TE Vfgh Erkenntnis 1990/6/19 V84/87

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Veröffentlicht am 19.06.1990
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung B-VG Art18 Abs2 B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag Bebauungsplan "Bachstraße 16 A 3". Beschluß des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg vom 30.6.1987, Amtsblatt Nr 13/1987 Sbg BebauungsgrundlagenG §11 Sbg BebauungsgrundlagenG §12 Abs3 Sbg BebauungsgrundlagenG §14 Abs3 Sbg BebauungsgrundlagenG §22 litc Sbg BebauungsgrundlagenG §8 Abs1 Sbg BebauungsgrundlagenG §9

Leitsatz

Teilweise Zurückweisung eines Individualantrages auf Aufhebung eines Bebauungsplanes; Zumutbarkeit der Einbringung eines Ansuchens um Bauplatzerklärung; teilweise Zulässigkeit des Antrags; keine Zumutbarkeit der Einbringung eines förmlichen Baubewilligungsansuchens aufgrund der Aufwendigkeit der hiefür erforderlichen Planunterlagen; Abweisung des Antrags hinsichtlich der bekämpften Festlegungen der Baufluchtlinie und der Höchsthöhe der Bauten; angemessene Berücksichtigung der besonderen örtlichen Erfordernisse

Spruch

Dem Antrag wird, soweit er die folgenden Festlegungen des Bebauungsplanes "Bachstraße 16 A3", Beschluß des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg vom 30. Juni 1987, Amtsblatt Nr. 13/1987, im Bereich des Grundstückes 689/1 in EZ 14 KG Gnigl betrifft, keine Folge gegeben: Die Festlegung der Baufluchtlinie zur Bundschuhstraße und zur Bachstraße sowie die Festlegung der Höchsthöhe der Bauten für den höchsten Punkt des Baues und für das oberste Gesimse und die oberste Dachtraufe mit 12,0 m.

Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Antragsteller ist nach seinen Angaben (Allein-)Eigentümer unter anderem der Grundstücke 689/1 und 297/2 in EZ 14, Grundbuch 56513 Gnigl. Diese Grundstücke liegen in einem Gebiet, das nach dem Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Salzburg (Beschluß des Gemeinderates vom 29. April 1960, Amtsblatt Nr. 6-11/1965) in der hier maßgeblichen Fassung der "19. Abänderung für den Stadtteil Nord-Ost" (Beschluß des Gemeinderates vom 30. April 1982, Amtsblatt Nr. 12/1982) als Bauland, und zwar als Gewerbegebiet iS des §12 Abs1 Z4 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 - ROG 1977, LGBl. 26, gewidmet ist.

Mit Beschluß des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg vom 30. Juni 1987 wurde für die von der Bachstraße, der Bundschuhstraße, der Schillinghofstraße, der Aglassingerstraße und der Warwitzstraße begrenzte Fläche, in der sich größtenteils im (Allein-)Eigentum des Antragstellers stehende Grundstücke, darunter auch die beiden erwähnten Grundstücke 689/1 und 297/2 KG Gnigl befinden, der Bebauungsplan "Bachstraße 16 A3" (Amtsblatt Nr. 13/1987) erlassen, der (gemäß §19 Abs3 des Salzburger Stadtrechtes 1966, LGBl. 47, idF LGBl. 9/1985) mit 16. Juli 1987 in Kraft getreten ist.

2.a) Mit dem vorliegenden, als "Beschwerde gemäß §139 Absatz 1 letzter Satz BVG" bezeichneten (Individual-)Antrag begehrt der Antragsteller, folgende Festlegungen dieses Bebauungsplanes als gesetzwidrig aufzuheben:

aa) "Verbot der Einmündung von Zu(Aus)fahrten in Verkehrsflächen sowie der Einmündung von Verkehrsflächen in andere Verkehrsflächen" gemäß §8 (Sbg.) Bebauungsgrundlagengesetz - BGG, LGBl. 69/1968, idF LGBl. 79/1985, entlang der Bundschuhstraße hinsichtlich des Grundstückes 689/1;

bb) Festlegung der Baufluchtlinie gemäß §9 Abs1 BGG

-

hinsichtlich des Grundstückes 689/1 zur Warwitzstraße, zur Bachstraße (mit Ausnahme des Bereiches einer der Aufschließung der bereits zum Bauplatz erklärten Teilfläche dienenden "Anschlußfläche") und zur Bundschuhstraße,

