TE Vwgh Beschluss 1990/3/19 89/10/0181

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Veröffentlicht am 19.03.1990
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Index

L55002 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Kärnten;
L55052 Nationalpark Biosphärenpark Kärnten;
L55302 Geländefahrzeuge Motorschlitten Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §1;
AVG §1;
MRK Art6 Abs1;
NationalparkG Krnt 1983 §13;
NatSchG Krnt 1986 §49 Abs1;
NatSchG Krnt 1986 §49 Abs5;
VwGG §13 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Puck, Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Kirchner, in der Beschwerdesache des N gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 28. Juni 1989, Zl. Ro-302/4/89, betreffend Entschädigung nach dem Kärntner Naturschutzgesetz, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Vertrag vom 9. Juli 1987 verkaufte der Beschwerdeführer Grundstücke aus dem Gutsbestand der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft EZ 65 KG A, Gerichtsbezirk B. Der Kaufpreis betrug 6,2 Mio S.

1.2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 27. August 1987 wurde der "C-Teich mit seiner unmittelbaren Umgebung" gemäß § 28 des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 54/1986 (im folgenden: Krnt NSchG), zum Naturdenkmal erklärt. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen und betrifft die in Rede stehenden Grundparzellen.

1.3. Mit Eingabe vom 2. November 1987 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Leistung einer Entschädigung nach § 49 Krnt NSchG und dehnte diesen mit Eingabe vom 25. Februar 1988 um 2,5 Mio S auf 12,155.500 S aus.

1.4. Mit Bescheid vom 15. März 1988 behob die Kärntner Landesregierung den genannten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 27. August 1987 gemäß § 68 Abs. 2 AVG 1950. Eine vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 21. September 1988, Zl. 88/10/0071, abgewiesen.

1.5. Mit Eingabe vom 9. Februar 1989 schränkte der Beschwerdeführer seinen ursprünglichen Entschädigungsantrag auf 6,2 Mio S ein und begründete dies damit, daß der genannte Betrag der Preis für den Verkauf seiner im Bereich des ehemaligen Naturdenkmales "C-Teich" gelegenen Grundstücke gewesen sei. Infolge der Erklärung zum Naturdenkmal sei dieser Verkauf storniert worden. Dem Beschwerdeführer sei es nicht möglich gewesen, diese Grundstücke anderweits zu verkaufen. Er beantrage ausdrücklich eine Entscheidung über diesen Entschädigungsantrag.

1.6. Mit Bescheid vom 28. Juni 1989 wies die Kärntner Landesregierung den Antrag des Beschwerdeführers vom 2. November 1987, ausgedehnt mit Eingabe vom 25. Februar 1988 und eingeschränkt mit Antrag vom 9. Februar 1989 auf Festsetzung einer Entschädigung in Höhe von 6,2 Mio S für vermögensrechtliche Nachteile infolge Erklärung von in seinem Eigentum stehenden Grundstücken zum Naturdenkmal "C-Teich" gemäß § 49 Abs. 1 Krnt NSchG als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides heißt es unter anderem, Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 49 leg. cit. dem Grunde nach sei das Vorliegen eines Bescheides, mit welchem ein Gebiet zum Naturdenkmal erklärt werde. Ein solcher Bescheid liege aber infolge der Aufhebung der Erklärung zum Naturdenkmal nicht vor. Ein Anspruch auf Entschädigung sei schon dem Grunde nach nicht gegeben. Ein Eingehen auf die Höhe der Forderung erübrige sich somit. Darüberhinaus sei der Behörde auch keine Norm bekannt, wonach durch einen Rechtsakt der Behörde "quasi vertragliche" Bindungen der Behörde und, daraus resultierend, Ersatzpflichten des Rechtsträgers entstehen sollten. Das, was der Antragsteller vorbringe, wäre wohl eher als Schadenersatzanspruch zu qualifiziern. Schließlich liege eine tatsächliche Wertminderung im Sinne einer Verringerung des Vermögens des Antragstellers im Hinblick auf die genannten Grundstücke nicht vor. Der tatsächliche Wert sei nunmehr keineswegs geringer als vor der Erklärung zum Naturdenkmal. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verhinderung eines günstigen Verkaufes infolge Erklärung der Grundstücke zum Naturdenkmal könne nicht als entschädigungspflichtiger Vermögensnachteil angesehen werden.

