TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/17 W195 2213464-2

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Veröffentlicht am 17.02.2021
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Entscheidungsdatum

17.02.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §53
FPG §67
FPG §69 Abs1
FPG §69 Abs2
FPG §69 Abs3
VwGVG §16 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W195 2213464-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. Bangladesch (Myanmar), vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.01.2021, XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Vorangegangenes, rechtskräftig erledigtes Verfahren:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), stellte am 20.01.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Nach Durchführung eines Verfahrens mit einigen Einvernahmen entschied das Bundesamt für Fremdenrecht und Asyl über diesen Antrag mit Bescheid vom 14.12.2018.

I.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit dem Bescheid des BFA vom 14.12.2018 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 2, 3, 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Absatz 1 FPG wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.).

I.3. Gegen diese Entscheidung erhob der BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dieses wies mit Erkenntnis vom 30.01.2019, XXXX die Beschwerde ab und bestätigte den Bescheid des BFA.

Zur Person der BF stellte das BVwG in seinem Erkenntnis fest:

„Beim BF handelt es sich um einen männlichen, bengalischen Staatsbürger, welcher aus XXXX stammt, die Sprache Bengali spricht. Der BF gehört der Volksgruppe der Bengalen und dem moslemischen Glauben an.

Der BF ist somit Drittstaatsangehöriger.

Der BF ist ein lediger, arbeitsfähiger Mann mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage.

Familienangehörige des BF – wie seine Eltern und sein Bruder- leben nach wie vor im Herkunftsstaat des BF. Der BF hat zu seinen Familienangehörigen Kontakt. Der BF hat in Bangladesch die Schule mit Matura abgeschlossen und absolvierte in Bangladesch ein Bachelorstudium in Wirtschaft.

Der BF leidet an keiner lebensbedrohlichen Krankheit. Der BF hat nach einer Amputation eine Prothese am linken Bein. Langsames Gehen ist möglich, es besteht Teilimmobilität.

Der BF möchte offensichtlich sein künftiges Leben in Österreich gestalten. Der BF befindet sich seit Anfang 2015 in Österreich. Er reiste legal mit einem Studentenvisum ins österreichische Bundesgebiet ein. Bis zum 08.03.2016 war der BF aufgrund einer Aufenthaltsbewilligung mit dem Zweck „Studierende“ legal in Österreich. Zwischen der Abweisung des Verlängerungsantrages und der Asylantragstellung war der BF illegal in Österreich. Seither verfügt über ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG.

Der BF hat in Österreich das Masterstudium Management begonnen, konnte jedoch keinen ausreichenden Studienerfolg nachweisen. Der BF wurde während seines Aufenthaltes in Österreich von seiner Familie finanziell unterstützt. Der BF erhielt auch Leistungen aus der Grundversorgung.

Der BF lebt mit seiner Freundin seit 25.09.2018 zusammen. Der BF kennt seine Freundin seit ca. Dezember 2017. Der BF beabsichtigte seine Freundin unter einer falschen Identität zu heiraten.

Der BF war seit 07.08.2018 als Freiwilliger für die Abteilung Kinder und Jugendliche der XXXX unterstützend tätig. Der BF lernte den Kindern Englisch.

Der BF hat mehrere Deutschkurse auf A2 und B1 Niveau absolviert. Der BF hat die ÖSD Prüfung auf A2 Niveau bestanden, die auf B1 Niveau mit ausreichend bestanden. Der BF lernt Deutsch zu Hause. Der BF hat einen Werte- und Orientierungskurs absolviert.

Der BF wurde wegen des Verdachts des schweren Betrugs angezeigt. Der BF hat am 04.10.2018 im Zuge einer eidesstaatlichen Erklärung im Rahmen einer geplanten Eheschließung falsche Angaben zu seiner Identität gemacht.

Die Identität des BF steht fest.“

Hinsichtlich des erlassenen Einreiseverbotes für die Dauer von fünf Jahren führte das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung unter ausführlicher Darlegung der Spruchpraxis des VwGH unter anderem auf den Einzelfall bezogen aus:

„II.3.7.2. Der BF wurden wegen schweren Betrugs angezeigt. Im Zuge der Beschuldigten Einvernahme am 19.11.2018 gab der BF an, dass er sich bewusst war, dass er seit Mai 2017 zu Unrecht Zuwendungen aus der Grundversorgung erhalten habe.