-

hinsichtlich des Grundstückes 297/2 zur Warwitzstraße;

              cc)              Festlegung der Höchsthöhe der Bauten (§3 Abs4 litf BGG) für den höchsten Punkt des Baues gemäß §11 Abs1 lita BGG und für das oberste Gesimse oder die oberste Dachtraufe gemäß §11 Abs1 litb BGG jeweils mit 12,0 m, und zwar ausgehend von einem (einzigen) hinsichtlich seiner Höhenlage durch Angabe der Seehöhe fixierten Bezugspunkt, hinsichtlich der Grundstücke 689/1 und 297/2.

              b)              Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, daß der Antrag Festlegungen des gegenständlichen Bebauungsplanes nur insoweit bekämpft, als sie die Grundstücke 689/1 und 297/2 betreffen, nicht aber auch insoweit, als sie sich auf das (gleichfalls dem Antragsteller gehörende) Grundstück 689/5 und auf nicht im Eigentum des Antragstellers stehende Grundstücke beziehen.

              3.              Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Salzburg hat in einer Äußerung die Zulässigkeit des Antrages teilweise in Frage gestellt und die Gesetzmäßigkeit der bekämpften Bestimmungen des Bebauungsplanes verteidigt. Die Salzburger Landesregierung hat den Ausführungen des Gemeinderates beigepflichtet.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß Art139 Abs1 dritter Satz B-VG idF BGBl. 302/1975 erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Judikatur - beginnend mit seinen Beschlüssen VfSlg. 8009/1977 zu Art140 B-VG und VfSlg. 8058/1977 zu Art139 B-VG - ausgeführt hat (vgl. etwa auch VfSlg. 10.885/1986, 11.227/1987), erfordert die Antragslegitimation nicht nur, daß der Antragsteller behauptet, durch die als verfassungs-(gesetz-)widrig angefochtenen Gesetzes-(Verordnungs-)Bestimmungen in seinen Rechten verletzt worden zu sein, sie setzt auch voraus, daß dieses Gesetz (diese Verordnung) für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam wurde. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt (s. zB VfSlg. 11.317/1987).

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist vielmehr außerdem erforderlich, daß der Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar durch die Verordnung selbst tatsächlich erfolgt ist. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt (zB VfSlg. 10.005/1984) und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (vgl. etwa VfSlg. 8396/1978, 9254/1981).

Mit einem (Individual-)Antrag nach Art139 (und 140) B-VG soll daher keinesfalls eine Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes eröffnet werden, die mit dem Charakter des Individualantrages als eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes nicht in Einklang stünde (s. etwa VfSlg. 8652/1979, 10.356/1985, 11.114/1986). Im Falle der Anhängigkeit eines gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahrens ist demnach die Partei zur Einbringung eines Individualantrages nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände berechtigt (s. zB VfSlg. 9845/1983, 9939/1984, 10.251/1984, 10.857/1986, 11.114/1986, 11.442/1987; VfGH 27.2.1990, V44/89).

2.a) Der Antragsteller hat, wie er in seinem Antrag ausführt, für eine in der nordwestlichen, durch die Warwitzstraße und die Bachstraße begrenzten Ecke des Grundstückes 689/1 gelegene Teilfläche dieses Grundstückes eine (rechtskräftige) Bauplatzerklärung (Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 17. April 1987, Zl. V/1-7066/85) erwirkt. Er hat ferner in der Folge beim Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg als Baubehörde I. Instanz ein Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Großhandelsmarktes auf dieser Grundfläche eingebracht.

Mit dem Bauplatzerklärungsbescheid vom 17. April 1987 wurden, da in jenem Zeitpunkt für die betreffende Grundfläche ein Bebauungsplan nicht aufgestellt war, unter anderem gemäß §12 Abs3 BGG Bebauungsgrundlagen festgelegt, und zwar insbesondere auch die Baufluchtlinien (zur Warwitzstraße und zur Bachstraße) und die Höchsthöhe der Bauten (mit 12,0 m).

Der später (mit 16. Juli 1987) in Kraft getretene Bebauungsplan "Bachstraße 16 A3" hat in Bezug auf die von diesem Bauplatzerklärungsbescheid erfaßte Grundfläche die Baufluchtlinie zur Warwitzstraße und zur Bachstraße sowie die Höchsthöhe der Bauten (12,0 m) in Übereinstimmung mit dem Bauplatzerklärungsbescheid festgelegt. Dieser wurde durch den Bebauungsplan in seinem rechtlichen Bestand nicht berührt, weil nur ein Widerspruch zum Bebauungsplan das Erlöschen der Eigenschaft der gegenständlichen Grundfläche als Bauplatz zur Folge gehabt hätte (§22 litc BGG).

