TE Vwgh Erkenntnis 2021/12/21 Ro 2020/10/0013

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Veröffentlicht am 21.12.2021
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag
72/13 Studienförderung

Norm

EStG 1988 §1 Abs2
EStG 1988 §18 Abs1
EStG 1988 §18 Abs6
EStG 1988 §18 Abs7
EStG 1988 §2 Abs2
EStG 1988 §25 Abs1
StudFG 1992 §10
StudFG 1992 §11 Abs1
StudFG 1992 §11 Abs1 Z1
StudFG 1992 §11 Abs1 Z2
StudFG 1992 §11 Abs2
StudFG 1992 §32 Abs1
StudFG 1992 §32 Abs4
StudFG 1992 §4
StudFG 1992 §8
StudFG 1992 §8 Abs1
StudFG 1992 §8 Abs1 Z1
StudFG 1992 §9
StudFG 1992 §9 Z2
VwGG §42 Abs2 Z1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Tscheließnig, über die Revision der Studienbeihilfenbehörde in 1100 Wien, Gudrunstraße 179, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Jänner 2020, Zl. W203 2218913-1/7E, betreffend Studienbeihilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Studienbeihilfenbehörde; mitbeteiligte Partei: L S in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Antrag des Mitbeteiligten, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden, wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Mitbeteiligte, ein deutscher Staatsangehöriger, beantragte am 24. September 2018 die Gewährung von Studienbeihilfe für sein an der Universität Wien betriebenes Studium der Rechtswissenschaften.

2        Mit (im Vorstellungswege ergangenem) Bescheid des an der Stipendienstelle Wien eingerichteten Senates der Studienbeihilfenbehörde (im Folgenden: Behörde) vom 4. März 2019 wurde ihm ab September 2018 eine monatliche Studienbeihilfe in Höhe von € 250,-- gewährt und der Mitbeteiligte weiters verpflichtet, zu viel bezogene Studienbeihilfe in Höhe von € 14,-- zurückzuzahlen.

3        Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für die zugesprochene Studienbeihilfe zog die Behörde - neben einem näher genannten eigenen Einkommen des Mitbeteiligten - das im Einkommensteuerbescheid des (zuständigen österreichischen) Finanzamtes für das Jahr 2017 angeführte Einkommen des Vaters des Mitbeteiligten in Höhe von € 32.944,-- („ausländische Einkünfte“ in Höhe von € 35.059,-- abzüglich eines „Negativeinkommens“ von € 2.115,--) sowie weiters ein maßgebliches Einkommen der Mutter des Mitbeteiligten in Höhe von € 785,--, sohin insgesamt ein Einkommen der Eltern in Höhe von € 33.729,-- heran.

4        Dazu hatte der Mitbeteiligte im Verfahren vorgebracht, dass das im österreichischen Einkommensteuerbescheid des Vaters für das Jahr 2017 angeführte Einkommen („ausländische Einkünfte“) von € 35.059,-- in dieser Höhe auch in dem im Verfahren vorgelegten deutschen Einkommensteuerbescheid seiner Eltern für das Jahr 2016 ausgewiesen sei; das Finanzamt habe diesen Betrag somit aus dem deutschen Einkommensteuerbescheid übernommen. Im letztgenannten Bescheid seien aber auch Sonderausgaben in Höhe von € 8.458,-- angeführt, welche im Bescheid des Finanzamtes bzw. bei der Ermittlung des maßgeblichen Einkommens durch die Behörde nicht berücksichtigt worden seien. Es wäre für seine Eltern insgesamt nur ein Einkommen in Höhe von € 26.866,-- als Bemessungsgrundlage heranzuziehen gewesen.

5        Diesem Vorbringen entgegnete die Behörde in der Begründung des Bescheides vom 4. März 2019, dass die genannten Sonderausgaben in Österreich nicht abgezogen worden seien. Die Behörde übernehme, wenn das Gesamteinkommen in Österreich versteuert werde, ausschließlich durch das Finanzamt geprüfte Beträge, die in einem Einkommensteuerbescheid Ausdruck fänden. Eine zusätzliche Einkommensbewertung falle nicht in den Zuständigkeitsbereich der Studienbeihilfenbehörde.

6        Unter Heranziehung der von ihr als maßgeblich erachteten Einkünfte legte die Behörde dem Bescheid vom 4. März 2019 daher ein „Einkommen im Sinne des StudFG“ der Eltern des Mitbeteiligten in Höhe von € 33.729,-- als Bemessungsgrundlage für die Studienbeihilfe zu Grunde.

