TE Vwgh Erkenntnis 1995/7/26 95/16/0066

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Veröffentlicht am 26.07.1995
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
20/02 Familienrecht;
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

ABGB §1233;
ABGB §1237;
ABGB §863;
ABGB §90;
ABGB §98;
EheG §81;
ErbStG §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. Dezember 1994, GZ GA 9-1156/21/94, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist die Witwe und Alleinerbin nach dem am 23. Juli 1985 verstorbenen Roland T. Im eidesstättigen Vermögensbekenntnis wurde unter den Aktiven eine Position "Schallplatten S 200.000,--" ausgewiesen. Nach Festsetzung der Erbschaftssteuer wurde dem Finanzamt bekannt, daß die Republik Österreich (Österreichische Nationalbibliothek) aus dem Nachlaß eine Schallplattensammlung um S 3,000.000,-- erworben hatte. Daraufhin wurde das Verfahren wieder aufgenommen und die Erbschaftssteuer unter Zugrundelegung eines Wertes der Schallplattensammlung von S 3,000.000,-- neu bemessen.

In der Berufung gegen den berichtigten Erbschaftssteuerbescheid wurde unter anderem vorgebracht, die Schallplattensammlung sei nur zu 25 % im Eigentum des Erblassers gestanden, während der Rest Eigentum der Beschwerdeführerin gewesen sei. Weiters wurden Einwendungen gegen die Wertermittlung erhoben.

Nach Erlassung einer Berufungsvorentscheidung wurde im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz unter anderem ausgeführt, der Erblasser habe die Sammlung nur durch Unterstützung seiner Ehegattin aufbauen können, wodurch ein Teil der Sammlung Eigentum der Beschwerdeführerin sei.

Während des Berufungsverfahrens wurden von den Abgabenbehörden verschiedene Erhebungen durchgeführt und dabei insbesondere in den Schriftverkehr Einsicht genommen, der schließlich zum Ankauf der Sammlung führte. Nach einem Bericht an das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung vom 22. Mai 1984 beabsichtigte der Erblasser damals selbst, seine Schallplattensammlung zu verkaufen. Der Erblasser sei damals mit dem Centre Pompidou in Verkaufsverhandlungen gestanden. Am 29. November 1984 wurde von Dipl.Ing. L. ein Gutachten über den Wert der Sammlung des Erblassers erstellt.

In einem Schreiben von Jean Marc T., dem Sohn des Erblassers und der Beschwerdeführerin, vom 19. März 1985, teilte dieser dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung mit, sein Vater habe ihn mit dem Verkauf seiner Sammlung beauftragt.

In einem Bericht der Österreichischen Phonothek an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung vom 23. Mai 1985 wurde unter anderem ausgeführt, die Sammlung betrage ca. 50.000 Schallplatten. Man dürfe davon ausgehen, daß niemand, einschließlich des Erblassers, die genaue Stückzahl kenne.

Weiterer Schriftverkehr des Jahres 1986, der den Kaufabschluß zur Folge hatte, wurde zwischen dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung und Jean Marc T. geführt.

In den Akten erliegt eine "eidesstättige Erklärung" des Jean Marc T. vom 18. November 1986, worin dieser erklärte, daß die Schallplattensammlung seines verstorbenen Vaters schon zu dessen Lebzeiten Teil dessen Privatvermögens und nicht des "Firmenvermögens" gewesen sei. Seine Mutter (die Beschwerdeführerin) sei als Universalerbin Eigentümerin des Gesamtnachlasses inklusive der Schallplattensammlung, die im Nachlaßakt jedoch nicht aufscheine, da seinerzeit auf die Errichtung eines Inventars verzichtet worden sei.

Mit Schreiben vom 15. Jänner 1990 legte der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin die unbeglaubigte Kopie eines mit 4. April 1984 datierten Schreibens des Erblassers an seinen Sohn Jean Marc T. folgenden Inhalts vor:

"Du weißt, wie sehr ich mein ganzes Leben der Musik und der Schallplatte gewidmet habe und Du weißt auch, daß es mein großer Wunsch war, die Sammlung als Ganzes zu erhalten.

Um die Sammlung zu dem zu machen, was sie heute ist, verdanke ich zum Großteil Deiner Mutter, die mich sowohl in finanzieller als auch tatkräftiger Hilfe unterstützte. So ist es verständlich, daß ein Teil der Sammlung Eigentum Deiner Mutter ist.

Meine letzte Bitte an Dich in diesem Brief wäre folgende:

Sollte mir etwas zustoßen, verzichte bitte zugunsten Deiner Mutter auf Deinen Teil und füge diesen ihrem Teil zu. So bliebe die Sammlung als Ganzes erhalten."

