TE Vwgh Erkenntnis 1995/6/27 92/07/0208

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Veröffentlicht am 27.06.1995
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Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;
93 Eisenbahn;

Norm

EisenbahnG 1957 §34 Abs1;
WRG 1959 §127 Abs1 lita;
WRG 1959 §127 Abs1 litb;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §32 Abs2 lita;
WRG 1959 §32 Abs5;
WRG 1959 §99 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der Österreichischen Bundesbahnen in Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien I, Singerstraße 17 - 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 18. Oktober 1992, Zl. 510.062/04-I 5/92, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin im Instanzenzug dazu verpflichtet, auf einem bestimmt bezeichneten Grundstück nördlich eines näher bezeichneten Stationsgebäudes binnen gesetzter Frist die Überlaufleitung von der Faulgrube zum B.-Weg - Kanal auf eine Länge von 1 m, gemessen ab Grubenaußenwand, zu beseitigen und die verbleibende Ablauföffnung wasserdicht zu verschließen.

Begründend verwies die belangte Behörde auf die Gutachten der Amtssachverständigen beider Instanzen, wonach die vorgefundene Abwasserentsorgung der Beschwerdeführerin durch Einleitung bloß mechanisch gereinigter Abwässer aus dem Stationsgebäude in den B.-Weg - Kanal und in weiterer Folge in den F.-Bach nachteilige Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer nicht bloß geringfügiger Art erwarten lasse und behördlich durchgeführte Messungen im Vorfluter bereits starke Überschreitungen der Emissions- und Immissionsrichtwerte gezeigt hätten. Der Beschwerdeführerin sei es auch im Berufungsverfahren nicht gelungen, die Gutachten der Amtssachverständigen über die vom Überlauf aus der mechanischen Kläranlage eintretenden Beeinträchtigungen des F.-Baches zu entkräften. Es könne sich die Beschwerdeführerin entgegen ihrer Behauptung für die von ihr vorgenommene Art der Abwasserentsorgung auch auf keine wasserrechtliche Bewilligung stützen. Der von der Beschwerdeführerin beigebrachte eisenbahnbehördliche Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten (LH) vom 10. Juli 1962 enthalte lediglich die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung unter anderem für die Kläranlagen und Sickerschächte der betroffenen Halte- und Ladestelle, ohne daß diesem Bescheid entnommen werden könnte, daß der für dieses eisenbahnrechtliche Verfahren vom Bundesminister für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft delegierte LH für das Vorhaben eine wasserrechtliche Genehmigung gemäß § 127 Abs. 1 lit. a WRG 1959 erteilt hätte. Die eisenbahnbehördliche Baugenehmigung könne die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nicht ersetzen. Eine rechtmäßig bestehende Abwassereinleitung liege auch im Sinne des § 32 Abs. 4 WRG 1959 nicht vor. Dazu fehle es schon am Vorhandensein einer wasserrechtlich aufrecht bewilligten Kanalisationsanlage.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides geltend gemacht und dessen Aufhebung beantragt; die Beschwerdeführerin erklärt sich ihrem gesamten Vorbringen nach durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht darauf als verletzt, nicht trotz Vorliegens einer wasserrechtlich genehmigten Abwasserentsorgungsanlage zu deren Beseitigung verhalten zu werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

Unter einer eigenmächtigen Neuerung im Sinne des § 138 WRG 1959 ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung - sofern sie einer solchen überhaupt zugänglich sind - erforderlich gewesen wäre, aber nicht erwirkt worden ist (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 24. September 1991, Slg. N.F. Nr. 13.492/A).

