TE Bvwg Beschluss 2020/8/20 W120 2224341-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.08.2020
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Entscheidungsdatum

20.08.2020

Norm

AVG §56
AVG §58 Abs1
B-VG Art130 Abs2 Z1
B-VG Art133 Abs4
TKG 2003 §73
TKG 2003 §74 Abs1
TKG 2003 §74 Abs3
TKG 2003 §81
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §53

Spruch

W120 2224341-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Dr. Christian Eisner in der Beschwerdesache der XXXX betreffend die Erledigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 13. September 2019, BMVIT-630.290/0117-III/PT2/2019, den Beschluss:

A)

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.



Text


Begründung:

I.       Verfahrensgang:

1.       Die Beschwerdeführerin ersuchte den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (im Folgenden BMVIT) mit gleichlautenden Schreiben vom 26. und 27. August 2019 um Klärung diverser Fragen betreffend den Mobilfunkausbau von 5G. Die Fragen betrafen insbesondere die Möglichkeit des Einspruchs gegen den geplanten Bau von neuen 5G Sendemasten, die rechtliche und finanzielle Verantwortung bezüglich der sich aus der 5G-Technik allenfalls ergebenden Gesundheitsschäden und gesundheitliche Bedenken.

2.       In einer an die Beschwerdeführerin adressierten Erledigung des BMVIT vom 13. September 2019, BMVIT-630.290/0117-III/PT2/2019, wurden die entsprechenden Fragen der Beschwerdeführerin beantwortet.

3.       Mit Eingabe vom 9. Oktober 2019 erhob die Beschwerdeführerin gegen diese Erledigung des BMVIT vom 13. September 2019 eine ausdrücklich auf Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG gestützte „Verhaltensbeschwerde“, in welcher insbesondere Folgendes geltend gemacht wurde: „Nicht Berücksichtigung des Standes des Wissens bei der Genehmigung von Mobilfunksendeanlagen in Bezug auf die gesundheitlichen Auswirkungen der Strahlung auf die benachbarte Bevölkerung von solchen Anlagen und Erteilung von unrichtigen Auskünften an andere Entscheidungsträger und an die Bevölkerung“. Am 14. Oktober 2019 langte diese Eingabe der Beschwerdeführerin direkt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

4.       Das Bundesverwaltungsgericht leitete am 15. Oktober 2019 diese Beschwerde zuständigkeitshalber an den BMVIT weiter. Diese langte am selben Tag beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ein.

5.       Mit hg. am 18. Oktober 2019 eingelangtem Schreiben legte der BMVIT dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde sowie eine Stellungnahme samt behördlichem Vorakt vor.


II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt):

1.1.    Schreiben des BMVIT vom 13. September 2019

Mit jeweils gleichlautenden Schreiben vom 26. und 27. August 2019 ersuchte die Beschwerdeführerin den BMVIT um Beantwortung von 13 Fragen im Zusammenhang mit dem Netzausbau von 5G.

Die Erledigung des BMVIT vom 13. September 2019 (eingeleitet mit: „Sehr geehrte Frau XXXX !“) weist folgenden Wortlaut auf:

„[...]

Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben an Herrn Bundesminister Mag. XXXX , datiert mit 27.08.2019, erlaube ich mir, Ihnen zu Ihren Fragen, die Vollziehung des TKG (Telekommunikationsgesetz 2003) betreffend, Nachstehendes mitzuteilen:

Zu 1., 2. und 3.:

Das Telekommunikationsgesetz (TKG 2003), für welches das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) zuständig ist, sieht gem. § 73 Abs. 2 TKG 2003 vor, dass bei der Errichtung und dem Betrieb von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen gewährleistet sein muss. Dieser ist durch die Verpflichtung zur Einhaltung auch seitens der EU als EU-Ratsempfehlung 1999/519/EG (Exposition der Bevölkerung gegenüber EMF) vorgeschriebenen Immissionsgrenzwerte sichergestellt.