Bereits mit der Möglichkeit der Anfechtung des Bauplatzerklärungsbescheides vom 17. April 1987 stand dem Antragsteller ein zumutbarer Weg zur Bekämpfung der behaupteten Rechtswidrigkeit der mit diesem Bescheid vorgenommenen Festlegung der Baufluchtlinien und der Höchsthöhe der Bauten zur Verfügung. Schon aus diesem Grund erweist sich der Verordnungsprüfungsantrag, soweit er die hier in Rede stehende Grundfläche betrifft, als unzulässig. Da jedoch diese Grundfläche weder im Bebauungsplan "Bachstraße 16 A3" dargestellt ist noch ein eigenes Grundstück, sondern lediglich eine Teilfläche des Grundstückes 689/1 bildet, kann sie im vorliegenden Fall rechtlich nicht anders behandelt werden als der übrige Teil dieses Grundstückes (s. dazu II. 3. a).

b) Der vorliegende Antrag ist aus folgenden Gründen auch insoweit unzulässig, als mit ihm (in bezug auf das Grundstück 689/1) das auf §8 (Abs1) BGG gestützte "Verbot der Einmündung von Zu(Aus)fahrten in Verkehrsflächen sowie der Einmündung von Verkehrsflächen in andere Verkehrsflächen" entlang der Bundschuhstraße bekämpft wird:

Die Baubehörde wird in jenem Bescheid, mit dem für das Grundstück 689/1 die Bauplatzerklärung ausgesprochen wird, gemäß §14 Abs3 lita BGG unter anderem den Verlauf und die Breite der öffentlichen Verkehrsflächen (soweit es sich nicht um Bundesstraßen handelt) festzusetzen und dabei auch das hier in Rede stehende, im Bebauungsplan festgelegte Verbot zu berücksichtigen, die betreffende Festlegung des Bebauungsplanes demnach insofern anzuwenden haben. Da es im vorliegenden Fall ausreicht, dem Ansuchen um Bauplatzerklärung die in §13 Abs1 BGG angeführten Unterlagen anzuschließen, ist dem Antragsteller die Einbringung eines Ansuchens um Bauplatzerklärung für das Grundstück 689/1 zumutbar (vgl. VfSlg. 11.317/1987). Es steht ihm frei, gegen den auf der Grundlage (auch) der hier in Rede stehenden Festlegung des Bebauungsplanes erlassenen Bescheid nach Erschöpfung des verwaltungsbehördlichen Instanzenzuges Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zu erheben, dabei die behauptete Gesetzwidrigkeit dieser Festlegung des Bebauungsplanes geltend zu machen und auf diese Weise deren Prüfung auf ihre Gesetzmäßigkeit durch den Verfassungsgerichtshof herbeizuführen (vgl. zu all dem das gegenüber dem Antragsteller ergangene Erkenntnis vom 19. Juni 1990, B930/87, dem ein Fall zugrunde lag, in dem der Antragsteller diesen Weg in bezug auf ein in seinem Eigentum stehendes, aus einer Teilfläche des Grundstückes 689/1 neu gebildetes Grundstück tatsächlich gegangen ist).

Da somit dem Antragsteller ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung des behaupteten rechtswidrigen Eingriffes in seine Rechtssphäre zur Verfügung steht, mußte der Verordnungsprüfungsantrag auch insoweit, als er gegen das für das Grundstück 689/1 festgelegte, auf §8 (Abs1) BGG gestützte Verbot gerichtet ist, zurückgewiesen werden.

c) Schließlich erweist sich der Antrag auch insoweit als unzulässig, als er sich gegen die im Bebauungsplan "Bachstraße 16 A3" in bezug auf das Grundstück 297/2 getroffenen Festlegungen der Baufluchtlinie zur Warwitzstraße und der Höchsthöhe der Bauten mit 12,0 m wendet. Da der Bebauungsplan "Bachstraße 16 A3" hinsichtlich dieser Festlegungen mit dem zuvor in Geltung gestandenen Bebauungsplan "61 B" (idF des Beschlusses des Planungsausschusses der Landeshauptstadt Salzburg vom 22. Jänner 1975, Amtsblatt Nr. 5/1975) übereinstimmt und das Grundstück bereits bebaut ist, stellen die in Rede stehenden Festlegungen des Bebauungsplanes "Bachstraße 16 A3" keinen nachteiligen Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers dar. Der Verordnungsprüfungsantrag war daher auch insoweit mangels Legitimation des Antragstellers als unzulässig zurückzuweisen.

