TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/8 L510 2244990-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.09.2021
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Entscheidungsdatum

08.09.2021

Norm

AVG §57
B-VG Art133 Abs4
FPG §93
VwGVG §13

Spruch


L510 2244990-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Irak, vertreten durch RA Dr. Peter VÖGEL, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Die beschwerdeführende Partei (bP) stellte nach nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 15.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 19.08.2016, Zl. XXXX , wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, der bP jedoch gemäß § 8 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Dieser Bescheid erwuchs am 21.09.2016 in Rechtskraft.

Der bP wurde nach Antragstellung am 26.09.2016 der Fremdenpass mit der Nummer XXXX , mit Gültigkeit bis 18.10.2021 ausgestellt.

2. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX 2021 (RK XXXX 2021) wurde die bP rechtskräftig wegen dem Verbrechen der Schlepperei nach § 114 Abs 1 und Abs 3 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.

3. Mit Bescheid des BFA vom 17.06.2021, Zl. XXXX , wurde der bP der ihr mit Bescheid vom 19.08.2016 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG von Amts wegen aberkannt, der Antrag der bP vom 19.05.2021 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Gem. § 10 Abs 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs 2 Z 4 FPG erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung in den Irak gem. § 9 Abs 2 AsylG iVm § 52 Abs 9 FPG unzulässig sei. Gem. § 55 Abs 1 bis 3 FPG wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

4. Mit Mandatsbescheid des BFA vom 17.06.2021, Zl. XXXX , wurde der bP gemäß § 93 Abs 1 Z 1 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG der Fremdenpass entzogen.

5. Gegen diesen Mandatsbescheid erhob die bP durch ihren Rechtsvertreter am 02.07.2021 Vorstellung.

6. Am 06.07.2021 leitete das BFA ein ordentliches Ermittlungsverfahren ein und übermittelte der bP am selben Tag die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme.

Am 07.07.2021 legte die bP ihren Fremdenpass beim BFA vor.

Mit Schreiben vom 20.07.2021 übermittelte die bP durch ihren Rechtsvertreter eine Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme.

Im Wesentlichen wurde darin ausgeführt, dass es keine Hinweise dafür gebe, dass die bP den Fremdenpass in Hinkunft zur Begehung von Schlepperei verwenden werde. Die bP sei lediglich in einem relativ kurzen Zeitraum vom XXXX bis zum XXXX 2019 an insgesamt drei Schleppungen beteiligt gewesen und sei danach nie mehr straffällig geworden. So sei sie seit mehr als 20 Monate überhaupt nicht straffällig geworden. Die bP sei nicht in Untersuchungshaft genommen worden und sei die verhängte Strafe für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden, was gegen eine von der Behörde angenommene Tatwiederholungsgefahr spreche. Darüber hinaus habe sich die bP in der Hauptverhandlung für ihre Taten entschuldigt und erklärt, dies für ihre Kinder getan zu haben, weshalb von einer drohenden abermaligen Straffälligkeit nicht die Rede sein könne.

7. Mit Bescheid des BFA vom 30.07.2021, Zl. XXXX , wurde der bP gemäß § 93 Abs 1 Z 1 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG der Fremdenpass entzogen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 13 Abs 2 VwGVG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen (Spruchpunkt II.).

8. Gegen den Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde darin ausgeführt, dass die belangte Behörde eine unzureichende Gefährlichkeitsprognose angestellt habe und der bekämpfte Bescheid eine mehr oder weniger passende Aneinanderreihung von Verwaltungsgerichtshofentscheidungen enthalte, deren Inhalt das BFA aber ebenso ignoriert habe wie die Stellungnahme der bP vom 20.07.2021.

Die gegenständliche Rechtssache langte mit 03.09.2021 bei der Gerichtsabteilung L510 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Die beschwerdeführende Partei ist ein Staatsangehöriger des Irak, ihr wurde mit Bescheid des BFA vom 19.08.2016, Zl. XXXX , der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 12.05.2021, rechtskräftig mit 12.05.2021, wurde die bP wegen dem Verbrechen der Schlepperei nach § 114 Abs 1 und Abs 3 FPG zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, weil sie zu nachgenannten Zeitpunkten in XXXX , in XXXX und andernorts die rechtswidrige Einreise oder Durchreise von nicht über eine aufrechte Einreise- oder Aufenthaltsbewilligung verfügenden Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs mit dem Vorsatz gefördert hat, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie die Taten in Bezug auf mindestens drei Fremde beging, und zwar indem sie bei Schlepperfahrten als Fahrer des Begleitfahrzeugs agierte, und zwar:

