TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/31 94/16/0141

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Veröffentlicht am 31.05.1995
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Index

21/01 Handelsrecht;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/06 Verkehrsteuern;
32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;
33 Bewertungsrecht;

Norm

BAO §186 Abs3;
BewG 1955 §1 Abs2;
GebG 1957 §15 Abs3;
GebG 1957 §26;
GebG 1957 §33 TP16 Abs1 Z1 litc;
GebG 1957 §33 TP16;
GrEStG 1987 §1 Abs3 Z1;
HGB §161;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des W in G, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 2. Februar 1994, Zl. 60.549-6/93, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem notariell bekräftigten "Gesellschafterbeschluß gemäß § 34 GmbHG und Abtretungsvertrag" vom 18. Mai 1990 traten die darin näher bezeichneten abtretenden Gesellschafter ihre Geschäftsanteile und Kommanditbeteiligungen an der Z-Beteiligungsgesellschaft m.b.H., der Z-Wärmeerzeugung, Gesellschaft m.b.H. & Co KG und der Z-KG Rahmen- und Leistenfabrik um den Abtretungspreis von insgesamt

S 1,000.000,-- an den die Vertragsannahme erklärenden Beschwerdeführer ab.

Mit dem nach § 200 Abs. 1 BAO ergangenen Bescheid vom 3. Dezember 1992 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck dem Beschwerdeführer ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 8,701.000,-- die Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebG in der Höhe von S 174.020,-- vorläufig vor. In der Begründung heißt es, der Einheitswert der Z-GesmbH & Co KG habe zum 1. Jänner 1989 S 8,701.000,-- betragen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, der Einheitswert zum 1. Jänner 1991, dem die Bilanz der Kommanditgesellschaft zum 31. Jänner 1990 zugrungeliege, weise ein Minuskapital von S 3,089.694,-- aus. Er beantrage daher die Aufhebung des Bescheides.

Mit Bescheid vom 26. Mai 1993 wurde der Bescheid vom 3. Dezember 1992 gemäß § 200 Abs. 2 BAO für endgültig erklärt und mit Berufungsvorentscheidung vom 26. Mai 1993 die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

In dem dagegen eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz machte der Beschwerdeführer geltend, bei der in Rede stehenden KG sei eine Betriebsprüfung durchgeführt worden, die zur einer Wiederaufnahme des Verfahrens für die Jahre bis 1991 geführt habe. Unter anderem würden die Einheitswerte neu festgelegt. Der Bericht hiezu und die wiederaufgenommenen Bescheide seien jedoch noch nicht ergangen. Nach Einlangen derselben würde das entsprechende Beweismittel nachgereicht.

Mit einem weiteren Schreiben vom 27. Juli 1993 legte der Beschwerdeführer einen Auszug aus dem Betriebsprüfungsbericht vom 12. Februar 1993 vor, aus dem sich der Einheitswert zum 1. Jänner 1991 in der Höhe von S 1,025.000,-- ergebe. Grundlage des Einheitswertbescheides sei die vor dem Stichtag zum 31. Jänner 1990 erstellte Bilanz. Dieses Datum sei auch der "Übergangstag" und der Bemessung der Gebühr zu unterstellen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 20. Juni 1990, B 629/94-4, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten insofern verletzt, als Rechtsgeschäfte, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fielen, entgegen der Bestimmung des § 15 Abs. 3 GebG nicht von der Gebührenpflicht ausgenommen worden seien und nicht der zum Abschlußzeitpunkt 31. Jänner 1990 ermittelte Einheitswert herangezogen worden sei. Der Beschwerdeführer macht sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, mit der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 33 TP 16 Z. 1 lit. c GebG in der maßgebenden Fassung vor BGBl. Nr. 629/1994 lautet:

"(1) Gesellschaftsverträge, ausgenommen solche über Kapitalgesellschaften im Sinne des Kapitalverkehrsteuergesetzes, wodurch sich zwei oder mehrere Personen zur Verfolgung eines Erwerbszweckes verbinden,

