TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/6 W172 2245400-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.09.2021
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Entscheidungsdatum

06.09.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
BWG §39 Abs1
BWG §5 Abs1
BWG §69
BWG §70 Abs4
BWG §70 Abs4b Z1
FMABG §22 Abs2a
VwGG §30 Abs1
VwGG §30 Abs2
VwGVG §13 Abs1
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §13 Abs4
VwGVG §44
VwGVG §50 Abs1

Spruch


W172 2245400-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Martin MORITZ als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Dr. Sibyll BÖCK als Beisitzerin und den Richter Mag. Rainer FELSEISEN als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 29.06.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt

1.1. Mit Anzeigen der XXXX (in Folge auch: X-Bank bzw. beschwerdeführende Partei) an die Finanzmarktaufsichtsbehörde (in Folge auch: FMA bzw. belangte Behörde) gemäß § 73 Abs 1 Z 3 BWG betreffend Änderung in der Geschäftsleitung wurde mit Schreiben vom

- 28.09.2016 die Bestellung von GL XXXX (in Folge auch: HS) (ON 18),

- 19.04.2017 die Bestellung von GL XXXX (in Folge auch: GB) (ON 19),

- 25.04.2017 die Abberufung von GL GB (ON 20),

- 02.06.2017 die Bestellung von GL XXXX (in Folge auch: SF) (ON 21) und

- 18.09.2017 die Abberufung von GL XXXX (in Folge auch: FN)

mitgeteilt.

1.2. Die Vor-Ort-Prüfung der Österreichischen Nationalbank (in Folge auch: OeNB) fand im Zeitraum vom 26.06. bis 14.07.2017 bei der X-Bank statt (s. ON 15).

1.3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 02.08.2017 betreffend Vorabinformation der OeNB im Zuge der Vor-Ort-Prüfung gemäß § 79 Abs 4a BWG wurde die beschwerdeführende Partei hiervon informiert (ON 13), woraufhin die beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom 18.09.2017 antwortet (ON 14)

1.4. Mit Schreiben der belangten Behörde an die beschwerdeführende Partei vom

- 15.11.2017 wurde die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens betreffend Geschäftsleiterqualifikation (ON 15),

- 06.08.2018 die Einstellung des Verfahrens betreffend Geschäftsleiterqualifikation bei SF gemäß § 5 Abs 1 Z 8 BWG (ON 16) und

- 05.02.2019 die Einstellung des Verfahrens betreffend Geschäftsleiterqualifikation bei XXXX (in Folge auch: MA), bei SF und bei HS gemäß § 5 Abs 1 Z 7 BWG (ON 17) mitgeteilt.

1.5. Mit Schreiben von 10.12.2019 übermittelte die beschwerdeführende Partei eine Stellungnahme (ON 12) aufgrund der Aufforderung der belangten Behörde mit Schreiben vom 28.10.2019.

1.6. Mit Anzeigen der beschwerdeführenden Partei an die belangte Behörde gemäß § 73 Abs 1 Z 3 BWG betreffend Änderung in der Geschäftsleitung wurde mit Schreiben vom

- 20.01.2020 die Bestellung von GL XXXX (in Folge auch: HP) (ON 1).

- 20.01.2020 die Abberufung von GL SF (ON 2),

- 15.05.2020 die Abberufung von GL HP (ON 3) und

- 15.05.2020 die Bestellung von GL XXXX (in Folge auch: GW) (ON 5)

mitgeteilt.

1.7. Mit Schreiben der beschwerdeführenden Partei von 19.05.2020, betitelt mit „Bankwesengesetz, Angeforderte Unterlagen“ wurde die Dienstfreistellung von GL HP mitgeteilt (ON 4).

1.8. Aufgrund der Aufforderung der belangten Behörde zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Wochen mit Schreiben von 20.05.2020 (ON 6), zugestellt der beschwerdeführenden Partei am gleichen Tag, erfolgte diese mit Schreiben von 09.06.2020 (ON 7).

1.9. Der Prüfbericht des Bankprüfers der X-Bank gemäß § 63 Abs 3 Z 1 BWG an die FMA erfolgte mit Schreiben vom 24.06.2020.

1.10. Am 14.07.2020 fand die Vernehmung des Zeugen HP beid er belangten Behörde statt (ON 8).

1.11. Die OeNB übermittelte ihre Sonderanalyse vom 15.07.2020 an die belangte Behörde betreffend Entwicklung der Gesamtertragslage auf Basis der Analyseaufträge vom 22.06. bzw. 29.06.2020.

1.12. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 13.11.2020 an die beschwerdeführende Partei wird dieser die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens betreffend Geschäftsleiterqualifikation gemäß § 70 Abs 4 Z 1 iVm § 39 Abs 1 und § 5 Abs Z 7 BWG mitgeteilt (ON 23.2), worauf diese mit Schreiben von 20.01.2021 Stellung nimmt (ON 23).

1.13. Der XXXX (in Folge auch: Revision) übermittelte ihren Vorprüfungsbericht vom 21.01.2020 über die beschwerdeführende Partei betreffend das Geschäftsjahr 2020 an die belangte Behörde (ON 24).

1.14. Des Weiteren erfolgte eine Stellungnahme der Revision vom 22.03. bzw. 24.03.2021 (ON 25) aufgrund einer diesbezüglichen Aufforderung der belangten Behörde mit Schreiben von 19.03.2021.

1.15. Ferner erfolgte eine Replik der OeNB vom 25.03.2021 (ON 26) auf die Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom 20.01.2021.

1.16. Die belangte Behörde führte eine Compass Abfrage betreffend die X-Bank am 10.06.2021 aus (ON 27).

1.17. Mit Bescheid der FMA vom 29.06.2021, Zl. XXXX , zugestellt am 29.06.2021, erging an die beschwerdeführende Partei folgender Spruch:

„Gemäß § 70 Abs 4b Z 1 Bankwesengesetz (BWG), BGBl Nr. 532/1993, idfF, in Verbindung mit § 5 Abs 1 Z 7 BWG und § 39 Abs 1 BWG wird X-Bank unter Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von EUR 25.000 (in Worten: Euro fünfundzwanzigtausend) aufgetragen, den rechtmäßigen Zustand längstens bis 30.09.2021 wie folgt herzustellen:

I. Innerhalb der genannten Frist sind MA (geb. XXXX ) als Geschäftsleiterin (in Folge auch: GL1) und HS (geb. XXXX ) als Geschäftsleiter (in Folge auch: GL2) abzuberufen. Bis zum 30.09.2021 ist stattdessen zumindest ein neuer, gemäß § 5 Abs 1 Z 6 bis 13 BWG geeigneter Geschäftsleiter zu bestellen.

II. Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde ist gemäß § 13 Abs 2 VwGVG ausgeschlossen.“

Begründend wurde zu Spruchpunkt II. nach Darstellung der Rechtslage ausgeführt, dass aufgrund der stetigen Nicht-Bedachtnahme der Ertragslage und in diesem Zusammenhang vor allem des nichtausreichenden Gegensteuerns mit entsprechend angemessenen Maßnahmen das erhebliche Risiko bestehe, dass auf Gläubigerinteressen nicht im erforderlichen Ausmaß Bedacht genommen werde. Die X-Bank scheitere bereits seit Langem an der Etablierung eines nachhaltigen Geschäftsmodells. Dieses Unterlassen der Geschäftsleitung verursache langanhaltende Schäden, die schnellstmöglich korrigiert werden müssten, um zeitnahe Ergebnisse zu erzielen. Durch die schon weit fortgeschrittene Abwärtsspirale sei die Gefahr der Gläubigerschädigung gegeben. Eine rasche Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes sei daher dringend geboten.

