TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/26 87/17/0400

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Veröffentlicht am 26.06.1992
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Index

L10011 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Burgenland;
L37161 Kanalabgabe Burgenland;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
30/02 Finanzausgleich;
40/01 Verwaltungsverfahren;
95/03 Vermessungsrecht;

Norm

AVG §37;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art139;
B-VG Art18 Abs2;
FAG 1985 §15 Abs3 Z5;
GdO Bgld 1965 §77 Abs1;
GdO Bgld 1965 §77 Abs5;
KanalabgabeG Bgld §11 Abs2;
KanalabgabeG Bgld §11 Abs4;
KanalabgabeG Bgld §11;
KanalbenützungsgebührenV Klingenbach 1985 §2;
KanalbenützungsgebührenV Klingenbach 1985 §3;
KanalbenützungsgebührenV Klingenbach 1985 §4;
VermG 1968 §7a Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde der Gemeinde Klingenbach, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 5. November 1987, Zl. 02/04/87.119/1, betreffend Vorschreibung einer Kanalbenützungsgebühr (mitbeteiligte Parteien: AW und RW, beide in X), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gemeinde Klingenbach hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.360,--, jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 30. Oktober 1986 traf der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde gegenüber den mitbeteiligten Parteien folgenden Abspruch:

"Nach den Feststellungen der Gemeinde Klingenbach ist Ihr Grundstück Nr. nn1, nn2, nn3 und nn4 der KG Klingenbach bereits an die öffentliche Gemeindekanalisation angschlossen.

Gemäß § 15 Abs. 3 Z. 5 des Finanzausgleichsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 544/1984, in Verbindung mit dem Gemeinderatsbeschluß vom 8. Jänner 1986 ist für die Benützung der Gemeindekanalisationsanlage für den Zeitraum vom 1. Jänner 1986 bis 31. Dezember 1986 eine Kanalbenützungsgebühr von

S 3.838,--

+ 10 vH Mehrwertsteuer S 383,80

EINZUZAHLEN S 4.221,80

zu entrichten (Bemessungsgrundlage: 6 vH der vorläufigen einmaligen Kanalanschlußgebühr exklusive Umsatzsteuer).

Die gesamte Kanalbenützungsgebühr inklusive Mehrwertsteuer für das Jahr 1986 ist mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe dieses Abgabenbescheides fällig."

Gegen diesen Bescheid erhob die erstmitbeteiligte Partei Berufung. Das Berufungsvorbringen ging einerseits dahin, daß als Berechnungsgrundlage Flächen bemessen worden seien, "die auf einem noch nicht rechtskräftigen Anschluß-Bescheid basieren"; andererseits wurde dahingehend argumentiert, daß "für die Grundstücke Nr. nn2 und nn3 bzw. der darauf befindlichen Wirtschaftsgebäude" keine Benützungsgebühr zu verrechnen sei, weil die Wirtschaftsgebäude "über keine gezielte Wasserabführung verfügen" und eine solche auch in Zukunft nicht möglich sein werde.

Mit Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 22. Juli 1987 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. Dies im wesentlichen mit der Begründung, die Anschlußverpflichtung sei durch den Bescheid vom 13. Juli 1983 ausgesprochen worden. Dieser Bescheid, gegen den keine Berufung eingebracht worden sei, sei rechtskräftig. Weiters sei der "Vorauszahlungsbescheid für die Kanalanschlußgebühr" vom 15. November 1984 rechtskräftig. Der nunmehr gegen den Kanalbenützungsgebührenbescheid erhobene Berufungseinwand sei "als unzulässig zurückzuweisen", weil er keinen Zusammenhang zum angefochtenen Bescheid erkennen lasse.

Die erstmitbeteiligte Partei erhob Vorstellung. Sie machte im wesentlichen geltend, auf Grund der Mißachtung der Höhenverhältnisse beim Kanalbau sei eine Anschlußmöglichkeit an das Kanalnetz nicht gegeben und nur über eine kostspielige Pumpanlage möglich. Bei den in Betracht kommenden Abwässern handle es sich lediglich um Regenoberflächenwässer, die von der Dachfläche der Wirtschaftsgebäude direkt in den Gartenbereich gelangten und dort versickerten.

Mit Bescheid vom 5. November 1987 gab die Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung dieser Vorstellung Folge, hob den angefochtenen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Gemeinde.

