TE Lvwg Erkenntnis 2021/9/29 VGW-031/049/12390/2021

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Veröffentlicht am 29.09.2021
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Entscheidungsdatum

29.09.2021

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

StVO 1960 §23 Abs3a
StVO 1960 §24 Abs1 litd
StVO 1960 §99 Abs3 lita
VStG 1991 §19
VStG 1991 §50 Abs6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Dr. Holzer über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 06.08.2021, Zl. ..., betreffend Straßenverkehrsordnung (StVO)

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Dies mit der Maßgabe, dass dieses zu lauten hat: „falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden“.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 10,4 (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

III. Gemäß § 25a Abs. 4 VwGG ist gegen dieses Erkenntnis eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig. Im Übrigen ist gemäß Abs. 1 par. cit. eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Sachverhalt und Verfahrensgang:

Am 06.05.2021 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer eine Organstrafverfügung wegen einer Übertretung nach § 24 Abs. 1 lit. d StVO erlassen, da dieser das auf ihn zugelassene und von ihm gelenkte Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen W-... an der Örtlichkeit C.-gasse ggü, im Bereich von weniger als 5 m vom nächsten Schnittpunkt einander kreuzender Fahrbahnränder gehalten hat. Mit dieser Organstrafverfügung wurde der Beschwerdeführer zur Zahlung eines Betrages von EUR 36,- verpflichtet. Die zweiwöchige Frist zur Bezahlung der Organstrafverfügung nach § 50 Abs. 6 VStG begann, da am 06.05.2021 die Organstrafverfügung zurückgelassen wurde, am 06.05.2021 zu laufen und endete demgemäß am 20.05.2021.

In der Folge erging von Seiten der belangten Behörde mit Datum vom 27.05.2021 eine entsprechende Anonymverfügung wegen der obgenannten Verwaltungsübertretung, mit der der Beschwerdeführer zur Zahlung eines Betrages von EUR 68,- verpflichtet wurde.

Mit E-Mail vom 01.06.2021 teilte der Beschwerdeführer wiederum mit, dass er mit 18.05.2021 eine Sammelüberweisung, von der auch die obgenannte Organstrafverfügung betroffen war, in Höhe von EUR 140,- getätigt habe und daher die Anonymverfügung nicht hätte ergehen dürfen. Er übermittelte zum Nachweis dessen einen Screenshot seines Online-Bankings. Mit Schreiben vom 07.06.2021 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass bei der vom Beschwerdeführer getätigten Sammelüberweisung eine automationsunterstützte Zuordnung der angegebenen Geschäftszahlen nicht möglich war und die Überweisungen daher einzeln vorzunehmen gewesen wären. Es erging daher für den gegenständlichen Fall nachfolgend eine Anonymverfügung, da kein fristgerechter Zahlungseingang verbucht werden konnte.

In der Folge erging eine mit 01.07.2021 datierende Strafverfügung wegen der obgenannten Übertretung, mit der der Beschwerdeführer zur Zahlung von EUR 88,- bzw. im Falle der Uneinbringlichkeit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 21 Stunden verpflichtet wurde.

Gegen diese erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schreiben vom 11.07.2021 Einspruch und brachte in diesem vor, dass er am 09.06.2021 den Betrag von EUR 36,- für die obgenannte Anonymverfügung eingezahlt habe und die Strafverfügung daher zu Unrecht ergangen sei.

In der Folge erging von Seiten der belangten Behörde ein mit 06.08.2021 datierendes Straferkenntnis mit dem der Beschwerdeführer wegen der obgenannten Übertretung zu einer Geldstrafe von ursprünglich EUR 88,-, unter Anrechnung des von ihm geleisteten Betrages, jedoch EUR 52,- bzw. im Falle der Uneinbrglichkeit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 21 Stunden verpflichtet wurde. Dieses wurde dem Beschwerdeführer am 11.08.2021 durch Hinterlegung zugestellt und von diesem am 16.08.2021 behoben und am 17.08.2021 von diesem Beschwerde erhoben, wobei er in dieser vorbrachte, dass er den Geldbetrag für die Organstrafverfügung fristgerecht bezahlt habe und daher das Straferkenntnis und alle vorherigen Akte (Anonymverfügung und Strafverfügung) zu Unrecht ergangen seien.

Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte den Akt dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vor.

Dieses ersuchte zur Verifikation der Zahlungen des Beschwerdeführer zunächst die belangte Behörde um Mitteilung, welche Zahlungen des Beschwerdeführers die obgenannten Organstraf- und Anonymverfügung betreffend bei dieser eingegangen sind, wobei von der belangten Behörde mit Schreiben vom 30.08.2021 mitgeteilt wurde, dass am 19.05.2021 ein Zahlungseingang mit mehreren Identifikationsnummern in Höhe von EUR 140,- erfolgt sei, wobei von diesem EUR 70,- zur Begleichung einer Anonymverfügung belassen und EUR 70,- wieder ausbezahlt wurden. Am 10.06.2021 kam es wiederum zu einem Zahlungseingang von EUR 36,-.

Auf Aufforderung des Verwaltungsgerichtes Wien vom 06.09.2021 wurden vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13.09.2021 Nachweise zu den von ihm vorgenommenen Zahlungen übermittelt.

Insgesamt ergibt sich folgende Chronologie:

Am 06.05.2021 wurde am Fahrzeug des Beschwerdeführers eine Organstrafverfügung mit der Identifikationsnummer ...1 hinterlassen und die Zahlungsfrist für diese lief bis zum 20.05.2021. Am 18.05.2021 nahm der Beschwerdeführer eine Überweisung in Höhe von gesamt EUR 140,- vor und führte hierbei folgende Identifikationsnummern an: ...8, ...0, ...1. Die erste dabei angegebene Identifikationsnummer bezieht sich dabei nicht auf eine Organstraf-, sondern eine Anonymverfügung zu einem anderen als dem hier gegenständlichen Vorfall. Am 09.06.2021 wurde vom Beschwerdeführer zur Identifikationsnummer ...1 wiederum eine Zahlung von EUR 36,- geleistet.

II.      Beweiswürdigung:

Die obgenannten Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt des Verwaltungs- und Gerichtsaktes.

III.     Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 50 Abs. 6 VStG hat im Falle einer Organstrafverfügung die Einzahlung des mit dieser verhängten Betrages innerhalb von zwei Wochen zu erfolgen, wobei der Fristlauf mit Ablauf des Tages beginnt an dem der Beleg am Tatort hinterlassen oder dem Beanstandeten übergeben wurde. Im gegenständlichen Fall wurde am 06.05.2021 der Beleg am Tatort hinterlassen, sodass die Frist nach § 50 Abs. 6 VStG am 06.05.2021 begann und am 20.05.2021 endete. Wird die Zahlung des Strafbetrages mittels Überweisung vorgenommen, so hat der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer des Beleges zu enthalten. Gerade an ersterem, nämlich der automationsunterstützten Lesbarkeit der Identifikationsnummer gebricht es nun bei der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Sammelüberweisung, da diese insgesamt drei verschiedene Identifikationsnummern, davon die erst noch dazu aus einer anderen Protokollierungssystematik – nämlich jener der Anonymverfügungen – stammend, enthält und daher eine Zuordnung der Zahlungen nicht möglich war (Vgl. in diesem Zusammenhang auch Raschauer in Raschauer/Wessely (Hrsg), VStG2 [2016] § 50 Rz 42). Da es sich nun bei der Geldstrafe um eine Bringschuld handelt treffen etwaige mit der Überweisung verbundene Risiken (Übermittlungsfehler, Irrtümer etc.) den Beanstandeten und sind diesem zuzurechnen (Raschauer in Raschauer/Wessely (Hrsg), VStG2 § 50 Rz 43; Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 [2017] § 50 Rz 22). Die vom Beschwerdeführer mit 18.05.2021 vorgenommene Zahlung war daher für die gegenständliche Organstrafverfügung mit der Identifikationsnummer ...1 nicht wirksam und es hatte daher eine entsprechende Anonymverfügung zu ergehen. Die Zahlung vom 09.06.2021 vermochte hieran ebenfalls nichts zu ändern, da diese zum einen zeitlich nach dem spätestmöglichen Einzahlungsdatum, nämlich dem 20.05.2021, erfolgte und sich wiederum nur auf die Organstrafverfügung und deren Identifikationsnummer, nicht jedoch auf die Anonymverfügung vom 27.05.2021 bezog und daher auch diese, mangels fristgerechter Zahlung, nicht im Sinne des § 49a Abs. 6 VStG getilgt wurde. Das Verwaltungsstrafverfahren war daher in der Folge mittels Strafverfügung bzw. Straferkenntnis fortzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 1 lit. d StVO ist das Halten und Parken, unbeschadet der Regelung des § 23 Abs. 3a, im Bereich von weniger als 5 m vom nächsten Schnittpunkt einander kreuzender Fahrbahnränder verboten. Das vom Beschwerdeführer gelenkte Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-... wurde am 06.05.2021 um 10:21 an der Örtlichkeit C.-gasse ggü so positioniert, dass dieses in den Kreuzungsbereich selbst hineinragte. Die Verwaltungsübertretung selbst wurde vom Beschwerdeführer nicht bestritten bzw. ist diese durch die dem Akt beiliegende Fotodokumentation evident. Der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung ist somit als erfüllt anzusehen.

