Entscheidungsdatum
11.06.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W221 2239074-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol vom 19.10.2020, Zl. PAD/20/1869566-PA, betreffend Ausgleichsmaßnahmen für besondere Erschwernisse des Exekutivdienstes im Nachtdienst gemäß § 82b GehG zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben vom 28.04.2020, eingelangt am 30.04.2020, beantragte der Beschwerdeführer, ein in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehender Beamter des allgemeinen Verwaltungsdienstes (Verwendungsgruppe A1) bei der Sicherheits- und Verwaltungspolizeilichen Abteilung der Landespolizeidirektion Tirol die Zuerkennung der Ausgleichsmaßnahmen für besondere Erschwernisse des Exekutivdienstes im Nachtdienst gemäß § 82b Gehaltsgesetz 1956 (GehG) und die Erstattung der bisher angelaufenen Ansprüche gemäß § 82b GehG.
Dazu führte er aus, es sei unstrittig, dass er regelmäßig Journaldienste als Beamter des rechtskundigen Dienstes und dort Exekutivdienst versehe bzw. damit zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt sei. Das Gehaltsgesetz sehe für die Besorgung des Exekutivdienstes zur Nachtzeit bestimmte Ausgleichmaßnahmen vor, die in § 82b GehG normiert seien. Darin, dass § 82b GehG auf § 82 leg. cit. verweist, welcher Bestimmungen zu Vergütungen für besondere Gefährdungen exekutivdienstfähiger Beamten des Exekutivdienstes normiere, jedoch keinen Verweis auf § 40a GehG enthalte, der unter dem Titel „Exekutivdienstliche Tätigkeiten“ auch für Beamte des rechtskundigen Dienstes bei den Landespolizeidirektionen Vergütungen die mit deren Tätigkeit verbundene besondere Gefährdung regle, erblicke der Beschwerdeführer eine planwidrige Lücke des Gesetzgebers. Eine solche sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mittels Analogie zu schließen. Da § 82b GehG in Umsetzung zur RL 93/104/EG, welche inzwischen von der RL 2003/88/EG ersetzt worden sei, erlassen worden sei, sei in dieser sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung auch ein Verstoß gegen Unionsrecht zu erblicken.
2. Mit dem im Spruch genannten Bescheid wies die belangte Behörde die o.a. Anträge des Beschwerdeführers ab. Dabei führte die Behörde im Wesentlichen aus, dass sowohl der Gesetzestext des § 82b GehG als auch die Erläuterungen zu dieser Bestimmung keinen anderen Schluss zuließen, als dass die Ausgleichsmaßnahmen iSd § 82b leg. cit. ausschließlich auf Beamte des Exekutivdienstes anzuwenden seien. Eine Ausdehnung dieser Bestimmung auf Beamte der Besoldungsgruppe „Allgemeiner Verwaltungsdienst“ iSd § 2 Z 1 lit. a GehG sei sowohl aufgrund der Eindeutigkeit der gesetzlichen Formulierung als auch aufgrund des Inhaltes der Erläuterungen ausgeschlossen. Vielmehr sei für diese eine Exekutivdienstzulage gemäß § 40 Abs 1 leg. cit. bzw. eine Vergütung für besondere Gefährdungen gemäß § 40 Abs. 3 leg. cit. vorgesehen.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.
