TE Lvwg Erkenntnis 2023/2/27 LVwG-2023/27/0062-2, LVwG-2023/27/0063-2

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Veröffentlicht am 27.02.2023
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Entscheidungsdatum

27.02.2023

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §18
  1. AVG § 18 heute
  2. AVG § 18 gültig ab 01.01.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  3. AVG § 18 gültig von 01.03.2004 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  4. AVG § 18 gültig von 01.01.2002 bis 29.02.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  5. AVG § 18 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  6. AVG § 18 gültig von 01.07.1995 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  7. AVG § 18 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Rosenkranz über die Beschwerden der Frau AA, Adresse 1, **** Z, gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Y vom 29.11.2022, ***, und vom 29.11.2022, ***, jeweils wegen Übertretungen des Schulpflichtgesetzes 1985,

zu Recht:

1.       Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Im Übrigen werden die angefochtenen Straferkenntnisse dahingehend präzisiert, dass es jeweils nach der Bezeichnung „Schulpflichtgesetz 1985“ zu lauten hat wie folgt:

BGBl Nr 76/1985 idF BGBl I Nr 96/2022“.

2.       Die Beschwerdeführerin hat gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten der Beschwerdeverfahren in Höhe von jeweils 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind jeweils Euro 30,00, sohin insgesamt Euro 60,00 zu leisten.

3.       Die ordentliche Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis zu *** (LVwG-2023/27/0062) wurde der Beschwerdeführerin nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

„1.      Datum/Zeit: 01.06.2022 -08.07.2022

Ort: **** X, Schulplatz 1, Mittelschule X

Sie haben es als Elternteil bzw. Erziehungsberechtigte des schulpflichtigen Kindes BB geb. am XX.XX.XXXX, in der Zeit vom 01.06.2022 bis 08.07.2022 unterlassen, für die Absolvierung der von der Bildungsdirektion Tirol angeordneten Jahresprüfung zu sorgen, obwohl schulpflichtige Kinder für die die Teilnahme an häuslichem Unterricht angezeigt wurde, den zureichenden Erfolg dieses Unterrichts jährlich vor Schulschluss durch eine Prüfung an einer in § 5 genannten entsprechenden Schule nachzuweisen haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 24 Abs. 1 und Abs. 4 iVm. § 11 Abs. 4 und § 13 Abs. 3 Schulpflichtgesetz 1985, BGBl. 76/1985 i.d.g.F.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Gemäß

                           Ersatzfreiheitsstrafe von                                                       

1. € 150,00          4 Tage(n) 18 Stunde(n)          § 24 Abs. 4 Schulpflichtgesetz

                                                                        1985 i.d.g.F.

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 15,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 165,00“

Mit dem Straferkenntnis zu *** (LVwG-2023/27/0063) wurde der Beschwerdeführerin nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

1.       Datum/Zeit: 01.06.2022 -08.07.2022

Ort: **** W, Schulstraße 23, Volksschule W

Sie haben es als Elternteil bzw. Erziehungsberechtigte des schulpflichtigen Kindes CC geb. am XX.XX.XXXX, in derzeit vom 01.06.2022 bis 08.07.2022 unterlassen, für die Absolvierung der von der Bildungsdirektion Tirol angeordneten Jahresprüfung zu sorgen, obwohl schulpflichtige Kinder für die die Teilnahme an häuslichem Unterricht angezeigt wurde, den zureichenden Erfolg dieses Unterrichts jährlich vor Schulschluss durch eine Prüfung an einer in § 5 genannten entsprechenden Schule nachzuweisen haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 24 Abs. 1 und Abs. 4 iVm. § 11 Abs. 4 und § 13 Abs. 3 Schulpflichtgesetz 1985, BGBl. 76/1985 i.d.g.F.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt

Geldstrafe von  falls diese uneinbringlich ist, Gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

1. € 150,00           4 Tage(n) 18Stunde(n)           § 24 Abs. 4 Schulpflichtgesetz

1985 Ld.g.F.

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 15,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 165.00“

Dagegen hat die Beschwerdeführerin inhaltsgleiche Beschwerden erhoben und darin ausgeführt wie folgt:

„Beiliegend übersende ich Ihnen folgende Widersprüche / Beschwerden

Geschäftszahl IM/209220048655undIM/209220048657 Ihre Strafverfügungen/Straferkenntnisse

sind NICHTIG!

ergangen an AA

Schmid, Silvia Maria (a.R.)

für

SCHMID, SILVIA MARIA „CF“

(so vertraglich versichert im Reisepass)“

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in die behördlichen Akten und in den Akt des Landesverwaltungsgerichts.

