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L5050 Schulbau, SchulerhaltungNorm
B-VG Art15aLeitsatz
Stattgabe einer Klage der Stadt Klagenfurt gegen das Land Kärnten auf Zahlung von Zweckzuschüssen für die Tagesbetreuung ganztägiger Pflichtschulen in einem Zwischenurteil; Zahlungen von Zweckzuschüssen an gesetzliche Schulerhalter – wie Städte mit eigenem Statut – sind dem öffentlichen Recht zuzuordnen; Fördermittel für jede Betreuungsgruppe einer ganztägigen Schulform sind Zweckzuschüsse iSd §3 iVm §§12 und 13 F-VG 1948; Ermittlung der Zweckzuschüsse des Bundes und des Landes zur Deckung der vom Schulerhalter zu tragenden Kosten; Rückzahlung von – überhöht eingehobenen – Elternbeiträgen im Zivilrechtsweg, sofern die Summe der Zweckzuschüsse und Elternbeiträge die Kosten übersteigenRechtssatz
Zwischenurteil über das Bestehen eines Anspruchs der Klägerin (Landeshauptstadt Klagenfurt) dem Grunde nach gegen das Land Kärnten. Entscheidung über die Höhe des Klagsanspruchs und der Verfahrenskosten bleibt dem Enderkenntnis vorbehalten.
Keine Geltendmachung des vermögensrechtlichen Anspruchs im ordentlichen Rechtsweg:
§3 Abs2 K-SchG idF LGBl 5/2013 und LGBl 70/2017 enthält keine ausdrückliche Regelung, ob die darin verankerten Zahlungen an die gesetzlichen Schulerhalter dem öffentlichen Recht oder dem Privatrecht zuzuordnen sind. Maßgeblich ist daher der rechtliche Zusammenhang, in dem diese Zahlungen stehen. Gemäß §1 Abs3 Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz bestimmt der Landesgesetzgeber, wer gesetzlicher Schulerhalter der öffentlichen Pflichtschulen ist, wobei dazu das Land, die Gemeinden oder Gemeindeverbände zu bestimmen sind. Gemäß §2 Abs1 Z2 K-SchG sind Städte mit eigenem Statut gesetzlicher Schulerhalter für Volksschulen, Sonderschulen, die ohne ein angeschlossenes Schülerheim geführt werden können, Mittelschulen und Polytechnische Schulen. Bei ganztägigen Schulformen umfasst gemäß §1 Abs4 letzter Satz K-SchG "die Erhaltung einer Schule auch die Kosten für die Freizeitbetreuung und die Vorsorge für die Verpflegung - soweit diese Kosten nicht durch Beiträge (§68 Abs1a) gedeckt sind." Die Freizeitbetreuung bei ganztägigen Schulen iSd §1a Abs1 litc K-SchG ist daher Aufgabe der Klägerin iSd §2 F-VG 1948. Nach §3 Abs2 erster Satz K-SchG obliegt den gesetzlichen Schulerhaltern auch die Beistellung des erforderlichen Personals für den Freizeitbereich ganztägiger Schulformen. §3 Abs2 zweiter Satz K-SchG normiert eine Zahlung des Landes an den gesetzlichen Schulerhalter je Betreuungsgruppe einer ganztägigen Schulform bei Vorliegen näherer Voraussetzungen. Diese Zahlungen dienen damit der Finanzierung eines bestimmten Verwaltungsaufwandes der gesetzlichen Schulerhalter, bei denen es sich um Körperschaften iSd §12 Abs2 letzter Satz F-VG 1948 handelt und für deren Klagen untereinander auf beiden Seiten das Verfahren gemäß Art137 B-VG offensteht. Diese Zahlungen sind Zweckzuschüsse iSd §3 Abs1 iVm §§12 und 13 F-VG 1948. Daran ändert auch die Novellierung des §3 Abs2 K-SchG durch LGBl 70/2017 nichts, da auch ein Zweckzuschuss gemäß §13 Abs2 F-VG 1948 an Bedingungen geknüpft sein kann. Weder die Verwendung des Begriffes "Förderung des Landes" noch des Begriffes "Fördervertrages" führt vor dem Hintergrund des rechtlichen Zusammenhanges, in dem die Rechtsvorschrift steht, zu einem anderen Ergebnis. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine gesetzliche Regelung derartiger finanzausgleichsrechtlicher Transfers, die diese dem Privatrecht zuweist, verfassungswidrig wäre.