Die Bestimmungen der §§ 69 und 70 BWG würden insbesondere auch das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Bankwesen und an der Finanzstabilität festschreiben. Es werde also dem Funktionieren des Bankwesens allgemein und dem Vertrauen (der Öffentlichkeit) in den Kapitalmarkt vom österreichischen Bundesgesetzgeber wie auch jenem der EU sowie seitens der Höchstgerichte ein besonderes öffentliches Interesse bescheinigt. Bereits mögliche Nachteile für Kunden, Verlust des Vertrauens in das Bankwesen und insbesondere die Beeinträchtigung des Gläubigerschutzes (eines Kreditinstitutes) würden als Gefährdung dieser zwingenden öffentlichen Interessen gewertet werden (vgl dazu auch BVwG 02.05.2014, W148 2006968-1; 08.05.2014, W204 2007009-1). Es bestehe daher jedenfalls ein zwingendes öffentliches Interesse an der raschen Abberufung der vorzitierten Geschäftsleiter, das den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der gegenständlichen Beschwerde erforderlich mache.

1.18. Dieser Bescheid wurde mit Beschwerde mit Schriftsatz vom 27.07.2021 angefochten sowie beantragt, dass verfahrensgegenständlich das Bundesverwaltungsgericht Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides dahingehend abändern möge, dass er ersatzlos behoben werde und damit der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt werde.

Begründend wurde im Wesentlichen dargelegt, dass der BW eine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sei, wenn offenkundig ein Fehler in der angefochtenen Entscheidung vorliegen würde. Ein derartiger sei zunächst in den fehlenden Tatsachenfeststellungen in Bezug auf das Konzessionserfordernis des § 5 Abs 1 Z 7 BWG im bekämpften Bescheid zu sehen, da nicht angeführt worden sei, mit welchen Handlungen bzw. Unterlassungen konkret jeweils die beiden Geschäftsleiter ihren Sorgfaltspflichten nach § 39 BWG nicht nachgekommen seien. Erst eine solche Feststellung setzt eine rechtliche Würdigung der Verletzung der in § 70 Abs 4 BWG genannten Rechtsvorschriften voraus, woraus sich dann ein Auftrag nach Abs 4 leg.cit stützen könne. Weiters würden Feststellungen im Zusammenhang mit der für die Beurteilung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung vorgenommenen Interessensabwägung betreffend das Vorliegen und die konkrete Gefährdung des von der belangten Behörde angenommenen öffentlichen Interesses sowie betreffend die Interessen des Kreditinstituts fehlen.

Unter Hinweis auf die Rechtsprechung zur aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs 2 VwGG, wonach derjenige, der das Abweichen von der gesetzlichen Grundregel - keine aufschiebende Wirkung der Revision gemäß § 30 Abs 1 VwGG - begehre, ein substantiiertes Vorbringen zu erstatten habe, monierte die beschwerdeführende Partei, dass eine derartige substantiierte Begründung im bekämpften Bescheid fehle. Allein die von der belangten Behörde angeführte ausgeübte Bankenaufsicht als eine Wirtschaftsaufsicht im öffentlichen Interesse würde keinesfalls den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen. Zum weiters im bekämpften Bescheid geltend gemachten Schutz der Gläubigerinteressen, der im öffentlichen Interesse liegen würde, begegnete die beschwerdeführende Partei mit dem Hinweis, dass nahezu jede die Tätigkeit von Kreditinstituten regelnde Norm auch dem Schutz der Interessen der Gläubiger dienen würde, sodass ein Verstoß gegen diese Normen für sich allein nicht zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung führen würde. Erforderlich sei aber, dass in Bezug auf diese Interessen Gefahr im Verzug bestehe, nämlich, dass die Gläubigerinteressen es erforderlich machen würden, dass die beiden Geschäftsleiter unverzüglich (bis zum 30.09.2021) abberufen werden würden. Dabei müsse eine konkrete Gefahr der Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen gegeben sein. Das Vorliegen einer solchen Gefahr sei im angefochtenen Bescheid nicht konkretisiert worden, da die belangte Behörde verabsäumt habe, selbst Feststellungen zu treffen. Aber auch mit der postulierten Abwärtsspirale, die nicht durch Zahlen unterlegt und auch nicht näher beschrieben sei, werde von der belangten Behörde nicht substantiiert begründet, dass „hier und jetzt" eine Beeinträchtigung der Gläubigerinteressen bestehe, die durch die Abberufung der Geschäftsleiter ohne Abwarten des Ausgangs des Beschwerdeverfahrens gegen Spruchpunkt I. abgewendet werden müsse.

Zum Vorwurf der belangten Behörde, dass die beschwerdeführende Partei bereits seit Langem an der Etablierung eines nachhaltigen Geschäftsmodells scheitere und dieses Unterlassen der Geschäftsleitung langanhaltende Schäden verursache, die schnellstmöglich korrigiert werden müssten, um zeitnahe Ergebnisse zu erzielen, kritisierte die beschwerdeführende Partei, dass im bekämpften Bescheid ebenfalls diesbezüglich keine Feststellungen getroffen worden seien, dies gelte in Bezug auf die fehlende Konkretisierung der Schäden sowie, was unter „zeitnah“ bzw. „zeitnahe Ergebnisse“ zu verstehen sei.

Auch zeige letztlich die Durchführung des verwaltungsbehördlichen Verfahrens in seinem zeitlichen Ablauf durch die belangte Behörde, dass sie selbst keine substantiierten Bedenken der Gefährdung von Gläubigerinteressen habe. Die beschwerdeführende Partei verwies auf die Sonderanalyse der OeNB, die die wirtschaftliche Lage der beschwerdeführenden Partei umfassend analysiert habe und der belangten Behörde bereits seit dem 15.07.2020 vorgelegen sei. Erst knapp vier Monate später wurde von dieser die beschwerdeführende Partei zur Stellungnahme aufgefordert, wobei die belangte Behörde zum damaligen Zeitpunkt die Erteilung des nun gegenständlichen Auftrages mit einer Umsetzungsfrist bis 15.03.2021 (ca. vier Monate nach dem Schreiben der belangten Behörde vom 13.11.2020) in Aussicht gestellt habe. Diese Umsetzungsfrist habe die belangte Behörde überdies für Monate verstreichen lassen. Sie habe ein weiteres Analyseersuchen an OeNB außerdem erst am 10.03.2021, sohin sieben Wochen nach Erhalt der Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei, gestellt. Selbst nach Einlangen der Ausführungen der Revision am 22.03. bzw. 24.03.2021 und der Replik zur Stellungnahme der OeNB vom 25.03.2021 seien noch mehr als drei Monate vor Erlassung des bekämpften Bescheides vergangen, in der zudem eine dreimonatige Umsetzungsfrist eingeräumt worden sei.

