TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/23 91/06/0231

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Veröffentlicht am 23.02.1995
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §364 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §8;
BauO Tir 1989 §24 Abs1;
BauO Tir 1989 §30 Abs4;
BauO Tir 1989 §4 Abs1;
BauO Tir 1989 §4 Abs2;
BauRallg;
Bauvorschriften Tir 1981 §59 Abs1 idF 1988/012;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher, den Vizepräsidenten Dr. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des J in N, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 16. Oktober 1991, Zl. Ve-550-1710/10, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. L, N; 2. Gemeinde N, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1.1. Mit dem Bescheid vom 24. April 1990 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde N der erstmitbeteiligten Partei die Baubewilligung für den Neubau einer Rinderstallanlage in N auf Gp 1536, KG N. Im Spruch des Bescheides wurde u.a. auch folgende Auflage erteilt: "1. Zur Sicherung vor eventuellen Hochwässern des R. ist der Fußboden des Rinderstalles, Höhe I 0,00, mindestens 1,0 m über das bestehende Gelände anzuheben. 2. Die dadurch erforderlichen Aufschüttungen sind so vorzunehmen, daß es bei den taleinwärtsliegenden Wiesengrundstücken bei starken Niederschlägen bzw. bei der Schneeschmelze zu keinem Wasseraufstau kommt." Die vom Beschwerdeführer bei der Bauverhandlung vorgebrachten Einwendungen wegen Geruchs- und Lärmbelästigungen sowie wegen der Möglichkeit einer Überschwemmung und Versumpfung seiner angrenzenden Gp 1537/1 und 1537/6 infolge Aufschüttung des Baugrundstückes wurden gemäß § 30 Abs. 4 der Tiroler Bauordnung als unbegründet abgewiesen. Der Bürgermeister begründete seinen Bescheid - soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist - im wesentlichen damit, es sei aufgrund des landwirtschaftlichen Gutachtens vom 12. März 1990 davon auszugehen, daß die Errichtung des Rinderstalles aus betriebswirtschaftlichen Gründen erforderlich und daher nach § 15 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes im Freiland zulässig sei. Die vorgelegten Pläne würden einer möglichen Lärm- und Geruchsbelästigung weitgehendst Rechnung tragen; auch sei der Vorschlag des Beschwerdeführers für eine spiegelverkehrte Ausführung berücksichtigt worden. Überdies seien die gesetzlichen Grenz- und Gebäudeabstände eingehalten worden, sodaß die Bewilligung zu erteilen gewesen sei.

1.2. Gegen den Bescheid vom 24. April 1990 erhob der Beschwerdeführer Berufung. Seine Berufung begründete er - soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist - im wesentlichen damit, daß es durch die Bauführung bei Hochwasser zu einer Einstauung der talaufwärtigen Grundstücke sowie zu Geschiebeablagerungen und damit zu einem erhöhten Flurschaden durch den Wasserrückstau komme. Weiters komme es durch die notwendigen Aufschüttungen auch bei den talaufwärts angrenzenden Grundstücken zu einer Beeinträchtigung des natürlichen Wasserabflusses, insbesondere zu einem Wasserrückstau bei starken Niederschlägen oder bei Schneeschmelze, wodurch wiederum eine Erschwernis der Bewirtschaftung und eine Ertragsminderung durch die Vernässung der Wiesen eintrete. Eine vom Beschwerdeführer angestrebte Änderung des Flächenwidmungsplanes im Zusammenhang mit der Errichtung eines Sportplatzes auf der Gp 1536, KG N, sei vom Bezirksamt Innsbruck in der Stellungnahme vom 15. November 1988 wegen Hochwassergefahr aus wasserbautechnischer Sicht abgelehnt worden. In der Stellungnahme vom 31. Juli 1989 habe auch die Tiroler Landesbaudirektion in Rücksicht auf die Gefährdung durch Hochwasser die angestrebte Flächenwidmungsplanänderung abgelehnt. Damit im Widerspruch stünde die Stellungnahme des Bezirksamtes Innsbruck vom 7. März 1990, in der - anders als im Fall des Sportplatzes - dem Bauvorhaben dem Grunde nach zugestimmt worden sei. Es seien auch die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes nicht gegeben.