Diese führt aus, dass der Beschwerdeführer als Angehöriger des rechtskundigen Dienstes während der Journaldienstzeit eine Doppelfunktion als Behördenvertreter und Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einnähme. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Wachdienstzulage gemäß § 81 GehG ergebe sich, dass es bei Ausgleichsleistungen wie hier nicht auf die besoldungsrechtliche Stellung des Beamten, sondern auf die Art seiner Dienstverrichtung bzw. Verwendung ankäme. § 82b GehG stelle eine Ausgleichsmaßnahme für alle Beamten dar, die im Rahmen eines Nachtdienstes den besonderen Erschwernissen einer exekutivdienstlichen Tätigkeit ausgesetzt seien. Zudem könne der Tatbestand für die Exekutivdienstzulage nach § 40a GehG mit jenem der Vergütung nach § 82b leg. cit. gleichgesetzt werden, weshalb auch letzterer nicht auf die besoldungsrechtliche Stellung des Beamten abziele. Die Erläuterungen zu §§ 82b, 40a, 144a leg. cit. würden ausführen, dass der Gesetzgeber für alle Beamte, die den besonderen Beschwernissen des Exekutivdienstes im Nachtdienst ausgesetzt seien, Ausgleichsmaßnahmen geschaffen werden sollten. Die zitierten RL wiederum, auf denen u.a. § 82b leg. cit. fuße, stelle auf alle Arbeitnehmer ab, die aufgrund ihrer spezifischen Tätigkeiten während der Nachtstunden besonderen gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt seien. Eine Differenzierung bei den Ansprüchen des § 82b GehG nach Besoldungsgruppen widerspreche insbesondere der RL 2003/88/EG und sei daher europarechtswidrig. Gemeinschaftsrechtlich geboten sei daher eine richtlinienkonforme Interpretation und ein Anwendungsvorrang des Unionsrechts, die zum Ergebnis führen würden, dass Beamte des rechtskundigen Dienstes bei den Landespolizeidirektionen, die dort behördlichen Journaldienst verrichten, einen Anspruch auf Ausgleichsmaßnahmen nach § 82b GehG erwerben würden. Es sei auch sonst kein Grund ersichtlich, weshalb Ausgleichsmaßnahmen nach § 82b GehG nur Beamten des Exekutivdienstes iSd § 2 Z 6 lit. a leg. cit. zustehen sollten. Es liege somit eine sachlich nicht gerechtfertigte verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor, weil der Beschwerdeführer, obwohl er als Beamter des allgemeinen Verwaltungsdienstes der Verwendungsgruppe A1 Exekutivdiensttätigkeiten verrichte, für die er auch eine entsprechende Zulage erhalte, schlechter gestellt werde als Beamte, die unmittelbar dem Exekutivdienst zugeteilt seien.
4. Die vorliegende Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der Behörde mit Schreiben vom 19.12.2019 vorgelegt und sind am 02.01.2020 beim Bundesverwaltungsgericht einlangt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist ein in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehender Beamter des allgemeinen Verwaltungsdienstes (Verwendungsgruppe A1) der Landespolizeidirektion Tirol.
Bei der Landespolizeidirektion Tirol ist ein 24-stündiger Journaldienst eingerichtet, der jeweils von einem Bediensteten der Verwendungsgruppe A1 ausgeführt wird. Der Beschwerdeführer verrichtet in diesem Rahmen regelmäßig Nachtdienste in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr.
Der Beschwerdeführer bezieht eine ruhegenussfähige Exekutivdienstzulage gemäß § 40a GehG.
2. Beweiswürdigung:
Die unstrittigen Feststellungen ergeben sich aus dem bezughabenden Verwaltungsakt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idF BGBl. I Nr. 44/2019, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen, womit im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vorliegt.
Zu A)
1. Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des GehG, BGBl. Nr. 54/1956 idF BGBl. I Nr. 24/2020, lauten auszugsweise wie folgt:
„Besoldungsrechtliche Einteilung der Beamten
§ 2. Die Bezüge der Beamten richten sich nach der Zugehörigkeit zu einer der folgenden Besoldungsgruppen:
1.a)
Allgemeiner Verwaltungsdienst,
b)
[…]
2. – 5.
[…]
6.a)
Exekutivdienst,
b)
Wachebeamte,
7. – 10.