Bewusst verzichtet das Gesetz auf eine abstrakte Definition, unter welchen Bedingungen der Schutz der Gesundheit anzunehmen ist, weil dies nur auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse sichergestellt werden kann. Durch diese Rechtskonstruktion ist die Behörde bei der Überwachung von Funksendeanlagen verpflichtet, den jeweiligen Stand der Wissenschaft entsprechenden Standard als Maßstab heranzuziehen.

Aufbauend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Grenzwerte entwickelt, die letztlich als Stand der Wissenschaft auch von der Europäischen Union in einer Empfehlung übernommen wurden. Der Vorsorgeaspekt wurde bei der Bestimmung des Grenzwertes bereits beachtet, indem vor Festlegung des Grenzwertes der gefundene Wert nochmals um den Faktor 50 verringert wurde, sodass damit sämtliche Effekte berücksichtigt werden. Derzeit bestehen keine wissenschaftlichen Anhaltspunkte dafür, dass eine Gesundheitsgefährdung bei Einhaltung der Grenzwerte besteht.

Das BMVIT hat bereits vor Jahren maßgebliche Wissenschaftler eingeladen, regelmäßig den aktuellen Stand der Wissenschaft zu analysieren. Der Wissenschaftliche Beirat Funk (WBF), der ausschließlich unabhängigen und objektiven Entscheidungsgrundlagen für die Politik zu liefern hat, hat seit seiner Konstituierung regelmäßig, zuletzt 2018, nach Analyse aller einschlägigen weltweit vorliegenden Studien festgestellt, dass von einer Gefährdung der Gesundheit anhand der aktuellen Studien nicht ausgegangen werden kann. Dabei werden jährlich weit über 150 weltweit erschienene einschlägige Studien evaluiert.

Der WBF hat sich auch mit Veröffentlichungen auseinandergesetzt, die eine Gesundheitsgefahr behauptet haben, aber nicht allen objektiven wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht werden, diese darin enthaltenen kritischen Behauptungen konnten bei näherer wissenschaftlicher Betrachtung in dieser Form nicht nachvollzogen werden.

Durch die Vorgehensweise des WBF, eine Vielzahl von Studien zu berücksichtigen, entsteht ein Gesamtbild, welches sich nicht auf das Ergebnis einer Einzelmeinung stützt. Die Bewertung von nur einer einzelnen Studie wäre lediglich ein einseitiges Ergebnis. Die Gesamtliste aller Studien finden Sie auf der Homepage des WBF (www.wbf.or.at).

Es gibt keinen sachlichen Grund für die politischen Entscheidungsträger, an der Meinung der Wissenschaft zu zweifeln, weswegen das BMVIT diese Grenzwerte auch bei allen behördlichen Maßnahmen anwendet. Ergänzend möchte ich anmerken, dass die tatsächlichen Immissionen bei den konkreten Messungen durch die Fernmeldebehörden meist um den Faktor 100 bis 1000 unter den maximal möglichen Grenzwerten liegen.

Das BMVIT stellt sich – wie sie anhand dieses Antwortschreibens erkennen – jeder Diskussion und faktenbasierte Einwände werden auch von unseren Wissenschaftlern evaluiert. Bedauerlicherweise werden in aller Regel in der Diskussion bloße Behauptungen aufgestellt, ohne diese auch nur ansatzweise mit nachvollziehbaren Quellen zu untermauern. Diskussionen auf einer solchen Basis können kaum zu sachlichen Resultaten führen.

Hinsichtlich der zulässigen Immission ist es in Österreich so, dass die vorgegebenen Grenzwerte unabhängig von der Anzahl der Sendeanlagen zu gelten haben. Selbst wenn durch die größere Anzahl von Sendeanlagen mehr einzelne Immissionen verursacht werden sollten, sind die Einzelwerte zusammen zu rechnen.

Sollte der Verdacht bestehen, dass die vorgeschriebenen Grenzwerte bei einer bestimmten Anlage überschritten werden, so kann dies, beim zuständigen Fernmeldebüro angezeigt werden. Im Rahmen des Aufsichtsrechtes gemäß § 86 TKG 2003 kann dies falls eine Überprüfung der Telekommunikationsanlage durch das Fernmeldebüro hinsichtlich der Einhaltung der Grenzwerte und der sonstigen telekommunikationsrechtlichen Vorschriften erfolgen.