Nach Abweisung des Verlängerungsantrages der Aufenthaltsbewilligung, hat der BF bewusst eine falsche Identität angenommen. Der BF meldete sich am 23.01.2017 unter falscher Identität an. Der BF hat somit gegen das Meldegesetz verstoßen.

Der BF hat im Zuge seiner Erstbefragung Unterlagen vorgelegt, wonach der BF eine falsche Identität annahm. Dadurch hat der BF Identitätsdiebstahl begangen. Er hat ebenso mit einem falschen Namen die Protokolle vor dem BFA unterschrieben und hat dadurch eine Urkundenfälschung begangen.

Der BF hat am 04.10.2018 im Zuge einer eidesstaatlichen Erklärung im Rahmen einer geplanten Eheschließung falsche Angaben zu seiner Identität gemacht. Zudem gab der BF unrichtig darüber Auskunft, dass er keine Dokumente zu seiner Identität vorlegen könne. Der BF steht im Kontakt mit seiner Familie und wäre es durchaus möglich entsprechende Dokumente zu beschaffen.

Bei diversen Behörden hat der BF zwecks Asylerlangung bewusst eine falsche Identität angegeben.

Der BF hielt sich zudem nach Ablehnung seines Verlängerungsantrages bezüglich seiner Aufenthaltsbewilligung bis zur Asylantragstellung illegal in Österreich auf.

Hinsichtlich der zu treffenden Zukunftsprognose kommt es auf das gesamte Verhalten des BF an. Erschwerend für den BF ist, dass der BF durch sein vorsätzlich gesetztes Verhalten die österreichische Rechtsordnung bewusst missachtete und dadurch die öffentliche Ordnung gefährdet. Der BF bezieht zurzeit keine Mittel aus den Grundversorgung, vermochte aber der Behörde die Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen. Es kann auch angenommen werden, dass der BF nicht bereit ist, in Zukunft freiwillig den unrechtmäßigen Aufenthalt zu beenden oder sich an die Gesetze zu halten.

Eine positive Prognose kann sohin für den BF auch nach Ansicht des erkennenden Gerichtes nicht erkannt werden.

Was die Dauer des gegen den BF verhängten Einreiseverbotes anbelangt, so ist in Gesamtschau und Abwägung aller entscheidungsrelevanten Anknüpfungspunkte, wie Schwere des Fehlverhaltens, Lebensumstände in Österreich und im Heimatland, familiäre und private Anknüpfungspunkte des BF in Österreich, das von der Behörde für die Dauer von 5 Jahren verhängte Einreiseverbot im Lichte der einschlägigen Normen als rechtmäßig zu erkennen.

Abschließend darf ergänzend angefügt werden, dass eine Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK von der belangten Behörde durchgeführt wurde und sich dabei keine Umstände, welche aus dem Blickwinkel des § 53 FPG zu Gunsten des BF zu beurteilen gewesen wären, ergaben.

Sofern in der Beschwerde dargelegt wird, dass die belangte Behörde zu Unrecht von einer Anklage des BF wegen schweren Betrugs ausging, ist zwar auszuführen, dass der BF wegen schweren Betrugs als Beschuldigter einvernommen wurde, eine formelle Anklageschrift liegt bis dato nicht vor. Das BFA stützte seine Ausführungen aber vielmehr auf das vom BF gesetzte rechtswidrige Verhalten und ist dafür keine rechtskräftige Verurteilung bzw. Anklage von Nöten. Folglich hat die belangte Behörde die herangezogene Bestimmung rechtskonform angewandt.“

I.4. Das zitierte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.01.2019 erwuchs in Rechtskraft.

II. Zum gegenständlichen Verfahren:

II.1. Am 18.03.2020 stellte der BF, vertreten durch XXXX den Antrag auf Aufhebung des Einreiseverbotes. Begründend wird ausgeführt, der BF habe das Bundesgebiet verlassen, sei nach Italien gezogen und habe dort am 20.07.2019 XXXX , geb. am XXXX in XXXX geheiratet. Der BF habe somit in Italien den Status des begünstigten Drittstaatsangehörigen erworben, die Rückkehrentscheidung sei somit konsumiert.

II.2. Mit Verständigung des BFA vom 25.08.2020 wurde dem BF das Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt und wurde er über die beabsichtigte Zurückweisung des Antrages in Kenntnis gesetzt.