Die Beschwerdeführerin bestreitet vor dem Verwaltungsgerichtshof nur mehr das von der belangten Behörde festgestellte Fehlen einer wasserrechtlichen Bewilligung der vorgefundenen Abwasserentsorgung. Sie verweist dazu auf den im angefochtenen Bescheid erwähnten Bescheid des LH vom 10. Juli 1962 und vertritt den Standpunkt, daß der LH Eisenbahnbehörde und Wasserrechtsbehörde zugleich gewesen sei und damit auch das Wasserrechtsgesetz anzuwenden gehabt habe. Mit der im Bescheid vom 10. Juli 1962 erteilten Genehmigung habe der LH "offenkundig erklärt, daß alle gesetzlichen Voraussetzungen und Erfordernisse erfüllt seien". Für die antragstellende Beschwerdeführerin habe es nur den LH als Behörde gegeben, die innere Referatsaufteilung dieser Behörde sei für die Beschwerdeführerin nicht maßgeblich gewesen. Ordne § 32 Abs. 7 WRG 1959 an, daß Genehmigungen oder Bewilligungen nach anderen Rechtsvorschriften nicht von der Verpflichtung befreien, die nach dem Wasserrechtsgesetz zur Reinhaltung erforderlichen Vorkehrungen und die von der Wasserrechtsbehörde vorgeschriebenen Maßnahmen durchzuführen, dann sei für den Rechtsstandpunkt der belangten Behörde daraus im Beschwerdefall nichts zu gewinnen, weil im vorliegenden Fall von der "Identität der erkennenden Behörde" auszugehen sei. Nach dem Inhalt des Bescheides des LH vom 10. Juli 1962 sei dem seinerzeitigen Verfahren auch ein wasserbautechnischer Sachverständiger beigezogen worden, welcher eine wasserrechtliche Stellungnahme abzugeben gehabt habe; der LH habe auf Grund der Ergebnisse der seinem Bescheid vorangegangenen mündlichen Verhandlung bescheidmäßig über das Projekt der Beschwerdeführerin abgesprochen und in seinem Bescheid ausdrücklich angeordnet, daß alle Forderungen der Behördenvertreter, also auch die des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik, restlos zu erfüllen seien. Alle vorgeschriebenen Maßnahmen und damit auch die wasserrechtsbehördlichen Auflagen seien von der Beschwerdeführerin durchgeführt worden. Der Vorschrift des § 32 Abs. 7 WRG 1959 sei damit Genüge getan. Es liege damit eine rechtsgültige Behördenentscheidung auch in wasserrechtlicher Hinsicht vor, was dem nunmehr ergangenen wasserpolizeilichen Auftrag die Rechtsgrundlage entziehe.

Der von der Beschwerdeführerin vorgetragene Standpunkt ist nicht zu teilen.

Gemäß § 127 Abs. 1 WRG 1959 gelten in Ansehung des Verfahrens und der Zuständigkeit für Eisenbahnbauten und Bauten auf Bahngrund, die nach den eisenbahnrechtlichen Vorschriften einer eisenbahnbaubehördlichen Bewilligung bedürfen und durch die öffentliche Gewässer oder obertägige Privatgewässer berührt werden, nachstehende Grundsätze:

a)

sind diese Bauten mit einer Wasserentnahme aus einem derartigen Gewässer oder mit einer Einleitung in ein solches verbunden oder bezwecken sie die Ausnutzung der motorischen Kraft des Wassers, so bedürfen sie im vollen Umfange der Wasserbenutzung einer besonderen wasserrechtlichen Bewilligung nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes;

b)

in allen übrigen Fällen sind in eisenbahnrechtlichen Bauverfahren auch die materiellrechtlichen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden. Zu diesem Zweck ist dem eisenbahnbehördlichen Ermittlungsverfahren (der politischen Begehung) ein Vertreter der Wasserrechtsbehörde als Kommissionsmitglied beizuziehen. Findet sich die Eisenbahnbehörde nicht in der Lage, der Stellungnahme dieses Kommissionsmitgliedes Rechnung zu tragen, so hat sie bei der Entscheidung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vorzugehen.

