Entscheidungsdatum
16.06.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W114 2243198-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , XXXX , XXXX , vertreten durch XXXX , Rechtsanwalt in XXXX , XXXX , vom 16.03.2021, gegen den Bescheid des Vermessungsamtes Gmunden vom 19.02.2021, Geschäftsfallnummer 133/2020/42, aufgrund des Vorlageantrages vom 12.05.2021 nach Beschwerdevorentscheidung vom 03.05.2021, Geschäftszahl 133/2020/42, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung wird bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Am 11.02.2020 stellte die Geometer XXXX , im Auftrag von XXXX , hinsichtlich des Grundstückes mit der GstNr. 514/1 KG 42021 St. Wolfgang beim zuständigen Vermessungsamt Gmunden, Ferdinand-Öttl-Str. 12, 4840 Vöcklabruck einen Antrag auf Umwandlung in den Grenzkataster.
Diesem Antrag lag eine von XXXX geleitete Grenzverhandlung zugrunde, in welcher unter Hinweis auf zahlreiche Veränderungshinweise den anwesenden Eigentümern angrenzender Grundstücke der festgestellte Grenzverlauf vorgezeigt, in der Natur vermarkt und aufgemessen bzw. abgesteckt wurde. Unter anderem stimmte auch XXXX , XXXX , XXXX , im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF, als Eigentümer des dem umgewandelten Grundstückes benachbarten Grundstückes mit der GstNr. 448/7 KG 42021 St. Wolfgang mit der Unterfertigung einer Zustimmungserklärung gemäß § 43 Abs. 6 VermG am 28.05.2018 dem in der Natur einvernehmlich festgelegten und im zugehörigen Plan dargestellten Grenzverlauf und damit auch der Umwandlung des von der Grenzverhandlung betroffenen Grundstückes mit der GstNr. 514/1 KG 42021 St. Wolfgang vom Grenzsteuerkatasters in den rechtsverbindlichen Grenzkataster zu.
2. In einem an XXXX adressierten Schriftsatz vom 30.05.2018 berief sich XXXX , auf eine ihm vom BF erteilte Vertretungsvollmacht und teilte mit, dass der BF „irrtümlich (in Unkenntnis der Rechtsfolgen)“ bei der Grenzverhandlung am 28.05.2018 die vorgelegte Zustimmungserklärung unterfertigt habe. Der BF ziehe hiermit die Zustimmungserklärung zurück und ersuche um entsprechende Korrektur und Bestätigung zu Handen von XXXX .
3. In einer an XXXX am 07.06.2018 gerichteten E-Mail teilte XXXX Folgendes mit:
„…
Ich werde Ihrem Ansuchen nachkommen, erlaube mir aber ihre mutwillig aufgestellte Behauptung, ich hätte die grundbücherlichen Grenzen verändert, aufs schärfste zurückzuweisen (siehe beiliegende Vermessungsurkunde).
Ich werde weiters meinen Auftraggeber von dieser Causa unterrichten. Der Ordnung halber teile ich ihnen weiters mit, dass auch die unmittelbaren Nachbarn ihres Mandanten die Punkte unterschrieben haben, mit dem Hinweis, sie hätten den Grenzverlauf sehr wohl gewusst.
Wir haben auch gemeinsam mit ihrem Mandanten die in der Vermessungsurkunde eingetragenen 7 m nachgemessen und auf der Straße einen alten Grenzbolzen gefunden.
Weiters lege ich ihnen noch einen Auszug aus unserem Leitfaden bezüglich Unterschriftzurückziehung bei, nur um zu unterstreichen, dass ich keine unnötigen Diskussionen vom Zaun brechen will. Ziel meines Auftraggebers ist es, jedenfalls seine Seeparzelle in den Grenzkataster zu bringen, und ich bitte sie daher diese Zurückziehung nochmals zu überdenken.