1 ....

c) bei Überlassung eines Geschäftsanteiles von einem Gesellschafter an einen anderen Gesellschafter oder einen Dritten vom Entgelte, mindestens aber vom Werte des Gesellschaftsanteiles ... 2 v.H.,"

Im Beschwerdefall hat das Entgelt für die Übertragung sämtlicher Geschäftsanteile und Kommanditbeteiligungen der bereits angeführten Gesellschaften insgesamt S 1,000.000,-- betragen. Gegenstand der Abgabenvorschreibung ist die Überlassung der Kommanditbeteiligungen an der

"Z-GesmbH & Co KG", deren Einheitswert zum 1. Jänner 1989 mit S 8,701.000,-- festgestellt wurde. Diese Gesellschaft bilanzierte mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr und schloß mit 31. Jänner 1990 das vorangegangene Wirtschaftsjahr. Aus diesem Grunde vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, daß der dabei ermittelte und zum Stichtag 1. Jänner 1991 mit Bescheid wertfortgeschriebene Einheitswert des Betriebsvermögens in der Höhe von S 1,025.000,-- für die Gebührenvorschreibung der am 18. Mai 1990 erfolgten Überlassung der Gesellschaftsanteile maßgebend sei.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß dann, wenn das Entgelt hinter dem Wert des Geschäftsanteils zurückbleibt, die Gebühr vom Wert des Gesellschaftsanteils zu berechnen ist. Als Wert des Gesellschaftsanteiles ist gemäß § 26 GebG i.V.m. § 1 Abs. 2 BewG der anteilige, zum vorhergehenden 1. Jänner festgestellte bzw. fortgeschriebene Einheitswert des Betriebsvermögens ohne Berücksichtigung des Umstandes anzusetzen, daß darin auch Anteile des Einheitswertes für Betriebsgrundstücke enthalten sind, weil im Falle der Überlassung eines Gesellschaftsanteiles nach § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebG ein solcher Anteil als unteilbares Ganzes, also als "komplexes Recht" übertragen wird (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, 2. Teil, § 33 TP 16 GebG, Seite 66/6W). Da als Wert eines solchen Gesellschaftsanteiles gemäß § 26 GebG i.V.m. § 1 Abs. 2 BewG der im Verfahren über die Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens der Gesellschaft gemäß § 186 Abs. 3 BAO bestimmte anteilige Wert anzusetzen ist, kann auf Änderungen im Betriebsvermögen der Gesellschaft, die zwischen dem Zeitpunkt, auf den der Einheitswert festgestellt wurde, und dem Zeitpunkt der Anteilsübertragung eingetreten sind, nicht Rücksicht genommen werden (vgl. Erkenntnis vom 29. Jänner 1990, Zl. 87/15/0137, und vom 30. Mai 1994, Zl. 93/16/0066).

Im Zeitpunkt der Anteilsübertragung - im Punkt VI des bereits genannten Gesellschafterbeschlusses gemäß § 34 GmbHG und Abtretungsvertrages wurde als Tag des Übergangs aller mit den Geschäfts- und Kommmanditanteilen verbundenen Rechte und Verbindlichkeiten auf den Übernehmer der Tag der Unterfertigung des Notariatsaktes vereinbart (dies erfolgte am 18. Mai 1990) - war der diesem Zeitpunkt vorangehende zum 1. Jänner 1989 festgestellte Einheitswert maßgebend. Ein anderer Einheitswert war für diesen Zeitpunkt nicht festgestellt. Mag auch der auf den Abschluß des Wirtschaftsjahres zum 31. Jänner 1990 und somit noch vor Überlassung der Kommanditbeteiligungen bereits ermittelte Wert der Einheitswertfeststellung zum 1. Jänner 1991 zugrunde gelegen haben, entscheidend nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war aber der im Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches bescheidmäßig nach § 186 Abs. 3 BAO festgestellte, anteilige Einheitswert. Die belangte Behörde ist bei der Heranziehung der maßgebenden Bemessungsgrundlage danach mit Recht vom festgestellten Einheitswert zum 1. Jänner 1989 ausgegangen. Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß der Verfassungsgerichtshof mit dem bereits genannten Beschluß vom 20. Juni 1994 die zunächst vor ihm erhobene Beschwerde unter anderem mit der Begründung ablehnte, daß er dem Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes angesichts der Zulässigkeit des Abstellens auf den Zeitpunkt der Feststellung des Einheitswertes (VfSlg. 6231/1970), auch wenn dieser an früheren Stichtagen orientiert sei, keine ausreichende Aussicht auf Erfolg beimaß.