1.7. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Anwendung des § 49 Krnt NSchG verletzt, weil die belangte Behörde vermögensrechtliche Nachteile trotz Erklärung von Grundstücken aus seiner Liegenschaft zum Naturdenkmal nicht angemessen entschädigt habe. Das Gesetz stelle auf vermögensrechtliche Nachteile, die infolge der Erklärung von Gebieten zu Naturdenkmalen eintreten, ab, es komme aber nicht darauf an, daß nach Eintritt des Schadens auch das Naturdenkmal selbst aufrecht erhalten werden müsse.

1.8. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

1.9. Der Beschwerdeführer teilte mit, daß er binnen zwei Monaten nach Zustellung des angefochtenen Bescheides die Festsetzung der Entschädigung durch das zuständige Bezirksgericht B beantragt habe, und legte dem Verwaltungsgerichtshof eine Ausfertigung dieses Schriftsatzes vor. Nach Auskunft des Bezirksgerichtes B ist der Antrag am 14. Juli 1989 dort eingelangt und wurde zu 1a Nc 98/89 protokolliert.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Fünfersenat erwogen:

2.1. § 49 Krnt NSchG trägt die Überschrift "Entschädigung" und lautet:

"(1) Treten unmittelbar infolge Erklärung von Gebieten zu Naturschutzgebieten, von Naturgebilden oder Kleinbiotopen zu Naturdenkmalen, von Naturhöhlen zu besonders geschützten Naturhöhlen oder durch Anordnung im Sinne der §§ 18 Abs. 4 und 5, 19 Abs. 5 und 6, 47 Abs. 3 bis 5 und 48 Abs. 3 für den Eigentümer oder sonstigen Berechtigten im betroffenen Gebiet vermögensrechtliche Nachteile oder Wirtschaftserschwernisse ein, so haben diese vom Land nach Maßgabe der folgenden Absätze Anspruch auf eine angemessene Entschädigung.

(2) Der Anspruch auf eine Entschädigung gemäß Abs. 1 ist, soweit eine Einigung über deren Höhe oder über die Schadloshaltung durch die Bereitstellung von Ersatzgrundstücken nicht zustande kommt, bei Vermögensnachteilen binnen sechs Monaten, bei Wirtschaftserschwernissen binnen zwei Jahren, bei der Landesregierung geltend zu machen. Die Frist beginnt mit dem Inkrafttreten jener Bestimmungen, die den vermögensrechtlichen Nachteil oder die Wirtschaftserschwernisse unmittelbar zur Folge haben.

(3) Die Landesregierung hat die Entschädigung nach Anhören eines unparteiischen Sachverständigen mit Bescheid festzusetzen. Bei der Festsetzung der Entschädigung hat der Wert der besonderen Vorliebe außer Betracht zu bleiben. Über den Antrag auf Leistung einer Entschädigung ist möglichst unverzüglich zu entscheiden. Die Entschädigung ist in Geld zu leisten.

(4) Auf die Festsetzung der Entschädigung findet, sofern in diesem Gesetz nicht anderes bestimmt ist, das Eisenbahnenteignungsgesetz 1954, BGBl. Nr. 71, sinngemäß Anwendung.

(5) Der Entschädigungswerber kann binnen zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides, mit dem die Entschädigung festgelegt wird, die Neufestsetzung der Entschädigung bei dem nach der Lage des betreffenden Grundstückes zuständigen Bezirksgericht beantragen. Mit dem Einlangen des Antrages beim Bezirksgericht tritt der Bescheid der Landesregierung außer Kraft. Zieht der Entschädigungswerber den an das Bezirksgericht gerichteten Antrag wieder zurück, so gilt der im Entschädigungsbescheid festgesetzte Betrag als vereinbart. Auf das Verfahren vor dem Bezirksgericht finden die Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 71, sinngemäß Anwendung".

