fehler. Durch die Zustellung des ins Slowenische übersetzten Bescheides kann diesem eine Auswirkung auf den Fristenlauf schon deswegen nicht zukommen, da dadurch die Behörde lediglich dem Ansuchen auf Übersetzung des bereits ordnungsgemäß zugestellten Bescheides entsprochen hat. Eine Änderungswirkung auf das gegenständliche Verfahren kann nur für das zukünftige, nicht aber für das vergangene Verfahren auf Grund der Bestimmungen des §15 Volksgruppengesetz erkannt werden. Somit ergibt sich, daß der erst am 27. Oktober 1981 eingebrachte Einspruch als verspätet betrachtet werden muß."

1.2.1. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde des E. W. an den VfGH, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, nämlich des Rechtes auf (rechtliche und faktische) Gleichbehandlung von Angehörigen einer Minderheit nach Art67 des Staatsvertrages von Saint-Germain, StGBl. 303/1920, auf Gebrauch des Slowenischen als Amtssprachenach Art7 Z3 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. 152/1955, sowie auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG), ferner die Verletzung des Rechtes nach Art7 Abs1 (gemeint: Z1) des Staatsvertrages von Wien, BGBl. 152/1955, behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

1.2.2. Die Ktn. Landesregierung als belangte Behörde erstattete unter Vorlage der Administrativakten eine Gegenschrift und begehrte darin die Abweisung der Beschwerde.

2. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:

2.1.1. Art67 des Staatsvertrages von Saint-Germain vom 10. September 1919, StGBl. 303/1920, der als Bestandteil des Abschnittes V des III. Teiles dieses Vertrages kraft Art149 Abs1 B-VG als Verfassungsgesetz gilt, bestimmt in seinem vom Beschwerdeführer der Sache nach bezogenen ersten Halbsatz, daß österreichische Staatsangehörige, die einer Minderheit nach Rasse, Religion oder Sprache angehören, dieselbe Behandlung und dieselben Garantien, rechtlich und faktisch, wie die anderen österreichischen Staatsangehörigen genießen, enthält also das Verbot der Minderheitendiskriminierung (s. auch ArtI des Bundesverfassungsgesetzes vom 3. Juli 1973 zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973).

2.1.2. Vorliegend ergeben sich keinerlei Hinweise, daß die belangte Behörde mit dem bekämpften Verwaltungsakt den Zweck verfolgte, den Beschwerdeführer wegen seines Bekenntnisses zur slowenischsprachigen Minderheit im Bundesland Ktn. zu diskriminieren, dh. schlechterzustellen als österreichische Staatsbürger, die sich nicht zu einer solchen Minderheit bekennen (vgl. VfSlg. 8145/1977, 8146/1977).

2.1.3. Der Beschwerdeführer wurde darum in seinem durch Art67 des Staatsvertrages von Saint-Germain, StGBl. 303/1920, verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nicht verletzt.

2.2. Der Beschwerdeführer beruft sich ferner auf Art7 Abs1 (gemeint: Z1) des Staatsvertrages von Wien, BGBl. 152/1955, doch läßt sich damit die Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes allein schon deshalb nicht dartun, weil Art7 Z1 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. 152/1955, nicht Verfassungsrang genießt; denn dieser Artikel 7 Z1 scheint nicht unter jenen Bestimmungen auf, die durch ArtII Z3 des Bundesverfassungsgesetzes vom 4. März 1964, BGBl. 59, gemäß Art50 Abs2 iVm Art44 Abs1 B-VG genehmigt wurden.

2.3.1. und 2.3.2. (fast wörtlich wie 2.1.2.1. des Erk. vom 28. Juni 1983 B499/82, VfSlg. 9744)

2.3.3. fast wörtlich wie 2.1.3.1. des Erk. v. 28. Juni 1983, B499/82, VfSlg. 9744

2.3.4. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten erhellt jedoch mit hinlänglicher Deutlichkeit, daß der Beschwerdeführer schon im Zuge der Erhebungen des Gendarmeriepostenkommandos Feistritz im Rosental, die der Erlassung der Strafverfügung vom 14. August 1981 vorausgegangen waren, die deutsche Sprache gebrauchte, vielmehr seine Absicht, sich der Volksgruppensprache zu bedienen, in keiner Weise erkennen ließ, obgleich hiezu durchaus Gelegenheit bestand (s. insbesondere die in der Anzeige festgehaltenen eigenen Angaben des Beschwerdeführers). Diese Absicht wurde der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vielmehr erstmals aus dem nach Erlassung der Strafverfügung verfaßten Schreiben des Beschwerdeführers vom 25. August 1981 bekannt.

2.3.5. Daraus allein wird aber offenkundig, daß der Beschwerdeführer durch die Zustellung der Strafverfügung (vorerst) nur in deutscher Sprache im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nach Art7 Z3 Satz 1 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. 152/1955, nach der besonderen Lagerung dieses Falles nicht verletzt wurde.