Nach der Begründung dieses Bescheides stelle das "Gesetz" nicht darauf ab, ab wann der Anschluß des Objektes an die Anlage möglich sei, sondern auf die Möglichkeit einer konkreten Benützung. Das bedeute, daß als Voraussetzung für das Entstehen des Abgabenanspruches der tatsächliche Anschluß des Grundstückes an die Kanalisationsanlage erfolgt sein müsse. Denn nur dann könne sie benützt werden. Im vorliegenden Fall sei im Kanalbenützungsgebühren-Bescheid vom 30. Oktober 1986 festgestellt worden, daß die Grundstücke Nr. nn1, nn2, nn3 und nn4 der KG Klingenbach bereits an die öffentliche Gemeindekanalisation angeschlosssen seien und für diese daher auch die Kanalbenützungsgebühr entrichtet werden müsse. Obwohl in der Berufung vorgebracht worden sei, daß ein Wirtschaftsgebäude in Wirklichkeit nicht angeschlossen sei, sei die Berufung vom Gemeinderat als Abgabenbehörde zweiter Instanz, ohne näher auf dieses Vorbringen einzugehen, als unbegründet abgewiesen worden. Der Gemeinderat hätte vor seiner Entscheidung prüfen müssen, ob ein Teil der Grundstücke tatsächlich nicht an die Kanalisationsanlage angeschlossen sei. Da eine diesbezügliche Tatsachenfeststellung fehle und das Vorbringen des Vorstellungswerbers in diesem Punkt gerechtfertigt erscheine, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Wie es in der Begründung weiters heißt, werde "im fortgesetzten Verfahren ... folgendes zu beachten sein:"

Daran anschließend wird (unter anderem) ausgeführt, es sei ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchzuführen und festzustellen, ob die gegenständlichen Grundstücke zur Gänze an die Kanalisationsanlage angeschlossen seien. Sollte dies nicht der Fall sein, sei die Fläche der nicht angeschlossenen Teile "von der Berechnungsfläche in Abzug zu bringen" und die Kanalbenützungsgebühr neu zu berechnen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Das Beschwerdevorbringen läßt sich dahin zusammenfassen, daß nur (ganze) Grundstücke und nicht Grundstücksteile, wie die belangte Behörde im Widerspruch zum Gesetz meine, für die Bemessung der Kanalbenützungsgebühr heranzuziehen seien. Ein näheres Eingehen auf das Berufungsvorbringen sei deshalb nicht erforderlich gewesen, weil die gesetzliche Einheit eines Grundstückes durch die Berufungsargumentation nicht behandelt worden sei und auch nicht habe berührt werden können. Die rein wirtschaftlichen Überlegungen, daß ein Teil eines Grundstückes (die belangte Behörde sage ebensowenig wie der Berufungswerber, welchen Grundstückes) technisch ungeeignet sei oder nicht angeschlossen werden könne, seien rechtlich unbeachtlich. Es könne sich immer nur um ganze Grundstücke handeln.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligten Parteien eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 15 Abs. 3 Z. 5 des Finanzausgleichsgesetzes 1985 - FAG 1985, BGBl. Nr. 544/1984, ermächtigt die Gemeinden, durch Beschluß der Gemeindevertretung vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen, die für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben werden, mit Ausnahme von Weg- und Brückenmauten, auszuschreiben.

Mit Verordnung vom 21. Februar 1985 hat der Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde von dieser Ermächtigung zur Ausschreibung einer Kanalbenützungsgebühr Gebrauch gemacht. Die Bestimmungen dieser Verordnung lauten:

"§ 1

Für die Benützung der Gemeindekanalisationsanlage im Bereiche der Gemeinde Klingenbach wird eine laufende Gebühr

(Kanalbenützungsgebühr) ausgeschrieben.

§ 2

Die Höhe der jährlichen Kanalbenützungsgebühr wird mit 6 v.H. der vorläufigen Kanalanschlußgebühr (excl. MWST) nach dem Kanalanschlußgebührengesetz, LGBl. Nr. 1/1957, i.d.F. LGBl. Nr. 9/1967, - die Mehrwertsteuer wird gesondert in Anrechnung gebracht - festgesetzt. Dies gilt auch für Grundstücke, die nach dem 1. Dezember 1984 erstmalig der Entrichtung der Kanalbenützungsgebühr unterliegen oder deren Berechnungsflächen sich seit diesem Zeitpunkt geändert hat. Für sie ist zum Zwecke der Bemessung der Kanalbenützungsgebühr die Kanalanschlußgebühr nach dem Kanalanschlußgebührengesetz, LGBl. Nr. 1/1957, i.d.F. LGBl. Nr. 9/1967, fiktiv zu berechnen.