1.3. Dieser Berufung wurde vom Gemeindevorstand der Gemeinde N im Bescheid vom 24. Juli 1990 keine Folge gegeben und der Bescheid des Bürgermeisters bestätigt. Begründet wurde dies u.a. damit, die Ausführungen des Beschwerdeführers zur Frage, ob der Bauplatz zur Verbauung geeignet sei, stünden im Widerspruch zu den von der Baubehörde eingeholten Gutachten des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 12. März 1990 und vom 29. Mai 1990 sowie der Stellungnahme des Baubezirksamtes Innsbruck anläßlich der Bauverhandlung. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf frühere Stellungnahmen der Landesbaudirektion und des Baubezirksamtes Innsbruck sei deshalb verfehlt, weil sich die zitierten Stellungnahmen auf eine andere Grundfläche bezogen hätten als die nunmehrige Baufläche. Die Baubehörde habe keine Veranlassung, an den gutachtlichen Äußerungen der zuständigen Abteilungen der Landesbehörde zu zweifeln. Im übrigen handle es sich hier um Einwendungen, die in den nachbarrechtlichen Bestimmungen der Tiroler Bauordnung keine Deckung fänden. Hinsichtlich der behaupteten Geruchs- und Lärmbelästigungen werde auf die eingeholten Gutachten verwiesen, wonach diese ein für solche Anlagen übliches Ausmaß nicht überstiegen. Auch die Wirtschaftlichkeit des geplanten landwirtschaftlichen Objektes sei entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers gewährleistet, wie sich aus dem Gutachten vom 12. März 1990 ergebe.

1.4. Gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde N vom 24. Juli 1990 erhob der Beschwerdeführer Vorstellung. Er begründete seine Vorstellung im wesentlichen damit, daß er bereits in der mündlichen Verhandlung im Rahmen des Verfahrens erster Instanz auf die Möglichkeit einer Überschwemmung und Versumpfung seiner angrenzenden Grundstücke infolge Aufschüttung des Baugrundstückes hingewiesen habe. Er müsse nicht hinnehmen, daß die Qualität seiner Gp an dem oben angesprochenen Bauvorhaben leide und sei daher in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt. Im Berufungsbescheid werde auf seine Einwendungen bezüglich der Hochwässer und der Aufschüttungen nicht ausreichend eingegangen.

1.5.1. Mit dem Bescheid vom 20. August 1990 hat die belangte Behörde der Vorstellung Folge gegeben, den angefochtenen Bescheid infolge Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der Gemeinde N verwiesen. Dieser Bescheid wurde - soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist - im wesentlichen damit begründet, dem Nachbarn komme ein Rechtsanspruch darauf zu, daß ein Grundstück nur entsprechend der geltenden Flächenwidmung bebaut werden dürfe. Im Beschwerdefall sei jedoch durch das Gutachten des Amtssachverständigen des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 12. März 1990 hinreichend nachgewiesen, daß die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Tiroler Raumordnungsgesetz erfüllt seien. Den Ausführungen in diesem Gutachten, welches als schlüssig zu betrachten sei, hätte der Nachbar lediglich durch Vorlage eines Gegengutachtens, also auf derselben fachlichen Ebene, nicht jedoch durch bloßes Bestreiten der Richtigkeit der Angaben im Gutachten entgegentreten können. In diesem Zusammenhang bestünde demnach keine Rechtswidrigkeit. Eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers sei jedoch im Hinblick auf dessen Rechtsanspruch darauf erfolgt, daß u.a. Stallungen und Düngerstätten so beschaffen und angelegt sein müßten, daß ihre Geruchsemissionen das für solche Anlagen übliche Ausmaß nicht übersteigen würden. Von der Baubehörde sei dazu das Gutachten eines Amtssachverständigen des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 29. Mai 1990 eingeholt worden. Nach diesem Gutachten seien die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 der Technischen Bauvorschriften erfüllt. Es könne jedoch im gesamten von der Gemeinde vorgelegten Bauakt kein Hinweis darauf gefunden werden, daß dieses Gutachten jemals dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht worden sei. Es liege durch diese Unterlassung der Wahrung des Parteiengehörs ein Verfahrensmangel vor, welcher zur Aufhebung des Bescheides habe führen müssen. Weiters müsse das Gutachten des Amtssachverständigen des Baubezirksamtes Innsbruck vom 7. März 1990 als unschlüssig betrachtet werden. In diesem Gutachten werde zunächst ausgeführt, daß die geplante Rinderstallanlage am Rande des Hochwasserabflußgebietes liege. Es werde anschließend empfohlen, die geplante Rinderstallanlage soweit als möglich auf das nordwestliche, höher liegende Gelände zu verschieben. Sollte dies nicht möglich sein, sei nach diesem Gutachten der Fußboden des Rinderstalles um mindestens 1,0 m über das bestehende Gelände anzuheben; die dadurch erforderlichen Aufschüttungen seien so vorzunehmen, daß es bei den taleinwärts liegenden Wiesengrundstücken bei starken Niederschlägen bzw. bei der Schneeschmelze zu keinem Wasseraufstau komme. Bei der zweiten Auflage werde es somit der erstmitbeteiligten Partei überlassen, wie sie bei den erforderlichen Aufschüttungen einen eventuell drohenden Wasseraufstau verhindere. Es sei aber sicherlich nicht Sinn einer Auflage, es dem Bauwerber vollkommen freizustellen, wie eventuelle Schäden hintangehalten werden könnten. Eine Auflage habe so konkret zu sein, daß sie den Titel für ein Verwaltungsvollstreckungsverfahren darstellen könne. Diesem Erfordernis werde die genannte Auflage in keiner Weise gerecht. Der Sachverständige werde im fortgesetzten Verfahren ganz genau darzulegen haben, wie die Aufschüttung gestaltet sein müsse und welche Vorkehrungen zu treffen seien, damit der drohende Wasseraufstau verhindert werden könne.