…“
4. Auf der Grundlage der Ergebnisse der durchgeführten Grenzverhandlung und den Plan vom 05.06.2018, GZ 7855 der Planverfasserin XXXX berücksichtigend wurde mit Bescheid des Vermessungsamtes Gmunden vom 19.02.2021, Geschäftsfallnummer 133/2020/42, dem Antrag auf Umwandlung des Grundstückes mit der GstNr. 514/1 KG 42021 St. Wolfgang stattgegeben und dieses Grundstück vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster umgewandelt. Begründend wurde in dieser Entscheidung ausgeführt, dass die Grundstücke und deren Grenzverlauf im Plan vom 05.06.2018, GZ 7855 der Planverfasserin XXXX dargestellt worden wären und sämtliche Zustimmungserklärungen der betroffenen benachbarten Grundstückseigentümer vorliegen würden.
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 25.02.2021 zugestellt.
5. Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX mit Schriftsatz vom 16.03.2021 Beschwerde.
Begründend wurde dabei vorgetragen, dass zwar am 28.05.2018 eine Grenzverhandlung stattgefunden habe, bei der auch der Beschwerdeführer eine Zustimmung gemäß § 53 Abs. 6 VermG abgegeben habe. Diese Zustimmungserklärung sei jedoch bereits am 30.05.2018 mit an XXXX gerichtetem E-Mail widerrufen worden. Der geschäftsführende Gesellschafter der XXXX , XXXX habe mit E-Mail am 07.06.2018 mitgeteilt, dass er dem Ansuchen des BF nachkomme, sodass die am 28.05.2018 abgegebene Zustimmungserklärung hinfällig geworden wäre. Die Feststellung des Vermessungsamtes Gmunden in der angefochtenen Entscheidung, wonach sämtliche Zustimmungserklärungen der betroffenen Eigentümerinnen bzw. deren Vertreterinnen zu den Grenzen des umzuwandelnden Grundstückes vorlägen, sei unrichtig. Gemäß § 18a Abs. 2 VermG sei nunmehr das Verfahren mit jenen Eigentümern fortzusetzen, die die Zustimmung erteilten. Umgekehrt würde das bedeuten, dass „eine Umwandlung des Grenzkatasters im Bereich des Grundstückes 514/1 zum Grundstück 448/5 nicht möglich“ sei. „Sollte eine Teilausscheidung von Grundstücksgrenzen nicht möglich sein, dürfe das hier gegenständliche Grundstück 514/1 nicht in den Grenzkataster übergeführt werden.“
6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 03.05.2021, Geschäftszahl 133/2020/42, wurde diese Beschwerde abgewiesen und der Bescheid vollinhaltlich bestätigt. Dabei wurde im Wesentlichsten zusammengefasst unter Hinweis auf Rechtsprechung des OGH, VwGH und des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) bzw. auf Kommentierungen in Twaroch, Kataster- und Vermessungsrecht3 ausgeführt, dass im Zuge einer Grenzverhandlung gemäß § 43 Abs. 6 VermG abgegebene Zustimmungserklärungen nicht einseitig zurückgezogen werden können. Solche Zustimmungserklärungen könnten (abgesehen von einer einvernehmlichen Vereinbarung aller betroffenen Grundstückseigentümer) nur nach einer erfolgreich gerichtlich eingebrachten Irrtumsanfechtung beseitigt werden. Eine solche liege jedoch nicht vor.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde dem Beschwerdeführer am 03.05.2021 zugestellt.
7. Mit Schriftsatz vom 12.05.2021, eingelangt im Vermessungsamt Gmunden am 14.05.2021, stellte der BF, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX einen Vorlageantrag. Neuerlich wies dabei der BF darauf hin, dass XXXX zum vom BF mitgeteilten Widerruf der Zustimmungserklärung mit E-Mail vom 07.06.2018 mitgeteilt habe, dass er diesem Ansuchen nachkommen würde.
8. Mit Schreiben des Vermessungsamtes Gmunden vom 09.06.2021, Geschäftszahl 2021-0.364.769, wurden am 09.06.2021 die Beschwerde, der Vorlageantrag, der angefochtene Bescheid, die Beschwerdevorentscheidung sowie Unterlagen des Verwaltungsverfahrens dem BVwG zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Geometer XXXX , stellte am 11.02.2020 im Auftrag von XXXX , hinsichtlich des im Eigentum von XXXX stehenden Grundstückes mit der GstNr. 514/1 KG 42021 St. Wolfgang beim zuständigen Vermessungsamt Gmunden, Ferdinand-Öttl-Str. 12, 4840 Vöcklabruck einen Antrag auf Umwandlung in den Grenzkataster.