7        Dagegen erhob der Mitbeteiligte Beschwerde.

8        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht) der Beschwerde teilweise statt und änderte den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass die Höhe der monatlichen Studienbeihilfe des Mitbeteiligten ab September 2018 € 412,-- betrage unddie ausgesprochene Rückzahlungsverpflichtung entfalle (A). Weiters erklärte es die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig (B).

9        Zur Ermittlung des maßgeblichen Einkommens des Vaters des Mitbeteiligten führte das Verwaltungsgericht auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass dieses Einkommen gemäß § 11 Abs. 1 StudFG grundsätzlich durch die Vorlage des österreichischen Einkommensteuerbescheides nachzuweisen sei. Verfahrensgegenständlich lasse sich aus dem österreichischen Einkommensteuerbescheid des Vaters für das Kalenderjahr 2017 alleine aber nichts gewinnen, weil das Einkommen des Vaters, das sich praktisch zur Gänze aus deutschen Pensionseinkünften zusammensetze, in Deutschland versteuert werde. Das im (österreichischen) Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Negativeinkommen sage nichts über die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Vaters aus. Der Vater habe darüber hinaus (in Österreich) keine weiteren Einkünfte erzielt. Im Falle ausländischer Einkünfte könnten gemäß § 11 Abs. 2 StudFG auch andere Nachweise über das Einkommen oder Teile desselben gefordert werden. Aus dem vorgelegten deutschen Einkommensteuerbescheid aus dem Jahr 2016 ergebe sich ein zu versteuerndes Einkommen des Vaters in Höhe von € 26.601,-- (€ 35.059,-- abzüglich Sonderausgaben von € 8.458,--); dieses Einkommen sei als „Einkommen im Sinne des StudFG“ der Berechnung der Höhe der Studienförderung des Mitbeteiligten zu Grunde zu legen. Das Verwaltungsgericht verkenne dabei nicht, dass verfahrensgegenständlich grundsätzlich das Jahr 2017 als das dem Studienjahr 2018/19 vorangegangene Kalenderjahr maßgeblich sei. Der am 28. Dezember 2017 erlassene deutsche Einkommensteuerbescheid (für das Jahr 2016) sei aber als - zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Studienbeihilfe - letztergangener Einkommensteuerbescheid maßgeblich. Abgesehen davon weise auch der am 10. Juli 2018 ergangene (österreichische) Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 die vom Vater des Mitbeteiligten im Jahr 2016 in Deutschland erzielten Einkünfte aus.

10       Das im Bescheid der Behörde angegebene „Einkommen im Sinne des StudFG“ der Mutter des Mitbeteiligten - resultierend aus Einkünften aus einem in Deutschland zu versteuernden Kapitalvermögen und einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in Österreich mit einem Einheitswert von € 2.600,-- - sei von der Behörde korrekt in der Höhe von € 785,-- ermittelt worden.

11       Das „Einkommen im Sinne des StudFG“ der Eltern des Mitbeteiligten betrage daher € 27.386,--, und nicht - wie im angefochtenen Bescheid der Revisionswerberin angesetzt - € 33.729,--.

12       Dieser Betrag sei um den in § 32 Abs. 4 StudFG vorgesehenen Freibetrag in Höhe von € 2.350,-- zu reduzieren. Die in dieser Bestimmung vorgesehene Berücksichtigung von Freibeträgen bei Vorliegen von „Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 25 Abs. 1 EStG 1988“ (der Eltern) beziehe sich nicht nur auf in Österreich erzielte und versteuerte Einkommen. Aufgrund der Verwendung der Wortfolge „Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 25 Abs. 1 EStG“, sei nämlich davon auszugehen, dass nicht nur in Österreich zu versteuernde nichtselbständige Einkünfte, sondern auch diesen vergleichbare, im Ausland erzielte Einkünfte geeignet seien, die Berücksichtigung eines Freibetrages zu generieren. Im vorliegenden Fall seien lediglich beim Vater des Mitbeteiligten „Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit“ zur Berechnung herangezogen worden, weshalb gemäß § 32 Abs. 4 [Z 1 lit. b)] StudFG ein Freibetrag in der Höhe von € 2.350,-- zu berücksichtigen sei.

13       Die aus dem Einkommen der Eltern des Mitbeteiligten resultierende Bemessungsgrundlage betrage somit € 25.036,-- (€ 27.386,-- minus € 2.350,--), woraus sich gemäß § 31 Abs. 1 StudFG eine zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern in der Höhe von € 1.829,65 ergebe.