1.5.2. Entsprechend der Begründung des Bescheides der belangten Behörde vom 20. August 1990 wurde vom Gemeindevorstand das Baubezirksamt Innsbruck um Ergänzung seines Gutachtens vom 7. März 1990 ersucht. In diesem (ergänzenden) Gutachten vom 3. September 1990 wurde eine Präzisierung der Auflage im Pkt. 2. in folgender Weise vorgenommen:

"Zu diesem Zweck ist entlang der nordwestlichen Grundgrenze, auf dem eigenen Grund des Herrn L.K. eine 35 m lange Entwässerungsmulde herzustellen. Diese Mulde ist 1,0 m breit und 0,2 tief auszubilden und hat nach Südosten ein Längsgefälle von mindestens 1 % aufzuweisen. Die anfallenden Oberflächenwässer sind über diese Entwässerungsmulde auf das eigene, südöstliche des Rinderstalles gelegene Wiesengrundstück abzuleiten."

Mit Bescheid vom 18. Oktober 1990 hat der Gemeindevorstand der Berufung des Beschwerdeführers zum Teil Rechnung getragen und im Zusammenhang mit der Düngerstätte weitere Auflagen vorgeschrieben. Dagegen erhob der Beschwerdeführer u.a. mit der Begründung Vorstellung, daß die präzisierte Auflage betreffend die Entwässerungsmulde in den Spruch nicht aufgenommen worden sei und daß der Gemeindevorstand seine schriftlichen Einwendungen dagegen (wonach die Durchfeuchtung des gesamten betroffenen Bereiches durch die Oberflächenwässer durch die gegenständliche Mulde nicht verhindert werde und weitere wassertechnische Maßnahmen erforderlich seien, um eine Versumpfung zu verhindern) nicht ausreichend behandelt habe. Dieser Vorstellung gab die belangte Behörde mit dem Bescheid vom 19. November 1990 (neuerlich) Folge, hob den Bescheid des Gemeindevorstandes infolge Verletzung von Rechten des Einschreiters auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der Gemeinde N. Der Bescheid der belangten Behörde war ausschließlich damit begründet, daß es der Gemeindevorstand unterlassen habe, in den Spruch des Bescheides vom 18. Oktober 1990 die (oben wörtlich wiedergegebene) konkretisierte Auflage des Sachverständigen des Bezirksamtes Innsbruck vom 3. September 1990 in den Bescheid aufzunehmen. Dieser Bescheid der belangten Behörde ist in Rechtskraft erwachsen.

1.6. Im fortgesetzten Verfahren änderte der Gemeindevorstand der Gemeinde N mit Bescheid vom 22. November 1990 den Baubewilligungsbescheid vom 24. April 1990 dahingehend, daß Punkt 6 der einen Bestandteil des Spruches bildenden Beilage D unter anderem zu lauten hat:

"Dem Bauwerber wird weiters aufgetragen, den bereits neu angelegten Zufahrtsweg auf seinem Grundstück Gp 1536 (Südwestseite) um 20 cm über das derzeitige Niveau aufzuschütten.

...

3) Zu diesem Zweck ist entlang der nordwestlichen Grundgrenze auf dem eigenen Grund des Herrn L.K. eine 35 m lange Entwässerungsmulde herzustellen. Diese Mulde ist 1,0 m breit und 0,2 m tief auszubilden und hat nach Südosten ein Längsgefälle von mindestens 1 % aufzuweisen. Die anfallenden Oberflächenwässer sind über diese Entwässerungsmulde auf das eigene, südöstlich des Rinderstalles gelegene Wiesengrundstück abzuleiten."