1.2. Das Grundstück mit der GstNr. 514/1 KG 42021 St. Wolfgang grenzt u.a. auch an das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Grundstück mit der GstNr. 448/6 KG 42021 St. Wolfgang.
1.3. Im Vorfeld des Umwandlungsantrages vom 11.02.2020 fand unter Leitung des hiezu befugten Ingenieurkonsulenten XXXX eine Grenzverhandlung statt, bei der dem anwesenden BF am 28.05.2018 auch die Grenzpunkte 3521 und 3518 und deren geradlinige Verbindung dieser beiden Grenzpunkte gezeigt wurden. Mit der Unterfertigung einer Zustimmungserklärung gemäß § 43 Abs. 6 VermG stimmte der BF dem festgestellten Grenzverlauf zwischen dem Grundstück mit der GstNr. 514/1 KG 42021 St. Wolfgang einerseits und seinem Grundstück mit der GstNr. 448/6 KG 42021 St. Wolfgang andererseits, der durch die geradlinige Verbindung der Grenzpunkte 3521 und 3518 gebildet wird, zu. Damit stimmte der BF nicht nur diesem Grenzverlauf zu, sondern auch der beantragten Umwandlung des Grundstückes mit der GstNr. 514/1 KG 42021 St. Wolfgang vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster.
1.4. Offensichtlich wollte der BF in weiterer Folge nicht mehr an seine in der Grenzverhandlung erteilte und durch die Unterfertigung der Zustimmungserklärung gemäß § 43 Abs. 6 VermG auch dokumentierte Zustimmung zum festgestellten Grenzverlauf gebunden sein. Daher kontaktierte er Rechtsanwalt XXXX und bevollmächtigte diesen mit seiner Vertretung.
1.5. Offensichtlich in der Annahme, dass die vom BF erteilte Zustimmungserklärung einseitig widerrufen werden könnte, kontaktierte der Vertreter des BF den von XXXX mit der Abwicklung der Vorbereitung der Umsetzung zur Umwandlung beauftragten Ingenieurkonsulenten XXXX . Er teilte diesem in einem Schriftsatz vom 30.05.2018 mit, dass der BF „irrtümlich (in Unkenntnis der Rechtsfolgen)“ bei der Grenzverhandlung am 28.05.2018 die vorgelegte Zustimmungserklärung unterfertigt habe. Der BF ziehe hiermit die Zustimmungserklärung zurück und ersuche um entsprechende Korrektur und Bestätigung zu Handen von XXXX .
1.6. In einer beantwortenden E-Mail vom 07.06.2018 teilte XXXX dem Vertreter des BF mit, dass er „dem Ansuchen nachkommen werde“. Gleichzeitig wies XXXX in dieser E-Mail unter Verweis auf einen Leitfaden der Geometer XXXX darauf hin, dass es nicht möglich sei, dass eine Zustimmungserklärung nachträglich gegenüber dem Grundeigentümer, dem Planverfasser oder dem Vermessungsamt zurückgezogen werden könnte, zumal es schon (mit der Unterfertigung der Zustimmungserklärung gemäß § 43 Abs. 6 VermG) zum Abschlusses eines Vergleiches mit dem Eigentümer des betroffenen Grundstückes gekommen sei.
1.7. Hinsichtlich des am 11.02.2020 gestellten Antrages auf Umwandlung des Grundstückes mit der GstNr. 514/1 KG 42021 St. Wolfgang vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster wurden von allen Eigentümern von benachbarten Grundstücken die erforderlichen Zustimmungserklärungen zum jeweiligen Grenzverlauf gemäß § 43 Abs. 6 VermG abgegeben. Damit haben auch alle erforderlichen Eigentümer von benachbarten Grundstücken der Umwandlung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes mit der GstNr. 514/1 KG 42021 St. Wolfgang vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster zugestimmt. Damit liegen alle erforderlichen Voraussetzungen für die Umwandlung des Grundstückes mit der GstNr. 514/1 KG 42021 St. Wolfgang vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster vor.