Zur von der belangten Behörde postulierten Gefahr für die Gläubiger bemängelte die beschwerdeführende Partei, dass die OeNB selbst in ihrer Sonderanalyse vom 15.07.2020 und in ihrer „Replik zur Stellungnahme“ vom 25.03.2020 nicht zum Ergebnis gekommen sei, dass die Gebarungs- und Strategiemängel in der Einflusssphäre der Geschäftsleitung zur Gefahr für die Gläubiger der beschwerdeführenden Partei geworden seien. Solange Bilanzgewinne erzielt werden würden, sei eine konkrete Gefahr von Gläubigerinteressen nicht realistisch, was sich mit den wiedergegebenen Ausführungen der OeNB decken würde. Die beschwerdeführende Partei führte die Bilanzgewinne an, die in den Jahresabschlüssen der letzten Jahre, einschließlich des abgelaufenen Geschäftsjahres 2021, ausgewiesen worden seien. Auch aus den Bilanzdaten der belangten Behörde per 31.12.2020 ergebe sich, dass sich die gesamten Spareinlagen auf rund EUR XXXX belaufen würden, die kurz- bzw. mittelfristig durch freie liquide Mittel in Höhe von rund EUR XXXX (Guthaben bei Kreditinstituten in Höhe von rund EUR XXXX und Wertpapiere in Höhe von rund EUR XXXX ), damit zur Gänze gedeckt seien. Außerdem sei aus der LCR-Kennzahl ableitbar, dass die beschwerdeführende Partei mit einem Wert von XXXX per 31.12.2020 die gesetzlich vorgeschriebene LCR-Kennzahl von 100% erheblich übererfüllt habe. Die überdurchschnittliche Liquidität sei auch aus den Liquiditätskennzahlen erkennbar, wonach die beschwerdeführende Partei auch in den Szenarien „Problemfall", ,,Rufkrise" und „Systemkrise" sämtliche Werte übererfüllt habe. Weiters liege eine Eigenmittelausstattung per 31.12.2020 in Höhe von rund EUR XXXX . bzw. ein Eigenmittelüberschuss in Höhe von EUR XXXX vor. Außerdem würden in der Reservenmeldung per 31.12.2020 stille Reserven in Höhe von rund EUR XXXX ausgewiesen. Zusätzlich verfüge die beschwerdeführende Partei über ein hohes Volumen an tenderfähigen Wertpapieren in Höhe von rund EUR XXXX Dies belegt ebenfalls, dass die Beschwerdeführerin die Forderungen ihrer Gläubiger jederzeit erfüllen kann. Auch im Bericht zur Nachtragsrevision für das Jahr 2019 seien „keine Tatsachen festgestellt [worden], die den Bestand der geprüften Genossenschaft“, somit auch Gläubigerinteressen gefährden würden. Aus der zentral erstellten Risikotragfähigkeitsanalyse per 30.09.2020 sei mit XXXX % eine sehr hohe Risikotragfähigkeit der X-Bank, gemessen an der Relation des Verlustpotenzials aus den Risiken im Problemfall zur diesbezüglichen Deckungsmasse (Risikoauslastung)" ableitbar. Zudem sei stets ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk des Bankprüfers erteilt worden. Ebenso ergebe sich aus der Risikotragfähigkeit im Problemfall, die Auskunft darüber gebe, wie hoch die Risikoauslastung im Verhältnis zur verfügbaren Deckungsmasse sei, dass die beschwerdeführende Partei im Peergroup-Vergleich deutlich unter dem Durchschnitt liege (in der Gesamtbewertung zum 31.12.2020 bei XXXX % während der Durchschnitt in der Peergroup bei XXXX % und der Landesdurchschnitt bei XXXX % liege). Eine Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen könne folglich ausgeschlossen werden.

Zum behaupteten Unterlassen einer Interessensabwägung durch die belangte Behörde führt die beschwerdeführende Partei an, die beiden Geschäftsleiter würden über mehrjährige Geschäftsleiterdienstverträge verfügen, die erst zum XXXX 2023 bei GL1 und XXXX 2024 bei GL2 enden würden, wobei die Abberufung aus der Geschäftsleiterfunktion nicht zu einer automatischen Beendigung der Geschäftsleiterdienstverträge und der sich daraus ergebenden Entgeltverpflichtung für die BFP führen würde. Der Geschäftsleiterdienstvertrag des dritten bestellten Geschäftsleiters GW (in Folge auch: GL3) ende am XXXX 2022. Stelle sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraus, dass der Auftrag der belangten Behörde rechtswidrig erteilt worden sei, vermeide die beschwerdeführende Partei die im Spruchpunkt I. festgesetzte Bestellung (zumindest) eines weiteren Geschäftsleiters, die den Abschluss eines entsprechenden Dienstvertrages voraussetze. Ausgehend von den finanziellen Lasten der beschwerdeführenden Partei aufgrund des (den aktuellsten und damit die derzeitige Marktlage am besten reflektierenden) Geschäftsleiterdienstvertrages des (in Vollzeit tätigen) GL3 führe der Abschluss eines Dienstvertrages mit einem neuen Geschäftsleiter zu jährlichen Gehaltskosten von ca. EUR XXXX (zusammengesetzt aus dem Monatsbruttobezug in Höhe von EUR XXXX , 14 mal jährlich, und den durch den Dienstgeber zu tragenden Lasten, wie Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe von XXXX des Bruttobezugs, Kommunalsteuer in Höhe von 3% des Bruttobezugs sowie einem variablen Gehaltsbestandteil). Damit würden beginnend mit 01.10.2021, dem spätest möglichen Beginn der Geschäftsleitertätigkeit eines neu zu bestellendem Geschäftsleiter laut Spruchpunkt I., bis zum XXXX 2022, dem frühesten Ablauf eines bestehenden Geschäftsleiterdienstvertrages, nämlich des Vertrages mit GL3, der beschwerdeführenden Partei somit zusätzliche Kosten in Höhe von ca. EUR XXXX (exklusive variabler Gehaltsbestandteile) für den neuen Geschäftsleiter bzw. die neue Geschäftsleiterin entstehen.

Die beschwerdeführende Partei verwies auch auf die Problematik der Effektivität des Rechtsschutzes, wonach gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 die Beschwer im Rechtsmittelverfahren (Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof) ab dem Zeitpunkt der Umsetzung eines Auftrages zur Abberufung von Geschäftsleitern gemäß § 70 Abs 4 Z 1 BWG weggefallen sei (VwGH 17.11.2014, 2010/17/0039). Mit der Umsetzung des in Spruchpunkt I. festgelegten Auftrages würde nach dieser Rechtsprechung das Beschwerdeverfahren eingestellt und der beschwerdeführenden Partei somit die Möglichkeit zur gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Auftrages genommen werde. Dies bedeute, dass die beschwerdeführende Partei nur bei Aufhebung des Spruchpunktes II. einen effektiven Rechtschutz durch ein unabhängiges Gericht gegen Spruchpunkt I. habe. Denn aufgrund der verfahrensbeschleunigenden Regelung in § 13 Abs 4 VwGVG sei es realistisch, dass das Verwaltungsgericht die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. bis zum Ablauf der von der belangten Behörde für die Erfüllung des Auftrages in Spruchpunkt I. festgesetzten Umsetzungsfrist, dem 30.09.2021, erledigt habe. Gleichzeitig erscheine es - auch vor dem Hintergrund der der belangten Behörde gemäß § 14 Abs 1 VwGVG eingeräumten Möglichkeit zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zu Spruchpunkt I. binnen zwei Monaten ab Einlangen der Beschwerde – aber wenig wahrscheinlich, dass das Verwaltungsgericht – ggf. nach Stellung eines Vorlageantrages - bis zum 30.09.2021 die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. erledigt habe. Die im Fall des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung gegen Spruchpunkt I. denkbare Alternative der beschwerdeführenden Partei, den Auftrag nicht fristgerecht - nämlich bis zur Erledigung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. durch das Verwaltungsgericht - umzusetzen, erweise sich unter dem Gesichtspunkt der Effektivität des Rechtsschutzes als nicht annähernd gleichwertig: Bei nicht fristgerechter Umsetzung des Auftrages habe die beschwerdeführende Partei die im angefochtenen Bescheid angedrohte Zwangsstrafe zu bezahlen und sei der Gefahr der Setzung einer Maßnahme gemäß § 70 Abs 4b Z 2, ggf. Z 3 BWG, insbesondere der Erlassung eines Bescheides, mit denen den beiden Geschäftsleitern die Geschäftsführung untersagt und deren unverzügliche Abberufung aufgetragen werden würde, ausgesetzt. Die Beschwerde gegen einen solchen Bescheid könne aber nicht damit begründet werden, dass der zugrunde liegende Bescheid, somit Spruchpunkt I. des gegenständlich angefochten Bescheides, rechtswidrig sei (VwGH 12.03.2010, 2010/17/0031). Die belangte Behörde könne daher noch während des Beschwerdeverfahrens gegen Spruchpunkt I. des gegenständlichen Bescheides die Abberufung der beiden Geschäftsleiter durchsetzen, ohne dass der Abberufungsauftrag im gegenständlichen Bescheid und im Bescheid nach § 70 Abs 4b Z 2 BWG einer gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden würde.