Der Klagsanspruch besteht dem Grunde nach zu recht:
Die Beistellung, dh auch die Kostentragung, der für die Betreuungsgruppen ganztägiger Schulformen erforderlichen Lehrer, Erzieher, Erzieher für die Lernhilfe, Freizeitpädagogen oder sonstigen pädagogisch qualifizierten Personen, obliegt für den Freizeitbereich gemäß §3 Abs2 K-SchG den gesetzlichen Schulerhaltern.
Das Land hat aber gemäß §3 Abs2 K-SchG unbeschadet allfälliger den Schulerhaltern gemäß §1a Abs6 leg cit gewährter Fördermittel (also solcher des Bundes gemäß der erwähnten Vereinbarung gemäß Art15a B-VG) für jede Betreuungsgruppe einer ganztägigen Schulform bei Vorliegen näherer Voraussetzungen für jedes Schuljahr € 8.000,- für den Betreuungsteil zu überweisen. Hiebei handelt es sich um einen Zweckzuschuss des Landes gemäß §12 Abs2 letzter Satz iVm §13 F-VG 1948, weshalb ein Anspruch besteht, soweit ein entsprechender Aufwand anfällt.
Die von §1a Abs6 K-SchG als Fördervoraussetzung verwiesene Vereinbarung gemäß Art15a B-VG sieht in Art4 (BGBl I 115/2011) für das Jahr 2014 und in Art5 (BGBl I 192/2013) für die Jahre 2015 bis 2018 den pro Bundesland für diesen Zweck zu gewährenden Betrag vor. Dieser ist jeweils in einen Teil für Personalkosten und einen für Infrastrukturkosten gegliedert, wobei dieser Zweckzuschuss auch als Anschubfinanzierung von Personalkosten im Freizeitbereich der schulischen Tagesbetreuung verwendet werden kann. Gemäß Art5 Abs3 leg cit darf dieser € 8.000,- (BGBl I 115/2011) bzw € 9.000,- (BGBl I 192/2013) pro Gruppe pro Jahr nicht überschreiten.
Gemäß Art4 Abs2 (BGBl I 115/2011) und Art5 (BGBl I 192/2013) der genannten Vereinbarungen ist bei der Verwendung der den Ländern für den Zweck der Verbesserung der Ganztagesbetreuung zufließenden Mittel die Einrichtung neuer Standorte bzw neuer Gruppen der schulischen Tagesbetreuung vorrangig zu behandeln. Auch die für infrastrukturelle Maßnahmen vorgesehenen Anschubfinanzierungsmittel werden durch die erwähnten Bestimmungen in einem Höchstbeitrag von € 50.000,- bzw € 55.000,- als einmalige Zahlung pro Gruppe bestimmt. Gemäß dem vierten Satz des Art6 Abs1 der genannten Vereinbarungen haben die Länder als Nachweis der Angebotsförderung die eingesetzten Mittel (getrennt nach Personalaufwand und Sachaufwand bzw Investitionsausgaben), die Form der Tagesbetreuung, die Anzahl der betreuten Schülerinnen und Schüler, die Anzahl der Betreuungsgruppen und den Personaleinsatz je einzelner Schule darzustellen.
Festzuhalten ist, dass sowohl der Zweckzuschuss aus Bundesmitteln gemäß §1a Abs6 K-SchG als auch der Zweckzuschuss aus Landesmitteln gemäß §3 Abs2 iVm §46a Abs2 bis 4 K-SchG auf Betreuungsgruppen abstellen, die ein gesetzlicher Schulerhalter zu finanzieren hat. Maßgeblich für den Anspruch des Schulerhalters auf Zweckzuschüsse aus Bundes- und Landesmitteln ist also nicht die einzelne Schule bzw der einzelne Schulstandort, und zwar auch in dem Fall nicht, dass - wie im Falle der Klägerin - ein gesetzlicher Schulerhalter mehrere Schulen zu erhalten hat. Maßgeblich sind vielmehr seine Betreuungsgruppen, die an einem Schulstandort eingerichtet sind, unabhängig davon, wie viele Schulstandorte ein Schulerhalter zu finanzieren hat.