2. Beweiswürdigung:
Der wiedergegebene Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich schlüssig aus den, vom Vermessungsamt Gmunden dem BVwG vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens. Weder der Sachverhalt noch die getroffenen Feststellungen werden vom Beschwerdeführer substanziell bestritten.
Der Beschwerdeführer selbst hat insbesondere bestätigt, dass er im Zuge der Grenzverhandlung am 28.05.2018 in der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit hinsichtlich der Umwandlung des Grundstückes mit der GstNr. 514/1 KG 42021 St. Wolfgang vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster eine Zustimmungserklärung gemäß § 43 Abs. 6 VermG unterfertigt hat. Es besteht daher kein Zweifel, dass die in den Verfahrensunterlagen enthaltene Unterschrift des Beschwerdeführers auf der entsprechenden Zustimmungserklärung auch tatsächlich vom Beschwerdeführer stammt und von diesem geleistet wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und Verfahrensrecht:
Die Zuständigkeit des BVwG zur Entscheidung in der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit ergibt sich aus § 3 Abs. 3 VermG.
Das BVwG entscheidet gemäß § 6 BVwGG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Das VermG sieht die Entscheidung durch Senate nicht vor.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idFd des BGBl. I Nr. 57/2018, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in den dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zum Anfechtungsgegenstand:
Das Vermessungsamt Gmunden hat den ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 19.02.2021, Geschäftsfallnummer 133/2020/42, mit Beschwerdevorentscheidung vom 03.05.2021, Geschäftszahl 133/2020/42, bestätigt. Aus der Rechtsmittelbelehrung der Beschwerdevorentscheidung, in der auf die Möglichkeit eines Vorlageantrages hingewiesen wird, ergibt sich, dass das Vermessungsamtes Gmunden auch tatsächlich eine Beschwerdevorentscheidung erlassen hat.
Gemäß § 14 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung des BGBl. I Nr. 57/2018 stand es dem Vermessungsamt Gmunden frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung).
Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).
Aus der Entstehung der den Vorlageantrag regelnden Gesetzesbestimmung des § 15 VwGVG und den Gesetzesmaterialien ist zu schließen, dass nach Stellung eines Vorlageantrages die Beschwerdevorentscheidung nicht außer Kraft tritt (vgl. dazu etwa Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren2 (1918) § 15 Anm. 9 oder Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11 (2019), Rz 774). Die Beschwerdevorentscheidung bildet vielmehr den Beschwerdegegenstand und ersetzt den ursprünglichen Bescheid zur Gänze (vgl. VwGH 20.05.2015, Ra 2015/09/0025).
3.3. Rechtsgrundlagen:
Das Bundesgesetzes vom 03.07.1968 über die Landesvermessung und den Grenzkataster (Vermessungsgesetz – VermG), BGBl. Nr. 306/1968, idF des BGBl. I Nr. 51/2016, lautet auszugsweise:
„Der Grenzkataster
§ 8. Der nach Katastralgemeinden angelegte Grenzkataster ist bestimmt:
1. zum verbindlichen Nachweis der Grenzen der Grundstücke,
[…].“
„§ 11. (1) Die Eintragungen in den Grenzkataster sind
1. Einverleibungen von Änderungen der Grenzen von Grundstücken gemäß den Grundbuchsbeschlüssen,
2. Anmerkungen der eingeleiteten Verfahren, der erteilten Bescheinigung gemäß § 39 und der Mitteilungen der Vermessungsämter an die Grundbuchsgerichte über Amtshandlungen und
3. Ersichtlichmachungen der Flächenausmaße auf Grund der Angaben in den Plänen (§§ 37 und 43 Abs. 5) oder in Ermangelung solcher auf Grund der von den Vermessungsämtern vorzunehmenden Ermittlungen, der vorläufig festgesetzten Grundstücksnummern, der Benützungsarten und der sonstigen Angaben auf Grund von Mitteilungen der zuständigen Behörden oder in Ermangelung solcher auf Grund von Erhebungen sowie das Vorliegen von Zustimmungserklärungen aller Eigentümer zu einem Grenzpunkt des Grundsteuerkatasters auf Grund einer Grenzfestlegung gemäß § 41 oder § 43 Abs. 6.