II.      Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist ein Elternteil bzw Erziehungsberechtigte des schulpflichtigen Kindes BB, geb am XX.XX.XXXX sowie des schulpflichtigen Kindes CC, geb am XX.XX.XXXX und hat es als solche in der Zeit vom 01.06.2022 bis zum 08.07.2022 unterlassen, für die Absolvierung der von der Bildungsdirektion Tirol angeordneten Jahresprüfung im Gebäude der Mittelschule X, Schulplatz 1, **** X, zu sorgen, obwohl schulpflichtige Kinder für die Teilnahme an häuslichem Unterricht angezeigt wurde, den zu erreichenden Erfolg dieses Unterrichts jährlich vor Schulschluss durch eine Prüfung an einer in § 5 Schulpflichtgesetz 1985 genannten entsprechenden Schule nachzuweisen haben.

Aufgrund dessen wurden von der belangten Behörde letztlich die nunmehr angefochtenen Straferkenntnisse erlassen.

Diese Straferkenntnisse wurden elektronisch vom Sachbearbeiter DD genehmigt und weisen jeweils eine Amtssignatur auf. Die elektronische Genehmigung erfolgte jeweils am 29.11.2022.

III.     Beweiswürdigung:

Die vorerwähnten Feststellungen konnten in unbedenklicher Weise aufgrund der behördlichen Akten getroffen werden. Die zur Last gelegten Übertretungen wurden von der Beschwerdeführerin nicht bestritten und gründen sich im Übrigen auf die Meldung über den Nichtantritt zur Externistenprüfung der minderjährigen Kinder BB, geb XX.XX.XXXX, und CC, geb XX.XX.XXXX, durch die Bildungsdirektion Tirol vom 10.08.2022, ***

Die Tatsache, dass die angefochtenen Straferkenntnisse vom Sachbearbeiter DD elektronisch genehmigt wurden, ergibt sich aus den behördlichen Akten. Ebenso ergibt sich, dass die Straferkenntnisse amtssigniert wurden, aus dem Akt.

IV.      Rechtslage:

Die wesentlichen Bestimmungen des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl Nr 76/1985 idF BGBl I Nr 96/2022, lauten:

Schulbesuch in den einzelnen Schuljahren

§ 5. (1) Die allgemeine Schulpflicht ist durch den Besuch von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen (einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen und der höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten) zu erfüllen.

(2) Schüler, die dem Pflichtsprengel einer Mittelschule angehören und den schulrechtlichen Aufnahmsbedingungen für diese Mittelschule genügen, können die allgemeine Schulpflicht im 5. bis 8. Schuljahr nicht durch den Besuch einer Volksschule erfüllen.

Besuch von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht und häuslicher Unterricht

§ 11. (1) Die allgemeine Schulpflicht kann – unbeschadet des § 12 – auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.

(…)

(4) Der zureichende Erfolg eines im Abs. 1 oder 2 genannten Unterrichtes ist jährlich zwischen dem 1. Juni und dem Ende des Unterrichtsjahres durch eine Prüfung an einer in § 5 genannten entsprechenden Schule nachzuweisen, soweit auch die Schülerinnen und Schüler dieser Schulen am Ende des Schuljahres beurteilt werden. Ergänzend dazu hat bei Teilnahme am häuslichen Unterricht gemäß Abs. 2, ein Reflexionsgespräch über den Leistungsstand bis spätestens zwei Wochen nach Ende der Semesterferien an jener Schule, die bei Untersagung des häuslichen Unterrichts zu besuchen wäre, stattzufinden. Wenn das Kind vor dieser Frist aus dem Sprengel dieser Schule verzogen ist, so hat das Reflexionsgespräch mit der Prüfungskommission gemäß Abs. 5 zu erfolgen.

(…)

Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Schulpflicht und Strafbestimmungen

§ 24. (1) Die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten sind verpflichtet, für die Erfüllung der Schulpflicht, insbesondere für den regelmäßigen Schulbesuch und die Einhaltung der Schulordnung durch den Schüler bzw. in den Fällen der §§ 11, 13 und 22 Abs. 4 für die Ablegung der dort vorgesehenen Prüfungen zu sorgen. Minderjährige Schulpflichtige treten, sofern sie das 14. Lebensjahr vollendet haben, hinsichtlich dieser Pflichten neben die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten. Sofern es sich um volljährige Berufsschulpflichtige handelt, treffen sie diese Pflichten selbst.

