Entscheidungsdatum
06.09.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W164 2229118-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Rechtsanwältin Andrea Willmitzer, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen vom 02.01.2020, GZ.: VSNR XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Gemäß § 28 Abs.1 und Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass Spruchpunkt 2.) zu lauten hat: „Sie sind verpflichtet, zum 30.11.2019 Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 2.551,32 zu entrichten.“ Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 02.01.2020 stellte die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (im Folgenden: SVS, = belangte Behörde) fest, dass der BF seit 01.01.2014 der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach § 14b Abs. 3 GSVG unterliege (Spruchpunkt 1.) und dass der BF verpflichtet sei, zum 30.11.2019 Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von € 2.729,70 zu entrichten.
Zur Begründung führte die SVS folgendes aus:
Der BF beziehe seit 01.09.1998 einen Ruhegenuss aus öffentlicher Beschäftigung. Er habe gegen die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (nun BVAEB) einen Leistungsanspruch aus der Krankenversicherung. Seit 01.01.2014 beziehe er von der SVA eine besondere Pensionsleistung nach § 20c FSVG. Eine private Gruppenkrankenversicherung liege nicht vor.
Unter Einbeziehung der zu § 14b GSVG ergangenen Erläuterungen ergebe sich, dass die Pflichtversicherung nach § 14b Abs. 3 GSVG für die besondere Pensionsleistung dann eintrete, wenn das Pensionseinkommen (=die besondere Pensionsleistung) nicht der Krankenvorsorgeeinrichtung der gesetzlichen beruflichen Vertretung (=Gruppenvertrag) unterliege.
Die SVS legte weiters die rechnerische Ermittlung der ab 01.04.2016 dem BF nachverrechneten Beiträge zur Krankenversicherung im Detail dar.
Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seine Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, er sei als Lehrer einer HTL in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gestanden und dementsprechend (auch nach seiner Versetzung in den Ruhestand) bei der BVAEB krankenversichert.
Gleichzeitig sei der BF als Ziviltechniker und Mitglied der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten ordnungsgemäß gemeldet gewesen. Ab 2008 sei ihm eine Alterspension zugesprochen worden. Ende 2013 sei er von der belangten Behörde benachrichtigt worden, dass die genannte Wohlfahrtseinrichtung ab 01.01.2014 von der belangten Behörde übernommen werde. Dem BF seien weder von 2008 bis 2013 noch ab 01.01.2014 Beiträge zur Krankenversicherung vorgeschrieben worden.
Eine Verpflichtung zu einer zusätzlichen Krankenvorsorge habe bei der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten nicht bestanden. Der BF sei auch nicht verpflichtet gewesen, der Krankenversicherung nach GSVG oder der von der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten abgeschlossenen Gruppenkrankenversicherung beizutreten.
Mit einem Infoblatt der Rechtsvorgängerin der SVS, Stand 01.01.2014, sei der BF wie folgt informiert worden: „Bei der Krankenversicherung gibt es keine Änderungen. Die „Besondere Pensionsleistung“ unterliegt den gleichen Regeln, die schon bisher für Ihre Kammerpension gegolten haben. Das heißt, dass für Sie weiterhin das von Ihnen gewählte System des Krankenversicherungsschutzes gültig ist.
Das sind entweder die
- Private Gruppenversicherung
- GSVG-Pflichtversicherung
Oder wenn Sie ausschließlich freiberuflich tätig waren (keine weitere Erwerbstätigkeit und kein Pensionsbezug)
- Private Gruppenversicherung
- GSVG-Selbstversicherung
- ASVG-Selbstversicherung.“
Der BF unterliege der Krankenversicherungspflicht nach dem B-KUVG. Es sei Gleichwertigkeit iSd § 5 Abs 1 Z 1 GSVG gegeben. Es liege eine planwidrige Lücke vor. Der BF verwies auf EB 2002 der Beilagen XXIV zu Art. 2 Z 7,9 und 14.