[…].“
„Neuanlegung des Grenzkatasters
§ 15. (1) Die Einführung des Grenzkatasters in einer Katastralgemeinde erfolgt
1. durch die grundstücksweise vorzunehmende Umwandlung des Grundsteuerkatasters in einen Grenzkataster (teilweise Neuanlegung §§ 16 bis 20) oder
2. durch die Neuanlegung des Grenzkatasters in einem abgegrenzten Gebiet (allgemeine Neuanlegung §§ 21 bis 32).
(2) Eine Neuanlegung kann nur in den Katastralgemeinden erfolgen, für die ein Festpunktfeld gemäß § 1 Z 1 lit. a vorhanden ist.“
„§ 17. Die Umwandlung (§ 15 Abs. 1 Z 1) erfolgt
1. auf Antrag des Eigentümers gemäß § 18,
[…].“
„§ 18. Dem Antrag auf Umwandlung gemäß § 17 Z 1 ist ein Plan einer der im § 1 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 sowie Abs. 2 des Liegenschaftsteilungsgesetzes, BGBl. Nr. 3/1930, bezeichneten Personen oder Dienststellen, der den Voraussetzungen des § 39 Abs. 3 entspricht, anzuschließen.“
„§ 18a. (1) Sind bei Anträgen gemäß § 17 Z 1 nicht alle Zustimmungserklärungen im Protokoll gemäß § 43 Abs. 6 beigebracht worden, so hat das zuständige Vermessungsamt ein Ermittlungsverfahren zum Zwecke der Erlangung fehlender Zustimmungen zum Grenzverlauf einzuleiten.
(2) Können im Zuge des Ermittlungsverfahrens die fehlenden Zustimmungserklärungen nicht erlangt werden, so sind mit Einverständnis des Antragstellers zur Fortführung des Verfahrens jene Eigentümer, die für die Grenzfestlegung erforderlich sind, zu einer Grenzverhandlung zu laden. Die Bestimmungen der §§ 24 bis 28 Abs. 1 sind anzuwenden.
(3) Das Vermessungsamt hat die Niederschrift mit dem Ergebnis der Grenzverhandlung zusammen mit einer planlichen Darstellung und den Koordinaten der vermessenen Grenzpunkte dem Antragsteller zur Überarbeitung durch den Planverfasser zuzustellen. In der Folge hat der Antragsteller dem Vermessungsamt den überarbeiteten Plan zu übergeben, der das Ergebnis der Grenzverhandlung oder eines rechtskräftig abgeschlossenen Gerichtsverfahrens zu enthalten hat.
(4) Das Vermessungsamt hat die Grenzverhandlungen gemäß Abs. 2 innerhalb von sechs Monaten nach Antragstellung durchzuführen.
(5) Sofern der Antragsteller sein Einverständnis zur Fortführung des Verfahrens gemäß Abs. 2 nicht erteilt, ist der Antrag auf Umwandlung zurückzuweisen.“
„§ 20. (1) Die Umwandlung ist mit Bescheid zu verfügen und nach Eintritt der Rechtskraft desselben im Grundstücksverzeichnis einzutragen.
[…].“
„§ 24. Zum Zwecke der Festlegung der Grenzen der Grundstücke sind an Ort und Stelle Grenzverhandlungen durchzuführen, zu denen sämtliche beteiligte Eigentümer zu laden sind.“
„§ 25. (1) In der Grenzverhandlung ist von den erschienenen beteiligten Eigentümern nach Vorhalt der vorhandenen Behelfe (Grundsteuerkataster, Pläne und andere) der Verlauf der Grenzen festzulegen und in der Weise zu kennzeichnen, wie sie § 845 des allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches vorsieht. Kommen die Eigentümer der Kennzeichnungspflicht nicht nach, so ist die Kennzeichnung von Amts wegen gegen Kostenersatz vorzunehmen.