[…]
[…]
Exekutivdienstliche Tätigkeiten
§ 40a. (1) Eine ruhegenußfähige Exekutivdienstzulage von 113,8 € gebührt dem Beamten
1. […] des Höheren Dienstes bei den Landespolizeidirektionen und an Justizanstalten,
2. des rechtskundigen Dienstes beim Bundesministerium für Inneres, welcher gemäß § 5 Abs. 2 Z 3 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt ist,
3. […]
solange er im Exekutivdienst oder im wissenschaftlichen oder amtsärztlichen Dienst verwendet wird oder mit Aufgaben der Wirtschaftspolizei betraut ist. Die Exekutivdienstzulage gebührt ebenso, wenn ein solcher Beamter infolge eines in seinem Dienst erlittenen Dienstunfalles nicht mehr in diesem Dienst verwendet werden kann.
(2) – (5) […]
[…]
Vergütung für besondere Gefährdung
§ 82. (1) Dem exekutivdienstfähigen Beamten des Exekutivdienstes gebührt für die mit seiner dienstplanmäßigen Tätigkeit verbundene besondere Gefährdung an Stelle der im § 19b vorgesehenen Nebengebühr eine monatliche Vergütung von 7,30% des Referenzbetrages gemäß § 3 Abs. 4, soweit nicht für seine Verwendung gemäß Abs. 3 ein höheres Ausmaß festgesetzt ist.
(2) – (8) […]
[…]
Ausgleichsmaßnahmen für besondere Erschwernisse des Exekutivdienstes im Nachtdienst
§ 82b. (1) Einem Beamten des Exekutivdienstes, der in einem Kalenderjahr mindestens 15 Nachtdienste geleistet hat, gebührt für jeden geleisteten Nachtdienst ein Zeitguthaben im Ausmaß von eineinhalb Stunden. Der Anspruch entsteht mit dem der Leistung der Nachtdienste jeweils folgenden Monatsersten.
(2) Nachtdienst gemäß Abs. 1 leistet,
1. wer in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr mindestens vier Stunden seine dienstlichen Tätigkeiten verrichtet und
2. in dem betreffenden Monat Anspruch auf eine Vergütung für besondere Gefährdung nach § 82 hat.
(3) – (4) […]“
2. Die wesentlichen Bestimmungen der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, Amtsblatt Nr. L 299 vom 18/11/2003 S. 09 – 19, lauten wie folgt:
„ErwGr 7: Untersuchungen zeigen, dass der menschliche Organismus während der Nacht besonders empfindlich auf Umweltstörungen und auf bestimmte belastende Formen der Arbeitsorganisation reagiert und dass lange Nachtarbeitszeiträume für die Gesundheit der Arbeitnehmer nachteilig sind und ihre Sicherheit bei der Arbeit beeinträchtigen können.
Artikel 1 Gegenstand und Anwendungsbereich
(1) Diese Richtlinie enthält Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung.
(2) Gegenstand dieser Richtlinie sind
a) die täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten, der Mindestjahresurlaub, die Ruhepausen und die wöchentliche Höchstarbeitszeit sowie
b) bestimmte Aspekte der Nacht- und der Schichtarbeit sowie des Arbeitsrhythmus.
(3) Diese Richtlinie gilt unbeschadet ihrer Artikel 14, 17, 18 und 19 für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie 89/391/EWG.
[…]
(4) Die Bestimmungen der Richtlinie 89/391/EWG finden unbeschadet strengerer und/oder spezifischer Vorschriften in der vorliegenden Richtlinie auf die in Absatz 2 genannten Bereiche voll Anwendung.