1.19. Mit Schreiben vom 12.08.2021, eingelangt mit dem verfahrensgegenständlichen Akt beim Bundesverwaltungsgericht am 13.08.2021, übermittelte die belangte Behörde eine Stellungnahme zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge diesem Antrag nicht stattgeben.

In dieser wurde zusammengefasst, zunächst unter Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 02.03.2018, G 257/2017, vorgebracht, dass die Mehrzahl der Fälle im Finanzmarktbereich mit einer besonderen Dringlichkeit verbunden sei bzw. im Zusammenhang mit spezifischen Gefahren und besonderen Sachfragen der Aufsichtstätigkeit stehe, die den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gebiete, wobei auch der unionsrechtliche Regelungszusammenhang zu beachten sei. In diesem Erkenntnis seien exemplarisch auch Verfahren aufgezählt worden, die mit keiner erhöhten Dringlichkeit verbunden seien, die Abberufung bzw. Untersagung von Geschäftsleitern finde sich nicht darunter, dieses sei mit keinem Verfahren auch nur ansatzmäßig vergleichbar. Auch die erläuternden Bemerkungen zu vom erwähnten Erkenntnis vom VfGH aufgehobenen (§ 22 Abs 2 FMABG (RV 2196 XXIV. GP S. 3 f), welcher generell den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung angeordnet habe, würde die Untersagung der Geschäftsleitung ausdrücklich zu jenen Maßnahmen zählen, die „[...] rasch ergriffen und unverzüglich vollzogen werden können [müssen]“ (so ausdrücklich zu § 22 Abs 2 FMABG EB zur RV 2196 XXIV. GP S. 3 f).

Bezüglich des Vorliegens von Gefahr im Verzug führte die belangte Behörde an, dass der Bankprüfer der X-Bank mit Schreiben vom 24.06.2020 einen Bericht gemäß § 63 Abs 3 Z 1 BWG erstattet habe, wonach bei seiner Prüfungstätigkeit Tatsachen festgesteilt worden seien, die eine Berichtspflicht gemäß § 273 Abs 2 UGB begründen würde. Gemäß § 273 Abs 2 UGB habe der Abschlussprüfer, wenn er bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben Tatsachen feststelle, die den Bestand des geprüften Unternehmens oder Konzerns gefährden oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigen könnten oder die schwerwiegenden Verstöße der gesetzlichen Vertreter oder von Arbeitnehmern gegen Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung erkennen lassen würden, darüber unverzüglich zu berichten.

Im Rahmen seines Berichts habe der Bankprüfer auf eine wesentliche Beeinträchtigung der Entwicklung der Ertragslage in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Geschäftsmodell der X-Bank hingewiesen, wobei den Geschäftsleitern bis dato nicht gelungen sei, den negativen Trend gegenzusteuern. So würden die Betriebsergebnisse der letzten Jahre jeweils deutlich unter den Vergleichswerten in der Peergroup desselben Bundeslandes liegen. Die X-Bank weise daher als einzige Bank in diesem Peergroup-Vergleich negative Betriebsergebnis im Jahr 2019 auf. Auch für die Jahre 2020 und 2021 würden laut vorliegender Ertragsvorschaurechnung die operativen Betriebsergebnisse negativ sein und seien nur durch Sonderfaktoren (beabsichtigte Verkäufe von bankeigenen Liegenschaften) als knapp positive Betriebsergebnisse dargestellt. Zum 31.03.2020 sei im Sanierungsplan eine Schwellwertüberschreitung eines Indikators (Gesamtkapitalrentabilität / RoA) festgestellt und der Aufsichtsbehörde gemeldet worden. Seitens der Revision sei eine wesentliche und zu erwartende nachhaltige Rentabilitätsverschlechterung und somit eine strukturelle Schieflage der X-Bank festgesteilt worden, wobei erhebliche Zweifel an der Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells der X-Bank und Zweifel am erfolgreichen Umsetzen der erforderlichen Gegensteuerungsmaßnahmen geäußert worden seien.

Aus der Anlage zum Prüfbericht vom 29.06.2020 sei zu entnehmen, sofern in diesem Bereich kein unmittelbares Gegensteuern erfolgen sollte, würde ein ernster Grund zur Annahme bestehen, dass von den Geschäftsleitern nicht die erforderlichen Maßnahmen zur ausreichenden Begrenzung der bankbetrieblichen Risiken im Sinne des § 39 Abs 1 BWG gesetzt werden. Aufgrund der vergleichsweise hohen personellen Fluktuationen im Geschäftsleiter- und auch Mitarbeiterbereich würde nunmehr Know-How im Markt- und Marktfolgebereich fehlen, sodass aus Sicht der Revision unmittelbarer Handlungsbedarf bestehen würde. Die fehlende Kompetenz am Markt zeige sich an der nicht zufrieden stellenden Entwicklung im Kredit- und Dienstleistungsgeschäft sowie in der unzureichenden Ertragslage. Auch im Marktfolgebereiche fehle notwendiges Know-How in den Bereichen Betriebswirtschaft, Kreditrisikomanagement und Organisation. Ein bankbetriebliches Risiko bestehe auch im Zusammenhang mit der mangelhaften Planungsqualität der Ertragsvorschaurechnungen und Mittelfristplanungen (SREP). Von den Geschäftsleitern der X-Bank seien bestehende Möglichkeiten einer Ertragsverbesserung nicht bzw. nicht im erforderlichen Ausmaß genutzt worden. So seien aus Sicht der Revision Einsparungspotentiale wie beispielsweise Kosten für die freiwillige Zweitprüfung, Gewinnausschüttung, Verzinsung der Spareinlagen, Rechts- und Beratungskosten sowie Aufwendungen für Werbung, Repräsentation und Spenden nicht im erforderlichem Ausmaß genutzt worden. Ebenso verhalte es sich um Potentiale im Kundengeschäft zur Ertragsverbesserung, bedingt wahrscheinlich auch mit der hohen Mitarbeiterfluktuation in den Vorjahren. Die im Rahmen der Jahresabschlussprüfung vorgelegte Mittelfristplanung von der Geschäftsleitung sei in einzelnen Bereichen (Kreditwachstum, Dienstleistungsgeschäft, Einsparungen bei Sachaufwendungen) von hohen Zuwächsen bzw. Einsparungsmaßnahmen ausgegangen, die in den letzten Jahren bei Weitem nicht erreicht worden seien. Seitens der Revision sei eine wesentliche und zu erwartende nachhaltige Rentabilitätsverschlechterung und somit eine strukturelle Schieflage der X-Bank festgestellt worden.

Auch nach den von der belangten Behörde beauftragten Analysen der OeNB sei im Peer-Vergleich seit dem Jahr 2013 mehrere nähere beschriebene Einbrüche in der operativen Ertragslage der X-Bank erfolgt, sodass sich diese deutlich unter dem Peergroup-Durchschnitt verschoben habe. Das Betriebsergebnis sei mit XXXX % der DBS (Peergroup: XXXX %) bereits sehr schwach, in den Jahren 2016 bis 2018 zeige sich eine um XXXX XXXX %-Punkte parallel nach unten versetzt analoge Entwicklung zur Peergroup, für das Jahr 2019 lasse sich der nächste Knick erkennen. Während das Betriebsergebnis in der Peergroup stabil geblieben sei, weise die X-Bank nunmehr ein negatives Ergebnis aus, das - im Gegensatz zur Peergroup - auch für das Jahr 2020 laut Ausblick erwartet werde.