Der BF wendete sich weiters gegen die Anwendung des Beitrsgssatzes von 7,5%, da laut dem ihm zugegangenen jährlichen Pensionsinformationsschreiben für Pensionisten nach dem GSVG der Beitragssatz von 5,1% genannt werde.
Die SVS legte die Beschwerde samt Bezug habendem Akt dem Bundesverwaltungsgericht vor (Einlangen 02.03.2020).
Mit aufgetragener Stellungnahme vom 29.04.2020 räumte die SVS ein, dass der BF erstmals mit Schreiben vom 26.07.2019 vom Eintritt der gegenständlichen Pflichtversicherung verständigt worden sei. Es sei daher Verjährung der für den Zeitraum 01.04.2016 bis 30.06.2016 vorgeschriebenen Beiträge eingetreten. Der Nachforderungsbetrag wurde entsprechend rechnerisch berichtigt.
Was das Infoblatt, Stand 01.01.2014, betreffe, so handle es sich dabei um ein unverbindliches und allgemeines Infoschreiben, welches nicht alle speziellen Fallkonstellationen abdecke. Im konkreten Fall hätte die Pflichtversicherung des BF nach § 14b GSVG schon ab 01.01.2000 bestanden, weshalb die Auskunft, dass ab 01.01.2014 bezüglich der Krankenversicherung keine Änderung eintritt, korrekt gewesen sei.
Im Rahmen des Parteiengehörs wurde dem BF das Ersuchen an die SVS sowie das zugehörige Antwortschreiben zur Kenntnis übermittelt und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.
Mit Schreiben vom 06.08.2020 langte eine Stellungnahme der Rechtsvertretung des BF beim Bundesverwaltungsgericht ein, wonach der BF gegen Ende 2013 von der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten die Mitteilung erhalten habe, dass die Bezahlung und die Abwicklung der Alterspension ab 01.04.2014 von der Sozialversicherungsanstalt übernommen werde. Abgesehen vom Informationsblatt, Stand 01.01.2014, habe der BF keine weiteren Informationen von der SVA erhalten. Der BF habe daher auf die Richtigkeit dieses Informationsblatts vertraut und er habe keine Veranlassung gesehen, weitere Recherchen anzustellen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der BF stand in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis und bezieht seit 01.01.1998 aus diesem Dienstverhältnis einen Ruhegenuss. Als Bezieher dieses Ruhegenusses ist er nach dem B-KUVG in der Krankenversicherung pflichtversichert (§ 1 Abs 1 Z 7 B-KUVG).
Der BF war neben dem Bezug des genannten Ruhegenusses bis 31.08.2008 als Ziviltechniker aktiv und daher Mitglied der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten. Der Gruppenkrankenversicherung dieser Kammer war er nicht beigetreten. Dem BF wurde vom Kuratorium der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten ab 01.09.2008 eine Alterspension zugesprochen. Seit 01.01.2014 hat die SVS (damals SVA) die genannte Wohlfahrtseinrichtung übernommen. Der BF bezieht seither von der SVS/SVA eine besondere Pensionsleistung nach § 20c FSVG.
Mit Schreiben vom 26.07.2019 teilte die SVA dem BF mit, dass die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach § 14b GSVG vorliegen.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde und Einholung einer Stellungnahme der belangten Behörde im Beschwerdeverfahren, die dem BF im Zuge eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht wurde. Eine mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt und erscheint auch nicht geboten: Der Sachverhalt ist soweit hier wesentlich unstrittig. Strittig ist ausschließlich die Rechtsfrage, ob die nachträgliche Pflichtversicherung des BF gemäß § 14b Abs. 3 GSVG und der angewendete Beitragssatz von 7,65 % zu Recht erfolgte. Weiters wendet sich die BF erkennbar gegen die Mehrfachversicherung und die damit verbundene Beitragsleistung für mehrere Pensionsbezüge.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
§ 194 GSVG verweist hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes grundsätzlich auf die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, wobei aber gemäß § 194 Z 5 GSVG § 414 Abs. 2 ASVG nicht anzuwenden ist. Es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A):
Zur Frage der Pflichtversicherung:
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung (und in der Pensionsversicherung) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:
selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die Versicherungsgrenze übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im Nachhinein festzustellen.