14       Daraus resultiere - unter Berücksichtigung der zumutbaren Eigenleistung des Mitbeteiligten - nach Maßgabe des § 26 Abs. 2 Z 4 iVm § 30 Abs. 5a StudFG eine monatliche Studienbeihilfe für den Mitbeteiligten in Höhe von € 412,--.

15       Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, dass es keine Rechtsprechung zu folgenden Fragen gebe:

„(...) 1. Ergibt sich aus § 11 StudFG, dass - sobald eine Person über einen österreichischen Einkommensteuerbescheid über das maßgebliche Kalenderjahr verfügt - bei der Berechnung der Höhe der Studienbeihilfe ausschließlich von diesem auszugehen ist, oder kann, insbesondere in dem Fall, dass diese Person ihr Einkommen nicht in Österreich versteuert, von anderen Einkommensnachweisen, z.B. dem Einkommensteuerbescheid jenes Landes, in dem das Einkommen (überwiegend) versteuert wird, herangezogen werden und können darauf basierend Sonderausgaben und/oder außergewöhnliche Belastungen Berücksichtigung finden?

(...) 2. Sind Freibeträge gemäß § 32 Abs. 4 StudFG auch bei Personen zu berücksichtigen, die zwar in Österreich keine ‚Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit‘ erzielen, aber über vergleichbare Einkünfte außerhalb Österreichs verfügen?“

16       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Amtsrevision.

17       Der Mitbeteiligte erstattete in dem vom Verwaltungsgericht durchgeführten Vorverfahren eine am 2. Juni 2020 eingebrachte Revisionsbeantwortung.

18       Die Amtsrevision - die explizit darauf hinweist, dass der Vater des Mitbeteiligten seinen Wohnsitz in Österreich habe und daher gemäß § 1 Abs. 2 EStG in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig sei - wiederholt in der Zulässigkeitsbegründung im Wesentlichen die vom Verwaltungsgericht aufgeworfenen Fragen; in der Sache wendet sie sich sowohl gegen die Ermittlung des maßgeblichen Einkommens unter Heranziehung des deutschen Einkommensteuerbescheides aus dem Jahr 2016 gemäß § 11 Abs. 2 StudFG als auch gegen die Berücksichtigung von Freibeträgen nach Maßgabe des § 32 Abs. 4 leg. cit.

19       Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

20       Die Revision ist zulässig.

21       Die maßgeblichen Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 idF BGBl. I Nr. 77/2017 (StudFG), lauten (auszugsweise):

Gleichgestellte Ausländer und Staatenlose

§ 4. (1) Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens zur Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) und von Vertragsparteien des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft sowie Drittstaatsangehörige sind österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt, soweit es sich aus diesen Übereinkommen ergibt.

...

Kriterien der sozialen Bedürftigkeit

§ 7. (1) Maßgebend für die soziale Bedürftigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

1.   Einkommen,

...

des Studierenden, seiner Eltern und seines Ehegatten oder eingetragenen Partners.

(2) Für die Beurteilung von Einkommen, Familienstand und Familiengröße ist der Zeitpunkt der Antragstellung entscheidend.

(3) ...

Einkommen

§ 8. (1) Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

1.   das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988) BGBl. Nr. 400, in der jeweils geltenden Fassung zuzüglich

2.   der Hinzurechnungen gemäß § 9 und

...

Hinzurechnungen

§ 9. Dem Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 sind folgende Beträge hinzuzurechnen:

1.   ...

2.   die Beträge nach ... § 18 Abs. 6 und 7 ... EStG ..., soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden.

Einkommensnachweise

§ 11. (1) Das Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes ist wie folgt nachzuweisen:

1.   grundsätzlich durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides über das zuletzt veranlagte, spätestens jedoch über jenes Kalenderjahr, das dem Beginn des laufenden Studienjahres vorangegangen ist; der Einkommensteuerbescheid einer Arbeitnehmerveranlagung ist nicht heranzuziehen, wenn das zuletzt veranlagte Jahr mehr als drei Jahre zurückliegt und im gemäß Z 2 maßgeblichen Kalenderjahr ausschließlich lohnsteuerpflichtige Einkommen bezogen wurden, ...

(2) Über Sonderausgaben, allfällige steuerfreie Bezüge, Beträge gemäß § 9 Z 2 sowie ausländische Einkünfte ist eine Erklärung abzugeben. Es können, insbesondere bei ausländischen Einkünften, auch andere Nachweis über das Einkommen oder Teile desselben gefordert werden.