§ 3

Zur Entrichtung der Kanalbenützungsgebühr sind die Eigentümer jener Grundstücke verpflichtet, die an die Gemeindekanalisationsanlage angeschlossen sind.

§ 4

Die Gebührenschuld entsteht mit dem Zeitpunkt des Anschlusses an die Gemeindekanalisationsanlage.

§ 5

Die Kanalbenützungsgebühr wird zu einem Viertel des Jahresbetrages mit Ablauf des Monates nach Bekanntgabe des Abgabenbescheides, sowie jeweils am 15. Mai, am 15. August und am 15. November zu je einem Viertel des Jahresbetrages fällig.

§ 6

Diese Verordnung tritt mit dem auf den Ablauf der Kundmachungsfrist folgenden Tag in Kraft."

Das mit 1. Dezember 1984 in Kraft getretene

Bgld. Kanalabgabegesetz enthält im dritten Abschnitt Vorschriften über Kanalbenützungsgebühren. Die §§ 10 und 11 dieses Gesetzes, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 37/1990, lauten auszugsweise:

"§ 10

Allgemeines

(1) Soferne Gemeinden auf Grund bundesgesetzlicher Ermächtigung durch Verordnung des Gemeinderates Gebühren für die Benützung der Kanalisationsanlage vorschreiben, gelten hiefür die Bestimmungen dieses Abschnittes.

(2) Dem Gemeinderat steht es frei, innerhalb der bundesgesetzlichen Ermächtigung hinsichtlich des Abgabengegenstandes, der Entstehung der Abgabenschuld, des Abgabenschuldners, der Bemessungsgrundlage und der Fälligkeit von diesem Gesetz abweichende Bestimmungen zu treffen.

§ 11

Bemessung der Gebühr

(1) Die Kanalbenützungsgebühr ist in einem Hundertsatz des Anschlußbeitrages (§ 5) unter Berücksichtigung allfälliger Ergänzungsbeiträge (§ 7) festzusetzen.

(2) Der Hundertsatz ist so festzusetzen, daß das im Rechnungsjahr zu erwartende Aufkommen an Kanalbenützungsgebühren das Jahreserfordernis für

a)

den Betrieb und die Instandhaltung der Kanalisationsanlage,

b)

die Zinsen für Darlehen, die für die Errichtung oder Änderung der Kanalisationsanlage aufgenommen worden sind,

c)

die Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer der Art der Kanalisationsanlage entsprechenden Lebensdauer und

d)

die Bildung einer Erneuerungsrücklage von höchstens 3 v.H. der Errichtungskosten (§ 2 Abs. 1 und 2)

nicht übersteigt.

(3) Zu den Errichtungskosten im Sinne des Abs. 2 lit. c zählen nicht

.

.

.

(4) Der Abgabenanspruch entsteht mit Beginn des Monats, in dem erstmalig die Benützung der Kanalisationsanlage möglich ist.

(5) Die Kanalbenützungsgebühr ist mit ihrem Jahresbetrag festzusetzen.

(6) Die Festsetzung gemäß Abs. 5 gilt auch für die folgenden Jahre, soweit nicht infolge einer Änderung der Voraussetzungen für die Festsetzung des Jahresbetrages ein neuer Abgabenbescheid zu erlassen ist. ... Die Kanalbenützungsgebühr wird am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zu je einem Viertel ihres Jahresbetrages fällig."

Wer durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in einer aus dem Vollzugsbereich des Landes stammenden Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, kann nach § 77 Abs. 1 der bgld. Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 37/1965, nach Erschöpfung des Instanzenzuges (§ 76 Abs. 1) innerhalb von zwei Wochen nach Erlassung des Bescheides dagegen Vorstellung erheben.

Nach Abs. 5 dieser Gesetzesstelle - i.d.F. der Gemeindeordnungsnovelle 1970, LGBl. Nr. 47 - hat die Aufsichtsbehörde den Bescheid, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 6. Oktober 1989, Zl. 87/17/0209, und die darin angeführte weitere Rechtsprechung) ist die Bindungswirkung einer aufhebenden Vorstellungsentscheidung an die ausdrücklich geäußerte Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde im Umfang der die Aufhebung tragenden Begründungselemente geknüpft. Die Besonderheit der Bindungswirkung kassatorischer gemeindeaufsichtsbehördlicher Bescheide bringt es dabei mit sich, daß nicht nur der Spruch an sich, sondern auch die maßgebende, in der Begründung enthaltene Rechtsansicht taugliches Beschwerdeobjekt sein kann und der Verwaltungsgerichtshof somit gehalten ist, auch dann, wenn eines der Begründungselemente die Gesetzmäßigkeit der Kassation trägt, die Stichhältigkeit der anderen zu überprüfen.