Artikel 2 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie sind:
1. Arbeitszeit: jede Zeitspanne, während der ein Arbeitnehmer gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt;
2. Ruhezeit: jede Zeitspanne außerhalb der Arbeitszeit;
3. Nachtzeit: jede, in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegte Zeitspanne von mindestens sieben Stunden, welche auf jeden Fall die Zeitspanne zwischen 24 Uhr und 5 Uhr umfasst;
4. Nachtarbeiter:
a) einerseits: jeder Arbeitnehmer, der während der Nachtzeit normalerweise mindestens drei Stunden seiner täglichen Arbeitszeit verrichtet;
b) andererseits: jeder Arbeitnehmer, der während der Nachtzeit gegebenenfalls einen bestimmten Teil seiner jährlichen Arbeitszeit verrichtet, der nach Wahl des jeweiligen Mitgliedstaats festgelegt wird:
i) nach Anhörung der Sozialpartner in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder
ii) in Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern auf nationaler oder regionaler Ebene;
Z 5 - 9 […]
[…]
Artikel 8 Dauer der Nachtarbeit
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit:
a) die normale Arbeitszeit für Nachtarbeiter im Durchschnitt acht Stunden pro 24-Stunden-Zeitraum nicht überschreitet;
b) Nachtarbeiter, deren Arbeit mit besonderen Gefahren oder einer erheblichen körperlichen oder geistigen Anspannung verbunden ist, in einem 24-Stunden-Zeitraum, während dessen sie Nachtarbeit verrichten, nicht mehr als acht Stunden arbeiten.
Zum Zweck von Buchstabe b) wird im Rahmen von einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten oder von Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern festgelegt, welche Arbeit unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Nachtarbeit und der ihr eigenen Risiken mit besonderen Gefahren oder einer erheblichen körperlichen und geistigen Anspannung verbunden ist.
[…]
Artikel 12 Sicherheits- und Gesundheitsschutz
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit:
a) Nacht- und Schichtarbeitern hinsichtlich Sicherheit und Gesundheit in einem Maß Schutz zuteil wird, das der Art ihrer Arbeit Rechnung trägt;
b) die zur Sicherheit und zum Schutz der Gesundheit von Nacht- und Schichtarbeitern gebotenen Schutz- und Vorsorgeleistungen oder -mittel denen für die übrigen Arbeitnehmer entsprechen und jederzeit vorhanden sind.
[…]
Artikel 17 Abweichungen
(1) Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Schutzes der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer können die Mitgliedstaaten von den Artikeln 3 bis 6, 8 und 16 abweichen, wenn die Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen und/oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann, und zwar insbesondere in Bezug auf nachstehende Arbeitnehmer:
Abs. 1 – 5 […]“
3. Die wesentlichen Bestimmungen der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit, Amtsblatt Nr. L 183 vom 29/06/1989 S. 01 - 08, auf deren Anwendungsbereich die RL 2003/88/EG verweist, lauten wie folgt:
„Artikel 2 Anwendungsbereich
(1) Diese Richtlinie findet Anwendung auf alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche (gewerbliche, landwirtschaftliche, kaufmännische, verwaltungsmäßige sowie dienstleistungs- oder ausbildungsbezogene, kulturelle und Freizeittätigkeiten usw.).
(2) Diese Richtlinie findet keine Anwendung, soweit dem Besonderheiten bestimmter spezifischer Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, z. B. bei den Streitkräften oder der Polizei, oder bestimmter spezifischer Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten zwingend entgegenstehen.
In diesen Fällen ist dafür Sorge zu tragen, dass unter Berücksichtigung der Ziele dieser Richtlinie eine größtmögliche Sicherheit und ein größtmöglicher Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer gewährleistet ist.“
4. Eingangs ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer ein Beamter des allgemeinen Verwaltungsdienstes (Verwendungsgruppe A1) ist, der im Rahmen des bei der Behörde eingerichteten Journaldienstes regelmäßig Nachtdienste in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr verrichtet (siehe oben unter Pkt. II.1.).
Die Ausgleichsmaßnahmen für besondere Erschwernisse des Exekutivdienstes im Nachtdienst stehen nach dem eindeutigen Wortlaut des § 82b Abs. 1 GehG ausschließlich Beamten des Exekutivdienstes zu, womit die Zugehörigkeit zur Besoldungsgruppe des Exekutivdienstes Voraussetzung für einen Anspruch auf diese Ausgleichsmaßnahmen ist (vgl. hierzu auch VwGH 23.01.2008, 2007/12/0010).
