Index
63/06 Dienstrechtsverfahren;Norm
DVG 1984 §2 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des G in W, gegen den Bescheid des Zentralwahlausschusses beim Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung für die Bediensteten der Verwaltung vom 25. November 1991, betreffend das Wahlrecht für die Wahl des Dienststellenausschusses 1991 (mitbeteiligte Partei: J in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Ministerialrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist rechtskundiger Bediensteter im Sinn des § 24 Abs. 2 VwGG. Seine Dienststelle ist das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung.
Am 9. November 1991 erhob der Beschwerdeführer Einwendungen gegen die Wählerliste beim Vorsitzenden des Dienststellenwahlausschusses für die am 26. und 27. November 1991 angesetzten Personalvertretungswahlen gegen die Aufnahme des J mit der Begründung, daß dieser im Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung tatsächlich nicht verwendet werde.
Der Dienststellenwahlausschuß beim Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung für die Bediensteten der Verwaltung sprach mit Bescheid vom 14. November 1991 aus, der Antrag des Beschwerdeführers, J das Wahlrecht für den Dienststellenausschuß für die Personalvertretungswahl 1991 nicht zuzuerkennen, werde abgewiesen. Die Anfechtung des aktiven und passiven Personalvertretungswahlrechts zum Dienststellenausschuß und zum Zentralausschuß für die Bediensteten der Verwaltung erfolge nicht zu Recht. Begründend führte die Behörde erster Instanz aus, J sei laut Auskunft des Präsidiums des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung mit Bescheid des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst für die Dauer seiner Tätigkeit als Abgeordneter zum Nationalrat dem erstgenannten Ministerium dienstzugeteilt und habe auch seinen Dienst angetreten. Laut derzeit gültiger Geschäftseinteilung des genannten Ministeriums gehöre er zur Abteilung III/2. Der Dienststellenwahlausschuß müße wegen der Rechtskraft von Bescheiden in seiner Beurteilung von diesem Sachverhalt ausgehen. Die Frage, ob J in der Dienststelle tatsächlich verwendet oder "offensichtlich nicht verwendet oder gebraucht" werde, müsse im Zusammenhang mit der Dienstzuteilung nicht geklärt werden. Solange J im Personalstand des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung geführt und in der Geschäftseinteilung genannt werde, sei für den Dienststellenwahlausschuß die Vorfrage durch die zuständige Behörde rechtskräftig entschieden. J sei Bundeslehrer. Auf seine Zulassung zur Personalvertretungswahl sei daher § 35 Abs. 1 PVG anzuwenden. Nach dieser Bestimmung sei ein Bundeslehrer, der bei einer anderen Dienststelle des Bundes als einer Schule verwendet werde, bei dieser Dienststelle wahlberechtigt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, J sei mit Bescheid vom 7. März 1984 mit Wirkung vom 1. April 1984 dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung dienstzugeteilt. Als Arbeitsstätte sei für ihn das Zimmer Nr. n1 im Amtsgebäude X-Straße vorgesehen. Er hätte mit Angelegenheiten des Museums für die Geschichte der Arbeitswelt befaßt werden sollen. Mit Bescheid vom 5. September 1984 seien seine Bezüge gemäß § 4 und § 13 Abs. 5 des Gehaltsgesetzes 1956 um 25 % gekürzt worden. Aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung gehe hervor, daß J von Bundesminister Univ.-Doz. Dr. F zwecks Aufbaues eines Industrieviertelmuseums in W auf einen Ersatzarbeitsplatz als lebende Subvention berufen worden sei. Eine formelle Dienstzuteilung sei im Akt jedoch nicht enthalten. J übe seine Aufgaben offensichtlich weiterhin als Bediensteter des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung aus. Anderes sei dem Personalakt nicht zu entnehmen. In rechtlicher Hinsicht ergebe sich daraus, daß J gemäß § 17 BDG 1979 zur Ausübung seines Mandates als Mitglied des Nationalrates freie Zeit in Anspruch nehme. Soweit dies daneben möglich sei, träfen ihn weiterhin als Bediensteten des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung Obliegenheiten. Das Wahlrecht könne nicht davon abhängen, ob eine Beamter seine Dienstpflichten erfülle, und es könne nicht Aufgabe des Zentralwahlausschusses sein, zu überprüfen, ob ein Beamter seinen Obliegenheiten nachkomme. Dies