Auch im Hinblick auf das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) zeige sich bei der X-Bank über den Betrachtungszeitraum 2009 bis 2020 ein im Vergleich zur Peergroup gegenläufiger Trend. Während das EGT / DBS der X-Bank von 2009 bis 2019 um - XXXX fr-Punkte bzw. - XXXX % zurückgegangen sei, sei das der Peergroup im gleichen Zeitraum um + XXXX %-Punkte bzw. + XXXX % angestiegen. Das EGT der X-Bank habe im Jahr 2009 mit einem weit überdurchschnittlichen Niveau gestartet ( XXXX % vs. XXXX % der X-Bank), nach 2013 mit dem ersten Knick sei seit 2015 das EGT der X-Bank im Peergroup-Vergleich unterdurchschnittlich und der Negativtrend halte seither ungebrochen an. Die Jahre 2018 und 2019 würden ein sehr schwaches, weit unterdurchschnittliches EGT ausweisen, für das Jahr 2020 werde laut der Analysen der OeNB ein EGT deutlich im negativen Bereich erwartet.

Die belangte Behörde folgerte, dass die GL1 und der GL2 nicht in der Lage seien, den langjährigen Negativtrend umzukehren, sodass Gefahr in Verzug bestehe und daher die im Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides aufgetragenen Maßnahmen umzusetzen seien.

Die belangte Behörde trat weiters mit dem Hinweis, dass die FMA den maßgeblichen Sachverhalt zu erforschen, also die materielle Wahrheit zu ermitteln habe (§ 37 AVG), dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei entgegen, das einen Zusammenhang mit der Dauer der Ermittlungstätigkeit der belangten Behörde mit der Dringlichkeit des Vollzuges des angefochtenen Bescheides herstellte. Ebenso bestritt sie die Behauptung der beschwerdeführenden Partei, dass die OeNB die von der FMA postulierte Gefahr für die Gläubiger nicht sehe. Beide Analyseersuchen an die OeNB vom 22.06. und vom 29.06.2020 seien in ausdrücklicher Bezugnahme auf die Zwecke der Bankenaufsicht gemäß § 79 Abs 4a BWG erfolgt, letzteres Ersuchen auch im Hinblick auf den vom Bankprüfer übermittelten Bericht nach § 63 Abs 3 BWG vom 24.06.2020.

Die belangte Behörde bestritt auch die Argumentation der belangten Behörde, dass solange Bilanzgewinne erzielt werden würden, eine konkrete Gefahr von Gläubigerinteressen nicht realistisch sei, was sich mit den wiedergegebenen Ausführungen der OeNB decken würde. Das Abzielen auf Kennzahlen, insbesondere derjenigen der LCR, und den Bilanzgewinn sei ungemessen, da der Bilanzgewinn sich aus Erträgen aus Auflösungen von EWB, im Wertpapier- oder Forderungsbereich ergeben würde, während der bekämpfte Bescheid in seiner Beurteilung auf das Betriebsergebnis abziele, das einen deutlich besseren Einblick in die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens gebe. Die Tatsache, dass Sondermaßnahmen, insbesondere Verkäufe, beabsichtigt werden würden, um ein positives Jahresergebnis zu zeigen, sei vielmehr ein Zeichen dafür, dass eine konkrete Gefahr von Gläubigerinteressen vorliegen würde.

1.20. Mit Schreiben vom 25.08.2021, eingelangt beim BVwG am gleichen Tag, übermittelte die beschwerdeführende Partei eine Replik zur Stellungnahme der belangten Behörde vom 12.08.2021, in der sie im Wesentlichen ihre bereits in der Beschwerde vorgebrachten Argumente bekräftigte und nochmals zusammenfasste. Dieses wurde vom BVwG mit Mail am gleichen Tag der belangten Behörde zur Kenntnisnahme übermittelt.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt gründet sich auf den Inhalt der angeführten Akten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes.


3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts, zum anzuwendenden Recht und zur Zulässigkeit der Beschwerden

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 22 Abs 2a Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG) entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der FMA das Bundesverwaltungsgericht durch Senat, ausgenommen in Verwaltungsstrafsachen bei Bescheiden bei denen weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Der Vorschrift des § 22 Abs 2a FMABG nach liegt somit gegenständlich Senatszuständigkeit vor (zur Nichtanwendung des § 9 Abs 1 BVwGG, der Einzelrichter-Zuständigkeit vorsieht, auf Entscheidungen über den einstweiligen Rechtsschutz vgl VwGH 05.09.2018, Ra 2018/03/0056; dazu näher auch BVwG 24.04.2019, W204 2217702-1/3E).

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl I Nr. 33/2013 idF BGBl I Nr. 57/2018, geregelt (§ 1 leg.cit.). Der gegenständliche Antrag wurde binnen offener Rechtsmittelfrist (unter einem mit der Beschwerde) gegen den Bescheid der FMA erhoben und ist somit zulässig (§ 7 Abs 4 VwGVG iVm Art 130 Abs 1 Z 1 BVG, § 22 Abs 2 FMABG).

Der gegenständliche Bescheid, datiert mit 29.06.2021, wurde der beschwerdeführenden Partei am gleichen Tag zugestellt, die dagegen erhobene Beschwerde langte am 27.07.2021 bei der belangten Behörde ein.

Die gegenständliche Beschwerde ist somit rechtzeitig und auch zulässig.


3.2. Zu Spruchpunkt A)

3.2.1. Rechtslage und anwendbare Bestimmungen

3.2.1.1. Gemäß § 13 Abs 1 VwGVG hat eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde aufschiebende Wirkung.

Die Behörde kann nach § 13 Abs 2 VwGVG die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

Gemäß § 13 Abs 4 leg. cit. hat eine Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung keine aufschiebende Wirkung. Sofern diese nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

3.2.1.2. Zu einem unter Androhung einer Zwangsstrafe ergangenen Auftrag der FMA, der Abberufung eines Geschäftsleiters von seiner Funktion innerhalb einer von der Behörde gesetzten Frist und der Bestellung eines den Vorschriften des BWG entsprechenden Geschäftsleiters durch die zuständigen gesellschaftsrechtlichen Organe führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass der angefochtene Bescheid einem "Vollzug" im Sinne des § 30 Abs 2 VwGG zugänglich ist. Er enthält Aufträge an die beschwerdeführende Partei, die diese zu einem bestimmten Handeln verpflichten. Insoweit ist der Bescheid nicht nur einer Umsetzung in die Wirklichkeit zugänglich, sondern eine solche auch rechtlich geboten. Die Wirkung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wäre der Wegfall der sich aus dem Bescheid ergebenden Handlungsverpflichtung (vgl den hg. Beschluss vom 11. November 2008, Zl. AW 2008/17/0044) (VwGH 17.03.2010, AW 2010/17/0004).

Bei der von ihm vorzunehmenden Entscheidung über die Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, die auf dem Boden der im Entscheidungszeitpunkt bestehenden Sach- und Rechtslage zu treffen ist, darf das VwG regelmäßig von den nicht von vornherein als unzutreffend erkennbaren Annahmen der belangten Behörde ausgehen (vgl zum Ganzen nur etwa VwGH 1.9.2014, Ra 2014/03/0028, 24.5.2016, Ra 2016/07/0039, und 5.9.2018, Ra 2017/03/0105). (VwGH 07.02.2020, Ra 2019/03/0143 mit Hinweis auch auf VwGH 02.11.2018, Ra 2018/03/0111). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat dieser im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu überprüfen (vgl nur den VwGH vom 24. Mai 2012, Zl. AW 2012/17/0026, mwN) (VwGH 24.05.2013, AW 2013/17/0007). Selbst die wahrscheinliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs 2 VwGG (Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 122) (VwGH 24.05.2012, AW 2012/17/0026 mit Hinweis auf VwGH, 09.01.2003, AW 2002/17/0059).

Das gesetzliche Gebot, ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden (§ 13 Abs 4 VwGVG 2014), impliziert, dass grundsätzlich keine mündliche Verhandlung durchzuführen ist (VwGH 9.6.2015, Ra 2015/08/0049). Da die Entscheidung "ohne weiteres Verfahren" ergeht, hat die gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung beschwerdeführende Partei insbesondere die nicht ohne weiteres erkennbaren bzw. die in ihrer Sphäre liegenden Umstände, die ihr Interesse am Unterbleiben des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung untermauern, spätestens in der Begründung ihrer Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen (vgl dazu VwGH 11.4.2018, Ro 2017/08/0033) (VwGH 07.02.2020, Ra 2019/03/0143).