Im übrigen wurde die Berufung abgewiesen. Seinen Bescheid begründete der Gemeindevorstand im wesentlichen damit, daß dem Vorbringen des Beschwerdeführers, der Bauplatz sei sowohl ungeeignet als auch unwirtschaftlich, weshalb die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Tiroler Raumordnungsgesetz für die Errichtung eines landwirtschaftlichen Betriebes im Freiland nicht gegeben seien, deshalb kein Erfolg beschieden sein könne, weil dem das Gutachten vom 12. März 1990 entgegenstünde. Nach eingehender Befundaufnahme und schlüssiger Begründung sei darin festgestellt worden, daß die Errichtung des Rinderstalles nach Art und Größe aus betriebswirtschaftlichen Gründen erforderlich sei; daher könne dieser Bau nach § 15 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes im Freiland errichtet werden. Im Berufungsverfahren habe sich der Beschwerdeführer auch gegen das Gutachten vom 3. September 1990 gewendet und insbesondere die Vorschreibung verlangt, wie die Oberfläche der Mulde beschaffen sein müsse und wie die Ableitung des Oberflächenwassers aus der Entwässerungsmulde zu erfolgen habe; außerdem sei nach Auffassung des Beschwerdeführers das Gefälle mit 1 % für einen Abfluß nur dann ausreichend, wenn das Wasser in Rohren geführt werde. Demgegenüber ergebe sich aus der Befundaufnahme des Gutachtens vom 3. September 1990 unzweifelhaft, daß der Sachverständige bei der Beurteilung einer allfälligen Hochwassersituation von der Gesamtsituation im Bereich des geplanten Bauwerks ausgegangen sei; er habe also auch den Bereich nordwestlich des Rinderstalles bei der Beurteilung der erforderlichen Auflagen berücksichtigt und infolge der Geländebeschaffenheit die Entwässerungsmulde in der vorgeschriebenen Form und Dimension für ausreichend erachtet. Die Einwendungen des Beschwerdeführers seien nicht geeignet, die schlüssigen Ausführungen des Gutachtens zu entkräften. Dessen ungeachtet habe die Berufungsbehörde als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme gegen eine allfällig mögliche Beeinträchtigung des Nachbargrundstückes des Beschwerdeführers durch Oberflächenwässer die Anhebung des Wegniveaus laut Spruch angeordnet, sodaß eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers aus dieser Sicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Zur Forderung des Beschwerdeführers nach Änderung des Projektes hinsichtlich der Stallfenster und der Entlüftungsschächte in seiner Stellungnahme zum Gutachten vom 29. Mai 1990 sei festzuhalten, daß dieser Einwand wegen Präklusion abzuweisen sei. Seiner Auffassung, dieses Gutachten sei unvollständig, sei entgegenzuhalten, daß dem Sachverständigen das gesamte Projekt zur Begutachtung vorgelegen sei. Dennoch habe er offensichtlich als Quelle einer möglichen über das übliche Ausmaß hinausgehenden Geruchsbelästigung lediglich die neu zu errichtende Düngerstätte festgestellt und diesbezügliche Auflagen gefordert, die auch spruchgemäß vorgeschrieben worden seien. Hinsichtlich der Lärmerregung bzw. Ungezieferentwicklung durch die Viehhaltung habe die Behörde keine Feststellungen treffen können; ebensowenig seien vom Beschwerdeführer Gründe aufgezeigt worden, die eine über das für eine landwirtschaftiche Betriebsführung übliche Maß hinausgehende Lärmentwicklung erwarten ließen.

1.7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung. Seine Vorstellung begründete er im wesentlichen damit, daß seine Einwendungen hinsichtlich der Geruchsbelästigung und der Änderung des Projektes keinesfalls präkludiert seien. Die nunmehr vorgeschriebene Auflage, den Zufahrtsweg auf dem Grundstück 1536 (Südwestseite) um 20 cm über das derzeitige Niveau aufzuschütten, biete zwar gegen Hochwässer einen gewissen Schutz, beenge aber andererseits den Abfluß des natürlichen Oberflächengewässers von den Grundstücken des Beschwerdeführers Richtung R. Hier werde durch die Fundamentaufschüttung des Stallgebäudes und den Zufahrtsweg ein künstlicher Wall angelegt, welcher das natürliche Oberflächengewässer zurückhalte und zur Versumpfung und Durchfeuchtung der Grundstücke des Beschwerdeführers führe. Bemängelt werde ferner, daß für diese Auflagen keine fixen Höhenpunkte und keine Relation zum Nullpunkt festgelegt werde und daß der Verlauf des Weges dem Bauwerber zur Gestaltung überlassen bleibe. Insbesondere aber werde bemängelt, daß dieser Wall, der durch die Erhöhung des Zufahrtsweges entstehen solle, vom wasserbautechnischen Sachverständigen, nämlich vom Bezirksamt Innsbruck nicht begutachtet und geprüft worden sei; in dieser Auflage sei eine reine Willkür der Behörde zu erblicken, welche sachlich nicht gerechtfertigt sei. Die Entwässerungsmulde, welche aufgrund der zweiten Vorstellung nunmehr endlich bautechnisch vorgeschrieben sei, sei von ihren Ausmaßen her gesehen völlig unzureichend, ebenso wie das Gefälle unzureichend sei. Die Bauparzellen 1537/1 und 1537/6 im Talsohlenbereich an der südöstlichen Seite des Stallgebäudes lägen höhenmäßig tiefer; mangels Abflußmöglichkeiten hielte sich dort auch das Hochwasser länger. Weiterhin aufrecht bleibe der Einwand, daß hier landwirtschaftlicher Kulturgrund bzw. eine Freifläche für einen äußerst fragwürdigen Rinderstall mit industrieller Rinderhaltung verschwendet werde, wobei angrenzendes Bauland schwer in Mitleidenschaft gezogen und in seiner Nutzungsfähigkeit beeinträchtigt werde.