(2) Einigen sich die Eigentümer nicht über den Grenzverlauf und ist noch kein gerichtliches Verfahren anhängig, so ist der Eigentümer, der behauptet, dass die Grenze nicht mit dem sich auf Grund der Behelfe ergebenden Grenzverlauf übereinstimmt, aufzufordern, binnen sechs Wochen ein für die Bereinigung des Grenzstreites bestimmtes gerichtliches Verfahren anhängig zu machen. Lässt sich auf diese Weise der zur Einleitung des gerichtlichen Verfahrens aufzufordernde Eigentümer nicht ermitteln, so ist derjenige Eigentümer aufzufordern, dessen Behauptung den sonstigen in der Grenzverhandlung hervorgekommenen Umständen nach den geringeren Grad der Wahrscheinlichkeit besitzt.
(3) Wird eine von einem Eigentümer auf Grund der Aufforderung nach Abs. 2 eingebrachte Klage rechtskräftig abgewiesen, so gilt im Verhältnis zu ihm der von den übrigen beteiligten Eigentümern in der Grenzverhandlung angegebene Grenzverlauf als richtig.
(4) Bringt ein Eigentümer auf Grund der Aufforderung nach Abs. 2 einen Antrag auf Berichtigung der Grenze nach den §§ 850 ff. des allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches ein, so steht den Parteien die Möglichkeit, ihr besseres Recht im Prozessweg geltend zu machen (§ 851 Abs. 2 des allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches), nur innerhalb von sechs Wochen nach rechtskräftiger Beendigung des außerstreitigen Verfahrens offen.
(5) Kommt der Eigentümer der Aufforderung nach Abs. 2 nicht fristgerecht nach oder setzt er ein anhängiges gerichtliches Verfahren nicht gehörig fort, so ist er als dem von den übrigen beteiligten Eigentümern in der Grenzverhandlung angegebenen Grenzverlauf oder, wenn eine den Grenzverlauf festsetzende außerstreitige gerichtliche Entscheidung vorliegt, als dem Inhalt dieser Entscheidung zustimmend anzusehen.
(6) Einigen sich die Eigentümer nicht über den Grenzverlauf und ist ein gerichtliches Verfahren anhängig, so sind hierauf die Bestimmungen der Abs. 3 bis 5 sinngemäß anzuwenden.“
„§ 43.
[…]
(6) Sind von Plänen über Vermessungen nach Abs. 4 Grundstücke betroffen, die noch nicht im Grenzkataster enthalten sind, so ist ein beurkundetes Protokoll über die Festlegung des Grenzverlaufs mit den Unterschriften der Eigentümer der angrenzenden und der betroffenen Grundstücke anzuschließen (Zustimmungserklärungen). Wenn diese Zustimmungen nicht zu erlangen waren, hat das Protokoll eine Erklärung des Planverfassers hierüber unter Angabe der Namen und Adressen der betreffenden Eigentümer zu enthalten. Für bereits im Grenzkataster enthaltene Grenzen ist eine Zustimmung nicht mehr erforderlich. Bei Mappenberichtigungen hat das Protokoll überdies die Erklärung der Eigentümer zu enthalten, dass der Grenzverlauf seit der letzten Vermessung unverändert geblieben ist, oder dem Eigentümer kein anderer Grenzverlauf bekannt ist.“
3.4. Rechtlich ergibt sich daraus Folgendes:
Die Erklärung eines Grundeigentümers auf einem vom Vermessungsbefugten bei der Grenzverhandlung aufgelegten Formblatt durch Fertigung einer darin vorbereiteten Erklärung ist ein außergerichtlicher Vergleich der Streitteile iSd § 1388 ABGB über den vorher strittig gewesenen Grenzverlauf zwischen deren Grundstücken iSd Vermessungsergebnisse. Die schriftliche Zustimmung ist keine bloße Wissenserklärung (OGH vom 24.11.1998, 1 Ob 193/98h; Twaroch, Kataster- und Vermessungsrecht, 3., überarbeitete Auflage, RZ 31).
Zustimmungserklärungen im Sinne des § 43 Abs. 6 VermG sind einseitige Willenserklärungen, auf die gemäß § 876 ABGB die Vorschriften der §§ 869 bis 875 ABGB Anwendung finden (VwGH 15.09.2009, 2007/06/0317; VwGH 22.02.2012, 2010/06/0265; Twaroch, Kataster- und Vermessungsrecht, 3., überarbeitete Auflage, RZ 32).