müsse auch für dienstzugeteilte Beamte und Mandatare gelten. Dies gelte sowohl für das Wahlrecht an sich als auch für die Frage, wo es auszuüben sei. Dem Einwand des Beschwerdeführers, daß es auf die tatsächlichen Verhältnisse (faktische Verwendung) und nicht auf den papiermäßigen Inhalt des Personalaktes ankomme, habe sich die belangte Behörde nicht anschließen können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem durch das Bundes-Personalvertretungsgesetz (PVG) gewährleisteten Rechten, insbesondere gemäß §§ 20, 15 Abs. 4, 35 Abs. 1 und 2) auf Nichtaufnahme des J in die Wählerliste durch unrichtige Anwendung dieser Bestimmungen sowie in seinen Rechten auf ein gesetzliches Verwaltungsverfahren (insbesondere § 37 AVG) verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift sowie über die vom Beschwerdeführer eingebrachte ergänzende Äußerung unter Abstandnahme von der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen:
Die Durchführung der Wahl der Personalvertreter ist in § 20 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes-PVG BGBl. Nr. 133/1967, geregelt. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung sind die Dienststellenleiter verpflichtet, den Dienststellenwahlausschüssen die zur Durchführung der Wahl erforderlichen Verzeichnisse über ihre Bediensteten rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Die Dienststellenwahlausschüsse haben die Wählerlisten zu verfassen und diese durch mindestens 10 Arbeitstage zur Einsichtnahme durch die Wahlberechtigten in den Dienststellen aufzulegen. Gegen die Wählerlisten können die Wahlberechtigten während der Auflagefrist Einwendungen erheben, über die die Dienststellenwahlausschüsse binnen dreier Arbeitstage zu entscheiden haben. Gegen die Entscheidungen der Dienststellenwahlausschüsse ist das binnen dreier Arbeitstage einzubringende Rechtsmittel der Berufung an den Zentralwahlausschuß zulässig. Die Entscheidung des Zentralwahlausschusses kann durch kein ordentliches Rechtsmittel angefochten werden. Auf Grund der zitierten Bestimmung ist der Beschwerdeführer zur Beschwerde legitimiert und die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.
Nach § 20 Abs. 16 PVG sind die näheren Bestimmungen über die Durchführung der Wahlen durch Verordnung zu erlassen. Die auf Grund dieser Bestimmung erlassene Verordnung der Bundesregierung vom 4. Juli 1967, BGBl. Nr. 215, in der Fassung BGBl. Nr. 463/1987 (Bundes-Personalvertretungs-Wahlordnung - PV-WO) bestimmt im § 8 Abs. 1, daß die Wählerliste spätestens vier Wochen vor dem ersten Wahltage aufzulegen ist. Einwendungen gegen die Wählerliste sind beim Vorsitzenden des Dienststellenwahlausschusses einzubringen. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung steht dem Bediensteten, der die Einwendung erhoben hat und dem Bediensteten, der durch die Entscheidung betroffen ist, innerhalb von drei Arbeitstagen ab Zustellung der Entscheidung, das Recht der Berufung gegen die Entscheidung des Dienststellenwahlausschusses zu. Der Dienststellenwahlausschuß hat die Berufung unverzüglich dem Zentralwahlausschuß, in dessen Wirkungsbereich die Dienststelle fällt, vorzulegen, welcher über die Berufung so rechtzeitig vor dem ersten Wahltage zu entscheiden hat, daß die Entscheidung vom Dienststellenwahlausschuß noch beachtet werden kann.
Zur Wahl des Dienststellenausschusses sind gemäß § 15 Abs. 4 PVG jene Bediensteten berechtigt, die am Tage der Wahlausschreibung der Dienststelle angehören, deren Dienststellenausschuß gewählt wird, sowie am Tage der Ausübung des Wahlrechtes in einem aktiven Bundesdienstverhältnis stehen und einer Dienststelle angehören, die in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fällt. Besitzt ein Bediensteter das Wahlrecht mehrfach, so darf er dieses für dasselbe Personalvertretungsorgan nur einmal ausüben; für den Fach- bzw. Zentralausschuß ist das Wahlrecht bei der Dienststelle, bei der das größte Beschäftigungsausmaß gegeben ist (bei Lehrern an der Stammschule), auszuüben. Bundesbedienstete, die nicht an einer Dienststelle des Bundes verwendet werden, sind nur für die Wahl des nach ihrem Dienstort zuständigen Fachausschusses - soweit ein solcher für die Dienststellen, deren Personalstand diese Bundesbediensteten angehören, besteht - und des Zentralausschusses wahlberechtigt.