2.2. In der vorliegenden Entschädigungssache wegen behaupteter vermögensrechtlicher Nachteile infolge Erklärung von Grundstücken des Beschwerdeführers zum Naturdenkmal hat dieser den eine Entschädigung versagenden Bescheid der belangten Behörde nicht nur vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten, sondern er hat auch das zuständige Bezirksgericht angerufen.

Wie sich aus § 49 Abs. 5 zweiter Satz Krnt NSchG ergibt, tritt der Bescheid der Landesregierung, mit dem die Entschädigung festgesetzt wurde, mit Einlangen des beim Bezirksgericht gestellten Antrages beim betreffenden Gericht außer Kraft. Ob diese Wirkung eintritt, hängt davon ab, was unter einem "Antrag auf Neufestsetzung der Entschädigung", durch dessen Einbringung der Bescheid, "mit dem die Entschädigung festgelegt wird", außer Kraft tritt, im Sinne des § 49 Abs. 5 erster Satz leg. cit. zu verstehen ist. Mit anderen Worten, es stellt sich die Frage nach dem Inhalt der sogenannten sukzessiven Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte, nämlich ob diese Zuständigkeit nicht nur den Fall einer als zu gering erachteten Entschädigungshöhe erfaßt, sondern auch jenen der Abweisung eines Entschädigungsbegehrens.

Bemerkt wird, daß diese Frage für die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes auch dann präjudiziell wäre, wenn der Beschwerdeführer den erwähnten Neufestsetzungsantrag beim Bezirksgericht nicht eingebracht hätte. Denn auch die bloße Möglichkeit der Anrufung der ordentlichen Gerichte in einem solchen Fall der gesetzlich eingerichteten sukzessiven Zuständigkeit schließt die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes aus (vgl. hiezu die unter Punkt 2.5. zitierten Entscheidungen).

Vorausgeschickt sei ferner, daß der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Geldleistungsanspruch nach der Prozeßbehauptung aus einem unmittelbar infolge Erklärung eines dem Beschwerdeführer gehörenden Gebietes zum Naturdenkmal eingetretenen vermögensrechtlichen Nachteil hergeleitet wird und daher anhand des § 49 Abs. 1 Krnt NSchG zu beurteilen ist.

2.3.1. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes läßt der Wortlaut des § 49 Abs. 5 Krnt NSchG die Frage, ob sich die sukzessive Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nur auf die Höhe des Entschädigungsanspruches erstreckt oder den gesamten Anspruch, somit auch den Fall der Abweisung eines Entschädigungsbegehrens, erfaßt, offen. Wenn im § 49 leg. cit. von der "Festsetzung" der Entschädigung (vgl. Abs. 3, Abs. 4), von der "Festlegung" und der "Neufestsetzung" der Entschädigung (Abs. 5) und vom "festgesetzten Betrag" (Abs. 5) die Rede ist, so schließt dies im Umfang des äußerst möglichen Sprachsinnes auch die Null-Festsetzung, die prozessual in der Abweisung des Entschädigungsbegehrens ihren Ausdruck findet, ein. Die Festsetzung eines Geldleistungsbetrages mit Null ist z.B. im Beitrags- und Abgabenrecht keine unbekannte Terminologie. Für diese Deutung des möglichen Wortsinnes ist auch nicht ohne Bedeutung, daß die vorliegende Regelung von der "(Neu-)Festsetzung" bzw. "Festlegung" der Entschädigung als solcher spricht und nicht wie andere Entschädigungsregelungen zwischen einer Entscheidung dem Grunde und einer solchen der Höhe nach differenziert, wobei nur hinsichtlich der letzteren Frage die sukzessive Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für gegeben erachtet wurde (VfSlg 7431/1974 zum Bundesstraßengesetz 1971).