(…)

(4) Die Nichterfüllung der in den Abs. 1 bis 3 angeführten Pflichten stellt eine Verwaltungsübertretung dar, die nach Setzung geeigneter Maßnahmen gemäß § 25 Abs. 2 und je nach Schwere der Pflichtverletzung, jedenfalls aber bei ungerechtfertigtem Fernbleiben der Schülerin oder des Schülers vom Unterricht an mehr als drei aufeinander- oder nicht aufeinanderfolgenden Schultagen der neunjährigen allgemeinen Schulpflicht, bei der Bezirksverwaltungsbehörde zur Anzeige zu bringen ist und von dieser mit einer Geldstrafe von 110 € bis zu 440 €, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen ist.“

Die wesentlichen Bestimmungen des Allgemeinen Verfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 58/2018, lauten:

Erledigungen

§ 18. (1) Die Behörde hat die Sache möglichst zweckmäßig, rasch, einfach und kostensparend zu erledigen und den wesentlichen Inhalt der Amtshandlung erforderlichenfalls in einer Niederschrift oder einem Aktenvermerk festzuhalten.

(2) Erledigungen haben jedenfalls schriftlich zu ergehen, wenn dies in den Verwaltungsvorschriften ausdrücklich angeordnet ist oder von der Partei verlangt wird.

(3) Schriftliche Erledigungen sind vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

(5) Für Bescheide gilt der III. Teil, für Ladungsbescheide überdies § 19.

Die wesentlichen Bestimmungen des EGVG, BGBl I Nr 87/2008 idF BGBl I Nr 561/2018, lauten:

Art I Abs 2

Artikel I

(…)

(2) Von den Verwaltungsverfahrensgesetzen sind anzuwenden:

1.       das AVG auf das behördliche Verfahren der Verwaltungsbehörden;

2.       das VStG auf das Strafverfahren der Verwaltungsbehörden mit Ausnahme der Finanzstrafbehörden des Bundes;

3.       das VVG auf das Vollstreckungsverfahren der Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung, der Organe der Städte mit eigenem Statut und der Landespolizeidirektionen.

Die wesentlichen Bestimmungen des E-Gov-Gesetzes – E-GovG, BGBl I Nr 10/2004 idF BGBl I Nr 119/2022, lauten:

Amtssignatur

§ 19. (1) Die Amtssignatur ist eine fortgeschrittene elektronische Signatur oder ein fortgeschrittenes elektronisches Siegel, deren Besonderheit durch ein entsprechendes Attribut im Signaturzertifikat oder Zertifikat für elektronische Siegel ausgewiesen wird.

(2) Die Amtssignatur dient der erleichterten Erkennbarkeit der Herkunft eines Dokuments von einem Verantwortlichen des öffentlichen Bereichs. Sie darf daher ausschließlich von diesem Verantwortlichen des öffentlichen Bereichs unter den näheren Bedingungen des Abs. 3 bei der elektronischen Unterzeichnung und bei der Ausfertigung der von ihm erzeugten Dokumente verwendet werden.

(3) Die Amtssignatur ist im Dokument durch eine Bildmarke, die der Verantwortliche des öffentlichen Bereichs im Internet als die seine gesichert veröffentlicht hat, sowie durch einen Hinweis im Dokument, dass dieses amtssigniert wurde, darzustellen. Die Informationen zur Prüfung der elektronischen Signatur oder des elektronischen Siegels sind vom Verantwortlichen des öffentlichen Bereichs bereitzustellen.

Beweiskraft von Ausdrucken

§ 20. Ein auf Papier ausgedrucktes elektronisches Dokument einer Behörde hat die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde (§ 292 der Zivilprozessordnung – ZPO, RGBl. Nr. 113/1895), wenn das elektronische Dokument mit einer Amtssignatur versehen wurde. Die Amtssignatur muss durch Rückführung des Dokuments aus der ausgedruckten in die elektronische Form prüfbar oder das Dokument muss durch andere Vorkehrungen der Behörde verifizierbar sein. Das Dokument hat einen Hinweis auf die Fundstelle im Internet, wo das Verfahren der Rückführung des Ausdrucks in das elektronische Dokument und die anwendbaren Prüfmechanismen enthalten sind, oder einen Hinweis auf das Verfahren der Verifizierung zu enthalten.

Die wesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 58/2018, lauten:

§ 46.

(…)

(2) Die schriftliche Ausfertigung des Bescheides hat die Bezeichnung der Behörde, den Vornamen und den Familiennamen sowie den Wohnort der Parteien, den Spruch, die Begründung, die Rechtsmittelbelehrung, die Belehrung über das Recht auf Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 44b und das Datum des Bescheides zu enthalten.

(…)

V.       Erwägungen:

In ihrer Beschwerde gegen die angefochtenen Straferkenntnisse hat die Beschwerdeführerin die ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht bestritten. Sie hat ausgeführt, die angefochtenen Straferkenntnisse seien nichtig.

Dazu ist anzumerken, dass die belangte Behörde gemäß Art I Abs 2 Z 2 EGVG iVm § 24 VStG auch die Bestimmungen nach § 18 AVG anzuwenden hat. Der Verweis der Beschwerdeführerin auf das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) und andere Rechtsnormen geht damit ins Leere.