...

Bemessungsgrundlage

§ 32. (1) Die Bemessungsgrundlage des Studierenden, seiner Eltern sowie seines Ehegatten oder seines eingetragenen Partners umfasst das Einkommen gemäß den §§ 8 bis 10 abzüglich der Freibeträge gemäß Abs. 4 ...

...

(4) Als Freibeträge sind zu berücksichtigen

1.   bei den Eltern sowie dem Ehegatten oder dem eingetragenen Partner des Studierenden,

a)   wenn Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 25 Abs. 1 EStG 1988 zur Berechnung herangezogen werden, jeweils weitere 1 650 Euro;

b)   wenn nur bei einem Elternteil Einkünfte im Sinne der lit. a) herangezogen werden, bei diesem 2 350 Euro;

...“

22       Die maßgeblichen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400 idF BGBl. I Nr. 105/2017 (EStG 1988), lauten (auszugsweise):

„§ 1. (1) Einkommensteuerpflichtig sind nur natürliche Personen.

(2) Unbeschränkt steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

...

§ 2. (1) Der Einkommensteuer ist das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.

(2) Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie der Freibeträge nach den §§ 105 und 106a.

...

(3) Der Einkommensteuer unterliegen nur:

...

4.   Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25),

...

Sonderausgaben

§ 18. (1) Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind:

...

(6) Als Sonderausgaben sind auch Verluste abzuziehen, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind (Verlustabzug). ...

[Anm.: Abs. 7 aufgehoben durch Artikel 1 Z 6 lit. b, BGBl. I Nr. 117/2016]

...

Nichtselbständige Arbeit (§ 2 Abs. 3 Z 4)

§ 25. (1) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind:

1.a) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Dazu zählen auch Pensionszusagen, wenn sie ganz oder teilweise anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder der Lohnerhöhungen, auf die jeweils ein Anspruch besteht, gewährt werden, ...

...

3.   ...

c)   Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht. ...

...“

Zur ersten Frage:

23       Die Revision ist in diesem Punkt begründet:

24       Als Einkommen ist nach § 8 Abs. 1 Z 1 StudFG grundsätzlich das Einkommen (hier: der Eltern des Mitbeteiligten) gemäß § 2 Abs. 2 EStG heranzuziehen; dieses Einkommen ergibt sich unter Abzug der in § 18 Abs. 1 EStG 1988 genannten Sonderausgaben (soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind). Weiters regelt § 9 Z 2 StudFG, dass die dort genannten Beträge - darunter auch Sonderausgaben „nach § 18 Abs. 6 und 7 EStG“) zum Zweck der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Studienbeihilfe dem Einkommen hinzuzurechnen sind, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden.

25       Gemäß § 11 Abs. 2 StudFG ist über Sonderausgaben, allfällige steuerfreie Bezüge, Beträge gemäß § 9 Z. 2 leg. cit. sowie ausländische Einkünfte eine Erklärung abzugeben, wobei, insbesondere bei ausländischen Einkünften, auch andere Nachweise über das Einkommen oder Teile desselben gefordert werden können.

26       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt aus der Bestimmung des § 11 Abs. 2 StudFG nicht, dass damit von der Nachweispflicht gemäß § 11 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. abgegangen wurde, wonach das Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes grundsätzlich durch die Vorlage des (österreichischen) Einkommensteuerbescheides über das zuletzt veranlagte, spätestens jedoch über jenes Kalenderjahr, das dem Beginn des laufenden Studienjahres vorangegangen ist, nachzuweisen ist. Der Zweck der Bestimmung der in § 11 Abs. 2 StudFG normierten Offenlegungspflicht des antragstellenden Studierenden liegt insofern (lediglich) darin, jene Beträge zu ermitteln, die bei der Bemessung der Studienbeihilfe dem steuerrechtlich relevanten Einkommen hinzuzurechnen sind (vgl. VwGH 22.10.2013, 2011/10/0175; sowie das dort zitierte Erkenntnis VwGH 13.9.2000, 97/12/0344, in dem auch auf die Zielsetzung des StudFG, eine grundsätzliche Übereinstimmung des steuerrechtlichen und studienförderungsrechtlichen Einkommensbegriffes zu bewirken, hingewiesen wurde).