1.8. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. Oktober 1991 wurde von der belangten Behörde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid im wesentlichen damit, daß in Ergänzung des Ermittlungsverfahrens hinsichtlich allfälliger Geruchs- und Lärmemissionen weitere Gutachten der zuständigen Fachabteilung des Amtes der Landesregierung eingeholt worden seien (Gutachten vom 4. März 1991, ergänzt durch das Gutachten vom 7. August 1991). In seiner Stellungnahme vom 27. September 1991 zu diesen weiteren Gutachten habe der Beschwerdeführer im wesentlichen ausgeführt, daß laut Mitteilung der Firma Ö.Gesellschaft für Ökonomie, Ökologie und Qualität in der Technik Ges.m.b.H. die eingeholten Gutachten unrichtig seien; sie würden weder dem heutigen Stand der Wissenschaften entsprechen noch die in der heutigen Zeit üblichen Umweltstandards berücksichtigen. Es handle sich nach Auffassung des Beschwerdeführers nämlich nicht um eine Auseinandersetzung zwischen 2 Landwirten um die Geruchsbelästigung der jeweiligen Rinderställe, sondern es gehe um eine Geruchs- bzw. Lärmemission, die von einer Rinderstallanlage auf eine nahe gelegene Fremdenpension ausgeübt werde. In seiner Stellungnahme habe der Beschwerdeführer weiters ausgeführt, daß solche Emissionen unzumutbar seien, wenn sie gemessen auf ein Jahr mehr als 5 % dieses Zeitraumes störend wahrnehmbar seien. Es müßte daher nach Auffassung des Beschwerdeführers ein meteorologisches Gutachten über die Windverhältnisse in N über einen Zeitraum von mindestens 1 Jahr erstellt werden, um die Frage zu klären, ob die vorgenannte 5 %-Grenze überhaupt unterschritten werden könne; tatsächlich sei die Geruchsbelästigung durch die Rinderstallanlage gegeben. Aus der Sicht der belangten Behörde sei damit den gutachtlichen Äußerungen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten worden. Der Beschwerdeführer stelle nämlich lediglich Behauptungen auf, die sich auf Auskünfte der Firma Ö. bezögen. Eine entsprechende gutachtliche Äußerung erfolge nicht; Vom Beschwerdeführer erwähnte Runderlässe bundesdeutscher Ministerien hätten in Österreich sicherlich keine Gültigkeit. Aufgrund welcher wissenschaftlichen Erkenntnisse eine 5 %-Geruchs- und Lärmbelästigung zumutbar erscheine bzw. weshalb meteorologische Untersuchungen notwendig sein sollten, könne aus der vorliegenden Stellungnahme nicht abgeleitet werden. Auch würden die Darstellungen nicht ausreichen, das vorliegende Gutachten hinsichtlich seiner Schlüssigkeit in Zweifel zu ziehen. Der Amtssachverständige habe unmißverständlich dargelegt, weshalb keine unzumutbare und für solche Anlagen unübliche Emissionen zu erwarten seien. Es werde in diesem Zusammenhang auf die dem Beschwerdeführer zum Parteiengehör übermittelten Gutachten hingewiesen. Auch der Einwand, es handle sich um eine industrielle Rinderhaltung, die nicht zulässig sei, ginge ins Leere, da der Amtssachverständige des Amtes der Landesregierung festgestellt habe, daß mit der vorhandenen Futterfläche der vorgesehene Viehbestand ausreichend versorgt werden könne. Zusammenfassend sei also festzuhalten, daß aufgrund des eingeholten Gutachtens weder durch das Wirtschaftsgebäude noch durch die dazugehörigen Anlagen wie Miststätte und Jauchengrube bzw. Hochsilos und Heubergeraum unzumutbare und für solche Anlagen unübliche Emissionen zu erwarten seien. Auch die Einwendungen, daß durch die Aufschüttung des Zufahrtsweges um 20 cm der Abfluß der natürlichen Oberflächenwässer gestört werde und mit einer Versumpfung und Durchfeuchtung des Grundstückes des Beschwerdeführers gerechnet werden müsse bzw. die vorgeschriebene Entwässerungsmulde unzureichend sei, gingen ins Leere. Dem Gutachten des Amtssachverständigen betreffend die Ausgestaltung der Entwässerungsmulde sei nämlich nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten worden, die Einwendung, die Entwässerungsmulde müsse ein höheres Gefälle aufweisen, um funktionieren zu können, stelle eine nicht bewiesene Behauptung dar. Auch stünde dem Nachbarn kein Anspruch darauf zu, von der Baubehörde Vorkehrungen wegen der Ableitung von Niederschlags- oder Schmelzwässern - vom Beschwerdeführer als Oberflächenwässer bezeichnet - von einem höher gelegenen Grundstück zu verlangen. Eine Regelung dieses Inhaltes kenne die Tiroler Bauordnung nicht, geschweige denn, daß sie einem Nachbarn ein diesbezügliches subjektiv-öffentliches Recht einräume. Es sei für die belangte Behörde auch nicht ersichtlich, weshalb diese Nebenbestimmung reine Willkür der Behörde sei, zumal der Beschwerdeführer selbst ausführe, daß durch die Aufschüttung ein Hochwasserschutz erreicht werde, die seinem darunter liegenden Grundstück zugute komme.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer sieht sich "in seinen Rechten als Nachbar dieser Rinderstallanlage dadurch verletzt, daß er unzumutbare Lärm- und Geruchsbelästigungen sowie unzumutbare Wasserschäden auf seiner benachbarten Liegenschaft hinzunehmen hat, weil die belangte Behörde zum Nachteil des Beschwerdeführers und unter Verletzung von Verfahrensvorschriften den Ausführungen der Sachverständigen gefolgt ist." Der Beschwerdeführer beantragt, "den genannten Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes" kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. In seiner Beschwerde wiederholt der Beschwerdeführer zunächst die in seiner Stellungnahme vom 27. September 1991 gegen die Gutachten vom 4. März 1991 und vom 7. August 1991 des Amtes der Landesregierung vorgebrachten Bedenken, wonach "nach dem heutigen Stand der Wissenschaft" eine solche Geruchs- und Lärmbeeinträchtigung dann unzumutbar sei, wenn eine solche gemessen auf ein Jahr mehr als 5 % dieses Zeitraumes störend wahrgenommen werden könne.