Mit Bescheid vom 11. Februar 1993 gab die belangte Behörde der Berufung insoferne teilweise statt, als sie den gemeinen Wert der Schallplattensammlung mit S 1,000.000,-- schätzte. In der Folge wurde dieser Bescheid vom Bundesministerium für Finanzen mit Bescheid vom 17. Jänner 1994, GZ T 1217/1/1-IV/11/93, in Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 299 Abs. 2 BAO aufgehoben. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24. März 1994, Zl. 94/16/0032, als unbegründet abgewiesen.

In einem die Berufung ergänzenden Schriftsatz vom 30. Juni 1994 wurde vom Vertreter der Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 94 ABGB die Meinung vertreten, die Beschwerdeführerin sei bereits auf Grund dieser gesetzlichen Bestimmungen während der mehr als 30 Jahre währenden Ehe zur Hälfte Miteigentümerin der gegenständlichen Sammlung geworden, ohne daß es "irgendeines Gestaltungsaktes - welcher Art auch immer - zwischen den Ehegatten bedurft hätte. Bei der Schallplattensammlung handle es sich um eine Wertanlage, also um eheliches Gebrauchsvermögen i.S. des § 81 Abs. 2 EheG, welches je zur Hälfte während der Ehe durch die Ehegatten erworben worden sei. Deshalb müsse die Beschwerdeführerin als Hälfteeigentümerin der Schallplattensammlung angesehen werden.

Weiters wurden mehrere Zeugen vom Vertreter der Beschwerdeführerin geltend gemacht. So sagte Jürgen S. vor der belangten Behörde am 15. November 1994 als Zeuge aus, er habe den Erblasser seit Kindheit an gekannt. Er sei Schallplattenhändler geworden, weil er in erster Linie Sammler gewesen sei. Er sei zu der Sammlung günstig gekommen, weil er zum Teil wenig für die Anschaffung der Schallplatten zahlte. Ob die Beschwerdeführerin Miteigentümerin gewesen sei, könne er nicht sagen. Die Kundengespräche habe der Erblasser geführt, weil die Beschwerdeführerin kaum des Deutschen mächtig sei.

Herwig K. gab als Zeuge am 15. November 1994 an, der Erblasser habe ihm gegenüber die Situation so dargestellt, daß das Vermögen von seiner Frau gekommen sei, er aber der Fachmann sei. Er habe zum Ausdruck gebracht, daß die Beschwerdeführerin mitbeteiligt sei. Der Zeuge könne nicht sagen, ob die Beschwerdeführerin irgendwo als Sammlerin aufgetreten sei.

Friedrich F. gab am 15. November 1994 als Zeuge an, daß der Erblasser ein großer Kenner gewesen sei und die Impulse zur Sammlung von ihm ausgegangen seien. Die Beschwerdeführerin habe sich ebenfalls gut ausgekannt und die Anlegung der Sammlung unterstützt.

In einer Eingabe des Beschwerdevertreters vom 7. Dezember 1994 wurde sodann die Auffassung vertreten, die Sammlung sei "im gemeinsamen Eigentum" der Ehegatten T. gestanden, sodaß die Erbschaftssteuer von der Hälfte der Sammlung bemessen werden könne.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 23. Dezember 1994 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde ging dabei davon aus, daß der gesetzliche Güterstand jener der Gütertrennung sei. Bei der im Beschwerdefall durch den Tod des Ehegatten erfolgten Auflösung der Ehe sei es nicht darauf angekommen, ob die Schallplattensammlung eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse gewesen seien. Weder aus dem Akt des Wissenschaftsministeriums noch aus dem Verlassenschaftsakt sei ersichtlich, daß die Beschwerdeführerin Miteigentümerin der Plattensammlung gewesen sei. Der Erblasser habe bereits zu Lebzeiten - ohne Hinweise, daß die Beschwerdeführerin Miteigentümerin sei - mit Verkaufsverhandlungen begonnen. Er sei als Alleineigentümer aufgetreten. Die Zeugenaussagen und das Schreiben des Erblassers an seinen Sohn vom 4. April 1984 seien so zu verstehen, daß durch die Mitwirkung der Beschwerdeführerin dem Erblasser die Möglichkeit geboten worden war, die Schallplattensammlung auszubauen und aus den Erträgnissen die Sammlung anzuschaffen. Der Brief sei als Ausdruck einer letztwilligen Verfügung zu sehen, die Sammlung als Ganzes zu erhalten.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Nach dem Inhalt der Beschwerdeschrift erachtet sich die Beschwerdeführerin dadurch in ihren Rechten verletzt, daß die belangte Behörde den Wert der gesamten Schallplattensammlung und nicht der Hälfte der Sammlung der Erbschaftssteuer unterzogen hat.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, sie sei beim Tod des Erblassers Miteigentümerin der in Rede stehenden Schallplattensammlung gewesen. Wenn sie dabei der belangten Behörde vorwirft, diese sei zu Unrecht der Meinung, es gebe einen vom "ehegüterrechtlichen Eigentumsbegriff" unterschiedlichen "erbrechtlichen Eigentumsbegriff", so verkennt sie die Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Zu Recht hat die belangte Behörde vielmehr darauf hingewiesen, daß die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Regelungen der §§ 81 ff EheG von der Frage, in wessen Eigentum die Güter jedes Ehegatten stehen, zu unterscheiden sind. Die Aufteilungsregeln für den Fall der Endigung der Ehe (allein) durch Scheidung, Auflösung oder Nichtigerklärung ändern nichts an dem gesetzlichen System der Gütertrennung während aufrechter Ehe und den erbrechtlichen Bestimmungen für den Fall einer Auflösung der Ehe durch den Tod eines Ehegatten. So kam es auch auf die von der belangten Behörde nicht weiter erörterten Frage, ob die Schallplatten zu dem vom erblasserischen Sohn fortgeführten Unternehmen des Erblassers gehörten, an. Daß die Beschwerdeführerin mit dem Erblasser im gesetzlichen Güterstand der Gütertrennung gelebt hat, konnte die belangte Behörde auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes annehmen. Die Beschwerdeführerin hat dem auch in der Beschwerdeschrift nicht widersprochen.