2.3.2. Da der Wortlaut der anzuwendenden Regelung eine umfassende Zuweisung des Entschädigungsanspruches in seiner Gesamtheit an die ordentlichen Gerichte im Wege der sogenannten sukzessiven Zuständigkeit nicht verwehrt, erweist sich eine verfassungskonforme Auslegung als zulässig und - wie im folgenden gezeigt wird - auch als geboten.

Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Anspruch auf Entschädigung für vermögensrechtliche Nachteile infolge der Erklärung bestimmter in seinem Eigentum stehender Grundstücke zum Naturdenkmal ist in dem hier interessierenden Zusammenhang völlig mit einem Anspruch auf Enteignungsentschädigung vergleichbar. Ungeachtet des Zusammenhanges mit einem Hoheitsakt ist der vorliegende Entschädigungsanspruch begrifflich, schon wegen § 1 ABGB, und systematisch, wegen der Nähe zum Schadenersatzrecht, dem Zivilrecht zugeordnet. Entschädigungsansprüche nach § 49 Abs. 1 Krnt NSchG zum Ausgleich für hinzunehmende vermögensrechtliche Nachteile oder Wirtschaftserschwernisse sind darüberhinaus als zivilrechtliche Ansprüche (civil rights) nach Art. 6 Abs. 1 MRK anzusehen (vgl. insbesondere das zur Enteignungsentschädigung nach dem Wasserrechtsgesetz ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1988, G 1/88 und Folgezahlen = ZfVB 1989/6/2186).

Wie der Verfassungsgerichtshof in dem eben zitierten Erkenntnis weiter ausgeführt hat, genügt nun die bloß nachprüfende Kontrolle verwaltungsbehördlicher Entscheidungen durch den Verwaltungsgerichtshof den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 MRK zwar dann, wenn verwaltungsbehördliche Entscheidungen "civil rights" lediglich in ihren Auswirkungen betreffen (wie dies im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1987, B 267/86 = ZfVB 1988/3/12 65, hinsichtlich baupolizeilicher Verwaltungsakte, und im Erkenntnis vom 10. März 1988, B 874/87 = ZfVB 1989/6/2153, hinsichtlich einer straßenrechtlichen Baubewilligung der Fall war). Bei jenen Ansprüchen hingegen, die ihrem Wesen nach dem Bereich des herkömmlichen Zivilrechts zuzuzählen sind, wie die hier zu untersuchenden Entschädigungsansprüche, ist auf Grund des Art. 6 Abs. 1 MRK eine Sachentscheidung durch ein dieser Vorschrift genügendes Tribunal, dem die selbständige Feststellung und Würdigung der Tat- und Rechtsfrage obliegt, unabdingbar. Der Verfassungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis schließlich noch folgende für den vorliegenden Fall wesentliche Feststellung getroffen:

"Der Verfassungsgerichtshof hält schließlich die Feststellung für notwendig, daß er mit dem EGMR (Fall Le Compte, EuGRZ 1981, 553) unter dem Aspekt des Art. 6 Abs. 1 MRK nichts dagegen einzuwenden findet, daß auch über zivilrechtliche Ansprüche nach Art einer Enteignungsentschädigung vorerst eine Verwaltungsbehörde entscheidet, sofern nur danach ein Gericht die Befugnis besitzt, über die Enteignungsentschädigung einschließlich der Entschädigungshöhe auf Grund eigener Tatsachenfeststellung zu entscheiden (so auch Matscher, Die Verfahrensgarantien der EMRK in Zivilrechtssachen, ÖZöffR 1980, 15). Ein derartiges Entschädigungsverfahren, wie es zahlreiche andere österreichische Enteignungsvorschriften kennen, sieht aber das WRG nicht vor."