1.2. Im Zusammenhang mit diesem Beschwerdevorbringen ist § 30 Abs. 4 der Tiroler Bauordnung (TBO), LGBl. Nr. 33/1989, sowie § 59 Abs. 1 der Technischen Bauvorschriften (TBV), LGBl. Nr. 20/1981, in der (für den Beschwerdefall maßgeblichen) Fassung der Novelle LGBl. Nr. 34/1990 von Bedeutung.

§ 30 Abs. 4 der Tiroler Bauordnung lautet:

"(4) Wird von einem Nachbarn die Verletzung eines Rechtes behauptet, das in einer Bestimmung dieses Gesetzes oder einer Verordnung auf Grund dieses Gesetzes begründet ist, die nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch dem Schutz des Nachbarn dient (subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen), so hat die Behörde über diese Einwendung abzusprechen, indem sie die Einwendung als unbegründet abweist, die Baubewilligung unter Bedingungen oder mit Auflagen erteilt oder die Baubewilligung überhaupt versagt. Subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen können insbesondere auf Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken, insbesondere auf die §§ 12 bis 16b des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, die Bauweise, die Bauhöhe, die Mindestabstände von baulichen Anlagen, die Beschaffenheit des Bauplatzes und den Brandschutz gestützt werden."

§ 59 Abs. 1 TBV lautet:

"Landwirtschaftliche Bauten

§ 59

(1) Stallungen, Düngerstätten, Jauchegruben, Silos und ähnliche bauliche Anlagen müssen so beschaffen und angelegt sein, daß ihre Geruchsemissionen das für solche Anlagen übliche Ausmaß nicht übersteigen".

Grundsätzlich ist in Anwendung des § 30 Abs. 4 TBO davon auszugehen, daß dem Nachbarn ein Rechtsanspruch auf Einhaltung des § 59 Abs. 1 TBV zusteht, handelte es sich doch dabei um eine jener Vorschriften, die im § 30 Abs. 4 TBO angeführt sind. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kommt es (jedenfalls seit der Neufassung des § 59 Abs. 1 TBV) durch die Novelle LGBl. Nr. 12/1988, mit der die Wortfolge "das für solche Anlagen ortsübliche Ausmaß" durch die Wortfolge "das für solche Anlagen übliche Ausmaß" ersetzt worden ist, nicht mehr darauf an, ob eine bestimmte Geruchsemission das ortsübliche Ausmaß, also das so beschriebene Maß der Zumutbarkeit übersteigt, sondern lediglich darauf an, ob das für solche Anlagen übliche Ausmaß durch die Geruchsemissionen überstiegen wird. Es handelt sich demnach beim Beschwerdevorbringen betreffend die Zumutbarkeit der Geruchsbelästigungen um im Baubewilligungsverfahren unbeachtliche privatrechtliche Einwendungen im Sinne des § 364 Abs. 2 ABGB, wobei die Unterlassung des ausdrücklichen Verweises des Beschwerdeführers auf den Rechtsweg - wie hier - keine zu einer Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des Bescheides bedeutet (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1990, Zl. 89/06/0029).