II.3. Darüber hinaus wurde die Ehefrau des BF XXXX vom BFA als Zeugin einvernommen und gab sie u.a. an, dass sie sich in Italien bei Freunden in einer Wohnung angemeldet habe. Sie habe eine Versicherung abschließen müssen und sei „lediglich gependelt und des Öfteren hingeflogen“. Sie habe in Wien gearbeitet. Sie sei öfter als 10 Mal hingeflogen, habe ca einen Monat Urlaub und Zeitausgleich gebündelt und habe Urlaub gemacht. Sie sei keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen. Zuletzt sei sie im August in Italien gewesen.

Derzeit würde sich ihr Mann in Österreich aufhalten, er habe keine Arbeit in Italien, er würde bei der Zeugin angemeldet leben.

II.3. Am 30.12.2020 erhob der BF, vertreten durch XXXX , Säumnisbeschwerde.

II.4. Am 07.01.2021 löste XXXX , die Vertretungsvollmacht.

II.3. Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des BFA vom 12.01.2021 wurde der Antrag auf Aufhebung des erlassenen Einreiseverbotes gemäß § 69 Abs 2 FPG zurückgewiesen.

II.4. Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde des BF vom 11.02.2021, vertreten durch XXXX

Begründend wird – zusammengefasst – dargestellt, dass der BF in Italien eine Aufenthaltskarte besitze. Er war in Italien berufstätig und bestritt dort seinen Lebensunterhalt. Seine Ehefrau habe ihn regelmäßig besucht und sei Inhaberin eines italienischen Personalausweises.

Die Ehefrau sei in Wien gemeldet und berufstätig, würde ihn finanziell unterstützen und gewähre ihm Unterkunft. Der BF sei bei ihr mitversichert.

Der BF habe nach der Zeugeneinvernahme seiner Frau noch zusätzliche Unterlagen vorgelegt und sei seiner Verpflichtung zur positiven Erledigung seines Antrages nachgekommen. Auch wenn die Aufenthaltsdauer der Ehefrau des BF in Italien weniger als drei Monate gedauert habe würde die Behörde übersehen, dass „Privatiers“ ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht genießen, wenn ihr Unterhalt ausreichend sichergestellt sei. Auch habe der VwGH im Erkenntnis vom 18.12.2012, 2011/22/0007, dargelegt, dass ein dreimonatiger Aufenthalt nicht erforderlich sei, wenn eine gewisse Nachhaltigkeit vorläge. Dies sei im gegenständlichen Fall vorgelegen.

Das BFA hätte somit den Antrag nicht zurückweisen dürfen, weil der BF keine Antragslegitimation besitze, sondern weil er bereits die Rechtstellung eines begünstigten Drittstaatsangehöriger besitze, der Antrag somit gegenstandslos sei.

Beantrag werde deshalb die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, eine Entscheidung in der Sache selber und die ersatzlose Aufhebung des Einreiseverbotes sowie in eventu die angefochtene Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

II.5. Das BFA legte den Beschwerdeakt mit Schreiben vom 15.02.2021, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 16.02.2021, vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Die im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.01.2019 getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Person des BF werden als für den damaligen Zeitpunkt als gegeben festgestellt.

Festgestellt wird, dass sich der BF in Italien mit XXXX am 10.01.2020 verehelichte.

Festgestellt wird, dass der BF angeblich nach Aussage seiner Ehefrau als Zeugin in Italien arbeitete, sie ihn öfters „im Urlaub“ besuchte und er derzeit keine Arbeit in Italien habe, weshalb er in Österreich bei ihr lebe.

Festgestellt wird, dass die Ehefrau des BF, gebürtige Philippinin, StA Österreich, in Österreich gemeldet und berufstätig ist.

Festgestellt wird, dass der BF laut Auskunft des zentralen Melderegisters in Österreich seit XXXX an der Adresse „ XXXX “ gemeldet ist.

Festgestellt wird, dass gegen den BF ein rechtskräftig erlassenes Einreiseverbot für die Dauer von fünf Jahren besteht.

II.2. Beweiswürdigung:

II.2.1. Hinsichtlich der Feststellungen zur Person des BF sowie zum Einreiseverbot für fünf Jahre wird auf das rechtskräftige Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.0.12019 verwiesen.