Da der Beschwerdeführer ein Beamter der Besoldungsgruppe „Allgemeiner Verwaltungsdienst“ iSd § 2 Z 1 lit. a GehG ist und eben gerade nicht der Besoldungsgruppe „Exekutivdienst“ iSd § 2 Z 6 lit. a leg. cit. zugeordnet ist (weshalb er auch keine Vergütung für besondere Gefährdung gemäß § 82 leg. cit., sondern folgerichtig eine ruhegenussfähige Exekutivdienstzulage gemäß § 40a leg. cit. bezieht), stehen ihm Ausgleichsmaßnahmen für besondere Erschwernisse des Exekutivdienstes im Nachtdienst gemäß § 82b leg. cit. nicht zu. Dies steht auch in Einklang mit den Erläuterungen zu § 82b leg. cit., in denen ausdrücklich klargestellt wird, dass § 82b Abs. 2 leg. cit. in seiner Z 2 den für Ausgleichsmaßnahmen in Betracht kommenden Personenkreis auf Beamte des Exekutivdienstes, welche auch Anspruch auf eine Vergütung für besondere Gefährdung nach § 82 leg. cit. haben, einschränkt (s. RV 1476 BlgNR 20. GP).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt ein Analogieschluss das Vorliegen einer echten Gesetzeslücke, also das Bestehen einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes, voraus. Ein Abweichen vom Gesetzeswortlaut ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann zulässig, wenn eindeutig feststeht, dass der Gesetzgeber etwas Anderes gewollt hat, als er zum Ausdruck gebracht hat, so beispielsweise wenn den Gesetzesmaterialien mit Sicherheit entnommen werden kann, dass der Wille des Gesetzgebers tatsächlich in eine andere Richtung gegangen ist, als sie in der getroffenen Regelung zum Ausdruck kommt. Im Zweifel ist das Unterbleiben einer bestimmten Regelung im Bereich des öffentlichen Rechts als beabsichtigt anzusehen (vgl. VwGH 07.05.2021, Ra 2020/12/0036; 25.2.2021, Ro 2019/16/0015, jeweils mwN).
Nach dem – auch laut dem Verwaltungsgerichtshof – klaren und eindeutigen Wortlaut des in Abschnitt VII „Exekutivdienst“ geregelten § 82b GehG gebühren Ausgleichsmaßnahmen für besondere Erschwernisse des Exekutivdienstes im Nachtdienst ausschließlich Beamten des Exekutivdienstes (Abs. 1 leg. cit.), die in dem betreffenden Monat Anspruch auf eine Vergütung für besondere Gefährdung nach § 82 GehG haben (Abs. 2 Z 2 leg. cit.). Von der Einschränkung der Gebührlichkeit der Ausgleichsmaßnahmen gemäß § 82b GehG auf Beamte des Exekutivdienstes, denen im betreffenden Monat ein Anspruch auf eine Vergütung für besondere Gefährdung nach § 82 GehG zukommt, gehen auch die Gesetzesmaterialien (RV 1476 BlgNR 20. GP, 26) zur 2. Dienstrechts-Novelle 1998, BGBl. I Nr. 6/1999, aus (vgl. VwGH 07.05.2021, Ra 2020/12/0036).
In Ermangelung einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes war von der Behörde daher richtigerweise nicht mittels Analogieschluss vorzugehen.
Schließlich ist für das Bundesverwaltungsgericht gerade vor dem Hintergrund der vom Gesetzgeber vorgesehenen Exekutivdienstzulage gemäß § 40a GehG (welche Beamten des allgemeinen Verwaltungsdienstes zusteht, die im Exekutivdienst verwendet werden) entgegen den dahingehenden Beschwerdeausführungen eine verfassungswidrige (iSv sachlich nicht gerechtfertigte) Ungleichbehandlung von Beamten dieser Besoldungsgruppen nicht erkennbar. Dazu ist auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, der zu Folge dem Gesetzgeber auf dem Gebiet des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechts (vgl. zB VfSlg. 16.176/2001 mwH und 17.452/2005) ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum offengelassen ist (er ist lediglich gehalten, das Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrecht derart zu gestalten, dass es im Großen und Ganzen in einem angemessenen Verhältnis zu den dem Beamten obliegenden Pflichten steht). Auch der Verwaltungsgerichtshof sah aus Anlass der Behandlung der oben zitierten Revision zu Ra 2020/12/0036 in diesem gleichgelagerten Fall keinen Anlass, einen Antrag auf Gesetzesprüfung an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.