Im Ergebnis ist dennoch der angefochtene Bescheid in diesem Zusammenhang mit Rechtswidrigkeit belastet. Die vom Beschwerdeführer dem Grunde nach bekämpften Gutachten jeweils der Abteilung III d 2 des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 4. März 1991 bzw. vom 7. August 1991 sind nämlich mit Mängeln behaftet, die es ausschließen, daß darauf die belangte Behörde ihre Entscheidung rechtmäßigerweise zu stützen in der Lage war. Was zunächst das Gutachten vom 4. März 1991 anlangt, so stützt sich dieses Gutachten ausdrücklich auf die Beurteilung des faktisch gegebenen Zustandes. Rechtlich geboten wäre es aber gewesen, nicht den in der Natur faktisch bereits hergestellten Zustand einer Begutachtung zu unterziehen, sondern das der Baubewilligung zugrundeliegende, in der Baubeschreibung und den Planunterlagen ersichtlich gemachte Bauvorhaben. Zwar geht das Gutachten der Abteilung III d 2 des Amtes der Landesregierung vom 29. Mai 1990, das durch das Gutachten vom 4. März 1991 ergänzt werden sollte, von diesem rechtlich gebotenen Ansatz aus. Doch erfaßt dieses Gutachten vom 29. Mai 1990 lediglich die Düngersammelanlage und nicht das gesamte Bauvorhaben; aus diesem Grund hatte daher die belangte Behörde zu Recht ein ergänzendes Gutachten in Auftrag gegeben. Es ist aber auch das Gutachten vom 7. August 1991 nicht ausreichend. Einerseits ist nämlich darin zum Ausdruck gebracht, daß "sich aus einem Einreichplan heraus grundsätzlich kaum beurteilen läßt, ob das vorgelegte Bauvorhaben diese Forderungen (nämlich die gemäß § 59 Abs. 1 der TBV) erfüllt." Andererseits enthält darüber hinaus dieses Gutachten lediglich folgende Feststellungen:

"Die Einhaltung der Forderung des § 59 (1) der TBV wird jedoch ohnehin in Bezug auf Lüftung und Ausführung der Düngerstätte in der Beilage D des Baubescheides vorgeschrieben.

Nebenbei erwähnt ist, daß die planende und ausführende Firma hieramtlicher Abteilung bestens bekannt und diese aufgrund ihrer technischen Leistungsfähigkeit durchaus in der Lage ist, die Forderungen der TBV § 59 (1) zu erfüllen.

Der Gemeinde steht es außerdem laut § 28 (2) TBO frei, zusätzliche Planunterlagen vom Bauwerber anzufordern, falls sie glaubt, das Bauvorhaben in der eingereichten Form nicht ausreichend beurteilen zu können."

Dies ist schon deshalb nicht ausreichend, weil die aus der Beilage D zum Baubewilligungsbescheid vom 24. April 1990 ersichtlichen Auflagen die Frage der Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 der TBV nicht betreffen. Zwar ist z.B. in Auflage 1 der Beilage D von Zu- und Abluftschächten bezogen auf den Viehbestand die Rede; keineswegs ist dabei aber auf Geruchsemissionen im "üblichen Ausmaß" abgestellt. Überdies ist in Beilage D nicht ersichtlich, auf welchem Gutachten (Befund und Gutachten im engeren Sinn) die Vorschreibung der Auflagen beruht; aus der (in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten befindlichen) Verhandlungsschrift über die mündliche Verhandlung am 29. März 1990 ergibt sich weiters, daß der "Sachverständige für Hochbau" die Auflagen "vorschreibt"; die Frage der anlagenbedingten Üblichkeit einer Geruchsemission ist aber eine Frage der Agrartechnik (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 14. März 1991, Zl. 90/06/0030). Mangelhaft erscheint daneben das Gutachten auch deshalb, weil eingangs - wie erwähnt - die Aussage enthalten ist, daß sich aus einem Einreichplan heraus grundsätzlich kaum beurteilen läßt, ob die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 der TBV erfüllt sind; dann aber stellt der Gutachter doch gerade darauf ab und kommt zum Schluß, daß bei ordnungsgemäßer Ausführung der vorliegenden Pläne keine unzumutbaren und für solche Anlagen unübliche Emissionen zu erwarten seien.

Es kann daher keinesfalls davon ausgegangen werden, daß den rechtlichen Erfordernissen gerecht werdende Gutachten vorliegen. Der angefochtene Bescheid erweist sich aus dieser Sicht deshalb als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt durch Einholung entsprechender Gutachten einer Ergänzung bedarf.

2. Der Beschwerdeführer wendet sich weiters gegen die Auffassung der Behörde, wonach der Einwand, es handle sich um eine industrielle Rinderhaltung, die nicht zulässig sei, ins Leere ginge, da der Amtssachverständige des Amtes der Landesregierung festgestellt habe, daß mit der vorhandenen Futterfläche der vorgesehene Viehbestand ausreichend versorgt werden könne; es sei darauf zu verweisen, daß für den gegenständlichen Rinderstall jährlich etwa 36.000 kg Heu und 20.000 kg Kraftfutter zugekauft würden, "womit durch einfache Beobachtungen an Ort und Stelle das diesbezügliche Amtssachverständigengutachten widerlegt ist."

Damit ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Aus der einfachen Beobachtung eines faktischen Zustandes kann die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides deshalb nicht abgeleitet werden, weil es auf den rechtlichen, und nicht auf den faktischen Zustand ankommt (vgl. dazu Hauer, Tiroler Baurecht, 2. Auflage, S. 198, und die dort unter Pkt. 29 zitierte hg. Judikatur). Zwar enthält auch das Gutachten vom 7. August 1991 zu dieser Frage lediglich folgende Feststellung:

"Zu dem in Pkt. 6 der Vorstellung vom 30. November 1990 erhobenen Einwand wird vom zuständigen Amtssachverständigen festgestellt, daß mit der vorhandenen Futterfläche der vorgesehene Viehstand ausreichend versorgt ist und von industrieller Rinderhaltung daher keinesfalls die Rede sein kann."