Nach den für den Beschwerdeführer als Bundeslehrer anwendbaren Sonderbestimmungen des § 35 sind Bundeslehrer, die am Tage der Ausschreibung der Wahl bei einer anderen Dienststelle des Bundes als einer Schule verwendet werden, für die Wahl des Dienststellenausschusses bei dieser Dienststelle wahlberechtigt (Abs. 1). Nach Abs. 2 leg. cit. sind Bundeslehrer, die am Tag der Ausschreibung der Wahl nicht an einer Dienststelle des Bundes verwendet werden, nur für folgende Organe der Personalvertretung wahlberechtigt:
1.
Für den Zentralausschuß und
2.
für den nach ihrem Dienstort zuständigen Fachausschuß, wenn ein solcher für Bundeslehrer an vergleichbaren Bundesschulen besteht.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß J, dessen aktives Wahlrecht zur Personalvertretungswahl im Bereich des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung der Beschwerdeführer bekämpft, in einem aktiven Bundesdienstverhältnis steht und ein Mandat als Abgeordneter des Nationalrates ausübt. Strittig ist ausschließlich die Frage, ob der Mitbeteiligte am Tage der Wahlausschreibung rechtlich im Sinne der §§ 15 Abs. 4 und 35 PVG dem Dienststande des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung angehörte. Mit der Auslegung des im Gesetz nicht näher umschriebenen Begriffes des "Angehörens" hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinen Erkenntnissen vom 19. November 1976, Zl. 2248/75, Slg. N.F. Nr. 9.185/A und vom 1. September 1988, Zl. 88/09/0098 auseinandergesetzt und erkannt, daß die für die Ausübung des AKTIVEN Wahlrechtes erforderliche Zugehörigkeit zu einer Dienststelle nicht - wie in § 2 Abs. 4 DVG - durch die auf dem Dienstvertrag beruhende rechtliche Beziehung (Innehabung eines Dienstpostens), sondern ausschließlich durch die tatsächliche Verwendung (Beschäftigung) des Bediensteten bestimmt wird. Es entspricht nämlich dem Sinn und Zweck des Personalvertretungsgesetzes und dem darin zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willen, nicht die formalen juristischen Beziehungen eines Dienstvertrages, sondern die tatsächliche arbeitsmäßige Eingliederung eines Bediensteten für die Zugehörigkeit zu einer Dienststelle entscheidend sein zu lassen. Nur dies gewährleistet auch eine praktische Wahrnehmung seiner Interessen im Bereiche der Personalvertretung (vgl. auch Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. April 1982, Zl. 10/0024/80, und vom 22. Oktober 1987, Zl. 87/09/0086). Der Verwaltungsgerichtshof übersieht nicht, daß im gegenständlichen Beschwerdefall der Sachverhalt insoweit anders als in den zitierten Vorjudikaten liegt, als es nunmehr nicht um faktische Zugehörigkeit eines Dienstnehmers zu einer Dienststelle bei fehlender rechtlicher Besicherung, sondern um die faktische Nichtzugehörigkeit bei rechtlicher Besicherung geht. Jedenfalls in den Fällen, in denen aber schon durch eine organisatorische Maßnahme die fehlende tatsächliche Zugehörigkeit eines Dienstnehmers zu einer Dienststelle nach außen hin in Erscheinung tritt, ist aber von dem in diesen Erkenntnissen niedergelegten Verständnis des Gesetzes auszugehen. So gesehen erweist sich der angefochtene Bescheid schon deshalb mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weil die belangte Behörde darin ausdrücklich von der formellen Dienstzuteilung des Beschwerdeführers ausgegangen ist, die Frage der tatsächlichen Verwendung (auf Beschäftigung) des Mitbeteiligten aber auf Grund ihrer unrichtigen Rechtsauffassung nicht geprüft hat. Insbesondere ist für die Beurteilung des Wahlrechtes des Mitbeteiligten maßgebend, ob er im Sinn des § 35 Abs. 1 PVG bei einer anderen Dienststelle des Bundes als einer Schule oder im Sinn des Abs. 2 der genannten Bestimmung nicht an einer Dienststelle des Bundes verwendet worden ist. Da die belangte Behörde von ihrer unrichtigen Rechtsauffassung ausgehend diese Fragen nicht geklärt hat, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.
Der Aussspruch über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1992.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992120002.X00Im RIS seit
20.11.2000