Als tragender Aufhebungsgrund des angefochtenen Bescheides wurde ausschließlich zum Ausdruck gebracht, daß (dem Vorbringen des Vorstellungswerbers folgend) eine Tatsachenfeststellung fehle, ob "ein Teil der Grundstücke tatsächlich nicht an die Kanalisationsanlage angeschlossen ist".

Wenn nun von der beschwerdeführenden Gemeinde vorgebracht wird, nur (ganze) Grundstücke seien für die Bemessung der Kanalbenützungsgebühr heranzuziehen, so ist sie zwar im Recht:

Die Kanalbenützungsgebührenverordnung der beschwerdeführenden Gemeinde knüpft die Beitragspflicht (§ 3) an den Rechtsbegriff des Grundstückes an. Auslegungsbedürftig ist daher der Rechtsbegriff des Grundstückes. Die oben genannten Vorschriften lassen nun nicht erkennen, daß diesem Begriff ein bestimmter (landesrechtlich vorgegebener) Inhalt zugrunde liegt. Vielmehr ist auch hier - wie der Verwaltungsgerichtshof zu vergleichbaren Regelungen bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. September 1986, Zl. 86/17/0105, vom 14. Juli 1989, Zlen. 84/17/0049, 0051, und vom 5. Dezember 1991, Zl. 86/17/0141) - unter einem "Grundstück" gemäß § 7a Abs. 1 des Vermessungsgesetzes, BGBl. Nr. 306/1968, jener Teil der Katastralgemeinde zu verstehen, der im Grenzkataster oder im Grundsteuerkataster mit einer eigenen Nummer bezeichnet wird.

Es war daher unrichtig, wenn die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides für das im Hinblick auf den erwähnten Aufhebungsgrund fortzusetzende Verfahren die Auffassung vertreten hat, daß Flächen "nicht angeschlossener Teile" von Grundstücken "von der Berechnungsfläche in Abzug zu bringen" seien. Die oben im Wortlaut wiedergegebene Verordnung der beschwerdeführenden Gemeinde sieht hinsichtlich der Beitragspflicht lediglich vor, daß EIN GRUNDSTÜCK an die Gemeindekanalisationsanlage ANGESCHLOSSEN sein muß (§ 3). Gebührenpflicht besteht ab dem Zeitpunkt des Anschlusses an die Gemeindekanalisationsanlage (§ 4).

Der Verwaltungsgerichtshof ist dabei weiters der Auffassung, daß ein Grundstück bereits dann "angeschlossen" ist, wenn durch eine bisher nicht bestandene Anschlußmöglichkeit (etwa durch einen Anschlußkanal) eine Verbindung des betreffenden Grundstückes mit der Gemeindekanalisationsanlage hergestellt und dadurch deren Benützung ermöglicht wurde. In diesem Sinne geht auch die Regelung des § 11 Abs. 4 Kanalabgabegesetz über den Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches von der bloßen Möglichkeit der Benützung der Kanalisationsanlage aus.

Ist ein Grundstück (bereits) angeschlossen, wenn die Möglichkeit der Benützung der Kanalisationsanlage gegeben ist, so kommt es folglich nicht darauf an, daß das Grundstück auch in allen seinen Teilen tatsächlich entsorgt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof kann auch nicht finden, daß ein auf die Tatsache eines derartigen Anschlusses abstellender Regelungsinhalt des § 3 der Kanalbenützungsgebührenverordnung verfassungsrechtlich bedenklich wäre. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 20. Jänner 1989, Zl. 87/17/0010, dargelegt hat, macht § 11 Abs. 2 Kanalabgabegesetz deutlich, daß Kanalbenützungsgebühren im Burgenland den Zweck verfolgen, den Betrieb und die Instandhaltung der Kanalisationsanlage zu sichern, die Finanzierungskosten für die Errichtung oder Änderung von Kanalisationsanlagen abzudecken, die Errichtungskosten der Kanalisationsanlage unter Berücksichtigung einer ihrer Art entsprechenden Lebensdauer zu tilgen und eine Erneuerungsrücklage (von höchstens 3 v.H. der Errichtungskosten) zu bilden. Wenn die Regelung der Kanalbenützungsgebührenverordnung, deren Ziel es ist, ein öffentlich-rechtliches Entgelt für die Kanalbenützung zur Deckung der vorgenannten Kosten vorzusehen, an den Anschluß im oben dargestellten Sinne anknüpft, dann erfaßt sie damit in unbedenklicher Weise die erbrachte Leistung der öffentlichen Hand, genauer gesagt, deren Leistungsbereitschaft, weil es ja auf die tatsächliche Einleitung nicht ankommt (vgl. dazu nochmals das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1989).