3.a) Zulässig ist der Antrag, soweit er jene Festlegungen des Bebauungsplanes "Bachstraße 16 A3" bekämpft, die in bezug auf das Grundstück 689/1 die Baufluchtlinie zur Bundschuhstraße sowie in bezug auf dieses Grundstück (mit Ausnahme der zum Bauplatz erklärten Teilfläche; s. dazu unter II. 2. a) die Baufluchtlinie zur Bachstraße und die Höchsthöhe der Bauten von 12,0 m zum Gegenstand haben. Diese Festlegungen sind, wie der Verfassungsgerichtshof in dem gegenüber dem Antragsteller ergangenen Erkenntnis vom 19. Juni 1990, B930/87, näher dargelegt hat, für eine allfällige Bauplatzerklärung nicht präjudiziell, vielmehr kommt ihnen Präjudizialität erst in einem allfälligen Baubewilligungsverfahren zu. Die Einbringung eines förmlichen Baubewilligungsansuchens aber ist dem Antragsteller - ungeachtet dessen, daß er diesen Weg etwa hinsichtlich des Grundstückes 689/5 bereits gegangen ist (vgl. dazu das gegenüber dem Antragsteller ergangene Erkenntnis vom 19. Juni 1990, B216/88) - nicht zumutbar, weil von ihm nicht erwartet werden kann, daß er allein zum Zweck der Geltendmachung der behaupteten Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Festlegungen des Bebauungsplanes die für ein Baubewilligungsansuchen erforderlichen aufwendigen Planunterlagen (s. dazu §5 (Sbg.) Baupolizeigesetz - BauPolG, LGBl. 117/1973, idF LGBl. 108/1983) anfertigen läßt (vgl. auch in diesem Zusammenhang das Erkenntnis VfSlg. 11.317/1987).

b) Der Antragsteller bekämpft die Festlegung der Baufluchtlinie zur Bundschuhstraße sowie die Festlegung der Höchsthöhe der Bauten mit 12,0 m ausschließlich mit denselben Argumenten, die er in seiner gegen den Bescheid der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg vom 29. Jänner 1988 gerichteten, auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof vorgebracht hat. Mit diesem Bescheid hatte die Bauberufungskommission das Ansuchen des Antragstellers um Erteilung einer Baubewilligung für ein Bauvorhaben auf dem an das Grundstück 689/1 (und ebenso wie dieses an die Bundschuhstraße) angrenzenden Grundstück 689/5 wegen Widerspruches zum Bebauungsplan abgewiesen. Der Verfassungsgerichtshof hat die in der Beschwerde vorgebrachten Bedenken des Antragstellers als nicht begründet angesehen und die Beschwerde mit Erkenntnis vom 19. Juni 1990, B216/88, abgewiesen. Die dafür maßgeblichen Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes gelten für die hier in Rede stehenden Festlegungen des Bebauungsplanes "Bachstraße 16 A3" auch insoweit, als sie sich auf das Grundstück 689/1 beziehen. Es genügt daher, um Wiederholungen zu vermeiden, auf das eben zitierte Erkenntnis zu verweisen, aus dem sich unter anderem ergibt, daß diese Festlegungen des Bebauungsplanes nicht aus den im Antrag dargelegten Gründen - auf deren Prüfung sich der Verfassungsgerichtshof im gegenständlichen Verfahren zu beschränken hat (vgl. zB VfSlg. 8212/1977, 9089/1981, 10.354/1985) - gesetzwidrig sind.

c) aa) Der Antragsteller erachtet die im Bereich des Grundstückes 689/1 (mit Ausnahme der mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 17. April 1987 zum Bauplatz erklärten Teilfläche, s. dazu unter II. 2. a) vorgenommene Festlegung der Baufluchtlinie zur Bachstraße im Abstand von 19,0 m von der Achse dieser Verkehrsfläche (und damit im Abstand von 10,0 m von der Straßengrundgrenze) mit der Begründung als gesetzwidrig ("sachlich nicht gerechtfertigt und wirtschaftlich untragbar"), daß im Bereich des auf der anderen Seite der Bachstraße gelegenen Gewerbegebietes die Baufluchtlinie im Abstand von lediglich 8,0 m von der Straßengrundgrenze festgelegt sei und es keinen Grund gebe, der im Bereich des Grundstückes 689/1 einen größeren Abstand zu rechtfertigen vermöchte.