In Fortführung dieses Gedankens ist der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, daß die Entscheidung über die Entschädigung (einschließlich der Höhe - vgl. die eben wiedergegebene Formulierung des Verfassungsgerichtshofes) umfassend und nicht bloß hinsichtlich der Höhe - also auch der für die Partei natürlich noch gewichtigere Fall der gänzlichen Versagung einer Entschädigung - letztendlich einer dem Art. 6 Abs. 1 MRK entsprechenden Kontrolle der Tat- und Rechtsfrage durch ein Tribunal im Sinne dieser Verfassungsbestimmung zugeführt werden muß.

Aus dieser Erwägung folgt, daß der Wortlaut "Festsetzung" und "Festlegung" der Entschädigung im § 49 Abs. 5 Krnt NSchG in einem weiten, auch die Versagung des geltend gemachten Entschädigungsanspruches umfassenden Sinn zu verstehen ist.

2.4. Die Anrufung des zuständigen Bezirksgerichtes hat somit in der vorliegenden Rechtssache das Außerkrafttreten des angefochtenen Bescheides bewirkt.

Die vorliegende Beschwerde gegen diesen Bescheid, der im Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung nicht mehr dem Rechtsbestand angehört hat, war daher wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 5228/1966) gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

2.5. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem bereits zitierten, in einer Kompetenzstreitigkeit ergangenen Erkenntnis VfSlg. 7431/1974 zum BStG 1971, das eine ausdrückliche Bezugnahme auf die Höhe der Entschädigung als Anknüpfungspunkt für die sogenannte sukzessive Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte enthält, ausgesprochen, daß in einem Fall der verwaltungsbehördlichen Verweigerung einer Entschädigung (dem Grunde nach) die ordentlichen Gerichte nicht angerufen werden können. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Rechtsauffassung in der Folge auf Regelungen übertragen, die - wie die vorliegende - eine solche Differenzierung nicht kennen und von der Festsetzung der Entschädigung oder des Entschädigungsbetrages schlechterdings handeln (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 25. September 1978, Zl. 1294/76 = ZfVB 1979/3/774, und vom 22. Dezember 1981, Zl. 81/05/0134, 0135 = ZfVB 1983/1/90 - beide zum Krnt Elektrizitätsgesetz, sowie vom 21. Dezember 1982, Zl. 81/05/0157, 82/05/0092 = ZfVB 1983/5/2224, zum Nö Starkstromwegegesetz). In diesen Fällen handelte es sich allerdings nur um Begründungselemente, die für die zurückweisende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes keine tragende Rolle spielten, weil jeweils eine ZUERKANNTE Entschädigung in Beschwerde gezogen worden war. Im

hg. Erkenntnis vom 7. November 1988, Zl. 88/10/0122 = ZfVB 1989/5/1586, hingegen liegt diese Rechtsauffassung tatsächlich der vom Verwaltungsgerichtshof in Anspruch genommenen Zuständigkeit in einer Beschwerdesache gegen die Abweisung eines Entschädigungsantrages nach § 13 Krnt NationalparkG LGBl. Nr. 55/1983 zugrunde; sie wurde hier allerdings in der Begründung des Erkenntnisses nicht explizit gemacht.

Ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung läge jedoch nur dann vor, wenn die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes, von der abzugehen Anlaß bestünde, explizit in der Begründung eines Erkenntnisses oder Beschlusses ihren Niederschlag gefunden hätte und nicht nur stillschweigend vorausgesetzt worden wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1986, Zl. 85/10/0158). Darüberhinaus bedarf es im Beschwerdefall auch deswegen keines verstärkten Senates im Grunde des § 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG, weil der vorliegende Beschluß auf Grund eines anderen Gesetzes als die zitierten Vorentscheidungen ergeht. Dies gilt nach der Rechtsprechung ja sogar für den Fall, daß eine Neufassung des selben Gesetzes anzuwenden ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1989, Zl. 87/08/0259, und die dort zitierte Vorjudikatur).

2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst BGBl. Nr. 206/1989.

2.7. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Gerichtliche oder schiedsgerichtliche EntscheidungenAuslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3Organisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989100181.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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