Voraussetzung für den Ausschluss der einer Beschwerde grundsätzlich zukommenden aufschiebenden Wirkung ist eine nachvollziehbare Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen der Verfahrensparteien, aus der sich ebenso nachvollziehbar ergibt, dass für den Fall, dass die aufschiebende Wirkung nicht ausgeschlossen wird, gravierende Nachteile für das öffentliche Wohl eintreten würden bzw. gravierende Nachteile für eine Partei, die jene Nachteile deutlich überwiegen, die bei nicht verfügtem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde anderen Verfahrensparteien entstehen würden (vgl VwGH 5.9.2018, Ra 2017/03/0105) (VwGH 07.02.2020, Ra 2019/03/0143 mit Hinweis auf VwGH 11.04.2018, Ro 2017/08/0033).

Das Tatbestandsmerkmal "Gefahr im Verzug" bringt zum Ausdruck, dass die Bestimmung (der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) nur das Eintreten erheblicher Nachteile für eine Partei bzw. gravierender Nachteile für das öffentliche Wohl verhindern soll (vgl Hengstschläger/Leeb, Rz 31 zu § 64 AVG; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, § 13 VwGVG K 12) (VwGH 07.02.2020, Ra 2019/03/0143 mit Hinweis auf VwGH 11.04.2018, Ro 2017/08/0033). Das Bestehen öffentlicher Interessen am Vollzug der Maßnahme berechtigt hingegen nicht schon ohne Weiteres zur Annahme, dass eben diese Interessen auch eine sofortige Verwirklichung der getroffenen Maßnahmen dringend gebieten (vgl VwGH 6.5.2019, Ra 2019/03/0040 mwN, zur insoweit vergleichbaren Aufschiebungsentscheidung nach § 30 Abs 2 VwGG) (VwGH 07.02.2020, Ra 2019/03/0143 mit Hinweis auf VwGH 11.04.2018, Ro 2017/08/0033).

Die von der FMA (auch in ihrer Funktion als Abwicklungsbehörde) ausgeübte Bankenaufsicht – worunter, wie der Verfassungsgerichtshof jüngst bestätigte, auch die Abwicklung von Kreditinstituten fällt – [Vgl. VfGH 03.07.2015, G239/2014 u.a., V14/2015 u.a.] ist eine Wirtschaftsaufsicht im öffentlichen Interesse, die neben dem Schutz der Einleger (gesicherter Einlagen) primär dem klaglosen Funktionieren des Bankwesens und dem Vertrauen in den Kapitalmarkt, somit der Wahrung der Stabilität des Finanzmarktes, dient. [Vgl. VwGH 24.05.2013, AW 2013/17/0007; auch VwGH 17.03.2010, AW 2010/17/0004; 29.11.2013, 2013/17/0199.] (VfGH 13.12.2017, G408/2016 ua)

Auch wenn die Gefährdung der [...] verfolgten Interessen als nicht so schwerwiegend zu qualifizieren wäre, dass die sofortige Vollziehung des angefochtenen Bescheides im zwingenden öffentlichen Interesse gelegen wäre, kommt der Aufrechterhaltung eines klaglos funktionierenden Kapitalmarkts und der Einhaltung der Gesetze durch die Finanzdienstleister im Hinblick auf die große Bedeutung des Vertrauens der Marktteilnehmer auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen in die ordnungsgemäße Abwicklung der Geschäfte und das klaglose Funktionieren eine solche Bedeutung zu, die die Hintanhaltung von Unregelmäßigkeiten und möglichen Nachteilen für die Anleger grundsätzlich und unabhängig von der Größe und wirtschaftlichen Bedeutung des Finanzdienstleisters, mit dem die Anleger in Geschäftsverbindung stehen, jedenfalls als im besonderen öffentlichen Interesse stehend erkennen lässt (VwGH 17.03.2010, AW 2010/17/0004 mit Hinweis auf VwGH 16.10.2007, AW 2007/17/0023). Der Gesetzgeber hat mit der Einrichtung eines institutionellen Einleger- und Anlegerschutzes öffentliche Interessen zum Ausdruck gebracht; diese, nämlich konkret das Vertrauen in die Funktion des Kapitalmarktes im Rahmen des hier normierten Gläubigerschutzes, sind derart schwer zu gewichten, dass sie - grundsätzlich und auch im hier zu entscheidenden Fall - als absolute öffentliche Interessen aufzufassen sind, die im Sinne des § 30 Abs 2 VwGG der Erteilung der aufschiebenden Wirkung der eingebrachten Beschwerde entgegenstehen (VwGH 24.05.2013, AW 2013/17/0007).

Dass sich aus derartigen Aufsichtsmaßnahmen regelmäßig Nachteile für die betroffenen Unternehmungen ergeben, vermag demgegenüber noch nicht einen überwiegenden Nachteil des vom Auftrag betroffenen Unternehmens nachzuweisen (VwGH 17.03.2010, AW 2010/17/0004 mit Hinweis auf VwGH 16.10.2007, AW 2007/17/0023).

Die Antragstellerin hat in ihrem Antrag zu konkretisieren, worin für sie der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl den Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, VwSlg. 10.381 A/1981). Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem eben zitierten Beschluss zur Einbringung von Geldleistungen ausgesprochen hat, wird er nur durch die glaubhafte Dartuung konkreter - tunlichst ziffernmäßiger - Angaben über die finanziellen Verhältnisse des Antragstellers überhaupt in die Lage versetzt zu beurteilen, ob der Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Antragsteller einen angesichts des glaubhaft gemachten Sachverhalts unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte (vgl z.B. den hg. Beschluss vom 11. März 1996, Zl. AW 95/17/0071, oder vom 27. Juni 1996, Zl. AW 96/17/0028) (VwGH 10.08.2011, AW 2011/17/0028).

Zu einem unter Androhung einer Zwangsstrafe ergangenen Auftrag der FMA, der Abberufung eines Geschäftsleiters von seiner Funktion innerhalb einer von der Behörde gesetzten Frist und der Bestellung eines den Vorschriften des BWG entsprechenden Geschäftsleiters durch die zuständigen gesellschaftsrechtlichen Organe führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass aufsichtsbehördliche Maßnahmen beim betroffenen Kreditinstitut Kosten verursachen, ist für sich allein und ohne ausreichende Konkretisierung kein Grund für die Annahme eines unverhältnismäßigen Nachteils darstellen (vgl B 15. Oktober 2007, AW 2007/17/0022) (VwGH 17.03.2010, AW 2010/17/0004).

Auch wenn der vorliegende Antrag ziffernmäßige Angaben über die zu erwartenden Kosten enthält, lassen die Angaben insgesamt keine Einschätzung zu, welche Belastung dies für die beschwerdeführende Partei darstellt. Auch der Umstand, dass der Aufwand für die Personalkosten selbst im Falle des Obsiegens im Hauptverfahren frustriert wäre, ändert daran nichts. Auch das Vorbringen, dass mit der Absetzung des Geschäftsleiters wesentliches Know-how nicht mehr unmittelbar zur Verfügung stünde, zeigt keinen unverhältnismäßigen Nachteil auf, steht es doch einerseits in einem Spannungsverhältnis zum Vorbringen hinsichtlich der behaupteten Kostenfolgen im Antrag, dass der Geschäftsleiter weiter bei der beschwerdeführenden Partei beschäftigt bleiben solle, und ist dies andererseits - soweit es um den geltend gemachten Nachteil, die Bfin könne nicht mehr auf den jetzigen Geschäftsleiter als Verhandlungsführer zurückgreifen, geht - eine regelmäßig mit den gesetzlich vorgesehenen Aufsichtsmaßnahmen einhergehende Folge und als solche nicht per se als unverhältnismäßiger Nachteil zu werten (VwGH 02.04.2010, AW 2010/17/0015).