Gemäß § 5 Abs. 1 GSVG sind von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung oder in der Kranken- oder Pensionsversicherung Personen ausgenommen, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen beruflichen Vertretung (Kammer) und auf Grund der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 Anspruch auf Leistungen haben, die den Leistungen nach diesem Bundesgesetz gleichartig oder zumindest annähernd gleichwertig sind, und zwar
für die Kranken- und/oder Pensionsversicherung gegenüber einer Einrichtung dieser gesetzlichen beruflichen Vertretung oder
für die Krankenversicherung aus einer verpflichtend abgeschlossenen Selbstversicherung in der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz oder diesem Bundesgesetz und die für das Bundesgebiet jeweils in Betracht kommende gesetzliche berufliche Vertretung (falls die gesetzliche berufliche Vertretung auf Grund eines Landesgesetzes eingerichtet ist, diese Vertretung) die Ausnahme von der Pflichtversicherung beantragt. Hinsichtlich der Pensionsversicherung gilt dies nur dann, wenn die Berufsgruppe am 1. Jänner 1998 nicht in die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung einbezogen war.
Die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten hat von dem gemäß § 5 GSVG ermöglichten „Opting out“ aus der Krankenversicherung Gebrauch gemacht und mit der UNIQA Österreich Versicherungen AG einen Gruppenkrankenversicherungsvertrag abgeschlossen.
Gemäß § 14b Abs. 3 GSVG sind Personen, die auf Grund eines Antrages ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung gemäß § 5 von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen waren, dann in der Krankenversicherung pflichtversichert, wenn sie auf Grund ihrer freiberuflichen Erwerbstätigkeit eine Alters-, Berufsunfähigkeits- oder Todesversorgungsleistung beziehen, nicht aber einer Krankenvorsorgeeinrichtung ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung unterliegen und sie zusätzlich eine Pensions(Ruhegenuss)leistung beziehen, die die Krankenversicherung der Pensionisten/innen begründet. […]
§ 14b GSVG sieht eine Gegenausnahme zu § 5 GSVG vor, wenn die freiberufliche Erwerbstätigkeit iSd § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG, die von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung zwar infolge des "Opting-Out" der gesetzlichen Berufsvertretung ausgenommen wäre, mit einer anderen Erwerbstätigkeit, die die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründet, oder mit einem Pensionsbezug, der einer Pflichtversicherung in der Krankenversicherung unterliegt, zusammentrifft und das konkrete Kammermitglied bezüglich dieser Tätigkeit nicht einer Krankenvorsorgeeinrichtung seiner Kammer beigetreten ist. In diesem Fall unterliegt der Betroffene - trotz des "Opting-Out" seiner gesetzlichen Berufsvertretung - aufgrund seiner freiberuflichen Erwerbstätigkeit der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach GSVG (VwGH vom 2. Oktober 2012, 2011/04/0038; VwGH vom 17.12.2014, 2012/08/0168).§ 14b Abs 3 GSVG deckt jene Variante der Gegenausnahme zu § 5 GSVG ab, wo neben einer auf freiberuflicher Erwerbstätigkeit beruhenden nicht die Krankenversicherungspflicht begründender Altersversorgung eine die Krankenversicherung begründende Pension bezogen wird.
Die Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung tritt ex lege mit dem Vorliegen der vom Gesetz bestimmten Voraussetzungen ein. Ihr Eintritt und ihr Ende sind - sofern nicht das Gesetz selbst Ausnahmen vorsieht - der Disposition der betroffenen Versicherten entzogen. Die Pflichtversicherung unterliegt auch keiner Verjährung.