Grundsätzlich ist nach § 18 Abs 3 AVG zwischen einer schriftlichen Erledigung und einer schriftlichen Ausfertigung (der Erledigung) nach Abs 4 leg cit zu unterscheiden.

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass die gegenständlichen Straferkenntnisse vom zuständigen Organwalter elektronisch genehmigt wurden.

Die Bestimmungen des § 18 AVG nehmen Bezug auf das E-GovG, das unter anderem auch die Amtssignatur regelt.

Dem gegenständlichen Akt ist nach den einliegenden Protokollierungen unzweifelhaft zu entnehmen, dass die ergangenen Erledigungen, somit auch die angefochtenen Straferkenntnisse, vom unterzeichnenden DD elektronisch genehmigt wurden.

Aus den Feststellungen ergibt sich auch, dass die angefochtenen Straferkenntnisse jeweils eine Amtssignatur aufweisen.

Die vollständige Amtssignatur hat nach den §§ 19 und 20 E-GovG neben der Bildmarke auch Hinweise, dass das Dokument amtssigniert wurde, und dass das ausgedruckte Dokument verifiziert werden kann, zu enthalten.

Direkt unterhalb der Bildmarke ist angeführt, dass das jeweilige Schriftstück amtssigniert ist und unter der Internetadresse Amtssignatur.Tirol.gv.at Informationen abrufbar sind. Unter einem weiterführenden Link auf der genannten Internetseite findet sich wie folgt:

„Unter Verifizierung im Sinn des § 20 E-Government-Gesetz ist die Bestätigung zu verstehen, dass die als Ausdruck vorliegende Erledigung von der entsprechenden Organisationseinheit bzw. Behörde stammt. Die zu prüfende Erledigung muss dafür der Organisationseinheit bzw. Behörde zur Gänze vorliegen, wobei eine Kopie bzw. ein Scan ausreicht.

Zur Verifizierung des Ausdrucks eines amtssignierten elektronischen Dokuments kann dieser an die im Briefkopf angeführte Organisationseinheit wie folgt übermittelt werden:

Elektronisch mit

online-Formular

E-Mail

elektronischem Zustelldienst

(jeweils mit eingescanntem Ausdruck als Anlage)

am Postweg (samt Ausdruck oder Kopie als Anlage)

persönlich (mit dem Ausdruck oder einer Kopie)“

Somit sind mehrere Möglichkeiten beschrieben, wie der jeweilige Ausdruck verifiziert werden kann, das heißt nachgeprüft werden kann, dass dieser Ausdruck von der Bezirkshauptmannschaft Y stammt.

Die verwendete Amtssignatur ist vollständig im Sinne des E-GovG. Die zusätzliche Anbringung der SID-Nr (Security Identify) schadet nicht.

Die Ausfertigungen weisen eine vollständige Amtssignatur auf, sodass den Bestimmungen nach § 18 Abs 4 AVG entsprochen wird.

Ein Straferkenntnis ist der Bescheid am Ende eines ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens (vgl § 43 Abs 1 VStG).

Gemäß § 46 Abs 2 VStG hat die schriftliche Ausfertigung des Bescheides – ergänzend zu den Regelungen der §§ 18, 58 und 61 AVG – die Bezeichnung der Behörde, den Vornamen und den Familiennamen sowie den Wohnort der Parteien, den Spruch (§ 44a VStG), die Begründung, die Rechtsmittelbelehrung und das Datum des Bescheides zu enthalten.

Die vorliegenden Bescheide sind als Straferkenntnis tituliert und enthalten sowohl einen Spruch sowie eine Rechtsmittelbelehrung. Die Straferkenntnisse sind datiert, enthalten eine Begründung und ist die erlassene Behörde, nämlich die Bezirkshauptmannschaft Y, angeführt. Ebenso angeführt sind der Name und der Wohnort der Beschuldigten. Der Bescheid wurde vom Unterzeichnenden genehmigt und ist die der Beschuldigten und nunmehrigen Beschwerdeführerin zugegangene Ausfertigung ordnungsgemäß amtssigniert.

Somit liegen alle formalen Voraussetzungen für einen Bescheid vor.

Der Bescheid (das Straferkenntnis) ist somit jeweils entgegen den Ausführungen in der Beschwerde rechtswirksam erlassen worden.

Die vorgenommene Präzisierung war im Sinn der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zulässig (vgl zuletzt VwGH 17.11.2022, Ra 2021/02/0014).

Gemäß § 44 Abs 3 VwGVG konnte von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen wird auf die vorzitierte Rechtsprechung verwiesen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Rosenkranz

(Richter)

Schlagworte

Nichtigkeit
Fertigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2023:LVwG.2023.27.0062.2

Zuletzt aktualisiert am

22.03.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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