bb) Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Salzburg hält dem unter Berufung auf eine Stellungnahme der Magistratsabteilung IX (Amt für Stadtplanung) im wesentlichen entgegen, daß der Abstand der Baufluchtlinie von 10,0 m von der Straßengrundgrenze aus Gründen der Stadtgestaltung notwendig sei, weil einerseits die städtebauliche Struktur des in Rede stehenden Gewerbegebietes - sie ist durch freistehende Betriebsobjekte mit einer zulässigen Höchsthöhe von 12,0 m und teils erheblichen Abmessungen gekennzeichnet - ein entsprechendes Zurücktreten der Baulichkeiten von der Straßengrundgrenze erfordere und andererseits Betriebsobjekte der vorliegenden Art Erschließungsflächen, Flächen für den ruhenden Verkehr und für "entsprechende Grüngestaltung" - gerade auch zur Straße hin - nötig machten. Auf der anderen Seite der Bachstraße sei im Zuge von Bauplatzerklärungen die Baufluchtlinie zur Straße hin mit 10,0 m von der Straßengrundgrenze festgelegt (und erst durch eine spätere Straßenverbreiterung verringert) worden und überdies wiesen in diesem Bereich einige Wohnbauten einen noch größeren Abstand zur Straßengrundgrenze auf. Dem Vorwurf, die bekämpfte Festlegung der Baufluchtlinie sei "wirtschaftlich untragbar" tritt der Gemeinderat mit dem Hinweis entgegen, daß durch Festsetzung der Baumassenzahl mit 4,5 eine weitgehende, die wirtschaftliche Entwicklung der bestehenden und künftigen Betriebe berücksichtigende Ausnützung der betreffenden Grundflächen ermöglicht worden sei.

cc) Bei Festlegung der Baufluchtlinie - das ist jene Linie, die durch oberirdische Bauten gegen eine Verkehrsfläche hin nicht überschritten werden darf (§9 Abs1 BGG) - ist nach §3 Abs4 erster Halbsatz BGG auf den in §1 dieses Gesetzes umschriebenen Zweck (des Bebauungsplanes), eine zweckmäßige Bebauung im Bauland einer Gemeinde zu gewährleisten, Bedacht zu nehmen. Baufluchtlinien dürfen - wie die sonstigen Bebauungsgrundlagen auch - gemäß §3 Abs8 BGG nur soweit festgelegt werden, als dies unter möglichster Schonung von Rechten und Interessen zur Erreichung des in §1 BGG umschriebenen Zweckes (Gewährleistung einer zweckmäßigen Bebauung im Bauland einer Gemeinde) unerläßlich ist. Schließlich sind die Baufluchtlinien unter Bedachtnahme auf die besonderen örtlichen Erfordernisse, insbesondere im Hinblick auf eine möglichste Herabminderung der gesundheitsschädlichen Auswirkungen des Verkehrs, festzulegen (§9 Abs3 BGG).

dd) Bei Würdigung der für die bekämpfte Festlegung der Baufluchtlinie ins Treffen geführten Erwägungen kann dem Verordnungsgeber nicht der Vorwurf gemacht werden, daß er den besonderen örtlichen Erfordernissen nicht angemessen Rechnung getragen und insgesamt den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum (vgl. dazu etwa VfSlg. 10.560/1985, 10.711/1985, S 787, 10.839/1986, S 378, 11.059/1986; VfGH 1.3.1990, V5/89) überschritten habe. Jedenfalls vermag der bloße Hinweis des Antragstellers auf die Festlegung der Baufluchtlinie in dem auf der anderen Seite der Bachstraße gelegenen Gewerbegebiet die Gesetzwidrigkeit der bekämpften Baufluchtlinienfestlegung nicht darzutun.

ee) Der Bebauungsplan "Bachstraße 16 A3" ist mithin, auch soweit er die Festlegung der Baufluchtlinie zur Bachstraße im hier in Rede stehenden Bereich des Grundstückes 689/1 zum Gegenstand hat, nicht aus den vom Antragsteller vorgebrachten Gründen mit Gesetzwidrigkeit belastet.

4. Dem Verordnungsprüfungsantrag ist somit - soweit er zulässig ist - nicht Folge zu geben.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG sowie gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Baurecht, Raumordnung, Bebauungsplan Bauplatzgenehmigung, Bauplatzerklärung, Baubewilligung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:V84.1987

Dokumentnummer

JFT_10099381_87V00084_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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