Der BF bezog im hier strittigen Zeitraum aus seinem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis einen Ruhegenuss und unterlag als Folge davon der Krankenversicherungspflicht nach § 1 Abs 1 Z 7 B-KUVG. Daneben bezog der BF aus seiner freiberuflichen Tätigkeit als Ziviltechniker eine Altersversorgung. Der von der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten abgeschlossenen Gruppenkrankenversicherung ist der BF nicht beigetreten. Für den BF liegt daher kraft Gesetzes Pflichtversicherung gemäß § 14b Abs 3 GSVG vor.
Soweit sich der BF mit seiner Beschwerde gegen das Bestehen einer Mehrfachversicherung wendet, ist dem entgegenzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Prinzip der Mehrfachversicherung in ständiger Judikatur ausräumt:
Grundgedanke jeder Sozialversicherung ist die Zusammenfassung der Angehörigen eines Berufsstandes zu einer Riskengemeinschaft (vgl. VfGH B418/90 vom 4.6.91; VfSlg. 12739/1991).
Innerhalb der jeweiligen Riskengemeinschaft steht der Versorgungsgedanke im Vordergrund, wohingegen der Versicherungsgedanke in der Ausprägung der Vertragsversicherung zurückgedrängt ist (vgl. VfGH G7/00 vom 26.6.200; VfSlg. 4714/1964, 5241/1966).
Gegen eine sich aus der Zugehörigkeit einer Person zu mehreren Berufsgruppen ergebende Mehrfachversicherung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VfGH B418/90 VfSlg. 4714/1964).
In der Sozialversicherung gilt nicht der Grundsatz der Äquivalenz von Beitragsleistung und Versicherungsleistung, sodass auch in Kauf genommen werden muss, dass es in manchen Fällen trotz Leistung von Pflichtbeiträgen zu keiner Versicherungsleistung kommt (vgl. VfGH G7/00; VfSlg. 6015/1969, 7047/1973).
Zur Höhe der Beiträge:
Gemäß § 14f Abs. 1 GSVG in der zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 118/2015 haben für die Dauer der Versicherung in der Krankenversicherung die Versicherten gemäß den §§ 14a und 14b als Beitrag 7,65% der Beitragsgrundlage zu leisten.
Soweit der BF einwendet, es wären 5,1 % der Bruttopension als Krankenversicherungsbeitrag einzubehalten, ist dem entgegen zu halten, dass der BF nicht der Krankenversicherungspflicht gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 GSVG unterliegt, welche die 5,1 % unter Verweis auf § 29 GSVG festlegt., sondern der Krankenversicherungspflicht gemäß § 14b GSVG.
Die Berechnung der gegenständlichen Beiträge hat die SVS in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Detail und nachvollziehbar dargelegt. Der BF hat gegen die Höhe dieser Beiträge abgesehen vom eben Dargelegten keine weiteren Einwände gemacht. Es war daher (abgesehen von der noch festzustellenden Korrektur wegen Verjährung) von der rechnerischen Richtigkeit der Beitragsberechnung auszugehen.
Zur Verjährung:
Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt gemäß § 40 Abs. 1 GSVG binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Versicherte die Erstattung einer Anmeldung bzw. Änderungsmeldung oder Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge unterlassen oder unrichtige Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.
Im vorliegenden Fall wurde der BF unbestritten erstmals mit Schreiben der belangten Behörde vom 26.07.2019 über das Vorliegen der hier gegenständlichen Pflichtversicherung verständigt. Für den Zeitraum 01.01.2014 bis 30.06.2016 ist somit Feststellungsverjährung eingetreten. Die Beitragsnachforderung war daher insoweit zu korrigieren.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofsgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beitragsnachverrechnung Krankenversicherung Mehrfachversicherung öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis Pflichtversicherung Ruhegenuss Teilstattgebung VerjährungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W164.2229118.1.00Im RIS seit
16.11.2021Zuletzt aktualisiert am
16.11.2021