Erstmals in der Beschwerde wird vorgebracht, daß (zwischen Ehegatten) formfrei die Begründung einer Erwerbsgesellschaft zulässig sei, "wobei diesbezüglich von einem Hälfteeigentum an den erworbenen Gegenständen durch die Ehepartner" auszugehen sei. Tatsachenbehauptungen, etwa daß zwischen den Ehegatten tatsächlich eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit einer gemeinsamen Zweckbestimmung der Anlegung einer Schallplattensammlung bestanden hat, werden auch in der Beschwerdeschrift nicht aufgestellt. Wie auch immer dieses Vorbringen zu verstehen ist, übersieht die Beschwerdeführerin aber insbesondere, daß es zum Erwerb des behaupteten Miteigentums durch die Beschwerdeführerin zweifellos eines schuldrechtlichen Titels bedurfte. (Eine Mitwirkung im Erwerb im Sinne der §§ 90 Satz 2 bzw. 98 ABGB wurde im Verfahren nicht behauptet). Für die steuerliche Wirksamkeit solcher schuldrechtlicher Verträge ist es aber jedenfalls erforderlich, daß die Vereinbarungen nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, weil sonst steuerliche Folgen willkürlich herbeigeführt werden könnten, und eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben. An diesen Voraussetzungen fehlt es aber im Beschwerdefall: So konnte auch in der Beschwerdeschrift nicht dargestellt werden, auf Grund welcher tatsächlichen Vereinbarungen zwischen den Ehegatten Miteigentum an den Sammlungsgegenständen begründet worden sein sollte. Das behauptete Miteigentum der Beschwerdeführerin ist nach außen in keiner Weise in Erscheinung getreten. Vielmehr ist in allen Schriftsätzen mit dem Wissenschaftsministerium ausschließlich von einer Sammlung des Erblassers die Rede, wobei mehrere der diesbezüglichen Schriftsätze noch zu Lebzeiten des Letzteren verfaßt worden waren. Auch der Sohn des Beschwerdeführers sprach in seiner eidesstättigen Erklärung vom 18. November 1986 - mit der offensichtlich der Besteuerung eines Veräußerungsgewinnes entgegengetreten werden sollte - ausdrücklich davon, daß die Sammlung Privatvermögen des Erblassers gewesen sei. Die Aussagen der drei von der Beschwerdeführerin beantragten Zeugen lassen nicht erkennen, daß die Unterstützung des Beschwerdeführers durch seine Ehegattin über eine Beistandsleistung im Sinne des § 90 Satz

1 ABGB hinausgegangen ist. Wenn somit die belangte Behörde auf Grund des Ergebnisses der aufgenommenen Beweise zu der Auffassung gelangte, die Sammlung sei im hier maßgeblichen Zeitpunkt im Alleineigentum des Erblassers gestanden, so entspricht diese Beweiswürdigung insbesondere den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut. Der angefochtene Bescheid ist damit auch nicht mit einem - vom Verwaltungsgerichtshof allenfalls im Falle seiner Wesentlichkeit von Amts wegen wahrzunehmenden - Verfahrensmangel behaftet.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995160066.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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