Der Verfassungsgerichtshof führte im Hinblick auf den Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes […] aus, dass der Gesetzgeber bei der Regelung der vorläufigen Wirkung zulässiger Rechtsmittel bis zur Entscheidung darüber neben der Stellung des Rechtsmittelwerbers auch Zweck und Inhalt der Regelung, die Interessen Dritter sowie das öffentliche Interesse zu berücksichtigen hat und unter diesen Gegebenheiten einen Ausgleich schaffen muss, wobei dem Grundsatz der faktischen Effizienz eines Rechtsbehelfes der Vorrang zukommt und die Einschränkung dieses Grundsatzes nur aus sachlich gebotenen, triftigen Gründen zulässig ist (VfSlg 11.196/1986, 13.003/1992, 15.511/1999, 16.460/2002, 17.346/2004, 18.383/2008, 19.969/2015). Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes beziehen sich diese Vorgaben auf alle Arten behördlicher Verfahren (VfSlg 17.346/2004) (VfGH 02.03.2018, G257/2017 [G257/2017-13]).

An diesen Erwägungen scheint auch der vom Gesetzgeber in den Materialien dargelegte unionsrechtliche Hintergrund des Finanzmarktaufsichtsrechts nichts zu ändern: […] das Unionsrecht scheint – nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union – der Zuerkennung einstweiligen Rechtsschutzes nicht prinzipiell entgegen zu stehen. Vielmehr herrscht auch im Unionsrecht der Grundsatz eines effektiven Rechtsschutzes (vgl EuGH 19.6.1990, Rs. C-213/89, Factortame, Slg. 1990, I-2433; 21.2.1991, verb. Rs. C-143/88, C-92/89, Süderdithmarschen, Slg. 1991, I-415; 13.3.2007, Rs. C-432/05, Unibet, Slg. 2007, I-2271). (VfGH 02.03.2018, G257/2017 [G257/2017-13])

Entgegen einer entsprechenden Regelung im Begutachtungsentwurf (vgl § 30a VwGG in der Fassung des Ministerialentwurfes 420/ME XXIV. GP, 28f) lässt sich dem VwGG auch nach der Einführung der mehrstufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit, insbesondere nach der Änderung durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl I Nr. 33, keine Regelung entnehmen, die eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtes zur Erlassung einstweiliger Anordnungen vorsähe. Vielmehr erfolgt nach dem Gesetz der einstweilige Rechtsschutz im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof weiterhin durch die Gewährung aufschiebender Wirkung nach § 30 VwGG durch das Verwaltungsgericht bzw. den Verwaltungsgerichtshof. Die Erlassung einstweiliger Anordnungen kann daher nur in unmittelbarer Anwendung von Unionsrecht erfolgen (VwGH 29.10.2014, Ro 2014/04/0069).

Der Verwaltungsgerichtshof hat, der Rechtsprechung des EuGH folgend (vgl z.B. die Urteile vom 19. Juni 1990, Rs C-213/89, Factortame, Slg. 1990, I-2433, Rn. 21 oder vom 9. November 1995, Rs C-465/93, Atlanta Fruchthandelsgesellschaft, Slg. 1995, I- 03761), bereits mehrmals nicht ausgeschlossen, dass auf Grundlage der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht - über die im kassatorischen System der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgegebene Möglichkeit, der gegen einen Bescheid erhobenen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und den angefochtenen Bescheid im Falle seiner Rechtswidrigkeit aufzuheben, hinaus - einstweilige Anordnungen mit der Wirkung zu treffen, dem Antragsteller eine Rechtsposition vorläufig einzuräumen, deren Einräumung mit dem angefochtenen Bescheid auf der Grundlage einer (möglicherweise dem Unionsrecht widersprechenden) nationalen Rechtsvorschrift verweigert wurde (Hinweis Beschlüsse vom 21. März 2001, Zl. AW 2001/10/0017, oder vom 9. Dezember 2005, Zl. AW 2005/17/0016) (VwGH 29.10.2014, Ro 2014/04/0069; 13.10.2010, 2010/12/0169).

Die unmittelbare Anwendung und den Vorrang von unionsrechtlichen Bestimmungen haben sowohl die Gerichte als auch die Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten zu beachten. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist jedes im Rahmen seiner Zuständigkeit angerufene nationale Gericht als Organ eines Mitgliedstaats verpflichtet, in Anwendung des in Art 4 Abs 3 AEUV niedergelegten Grundsatzes der Zusammenarbeit das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden und die Rechte, die es dem Einzelnen verleiht, zu schützen, indem es jede möglicherweise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts, gleichgültig ob sie früher oder später als das Unionsrecht ergangen ist, aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt (Hinweis Urteil des EuGH vom 8. September 2010, Winner Wetten, Rs C-409/06, Rz 55; Urteil des EuGH vom 24. Juni 2011, projektart, Rs C-476/10, Slg 2011, I-5615, Rz 48; Urteil des EuGH vom 14. Juni 2012, Rs C-606/10, ANAFE, Rz 73). (VwGH 29.10.2014, Ro 2014/04/0069 mit Hinweis auf VwGH 23.10.2013, 2012/03/0102).

Die unmittelbare Anwendung von Unionsrecht hat vom Gericht "im Rahmen seiner Zuständigkeiten" zu erfolgen (vgl das Urteil des EuGH vom 24. Oktober 1996 in der Rechtssache C-72/95, Kraaijeveld, Randnrn. 57 bis 60). Enthält das Unionsrecht keine Bestimmungen, anhand deren das zuständige Gericht bestimmt werden kann, so "ist es nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, entsprechende Regeln festzulegen, vorausgesetzt allerdings, dass sie nicht ungünstiger sind als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte regeln, die dem innerstaatlichen Recht unterliegen (Äquivalenzgrundsatz), und dass sie die Ausübung der (...) durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz)" (so das Urteil des EuGH vom 5. Dezember 2013 in der Rechtssache C-413/12, Asociacion de Consumidores Independientes de Castilla y Leon, Randnr. 28 und 30, mwN auf Rechtsprechung des EuGH; vgl zur Bestimmung der zuständigen Gerichte auch das Urteil des EuGH vom 14. Dezember 1995 in den verbundenen Rechtssachen C-430/93 und C- 431/93, van Schijndel, Randnr. 17). (VwGH 29.10.2014, Ro 2014/04/0069).

Nach der Rechtsprechung des EuGH können die nationalen Gerichte einstweilige Anordnungen nur unter den Voraussetzungen treffen, die für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Gerichtshof gelten. Zu diesen Voraussetzungen gehören die Glaubhaftmachung der Notwendigkeit der Erlassung der einstweiligen Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (fumus boni iuris), das Feststehen der Dringlichkeit im Sinne der Verhinderung des Eintritts eines schweren und nicht wieder gutzumachenden Schadens beim Antragsteller und gegebenenfalls die Abwägung aller bestehenden Interessen. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen, sodass der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen ist, wenn eine von ihnen fehlt (VwGH 29.10.2014, Ro 2014/04/0069).

Im Rahmen der Gesamtprüfung, die im Verfahren der einstweiligen Anordnung vorzunehmen ist, verfügt der zuständige Richter über ein weites Ermessen, und er kann im Hinblick auf die Besonderheiten des Einzelfalls die Art und Weise, in der die verschiedenen Voraussetzungen für die Gewährung der genannten einstweiligen Anordnungen zu prüfen sind, sowie die Reihenfolge dieser Prüfung frei bestimmen, da keine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts ihm ein feststehendes Prüfungsschema für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer vorläufigen Entscheidung vorschreibt (Hinweis B vom 13. Oktober 2010, 2010/12/0169, Beschlüsse des EuGH vom 19. Juli 1995, Rs C-149/95 P(R), Kommission/Atlantic Container Line u. a., Slg. 1995, I- 02165, und der Beschluss vom 24. Juli 2003, Rs C-233/03 P(R), Linea GIG Srl, Slg 2003, I-07911). Wesentliche Voraussetzung ist somit u.a. das Feststehen der Dringlichkeit im Sinne der Verhinderung des Eintritts eines schweren und nicht wieder gutzumachenden Schadens beim Antragsteller (VwGH 29.10.2014, Ro 2014/04/0069).