1.) am XXXX 2019 hinsichtlich zehn Personen iranischer Herkunft von Ungarn ( XXXX ) nach Österreich im bewussten und gewollten arbeitsteiligen Zusammenwirken mit einem Mittäter, welcher den PKW der Marke Mercedes Benz CLS 310, silber, Kennzeichen: XXXX lenkte, und einem abgesondert verfolgten Mittäter, welcher den PKW der Marke VW Golf, schwarz, Kennzeichen: XXXX , lenkte und einem weiteren, abgesondert verfolgten Mittäter, welcher den PKW der Marke Audi A6 Avant, schwarz, Kennzeichen: XXXX , lenkte, wobei sie sich in das serbisch/ungarische Grenzgebiet begaben, die Fremden in den Nachtstunden abholten, um diese nach Wien zu bringen, wobei die bP und ein weiterer Mittäter die Begleitfahrzeuge lenkten, und die beiden abgesondert verfolgten Mittäter, welche die Fremden beförderten, von der ungarischen Polizei auf frischer Tat betreten und festgenommen wurden (Faktum 21 = A) III.) a) der AKS ON 343 in ON 212);

2.) am XXXX 2019 hinsichtlich sechs Personen irakischer Herkunft von XXXX nach Deutschland im bewussten und gewollten arbeitsteiligen Zusammenwirken mit einem Mittäter, welcher den PKW der Marke VW Touareg, schwarz, Kennzeichen: XXXX , lenkte und die Fremden transportierte, die Staatsgrenze bei XXXX überfuhr und die Fremden in XXXX absetzte, und die bP auf der Rückfahrt von der deutschen Polizei angehalten und vorübergehend festgenommen wurde (Faktum 22 = A) III.) b) der AKS ON 343 in ON 212);

3.) am XXXX 2019 hinsichtlich vier Personen iranischer Herkunft von XXXX nach Italien ( XXXX ), im bewussten und gewollten arbeitsteiligen Zusammenwirken mit einem Mittäter, welcher den PKW der Marke VW Touareg, schwarz, Kennzeichen: XXXX , lenkte und die Fremden transportierte, wobei sie die Staatsgrenze bei XXXX überquerten und die Fremden in XXXX abgesetzt wurden (Faktum 23 = A) III.) c) der AKS ON 343 in ON 212).

Mit Bescheid des BFA vom 17.06.2021, Zl. XXXX , wurde der bP der ihr mit Bescheid vom 19.08.2016 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG von Amts wegen aberkannt, der Antrag der bP vom 19.05.2021 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Gem. § 10 Abs 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs 2 Z 4 FPG erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung in den Irak gem. § 9 Abs 2 AsylG iVm § 52 Abs 9 FPG unzulässig sei. Gem. § 55 Abs 1 bis 3 FPG wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 30.07.2021, Zl. XXXX , entzog das BFA der bP gemäß § 93 Abs 1 Z 1 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG den ihr zuvor erteilten Fremdenpass und schloss die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid aus.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zu der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dem Entzug des Fremdenpasses sowie der strafgerichtlichen Verurteilung der bP ergeben sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt und dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 BFA-VG idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Nach § 28 Abs 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

Abweisung der Beschwerde:

3.1.1. Gemäß § 92 Abs 1 Z 4 FPG ist vom Bundesamt die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken.

Gemäß § 92 Abs 3 FPG ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wenn den Tatsachen, die in Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs 1a angeführt werden, gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde liegen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben. Im Übrigen gilt § 14 Passgesetz 1992.

Gemäß § 93 Abs 1 Z 1 FPG 2005 ist ein Fremdenpass zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung eines Fremdenpasses rechtfertigen würden.

Gemäß § 93 Abs 2 FPG sind vollstreckbar entzogene Fremdenpässe dem Bundesamt unverzüglich vorzulegen. Sie stellen keine gültigen Reisedokumente dar.

3.1.2. Somit ist ein Fremdenpass nach § 92 Abs 1 Z 4 iVm § 93 Abs 1 Z 1 FPG u.a. zu entziehen, wenn der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen, wobei gemäß § 92 Abs 3 iVm § 93 Abs 1 Z 1 leg.cit. bei einer – der Z 4 des § 92 Abs 1 leg.cit. zugrunde liegenden – bereits begangenen gerichtlich strafbaren Handlung bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Entziehungsgrund auszugehen ist.

Die beschwerdeführende Partei ist in Österreich mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX XXXX 2021, also vor ca. vier Monaten, wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs 1 und 3 FPG strafgerichtlich zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten verurteilt worden; dieser strafgerichtlichen Verurteilung der bP liegen mehrere im Zeitraum vom XXXX bis zum XXXX 2019 begangene und somit nicht einmal zwei Jahre zurückliegende strafbare Handlungen zugrunde.

Aufgrund der Erfüllung der erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen ist dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl daher nicht entgegenzutreten, wenn es iSd § 92 Abs 1 Z 4 und Abs 3 iVm § 93 Abs 1 Z 1 FPG im Fall der bP vom Vorliegen eines Entziehungsgrundes ausgeht.