Eine derartige Willenserklärung ist nur dann anfechtbar, wenn der Erklärende von einem wesentlichen Irrtum befangen war und dieser Irrtum vom Erklärungsempfänger veranlasst wurde, ihm auffallen musste und er rechtzeitig aufgeklärt wurde.
Für die Anfechtung eines vor einem Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen geschlossenen außergerichtlichen Vergleichs zwischen den Eigentümern anrainender Grundstücke über den vormals strittigen Grenzverlauf wegen Irrtums gelten wegen des Vergleichscharakters der Vereinbarung die Grundsätze der §§ 1385ff ABGB (OGH vom 24.11.1998, 1 Ob 193/98h).
Daraus folgt rechtlich zwingend, dass eine einmal vorbehaltlos erteilte Zustimmungserklärung gemäß § 43 Abs. 6 VermG nicht einseitig zurückgezogen werden kann. Auch eine allfällige Annahme eines einseitig erklärten Widerrufes einer in einer Grenzverhandlung vorbehaltslos abgegebenen Zustimmungserklärung gemäß § 43 Abs. 6 VermG durch einen beauftragten befugten Ingenieurkonsulenten vermag mangels Existenz einer dafür erforderlichen Rechtsgrundlage nicht dazu zu führen, dass ein nachträglich ausgesprochener einseitiger Widerruf einer bereits erteilten Zustimmungserklärung tatsächlich dazu führt, dass die bereits erteilte Zustimmungserklärung gemäß § 43 Abs. 6 VermG als nicht mehr existent zu betrachten wäre.
Zudem müsste auch der vom Beschwerdeführer behauptete Irrtum, der zur Unterfertigung der Zustimmungserklärung geführt hat, durch eine gerichtliche Anfechtung geltend gemacht werden (VwGH 28.03.2006, 2004/06/0157; VwGH 15.09.2009, 2007/06/0317; VwGH 10.04.2012, 2010/06/0134 mwN oder VwGH 21.03.2014, 2013/06/0168).
In der gegenständlichen Angelegenheit ist daher unerheblich, ob die Erklärung des in der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit tätigen Ingenieurkonsulenten XXXX in einer E-Mail vom 07.06.2018 an den Vertreter des Beschwerdeführers, dass er dem Ansuchen des Beschwerdeführers nachkommen werde, als Annahme des Widerrufes der am 28.05.2018 vom Beschwerdeführer erteilten Zustimmungserklärung verstanden werden könnte.
Die durch Unterfertigung bestätigte Zustimmungserklärung gemäß § 43 Abs. 6 VermG des BF vom 28.05.2018 im Verfahren der Geometer XXXX , GZ 7855, ist daher für den Beschwerdeführer bindend.
Sollte der Beschwerdeführer die Auffassung vertreten, dass er bei Abgabe seiner Erklärung zur Festlegung des Grenzverlaufes einem Irrtum unterlegen war, so kann er dies nur im Wege einer zivilgerichtlichen Anfechtung wegen Irrtums geltend machen. Die Frist zur Geltendmachung eines Irrtums beträgt grundsätzlich drei Jahre nach Vertragsabschluss bzw. ab Zugang der einseitigen Willenserklärung an den Empfänger. Nicht entscheidend ist, wann der Irrtum entdeckt bzw. aufgeklärt wurde. Der Anspruch auf Anfechtung eines Vertrages wegen List verjährt in 30 Jahren (M. Bydlinski in Rummel, Kommentar zum ABGB, 3. Auflage, 2. Teilband, Wien 2002, RZ 7 und 8 zu § 1487 ABGB).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen in dieser Entscheidung dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer solchen.
Schlagworte
Beschwerdevorentscheidung Grenzkataster Grenzpunkt Grenzverhandlung Grenzverlauf Grenzvermessung Grundsteuerkataster Grundstück Irrtum Umwandlung Vergleich Vermessung Vertretungsvollmacht Vorlageantrag Widerruf Willenserklärung Wissenserklärung ZustimmungserklärungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W114.2243198.1.00Im RIS seit
17.09.2021Zuletzt aktualisiert am
17.09.2021