Die Feststellungen zur Eheschließung mit XXXX , dem derzeitigen behaupteten Aufenthalt des BF und, soweit erforderlich, zu seiner Ehegattin sind dem Administrativakt, der Beschwerde sowie den vorgelegten Dokumenten und dem zentralen Melderegister zu entnehmen.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde umfassend und für die Beurteilung ausreichend im Administrativakt, insbesondere durch die Einvernahme der Zeugin, dargelegt.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

II.3. Zu A:

Zur Säumnis der belangten Behörde und ihrer Entscheidungsberechtigung im Rahmen des in Beschwerde gezogenen Bescheides:

Gemäß § 16 Abs 1 VwGVG kann die Behörde im Verfahren über die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art 130 Abs. 1 Z 3 B-VG innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor der Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren einzustellen.

Da die Behörde den Bescheid innerhalb der bestehenden dreimonatigen Frist nachholte, ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde – ebenfalls durch die Behörde – einzustellen; eine Entscheidung über die Säumnisbeschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht ist somit durch den erlassenen Bescheid des BFA nicht verfahrensgegenständlich (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsvefahren2 [2018], § 16 Anm 7 mwN).

Zur vorliegenden, inhaltlichen Beschwerde:

Gemäß § 69 Abs 1 FPG wird eine Ausweisung gegenstandslos, wenn ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger seiner Ausreiseverpflichtung (§ 70) nachgekommen ist.

Gemäß § 69 Abs 2 FPG ist auf Antrag oder von Amts wegen ein Aufenthaltsverbot aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

Gemäß § 69 Abs 3 FPG tritt das Aufenthaltsverbot außer Kraft, wenn einem EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird.

Einleitend wird bemerkt, dass gegen den BF ein rechtskräftiges fünfjähriges Einreiseverbot, welches gegenständlich aufrecht ist, besteht. Dieses wurde am 30.01.2019 rechtskräftig.

Der in § 69 Abs 2 FPG normierte Sachverhalt, nämlich, wenn die Gründe, die zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes geführt haben, weggefallen seien, wäre ein Aufenthaltsverbot aufzuheben, ist aus folgenden Tatsachen nicht vorliegend:

Die Erwägungen, welche zur Rückkehrentscheidung und damit verbunden zur Erlassung eines fünfjährigen Einreiseverbotes geführt haben, sind dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zu entnehmen und oben dargestellt. Weder im Antrag noch in der Beschwerde selbst hat der BF dargestellt, welche der – damaligen – Gründe in irgendeiner Art und Weise weggefallen wären.

Weder konnte noch hat der BF dargelegt, dass er seinerzeit nicht wissentlich zu Unrecht Zuwendungen aus der Grundversorgung erhalten, bewusst eine falsche Identität angenommen, Urkundenfälschung begangen und gegen das Meldegesetz verstoßen habe. Darüber hinaus hat sich der BF auch illegal im Bundesgebiet aufgehalten.

Eine Änderung hinsichtlich der Gründe, die zum Einreiseverbot führten, wurden nicht behauptet und sind auch im gegenständlichen Verfahren nicht zu erkennen.

Vielmehr ist festzustellen, dass auf Grund der Aussagen der Ehefrau des BF und der Meldedaten anzunehmen ist, dass sich dieser derzeit illegal im Bundesgebiet aufhält, somit gegen das bestehende Einreiseverbot verstoßen hat.

Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der seinerzeitigen Begründung des BVwG hinsichtlich der zu treffenden Zukunftsprognose. Der BF hat einmal mehr durch sein vorsätzlich gesetztes Verhalten die österreichische Rechtsordnung bewusst missachtet und zeigt keinerlei Anzeichen, sich an die österreichische Rechtsordnung, die Gesetze und Gerichtsentscheidungen zu halten.

Darüber hinaus wird – auch hinsichtlich dem sonstigen Vorbringen in der Beschwerde - festgehalten:

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 18.12.2012 ausgesprochen, dass für die Inanspruchnahme des Rechts auf Freizügigkeit der Nachweis eines Mindestaufenthaltes der Ankerperson von (mehr als) drei Monaten nicht unbedingt erforderlich ist. Ebenso kommt es auf den zeitlichen Abstand seit der Inanspruchnahme des Freizügigkeitsrechtes und der Begründung des Angehörigenverhältnisses nicht an. Es ist lediglich eine gewisse Nachhaltigkeit bei der Ausübung des Freizügigkeitsrechts ausschlaggebend, um dieses als anspruchsbegründend iSd Richtlinie 2004/38/EG zu werten (vgl. VwGH 18.10.2012, 2011/22/0007).