Die belangte Behörde hat bei der Gebührenfestsetzung den gesamten Einheitswert der "Z-GesmbH & Co KG" zum 1. Jänner 1989 als Bemessungsgrundlage herangezogen. Dabei hat sie allerdings übersehen, daß dem Beschwerdeführer zwar sowohl die Kommanditanteile der KG als auch die Geschäftsanteile der (Komplementär)GmbH der in Rede stehenden GesmbH & Co KG überlassen bzw. abgetreten wurden. Die Gesellschaft war daher nach der Überlassung aller Anteile eine sogenannte Einmann-GmbH & Co KG (vgl. hiezu Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts4, Seite 132). Gegenstand der Gebührenvorschreibung nach § 33 TP 16 GebG konnte aber nur die Überlassung der Kommanditanteile sein und nicht auch die Abtretung der GmbH-Geschäftsanteile, weil Gesellschaftsverträge über Kapitalgesellschaften in Sinne des Kapitalverkehrsteuergesetzes ausdrücklich von der TP 16 des § 33 GebG ausgenommen sind. Demnach konnte der die GmbH als Komplementär der KG betreffende Anteil des Einheitswertes nicht Teil der Bemessungsgrundlage für diese Gebührenvorschreibung nach § 33 TP 16 GebG sein. Da aber der gesamte Einheitswert GmbH & Co KG die Bemessungsgrundlage der Abgabenvorschreibung bildete, belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der in der Beschwerde erstmals erhobene weitere Einwand, der festgestellte Einheitswert setze sich auch aus dem Wert von inländischen Grundstücken zusammen und gemäß § 15 Abs. 3 GebG seien Rechtsgeschäfte, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fielen, von der Gebührenpflicht ausgenommen, erweist sich jedoch als nicht berechtigt.

Gemäß § 15 Abs. 3 GebG sind Rechtsgeschäfte, die unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Grunderwerbsteuergesetz, Kapitalverkehrsteuergesetz (I. Teil Gesellschaftsteuer und II. Teil Wertpapiersteuer), Versicherungsteuergesetz oder Beförderungsteuergesetz fallen, von der Gebührenpflicht ausgenommen.

Die Betriebsgrundstücke befanden sich vor der Übertragung bzw. Überlassung aller Anteile der GesmbH & Co KG im Gesamthandeigentum der GesmbH und der Kommandisten dieser Gesellschaft (vgl. zur Gesamthandeigenschaft Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht 2, Seite 191) und auch danach im Gesamthandeigentum der als Rechtssubjekt unverändert gebliebenen GmbH - nur die Geschäftsanteile wurden dem Beschwerdeführer übertragen - und dem nunmehrigen Beschwerdeführer als einzigen Kommanditisten. Damit ist aber die Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Grunderwerbsteuergesetz mangels Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen nicht gegeben (vgl. hiezu auch das zu § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG ergangene Erkenntnis vom 27. Juni 1985, Zl. 84/16/0194). Es liegt somit kein Rechtsgeschäft vor, das unter das Grunderwerbsteuergesetz fällt, sodaß die Ausnahme von der Gebührenpflicht nach § 15 Abs. 3 GebG nicht besteht.

Der angefochtene Bescheid war aber aus dem oben angeführten Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG ohne Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung (§ 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, ist mit der Entscheidung in der Hauptsache gegenstandslos geworden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994160141.X00

Im RIS seit

14.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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