Diese Aussage stützt sich offenbar auf die Stellungnahme vom 12. März 1990, die vom selben Sachverständigen im Zusammenhang mit § 15 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, LGBl. Nr. 4/1984, in der (für den Beschwerdefall maßgeblichen) Fassung der Novelle LGBl. Nr. 38/1984 erarbeitet worden ist; darin wird unter Offenlegung der tatsächlichen Verhältnisse die Auffassung vertreten, daß die Futtergrundlage für durchwegs "30 Stück Großvieh, davon 10 Kühe,

4 Haflinger-Pferde, 15 Schafe und 2 Mastschweine" ausreicht. Damit übereinstimmend wird im Befund des Gutachtens vom 29. Mai 1990 davon ausgegangen, daß nach den Projektsunterlagen im "neuen Rinderstall 36 Stück Großvieh, davon 12 Kühe, 2 Pferde und 22 Schafe untergebracht (werden)". Dem ist der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Die Annahme der belangten Behörde, es handle sich um keine industrielle Rinderhaltung, stößt demnach auf keine Bedenken. Der Rinderstall ist daher gemäß § 15 Abs. 3 Tiroler Raumordnungsgesetz 1984 zulässig, ist doch - was der Beschwerdeführer offenbar vor Augen hat - gemäß § 15 Abs. 5 leg. cit. eine Sonderflächenwidmung lediglich für die "Errichtung von Gebäuden für landwirtschaftliche Intensivtierhaltung" erforderlich.

3. Schließlich verweist der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Auflage, den Zufahrtsweg um 20 cm aufzuschütten bzw. im Zusammenhang mit der Entwässerungsmulde darauf, daß schon während des gesamten baurechtlichen Verfahrens immer wieder von ihm auf den Widerspruch der wasserbautechnischen Gutachten hingewiesen worden sei. Der zuständige Amtssachverständige habe sich in seiner Stellungnahme vom 15. November 1988 anläßlich einer beantragten Änderung des Flächenwidmungsplanes hinsichtlich derselben Grundparzelle 1536, auf welcher nunmehr der Rinderstall errichtet worden sei, gegen eine Umwidmung und gegen jegliche Verbauung aus 4 Gründen ausgesprochen:

"1. Erhaltung des Retentionsraumes

2.

Geschiebeablagerung und Wasserrückstau

3.

Vermeidung einer verstärkten Erosion

4.

Vermeidung der Beeinträchtigung des natürlichen Wasserabflusses."

Damit ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat, erwachsen Nachbarn aus Vorschriften über die Sicherstellung der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung keine Nachbarrechte. Solche Nachbarrechte bestehen ausnahmsweise nur dann, wenn eine Gesetzesstelle die unschädliche und belästigungsfreie Art der Ableitung anordnet (vgl. dazu Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 3. Auflage, Seite 230, und die dort unter 7. zitierte hg. Judikatur). Eine solche Regelung enthält - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu Recht ausgeführt hat - die Tiroler Bauordnung nicht (vgl. dazu Hauer, Tiroler Baurecht, 2. Auflage, S. 171, Anmerkung 5 zu § 30). In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 7. November 1991, Zl. 91/06/0187, zur Tiroler Bauordnung festgestellt, daß kein subjektiv-öffentliches Recht darauf besteht, daß bei baulichen Maßnahmen auf Nachbargrundstücken darauf zu achten wäre, daß die im Katastrophenfall für das Grundstück des Beschwerdeführers zu erwartenden Materialablagerungen keine quantitativen Veränderungen erfahren (vgl. in diesem Sinn auch das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1992, Zl. 91/06/0239, AW 91/06/0072).

Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß auf diesen Zusammenhang wegen der bindenden Wirkung des in Rechtskraft erwachsenen Bescheides der belangten Behörde vom 19. November 1990 im verwaltungsgerichtlichen Verfahren selbst dann nicht mehr eingegangen werden dürfte, wenn ein subjektiv-öffentliches Recht des Beschwerdeführers zu bejahen wäre, ist doch diese Frage durch die nichtbekämpfte Entscheidung der belangten Behörde vom 19. November 1990 abschließend und umfassend beantwortet worden (siehe dazu oben

I. 1.5.2. bzw. zur bindenden Wirkung von Bescheiden der Vorstellungsbehörde Hauer, Tiroler Baurecht, 2. Auflage,

S. 275, und die dort dargestellte hg. Judikatur).

4. Der angefochtene Bescheid war demnach aus den unter

1. dargestellten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Stempelaufwand für nicht erforderliche Beilagen zur Beschwerde.

Schlagworte

Beweismittel Sachverständigenbeweis Besonderes Fachgebiet Sachverständiger Besonderes Fachgebiet

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1991060231.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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