2.4.1. Allerdings bedarf es unter den obwaltenden Verhältnissen nunmehr der Prüfung der Frage, ob der angefochtene Bescheid den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) verletzte.

Davon ausgehend, daß im konkreten Fall (s. Punkt 2.3.5.) die Zustellung (nur) einer in der deutschen Staatssprache (Art8 B-VG) abgefaßten Ausfertigung der Strafverfügung vom 14. August 1981 an den Beschwerdeführer, der schon in einem früheren Verfahrensstadium Gelegenheit zur Abgabe einer Willensäußerung iS des Art7 Z3 Satz 1 des Staatsvertrags von Wien, BGBl. 152/1955, hatte, den Bestimmungen dieses Staatsvertrages und des §16 Volksgruppengesetz entsprach und darum - für sich allein - den Lauf der gesetzlichen Einspruchsfrist in Gang setzte, kommt der erst durch das Schreiben (des Beschuldigten) vom 25. August 1981 ausgelösten Zustellung einer (weiteren) Bescheidausfertigung in slowenischer Sprache keine normative Bedeutung (s. VfSlg. 4366/1963), also auch kein Einfluß auf die (bereits abgelaufene) Einspruchsfrist zu.

2.4.2. Angesichts dieser Sach- und Rechtslage war ferner zu klären, ob (bereits) das mit 25. August 1981 datierte Schreiben des Beschwerdeführers an die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt, welches dort am 27. August 1981 eintraf, als ein (innerhalb der Frist des §49 Abs1 VStG 1950 ergriffener) "Einspruch" gegen die Strafverfügung vom 14. August 1981 iS des §49 Abs1 VStG 1950 zu werten ist. Anders als §63 Abs3 AVG 1950 für die Berufung (vgl. zB VfSlg. 5448/1967, 5836/1968, 5955/1969), stellt nun §49 Abs1 VStG 1950 für den Einspruch gegen eine Strafverfügung im abgekürzten Verwaltungsstrafverfahren zwar keine besonderen Formerfordernisse auf (s. auch VwSlg. 2704 A/1952 ua.): Nach §49 Abs3 VStG 1950 tritt die Strafverfügung durch die rechtzeitige Einbringung des Einspruchs, von den hier nicht in Betracht zu ziehenden Fällen des Abs2 dieser Gesetzesstelle abgesehen, außer Kraft; es ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Eine (fristgerechte) Eingabe ist folglich als Einspruch zu beurteilen, wenn der Beschuldigte darin seine Bestrafung im Mandatsverfahren sei es mit sei es ohne Nennung von Gründen hinlänglich erkennbar ablehnt. Dies trifft hier aber nicht zu. Denn der Beschwerdeführer brachte in seinem Schreiben vom 25. August 1981 nur zum Ausdruck, daß er von seinem Recht als Volksgruppenangehöriger auf Verwendung der Volksgruppensprache Gebrauch mache, ohne sich gegen die Strafverfügung selbst zu wenden.

2.4.3. Die Behörde erster Instanz behandelte folglich die am 28. Oktober 1981 eingelangte Eingabe des Beschuldigten zu Recht als verspätet erhobenen Einspruch gegen die Strafverfügung und gelangte demgemäß rechtsmäßig zur Einspruchszurückweisung und zur Aufforderung des Beschwerdeführers zum Straferlag, die eine Versäumung der Einspruchsfrist voraussetzt (§49 Abs4 VStG 1950).

2.4.4. Diese Zurückweisung wurde mit dem vor dem VfGH angefochtenen Bescheid der Berufungsbehörde zutreffend bestätigt, wobei dieser - verfahrensrechtliche - Bescheid so zu werten ist, als ob die Berufungsinstanz einen mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmenden neuen Bescheid erlassen hätte (vgl. VfSlg. 8098/1977 ua.).

Durch die in der Zurückweisung des Einspruchs gelegene gesetzmäßige Verweigerung der Einleitung des ordentlichen Verfahrens wurde der Beschwerdeführer demgemäß in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt.

2.5. Wies aber die belangte Behörde die in Rede stehende Berufung auf Grund verfassungsrechtlich unbedenklicher Rechtsvorschriften (s. auch 2.3.3.) zu Recht zurück, wie der VfGH in Behandlung des dem Grundrecht nach Art83 Abs2 B-VG gewidmeten Beschwerdevorbingens ausführte, so ist es ausgeschlossen, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde (VfSlg. 7515/1975, 7873/1976, 8144/1977, 8406/1978). Auf das entsprechende Beschwerdevorbringen brauchte unter diesen Umständen nicht mehr näher eingegangen zu werden.

2.6. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Minderheiten, Volksgruppen, Mandatsverfahren, Fristen (Einspruch), Verwaltungsverfahren, Zustellung, Bescheiderlassung, Amtssprache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B457.1982

Dokumentnummer

JFT_10169299_82B00457_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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