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Zweck des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes die Sicherung der vollen Wirksamkeit des Urteils in der Hauptsache. Zur Erreichung dieses Ziels müssen die begehrten Maßnahmen in dem Sinne dringlich sein, dass sie zur Verhinderung eines schweren und nicht wieder gutzumachenden Schadens für die Interessen des Antragstellers bereits vor der Entscheidung zur Hauptsache erlassen werden und ihre Wirkungen entfalten müssen (vgl z.B. die Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 25. März 1999, Claude Willeme/Kommission, C-65/99 P(R), Slg. 1999, I-01857, und der bereits zitierte Beschluss Achille Occhetto). (VwGH 13.10.2010, 2010/12/0169).

3.2.1.3. Ausgehend von der oben angeführten Judikatur geht das Gericht davon aus, dass gegenständlich der behördliche Auftrag zur vorzeitigen Abberufung eines Geschäftsleiters und der Bestellung eines geeigneten Geschäftsleiters einen zum Vollzug tauglichen Bescheid darstellt. Weiters liegt ein zwingendes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug des bekämpften Bescheides vor, da dem Funktionieren des Bankwesens allgemein und dem Vertrauen (der Öffentlichkeit) in den Kapitalmarkt vom österreichischen Bundesgesetzgeber wie auch jenem der EU sowie seitens der Höchstgerichte ein besonderes öffentliches Interesse bescheinigt wird. In Anbetracht des eingeschränkten Prüfungsumfangs in diesem gegenständlichen Provisorialverfahren sind die Erwägungen der belangten Behörde nicht als unschlüssig zu erkennen (vgl dazu ausführlicher BVwG 30.05.2014 W204 2008008-1/2E), zumal sie auf Berichten von von der belangten Behörde unabhängigen und fachlich anerkannten Institutionen und Personen, wie der OeNB, XXXX der Revision XXXX sowie des Bankprüfers der X-Bank beruhen, die auch das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei nicht hinreichend entkräften können. Folglich kann, diesen behördlichen Annahmen folgend, zunächst davon ausgegangen werden, dass zwingende öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen.

Eine Unverhältnismäßigkeit des Nachteils für die beschwerdeführende Partei stellt sich angesichts der oben angeführten Rechtsprechung zu vergleichbaren Sachverhalten bezüglich Aufträgen der vorzeitigen Abberufung eines Geschäftsleiters und der Bestellung eines geeigneten Geschäftsleiters und zu dementsprechenden Vorbringen, wonach der Aufwand für Personalkosten etc. selbst im Falle des Obsiegens im Hauptverfahren frustriert wäre, nicht dar. Abgesehen davon, dass die vorgebrachten Kosten schon von ihrer Höhe her nicht als unverhältnismäßig angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der beschwerdeführenden Partei angesehen werden können, sind diese nach der Rechtsprechung eine regelmäßig mit den gesetzlich vorgesehenen Aufsichtsmaßnahmen einhergehende Folge und daher als solche nicht per se als unverhältnismäßiger Nachteil zu werten. Eine andere Auslegung würde auch zum unzutreffenden Ergebnis führen, dass die betreffenden Rechtsvorschriften – hier in Bezug auf die vorzeitige Abberufung eines Geschäftsleiters und der Bestellung eines geeigneten Geschäftsleiters - überflüssig und daher inhaltslos werden würden (s. dazu VwGH 20.06.1990, 90/16/0055 mit Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 24.06.1953).

Diese Auslegungsmaxime gilt auch für das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei zur Effektivität des Rechtsmittels, die dazu führen würde, dass der gegenständlichen Aufsichtsmaßnahme überhaupt kein Anwendungsbereich mehr zukommt. Zwar ist im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung der beschwerdeführenden Partei zuzustimmen, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung bei der Beschwerde als Eingriff in Grundrechte und als Ausnahme von der Regel anzusehen und daher restriktiv zu interpretieren ist. Folglich muss es sich um ein besonderes öffentliches Interesse handeln, aus dem wegen der „triftigen Gründe“ des konkreten Einzelfalls die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides „sachlich geboten“ ist (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 64 Rz 9 mwN; zur grundsätzlichen Geltung der Rechtsprechung zu § 64 Abs 1 AVG auch für die Nachfolgebestimmung in § 13 Abs 1 VwGVG vgl Lehofer, Die aufschiebende Wirkung im verwaltungsgerichtlichen Verfahen, ÖJZ 2014/2, 5). Dabei kommt iSd Judikatur des VfGH der faktischen Effizienz des Rechtsmittels der Vorrang zu, dessen Wirkungen nur eingeschränkt werden dürfen, wenn die angeführten Voraussetzungen vorliegen, dh die entgegenstehenden Interessen wegen Gefahr im Verzug die sofortige Umsetzung des Bescheides in die Wirklichkeit dringend gebieten (aaO Rz 33).

Die belangte Behörde begründete im Wesentlichen ihren, wie oben bereits dargelegt, im zwingenden öffentlichen Interesse gelegenen gegenständlichen Auftrag mit der stetigen Nichtbedachtnahme der Ertragslage und vor allem mit dem diesbezüglich nichtausreichenden Gegensteuern der beschwerdeführenden Partei durch entsprechend angemessene Maßnahmen. Durch die schon weit fortgeschrittene Abwärtsspirale besteht ein erhebliches Risiko für Gläubigerinteressen. Zum Beleg werden die maßgeblichen Berichte der OeNB, des Bankprüfers der X-Bank und der Revision wiedergegeben. Anhand dieser werden u.a. die vergleichsweise hohen personellen Fluktuationen im Geschäftsleiter- und auch Mitarbeiterbereich, die einen Abfluss von Know-How im Markt- und Marktfolgebereich mit sich bringen, die mangelhafte Planungsqualität der Ertragsvorschaurechnungen und Mittelfristplanungen (SREP), Einbrüche in der operativen Ertragslage der X-Bank, die ziffernmäßig angeführte Verschlechterungen beim Betriebsergebnis und beim Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) über Jahre hinweg einschließlich einer negativen Prognose als Gründe für die Dringlichkeit einer raschen Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes angeführt. Damit hat die belangte Behörde hinreichend konkretisiert und nachvollziehbar das Vorliegen der Voraussetzungen für den gegenständlichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde dargelegt.

Auch die weiteren Ausführungen der beschwerdeführenden Partei bezüglich der Durchführung des verwaltungsbehördlichen Verfahrens in seinem zeitlichen Ablauf, wonach das Vorliegen einer Gefahr im Verzug angezweifelt wird, können letztlich nicht überzeugen. Selbst wenn die belangte Behörde nicht im Sinne der Rechtsvorschriften, die ein möglichst unverzügliches Handeln verlangen, vorgegangen ist, ändert dies nichts an dem unabhängig von diesem behördlichen Verhalten vorliegenden Umstand, dass die OeNB und der Bankprüfer (deren Berichte auch im Einklang mit denjenigen XXXX der Revision XXXX stehen) eine „wesentliche Veränderung der Risikolage“ (für die OeNB, s. § 79 Abs 4a Satz 6 BWG) bzw. Tatsachen, die die „Entwicklung [des Unternehmens; Einfügung durch das BVwG] wesentlich beeinträchtigen können“ (für den Bankprüfer, s. § 273 Abs 2 Satz 1 UGB, auf den § 63 Abs 3 Z 1 BWG verweist), festgestellt haben, die entsprechend

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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