Gegenständlich liegt ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG vor, sodass zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Im vorliegenden Fall ist dem Beschwerdeführer eine solche Glaubhaftmachung eines mangelnden Verschuldens nicht gelungen. Vielmehr ergibt sich aus dem gesamten Beschwerdevorbringen, dass der Beschwerdeführer jene Sorgfalt außer Acht gelassen hat, zu der er nach der Straßenverkehrsordnung verpflichtet war, sodass dem Beschwerdeführer auch in subjektiver Hinsicht die ihm angelastete Verwaltungsübertretung vorzuwerfen ist.

Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beschwerdeführer nach seinen persönlichen Verhältnissen im verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt nicht fähig gewesen wäre, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten und war somit auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite auszugehen.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Milderungs- und Erschwerungsgründe sind im Verwaltungsstrafgesetz nicht taxativ aufgezählt. Auch die Dauer eines strafbaren Verhaltens kann im Rahmen der Strafbemessung maßgebend sein (VwGH 12.12.1995, 94/09/0197). Bei der Strafbemessung kommt es gemäß § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG – unter anderem – auf die Einkommensverhältnisse im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht an. Die Strafbemessung setzt entsprechende Erhebungen dieser Umstände durch das Verwaltungsgericht voraus, wobei allerdings in der Regel mit den Angaben des Beschuldigen das Auslangen zu finden sein wird (vgl. zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 VwGH 22.12.2008, 2004/03/0029 mwN).

Im Beschwerdefall ist gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO ein Strafrahmen bis zu EUR 726,- bzw. im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen heranzuziehen. Beim Beschwerdeführer sind mangels Angaben durchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse anzunehmen. Der Beschwerdeführer weist keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen auf. Das Verschulden ist im Beschwerdefall als zumindest durchschnittlich anzusehen, da es dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar gewesen wäre sich in Übereinstimmung mit den Normen der StVO zu verhalten. Durch das Verhalten des Beschwerdeführers wurde in durchschnittlichem Maße das öffentliche Interesse an der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs geschädigt.

Vor dem Hintergrund dieser Strafzumessungsgründe und des anzuwendenden Strafrahmens erweist sich die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Geldstrafe als Schuld- und tatangemessen und war der Beschwerde daher auch zu diesem Punkt keine Folge zu geben.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG entfallen, da im angefochtenen Bescheid eine EUR 500,- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Organstrafverfügung; Überweisung; Identifikationsnummer; Bringschuld

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.031.049.12390.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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