Angesichts des Umstandes, dass §46a Abs2 litd K-SchG - wenn nicht ausreichend Dienstposten für Landeslehrer an der betreffenden Schule zur Verfügung stehen - die Finanzierung von Personalkosten gemäß §1a Abs6 K-SchG seitens des Bundes als Bedingung für die Zulässigkeit der Bestimmung einer Schule als ganztägige Schulform durch den gesetzlichen Schulerhalter aufstellt, ist zu schließen, dass der Zweckzuschuss aus Bundesmitteln gemäß den Vereinbarungen gemäß Art15a B-VG und der Zweckzuschuss des Landes gemäß §3 Abs2 K-SchG grundsätzlich nebeneinander vergeben werden können, sofern die zusätzliche Voraussetzung des §3 Abs2 letzter Satz leg cit verwirklicht ist, dass das Angebot für die schulische Tagesbetreuung jeweils während der ganzen Schulwoche besteht, wobei der Zweckzuschuss aus Landesmitteln nur soweit zusteht, als die Kosten nicht bereits aus den Bundesmitteln abgedeckt werden.
Gemäß §14 Abs1 Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz ist der Besuch der öffentlichen Pflichtschulen für alle Schüler unentgeltlich. Gemäß §14 Abs2 leg cit kann der Landesgesetzgeber aber Beiträge unter anderem für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung im Freizeitbereich öffentlicher ganztägiger Schulformen vorsehen. Diese Beiträge dürfen höchstens kostendeckend sein und haben auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Schüler (Unterhaltspflichtigen) Bedacht zu nehmen. §14 Abs4 leg cit präzisiert, dass die Beiträge jene Personen zu leisten haben, die verpflichtet sind, für den Unterhalt des Schülers aufzukommen. Diesen Grundsatz hat der Kärntner Ausführungsgesetzgeber in §68 K-SchG näher ausgeführt.
Diese Vorschriften gehen davon aus, dass die Höhe des Beitrages von Schule zu Schule unterschiedlich sein kann, und zwar abhängig von den Kosten der Betreuung im Freizeitbereich der jeweiligen Schule; die Obergrenze der Beiträge bilden die für die Betreuung im Freizeitbereich entstehenden Kosten. Die Höhe der Einnahmen aus den sog Elternbeiträgen der Unterhaltspflichtigen zu den Kosten der Verpflegung und Betreuung im Freizeitbereich variiert folglich von Schule zu Schule, und zwar hängen sie von der finanziellen Leistungsfähigkeit bzw den wirtschaftlichen Verhältnissen der Schüler (Unterhaltspflichtigen) und der Anzahl der zur ganztägigen Betreuung angemeldeten Schüler und - in der Begrenzung der Höhe - von den dafür eingesetzten Ressourcen ab.
Sowohl bei den gemäß §1a Abs6 K-SchG vom Bund finanzierten Fördermitteln für ganztägige Schulformen als auch bei den vom Land gemäß §3 Abs2 K-SchG den gesetzlichen Schulerhaltern für jede Betreuungsgruppe einer ganztägigen Schulform gewährten Fördermitteln handelt es sich um Zweckzuschüsse iSd §12 Abs2 F-VG 1948, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie durch die empfangende Gebietskörperschaft für einen bestimmten Zweck zu verwenden sind. Ferner ist aus dem Ausnahmecharakter der Beiträge iSd §68 Abs1a K-SchG zu den Kosten der Betreuung in der Schule gegenüber der grundsätzlichen Unentgeltlichkeit des Besuches öffentlicher Pflichtschulen zu schließen, dass diese Ermächtigung zur Kosteneinhebung in ihrem Ausmaß eng auszulegen ist, dass also die Höhe der eingehobenen Elternbeiträge so gering wie möglich gehalten werden muss.
Für die Elternbeiträge besteht eine Höchstgrenze in der Deckung der Kosten für die Betreuung im Freizeitbereich, ihre Bemessung erfolgt aber auf Grund der finanziellen Leistungsfähigkeit der Schüler bzw Unterhaltspflichtigen, sodass die pro Schule für die Freizeitbetreuung aus den Beiträgen der Unterhaltspflichtigen resultierenden Einnahmen nicht in einer festen Relation zu den Kosten stehen, auch wenn diese durch die Kosten pro Schule begrenzt sind. Aus diesem System und dem Charakter der Fördermittel des Landes und jener aus Bundesmitteln gemäß §1a Abs6 K-SchG ergibt sich insgesamt, dass die Elternbeiträge nur für Kosten in jener Höhe erhoben werden dürfen, die dem Schulerhalter insoweit entstehen, als die Kosten für den Freizeitteil der ganztägigen Betreuung nicht anderweitig gedeckt sind. Daraus folgt, dass die maximale Höhe der Beiträge der Unterhaltspflichtigen sich nach den Kosten bestimmt, die dem Schulerhalter nach Abzug jener Fördermittel zu tragen verbleiben, die ihm für diese Betreuung gewährt werden.