Zur vom Beschwerdeführer behaupteten Unionsrechtswidrigkeit:
Zwar wurde mit der Einführung unter anderem der §§ 40a, 82b GehG, wie vom Beschwerdeführer dargelegt und in der RV 1476 BlgNR 20. GP ersichtlich, die RL 93/104/EG dahingehend umgesetzt, dass für Beamte des Exekutivdienstes, die in einem Kalenderjahr mindestens 15 exekutive Nachtdienste geleistet haben, für die mit der lang dauernden Exekutivdienstleistung während der Nachtzeit verbundenen besonderen Erschwernisse verschiedene Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen werden.
Die RL 93/104/EG verweist hinsichtlich ihres Anwendungsbereiches, ebenso wie die „Nachfolge-RL“ 2003/88/EG, durch die Wortfolge „Diese Richtlinie findet […] Anwendung auf alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie 89/391/EWG […]“, in den jeweiligen Art 1 Abs 3 beider RL, auf Art. 2 der RL 89/391/EWG.
Da letzterer „auf alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche“, insbesondere auch „verwaltungsmäßige“ abzielt und die Ausnahmeregelung seines Art. 2 Abs. 2 nicht einschlägig ist, sind die RL 93/104/EG bzw. 2003/88/EG zur Beurteilung des vorliegenden Falls von Bedeutung.
Der Beschwerdeführer vermag jedoch nicht darzulegen, inwiefern seine Anspruchsberechtigung auf eine ruhegenussfähige Exekutivdienstzulage gemäß § 40a GehG anstatt der Ausgleichsmaßnahmen gemäß § 82b leg. cit. einen behaupteten Verstoß des Gesetzgebers des § 82b GehG gegen die RL 93/104/EG bzw. 2003/88/EG darstellen sollte.
Die RL 2003/88/EG verlangt von den nationalen Gesetzgebern in Umsetzung der RL Maßnahmen zu täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten, Ruhepausen, Höchstarbeitszeiten, Jahresurlaub, Dauer der Nachtarbeit, Untersuchung des Gesundheitszustandes, Garantien für Arbeit während der Nachtarbeit, Sicherheits- und Gesundheitsschutz sowie Arbeitsrhythmus. Konkrete Bestimmungen zu finanziellen Ausgleichen oder Ausgleichsmaßnahmen für eine Nachtarbeit sind der RL sind nicht zu entnehmen. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts liegt daher in der Nichtgewährung der Ausgleichsmaßnahmen für besondere Erschwernisse des Exekutivdienstes im Nachtdienst gemäß § 82b GehG (statt oder neben der Exekutivdienstzulage gemäß § 40a GehG) keine Verletzung von Unionsrecht, im Speziellen der RL 2003/88/EG, vor.
Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
6. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter unter den Begriff der „civil rights“ im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 EMRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl. VwGH 13.09.2017, Ro 2016/12/0024, mwN).
Demnach kann eine Verhandlungspflicht gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK nur dann entfallen, wenn die Ausnahmen für nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder hochtechnische Fragen Platz greifen (s. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0067).
Da sich im vorliegenden Fall der unstrittige Sachverhalt aus den vorliegenden Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, zu der sogar aktuelle, einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, welcher hier gefolgt wurde, kann von der Durchführung einer, vom Beschwerdeführers beantragten, mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Ausgleichsmaßnahme Beamter Besoldungsgruppe besondere Erschwernis Exekutivdienst Journaldienst Nachtdienst Ungleichbehandlung Unionsrecht VerwaltungsdienstEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W221.2239074.1.00Im RIS seit
05.08.2021Zuletzt aktualisiert am
05.08.2021