Zutreffend hat die belangte Behörde erkannt, daß die vorgefundene Abwasserentsorgung - was auch die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr bestreitet - nach § 32 Abs. 2 lit. a WRG 1959 bewilligungspflichtig war und auf diese Abwasserentsorgung deshalb nicht die Grundsätze des § 127 Abs. 1 lit. b WRG 1959, sondern jene des § 127 Abs. 1 lit. a leg. cit. Anwendung fanden. Aus der seinerzeitigen Beiziehung auch eines Amtssachverständigen für Wasserbautechnik zum eisenbahnbaubehördlichen Verfahren war mangels Anwendbarkeit der Bestimmung des § 127 Abs. 1 lit. b WRG 1959 auf die betroffene Abwasserentsorgung für die Beschwerdeführerin demnach nichts gewonnen. Sie bedurfte für ihre Abwasserentsorgungsanlage vielmehr neben der eisenbahnbaubehördlichen Genehmigung kraft ausdrücklicher Anordnung des § 127 Abs. 1 lit. a WRG 1959 auch der gesonderten wasserrechtlichen Bewilligung. Eine solche aber enthielt der Bescheid des LH vom 10. Juli 1962 nicht. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Inhalt dieses Bescheides, der in seinem Spruch nur auf die gesetzlichen Bestimmungen des Eisenbahngesetzes 1957 Bezug nimmt und nur die nach diesem Gesetz erforderliche Bewilligung ausspricht; dies ergibt sich ferner auch daraus, daß der LH seine Zuständigkeit zur Bescheiderlassung im Bescheid vom 10. Juli 1962 ausdrücklich auf die ihm nach den Bestimmungen des Eisenbahngesetzes 1957 durch den zuständigen Bundesminister erteilte Ermächtigung zur Bescheiderlassung gestützt hat. Der Bescheid des LH vom 10. Juli 1962 hat demnach über einen an den zuständigen Bundesminister gerichteten Bewilligungsantrag abgesprochen und war rechtlich auch diesem Bundesminister zuzurechnen. Ein kraft eigener Zuständigkeit nach § 99 Abs. 1 WRG 1959 getätigter Abspruch des LH über einen dem Inhalt dieses Bescheides nach gar nicht gestellten, besonderen wasserrechtlichen Bewilligungsantrag ist dem von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Bescheid des LH in keiner Weise zu entnehmen. Gemäß § 32 Abs. 5 WRG 1959 ist um die wasserrechtliche Bewilligung für Bauvorhaben, die nach anderen Vorschriften einer Genehmigung oder Bewilligung bedürfen, jedoch auch eine bewilligungspflichtige Einwirkung auf Gewässer mit sich bringen, spätestens zugleich mit dem Ansuchen um die nach den anderen Vorschriften einzuholende Genehmigung oder Bewilligung anzusuchen. Daß die Beschwerdeführerin dies getan hätte, behauptet sie nicht einmal. Ohne Vorliegen eines im Beschwerdefall gemäß § 127 Abs. 1 lit. a WRG 1959 in Verbindung mit § 32 Abs. 5 WRG 1959 erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligungsantrages fehlte es der Erlassung eines wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides schon an der verfahrensrechtlich unabdingbaren Voraussetzung eines darauf gerichteten Antrages. Die von der Beschwerdeführerin gewünschte Interpretation des Bescheides des LH vom 10. Juli 1962 in der von ihr aufgezeigten Richtung verbietet sich jenseits der Eindeutigkeit des Inhaltes dieses Bescheides und der Eindeutigkeit seiner Zuständigkeitsgrundlage damit auch unter diesem Gesichtspunkt.

Soweit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Frage der "Behördenidentität" und der "Unmaßgeblichkeit" der inneren Referatsaufteilung der Behörde "Landeshauptmann" die Behauptung mangelnder Erkennbarkeit des Fehlens der erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung entnommen werden soll, sei dazu bemerkt, daß die Rechtmäßigkeit eines nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ergangenen wasserpolizeilichen Auftrages nicht davon abhängt, ob den Adressaten dieses Auftrages am Erkennen der Konsenswidrigkeit des zur Beseitigung aufgetragenen Zustandes ein Verschulden trifft (vgl. hiezu die bei Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, RZ 6 zu § 138 WRG 1959, wiedergegebene hg. Judikatur).

Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1992070208.X00

Im RIS seit

12.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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