Gegenständlich hat die als Zeugin vernommene Ehefrau selbst ausgeführt, dass sie lediglich „im Urlaub“ – wenn auch über mehrere Wochen – den BF in Italien besucht habe. Der in diesem Zusammenhang in der Beschwerde angeführte Vergleich mit einer „Privatiers“-Regelung ist schon im Hinblick auf das bestehende durchgehende Anstellungsverhältnis der Ehefrau im Bundesgebiet krass verfehlt. Eine nachhaltige Ausübung des Freizügigkeitsrechtes der Ehefrau in Italien ist jedenfalls nicht gegeben, wie auch ihr weitergehendes und ununterbrochenes Beschäftigungsverhältnis in Österreich aufzeigt. Eine angebliche „Versicherung“ der Ehefrau des BF, über deren Dauer und Bestand diese keine weiteren Angaben machte, führt gegenständlich zu keinem anderen Ergebnis. Auch die angegebene Wohnsitzmeldung (bei einem Mietverhältnis) in Italien geht ins Leere, da die alleinige Wohnsitzanmeldung zu Besuchszwecken in Italien keiner Niederlassung gleichkommt, wie dies vergleichsweise auch bei einer Meldung (zB von Touristen in Österreich) der Fall wäre. Da die Ehefrau des BF ihr Freizügigkeitsrecht nicht in Anspruch genommen hat, ist jedenfalls auch der BF kein begünstigter Drittstaatsangehöriger.

Darüber hinaus muss der BF – sowie seine Ehefrau - gegen sich gelten lassen, dass die Ehe im Wissen um das fünfjährige Einreiseverbot nach Österreich geschlossen wurde. Der BF – und seine Ehefrau – kann nunmehr nicht einwenden, dass diese Verbindung ein Eingriff nach der EMRK darstellen würde, denn es war beiden Ehepartnern zum Zeitpunkt der Eheschließung die – bestehende und rechtskräftige – Entscheidung des österreichischen Gerichtes bekannt.

Der in § 69 Abs 3 FPG dargestellte Sachverhalt, nämlich, dass der BF den Status eines Asylberechtigten erhalten habe, ist weder dem Antrag noch der Beschwerde zu entnehmen und fällt daher aus der weiteren rechtlichen Beurteilung.

Zur Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung:

In Bezug darauf, dass nach § 24 Abs. 4 VwGVG das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen kann, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen, konnte im gegenständlichen Fall von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil das Gericht einerseits bereits einen dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Sachverhalt annehmen konnte, der mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Einklang ist (der Sachverhalt insoweit, soweit relevant, also unstrittig ist) bzw. soweit dem Vorbringen nicht gefolgt wurde, einen Sachverhalt annehmen konnte der von dem Beschwerdeführer nicht hinreichend substantiiert bestritten wurde. Das Gericht konnte so aufgrund der Akten und des schriftlichen Vorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 MRK oder Art. 47 GRC bedeutet hätte; eine Rechtsfrage, die für sich genommen einer Erörterung im Rahmen der mündlichen Verhandlung bedurft hätte, wurde nicht aufgezeigt (vgl. VwGH 20.03.2014, 2013/07/0146, 17.02.2015, Ra 2015/09/0007).

Aus den Gesetzesmaterialien zur Bestimmung des § 24 VwGVG ergibt sich im Übrigen, dass eine mündliche Verhandlung, soweit sie ausschließlich der Klärung der Rechtsfrage dienen würde, nicht geboten sein soll (vgl. RV 1255 BlgNR 25. GP, 5; auch VwGH 19.09.2017, Ra 2017/01/0276).

Darüber hinaus muss festgehalten werden, dass gegen den BF ein Einreiseverbot besteht; die Ladung zu einer mündlichen Verhandlung würde diesem rechtskräftigen Einreiseverbot widersprechen, eine – zwangsweise – Durchsetzung einer Ladung einen nicht lösbaren Gesetzeskonflikt darstellen. Es ist somit der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung schlichtweg denkunmöglich und ist eine Verhandlung gegenständlich aus den oben dargestellten Gründen nicht geboten.

Aufgabe der belangten Behörde wird es nunmehr sein unverzüglich und konsequent den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herbeizuführen.

II.3.2. Zu B – Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Diesbezüglich wird nochmals auf die Entscheidung des VwGH vom 18.10.2012 verwiesen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides ausführlich wiedergegeben.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot Aufhebung aufrechte Rückkehrentscheidung Einreiseverbot entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung falsche Angaben geänderte Verhältnisse illegaler Aufenthalt Wegfall der Gründe wesentliche Änderung Zukunftsprognose Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2213464.2.00

Im RIS seit

24.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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