3.1.3. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde stehen der Belassung des Fremdenpasses der beschwerdeführenden Partei aufgrund ihrer Verurteilung wegen des Verbrechens der Schlepperei, dem nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine besondere Wiederholungsgefahr innewohnt (vgl. z.B. VwGH 16.05.2013, 2012/21/0253, mwH), und auch gerade aufgrund des relativ kurzen Zeitraums seit der Begehung der strafbaren Handlung jedenfalls zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegen. Eine erneute Begehung einer solchen strafbaren Handlung ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes aktuell nicht auszuschließen. Konkrete Umstände, v.a. im Hinblick auf soziale oder wirtschaftliche Aspekte, die im vorliegenden Fall eine andere Prognose nahelegen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen; die bP hielt in ihrer Beschwerde ohne nähere Ausführungen lediglich fest, dass sie ihre Tat bereue und diese wegen ihrer Kinder begangen habe, was nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes aufgrund der o.a. Umstände nicht zum Abgehen von der Annahme eines überwiegenden öffentlichen Interesses im Hinblick auf die Entziehung des Fremdenpasses führen kann (vgl. im Gegensatz hierzu Fälle, in denen seit der der Entziehung/Versagung zugrunde liegenden strafbaren Handlung schon mehrere Jahre vergangen waren und von den Betroffenen zudem konkreteres Vorbringen zu in diesem Zeitraum erfolgten integrationsverfestigenden Maßnahmen erstattet wurde VwGH 05.05.2015, Ro 2014/22/0031; 16.05.2013, 2012/21/0253).

Sofern die bP vermeinte, sie habe die Schleppungen (aufgrund ihrer finanziellen Situation) für ihre Kinder begangen, so stellt dies kein Argument gegen die Annahme einer Wiederholungsgefahr dar, zumal damit nicht dargelegt wird, weshalb die bP gerade aus diesem Grund nicht wieder tatrückfällig werden könnte.

Soweit in der Beschwerde ausgeführt wird, die bP habe von weiteren kriminellen Tatbeiträgen freiwillig Abstand genommen, noch lange bevor sie von strafgerichtlichen Ermittlungen gegen sich erfahren habe, so ist dem zu entgegnen, dass sich aus der Verurteilung des Landesgerichtes XXXX ergibt, dass die bP bereits am XXXX 2019 bei der Rückfahrt einer Schleppung von der deutschen Polizei angehalten und vorübergehend festgenommen wurde. Wenngleich zu diesem Zeitpunkt noch kein Ermittlungsverfahren gegen die bP geführt wurde, so musste sie sich doch aufgrund ihrer vorübergehenden Anhaltung und Festnahme zu diesem Zeitpunkt bereits bewusst sein, dass ihr strafrechtliche Konsequenzen drohen könnten. Nichts desto trotz beging die bP wenige Tage später am XXXX 2019 nochmals das Verbrechen der Schlepperei, weshalb diesem Argument nicht gefolgt wird.

3.1.4. Im Ergebnis wurde der bP somit ihr Fremdenpass gemäß § 92 Abs 1 Z 4 und Abs 3 iVm § 93 Abs 1 Z 1 FPG zu Recht entzogen.

3.2. Gemäß § 13 Absatz 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und den Interessen der anderen Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr in Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergangenen Bescheid aufzunehmen.

Gemäß Absatz 5 leg.cit. hat die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Absatz 2 oder 3 keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Beschwerde dem Verwaltungsgericht unter Anschluss des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

Aufgrund der Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides fällt das Rechtsschutzinteresse an einer Entscheidung über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zur Entscheidung über die Hauptsache weg (z.B. VwGH vom 07.04.2016, Ra 2015/03/0046, VwGH vom 20.10.2016, Ra 2015/21/0091 u.a.) und ist daher die Frage des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung durch die nunmehrige inhaltliche Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht obsolet geworden.

3.3. Es war spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstehen.

Gemäß der Rechtsprechung des EGMR zu Art 6 EMRK, dessen Garantien nach Art 47 Abs 2 GRC auch im vorliegenden Fall Anwendung finden, kann eine mündliche Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen unterbleiben, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Äußerungen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, 28.394/95, Döry vs. Schweden; 8.2.2005, 55.853/00, Miller vs. Schweden).

Der Verfassungsgerichtshof hat betreffend die Anwendung des § 41 Abs 7 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBI. I Nr. 4/2008, (also zur wortidenten Vorgängerbestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG) unter Berücksichtigung des Art 47 iVm Art 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde (VfSlg. 19.632/2012).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, mit der Frage des Entfalls einer mündlichen Verhandlung unter Auslegung des § 21 Abs 7 BFA-VG befasst, wobei dem Grunde nach die zuvor zitierte Judikaturlinie der Höchstgerichte beibehalten wird. Daraus resultierend ergeben sich für die Auslegung des § 21 Abs 7 BFA-VG folgende maßgeblichen Kriterien: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Im vorliegenden Fall ergibt sich der Verfahrensgang unzweifelhaft aus den Akten des Bundesamtes und des Bundesverwaltungsgerichtes. In der Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender, für die Beurteilung relevanter Sachverhalt konkret und substantiiert behauptet, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das Neuerungsverbot verstößt. Verfahrensgegenständlich ist vielmehr die rechtliche Würdigung eines unstrittigen Sachverhaltes. Insofern erschien der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage als geklärt; Hinweise darauf, dass eine mündliche Erörterung zur weiteren Klärung der Rechtssache hätte beitragen können, haben sich nicht ergeben.

Es konnte daher davon ausgegangen werden, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist und eine Verhandlung entfallen konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Entziehungsgrund Fremdenpass Schlepperei strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L510.2244990.2.00

Im RIS seit

17.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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