27       Aus der Anführung der Sonderausgaben in § 11 Abs. 2 StudFG 1992 kann daher nicht abgeleitet werden, dass solche Sonderausgaben, die nach den im Regelfall nach § 11 Abs. 1 leg. cit. maßgebenden Einkommensnachweisen nicht berücksichtigt wurden, von der Studienbeihilfenbehörde jedenfalls zu ermitteln und als einkommensmindernd abzuziehen sind (vgl. neuerlich VwGH 97/12/0344).

28       Nach dieser Rechtsprechung bietet die Bestimmung des § 11 Abs. 2 StudFG 1992 demnach auch keine Grundlage für die Studienbeihilfenbehörde, die (bloß) nach einer ausländischen (hier: der deutschen) Rechtsordnung für Zwecke der Steuerbemessung vom Einkommen abzuziehende Beträge bzw. „Sonderausgaben“ für Zwecke der österreichischen Studienbeihilfe als einkommensmindernd zu berücksichtigen.

29       Demnach hat das BVwG das angefochtene Erkennntnis insoweit, als es die Ermittlung des maßgeblichen Einkommens (des Vaters des Mitbeteiligten) entgegen der Bestimmung des § 11 Abs. 1 StudFG vorgenommen hat, mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Zur zweiten Frage:

30       In diesem Punkt erweist sich die Revision als unbegründet:

31       Nach § 32 Abs. 1 StudFG umfasst die Bemessungsgrundlage das Einkommen gemäß den §§ 8 bis 10 abzüglich der Freibeträge gemäß Abs. 4 leg. cit. Unter dem „Einkommen“ ist gemäß § 8 Abs. 1 StudFG das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 des EStG zu verstehen. Für den Fall, dass zur Berechnung der Bemessungsgrundlage bei den Eltern oder dem Ehegatten des Studierenden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 25 Abs. 1 EStG heranzuziehen sind, sieht § 32 Abs. 4 StudFG die Berücksichtigung der dort genannten Freibeträge vor. Auf die Frage, ob die in Rede stehenden Einkünfte in Österreich oder im Ausland erzielt werden, kommt es nach dem - auf diese Unterscheidung nicht abstellenden - Gesetzeswortlaut nicht an (vgl. in diesem Zusammenhang § 1 Abs. 2 EStG, wonach der unbeschränkten Steuerpflicht alle natürlichen Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich bzw. alle in- und ausländischen Einkünfte unterliegen).

32       Im Revisionsfall ist unstrittig, dass die Eltern des Mitbeteiligten im maßgeblichen Beurteilungszeitraum Einkommen im Sinne des § 8 Abs. 1 StudFG erzielt haben, wobei das Einkommen des Vaters aus der Einkunftsart „nichtselbständige Arbeit“ im Sinne des § 2 Abs. 2 iVm Abs. 3 Z 4 und § 25 Abs. 1 [Z 3 lit. c)] EStG - nämlich aus deutschen Pensionsbezügen - bestand, während sich das Einkommen der Mutter nach den unstrittigen Feststellungen aus Einkünften aus Kapitalvermögen und der Land- und Forstwirtschaft zusammensetzte. Die in Rede stehenden Einkünfte der Eltern des Mitbeteiligten fallen sohin zweifelsfrei unter den Tatbestand des § 32 Abs. 4 Z 1 lit. b) StudFG, weshalb der dort vorgesehene Freibetrag in Höhe von € 2.350,-- gemäß Abs. 1 leg. cit bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage vom Einkommen der Eltern abzuziehen war.

33       Im Übrigen sei angemerkt, dass die Revisionsauffassung, wonach in der vorliegenden Konstellation Freibeträge gemäß § 32 Abs. 4 StudFG nicht zu berücksichtigen seien, mit dem Gebot der studienförderungsrechtlichen Gleichstellung von Studierenden aus EWR-Staaten (§ 4 StudFG 1992) nicht in Einklang zu bringen wäre.

Ergebnis:

34       Das angefochtene Erkenntnis war daher (aus dem in Rn 29 genannten Grund) gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

35       Da der Mitbeteiligte in seiner Revisionsbeantwortung - neben einem hilfsweise gestellten Antrag auf Abweisung der Amtsrevision - primär eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in der Sache (durch eine näher genannte Abänderung des angefochtenen Erkenntnisses) beantragt hat, ist die Revisionsbeantwortung der Sache nach (auch) als verspätete Revision zu werten; der darin gestellte Antrag war daher schon deshalb gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen (vgl. etwa VwGH 13.10.2021, Ra 2021/09/0205, mwN).

Wien, am 21. Dezember 2021

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RO2020100013.J00

Im RIS seit

18.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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