Die Elternbeiträge dürfen an der einzelnen Schule also nur auf Grund der Kosten nach Abzug der gewährten Fördermittel des Bundes und des Landes für die ganztägige Schulform berechnet werden. Die Frage einer Überdeckung der Kosten durch die Zweckzuschüsse stellt sich folglich erst, wenn auch bei einer Festsetzung der Elternbeiträge mit Null aus den für diesen Zweck gewährten Fördermitteln ein Überschuss gegenüber den Kosten der Freizeitbetreuung verbleiben würde.
Folgen für den Klagsanspruch:
Der Anspruch besteht gemäß §3 Abs2 K-SchG insoweit zu Recht, als entsprechende Betreuungsgruppen eingerichtet wurden und die für diese anfallenden Kosten nicht durch andere Fördermittel, insbesondere durch gemäß §1a Abs6 K-SchG vom Land gewährte Zweckzuschüsse aus Bundesmitteln, gedeckt sind. Nur in dem Ausmaß, in dem der Zweckzuschuss des Landes gemäß §3 Abs2 K-SchG unter Einrechnung des aus Bundesmitteln gewährten Zuschusses gemäß §1a Abs6 K-SchG die Höhe der Kosten ohne Berücksichtigung von Elternbeiträgen überschreitet, reduziert sich der Anspruch auf Auszahlung des Zweckzuschusses mangels zweckgemäßer Verwendung.
Die Berechnung der Höhe der Elternbeiträge hat pro Schule unter Zugrundelegung der für die Betreuungsgruppen anfallenden Kosten nach Abzug der aus den Mitteln des Bundes und des Landes gewährten Zuschüsse zu erfolgen. Sollte die Summe aus Zweckzuschüssen aus Bundesmitteln gemäß §1a Abs6 K-SchG, Zweckzuschüssen aus Landesmitteln und den Beiträgen der Unterhaltspflichtigen gemäß §68 Abs1a K-SchG die Kosten an der betreffenden Schule übersteigen, erweisen sich die Elternbeiträge insoweit als zu Unrecht eingehoben. In diesem Fall wären die Elternbeiträge den Schülern bzw Unterhaltspflichtigen in jenem Ausmaß zu erstatten, als sie die Kosten nach Abzug der Zweckzuschüsse übersteigen. Da die Elternbeiträge gemäß §68 Abs3 zweiter Satz K-SchG ein zivilrechtliches Entgelt sind, wären sie vom Schulerhalter jenen, die sie bezahlt haben, im anteiligen Ausmaß zurückzuzahlen. Erfolgt dies nicht freiwillig, steht der Rechtsweg an die ordentlichen Gerichte offen.
Der beklagten Partei kann vor dem Hintergrund des bestehenden Systems der Finanzierung der Tagesbetreuung in ganztägigen Schulformen nach der Rechtslage des K-SchG nicht entgegengetreten werden, wenn die Erfüllung eines bestehenden Anspruches auf Gewährung eines Zweckzuschusses von der Rückzahlung überhöhter Elternbeiträge abhängig gemacht wird. Bis zur Rückzahlung überhöhter Elternbeiträge liegen insoweit keine Kosten für die Freizeitbetreuung vor. Demgemäß verfehlte insoweit die Auszahlung eines Zuschusses ihren finanzausgleichsrechtlichen Zweck. Dieser wird erst mit der Rückzahlung der überhöht eingehobenen Elternbeiträge effektuiert.
Schlagworte
VfGH / Klagen, Finanzverfassung, Schulerhaltungsbeiträge, Pflichtschulen, Kostentragung, Förderungen, Finanzausgleich, Schulen, Vereinbarungen nach Art 15a B-VGEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:A85.2020Zuletzt aktualisiert am
21.09.2022