Wie bereits ausgeführt, war tragender Aufhebungsgrund des angefochtenen Bescheides ausschließlich das Fehlen von Tatsachenfeststellungen darüber, ob ein Teil DER Grundstücke - nicht Teile von Grundstücken - tatsächlich nicht an die Kanalisationsanlage angeschlossen sei. In diesem Sinne kann auch das Vorbringen der erstmitbeteiligten Partei in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hinsichtlich der Grundstücke Nr. nn2 und nn3 der KG Klingenbach verstanden werden. Da derart die belangte Behörde bloß von der zu klärenden Frage des erfolgten Anschlusses einzelner Grundstücke ausging, geht auch der Beschwerdeeinwand ins Leere, ein näheres Eingehen auf das Berufungsvorbringen sei deshalb nicht erforderlich gewesen, "weil die gesetzliche Einheit eines Grundstückes durch die Argumentation der Berufungswerber ... nicht behandelt wurde und auch nicht berührt werden konnte". Daß sich aber das in Frage stehende Berufungsvorbringen lediglich auf einen Grundstücksteil bzw. Grundstücksteile beziehen könne, wird in der Beschwerde gar nicht vorgebracht. Unbestritten ist aber auch, daß es der Vorstellungsbehörde im Falle einer mangelhaften Klärung des Sachverhaltes nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 14. März 1980, Slg. N.F. Nr. 10067/A, und vom 25. Juli 1990, Zl. 87/17/0304) freisteht, entweder den Gemeindebehörden die erforderlichen Sachverhaltsermittlungen aufzutragen oder die fehlenden Feststellungen selbst zu treffen.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß im Grunde des aus § 41 VwGG ableitbaren, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschenden Neuerungsverbotes die gutachtliche Stellungnahme des Amtes der Burgenländischen Landesregierung vom 15. Dezember 1987 unbeachtlich ist.

Wenn die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides - für das im Hinblick auf den erwähnten Aufhebungsgrund fortzusetzende Verfahren - zusätzlich Erwägungen unter dem Gesichtspunkt nicht angeschlossener Teile einzelner Grundstücke angestellt hat, so kommt den diesbezüglichen Erwägungen für das fortgesetzte Verfahren keine bindende Wirkung zu (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1985, Zl. 85/05/0169, und die dort zitierte Vorjudikatur). In einem so gelagerten Fall hat es daher bei der allgemeinen Regel zu verbleiben, wonach Gegenstand der Überprüfung und etwaigen Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof nur der Spruch des angefochtenen Bescheides ist. Ist dieser rechtmäßig, darf der Bescheid nicht aufgehoben werden (vgl. sinngemäß das hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1989, Zl. 87/17/0209).

Bei dieser Sach- und Rechtslage haftet dem angefochtenen Bescheid weder die von der beschwerdeführenden Gemeinde behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes noch ein behaupteter bzw. vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifender Verfahrensmangel an.

Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Verhältnis zu anderen Materien und Normen Gemeinderecht VorstellungInhalt der Vorstellungsentscheidung Aufgaben und Befugnisse der VorstellungsbehördeSpruch und BegründungBindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde ErsatzbescheidVorstellung gemäß B-VG Art119a Abs5Zuständigkeit der Vorstellungsbehörde Verhältnis zwischen gemeindebehördlichem Verfahren und Vorstellungsverfahren Rechtsstellung der Gemeinde im VorstellungsverfahrenBeschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH AllgemeinSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtsmittelverfahren VorstellungVerhältnis zu anderen Materien und Normen Aufsichtsbehördliches Verfahren (siehe auch Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1987170400.X00

Im RIS seit

29.01.2002

Zuletzt aktualisiert am

29.06.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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