Die Messungen der verantwortlichen Fernmeldebehörden zeigen, dass die Immissionsbelastung bereits jetzt so gering ist, dass eine Überschreitung der Grenzwerte auch bei noch weiterem Ausbau von 5G ausgeschlossen erscheint.

Die Grenzwerte entsprechen dem Stand der Technik und beruhen natürlich auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, auch wenn dies von manchen Skeptikern ohne wissenschaftlich fundierte Begründung in Zweifel gezogen wird. Aus den jährlich publizierten Studien ist abzuleiten, dass unterhalb der Grenzwerte eine Gesundheitsgefahr nicht zu erwarten ist.

Zu 4. und 5.:

Die Errichtung von Mobilfunksendeanlagen kann durch das TKG als Bundesgesetz nicht umfassend geregelt werden. Bei derartigen Vorhaben tangieren unterschiedliche, in der Kompetenz der Länder liegende, Rechtsbereiche. Zu nennen sind hier u.a. die Bauordnung, Landschaftsschutz- und Naturschutzgesetze, sowie Normen des Ortsbildschutzes.

Jeder Mobilfunk-Netzbetreiber ist mit dem Wunsch der Nutzer nach optimaler Versorgung der Bevölkerung konfrontiert. Wo ein Mobilfunk-Sendemast errichtet wird, hängt von der Netzplanung ab – er wird dort errichtet, wo viel telefoniert wird.

Die Bewilligung zur Inbetriebnahme der Sendestationen erfolgt durch die Fernmeldebüros.

Diese Bewilligung ist mit der Auflage versehen, dass die Anlagen den europäischen Telekommunikationsstandards, die alle gesundheitlichen Aspekte berücksichtigen, zu entsprechen haben. Da es sich dabei um europaweit festgelegte, technische Standards handelt, erfolgt keine individuelle Genehmigung jeder einzelnen Antenne nach dem Telekommunikationsgesetz (TKG) 2003.

Die Überprüfung bereits errichteter Anlagen erfolgt in Vollziehung des TKG 2003 durch Organe der Fernmeldebehörde, sodass die Unabhängigkeit und Unbefangenheit der Überprüfer sichergestellt ist.

Sollte der Verdacht bestehen, dass die vorgeschriebenen Grenzwerte bei einer bestimmten Anlage überschritten werden, so kann dies, beim zuständigen Fernmeldebüro angezeigt werden. Im Rahmen des Aufsichtsrechtes gemäß § 86 TKG 2003 kann dies falls eine Überprüfung der Telekommunikationsanlage durch das Fernmeldebüro hinsichtlich der Einhaltung der Grenzwerte und der sonstigen telekommunikationsrechtlichen Vorschriften erfolgen.

Wenn aber durch Messungen – auch bei Anrainern von Mobilfunkanlagen – festgestellt ist, dass auf Grund der Immissionslage keine Gesundheitsgefahr besteht, würde die Verwirklichung darüber hinaus gehender Forderungen wie eine zwingende Umweltverträglichkeitsprüfung, keinen zusätzlichen Gesundheitsschutz mehr bieten können, weil eben die anzuwendenden Normen eine Gesundheitsgefahr nicht entstehen lassen.

Zu 6.:

Es werden jährlich, wie schon erwähnt, ca. 150 Publikationen veröffentlicht und die gesundheitlichen Auswirkungen zählen mittlerweile zu den am besten untersuchten Phänomenen. Die Experten des BMVIT evaluieren diese Studien jährlich (im Rahmen des Expertenforums 2017 auch die EUROPAEM EMF Guideline 2016) und können mit gutem Gewissen klarstellen, dass bei Einhaltung der Grenzwerte keinerlei Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen festzustellen sind. Alle detaillierten Ergebnisse sind im Internet unter www.wbf.or.at nachzulesen.

Zu 7.:

Die Sicherheitsabstände werden regelmäßig durch die Funküberwachungen in ganz Österreich überprüft.

Zu 8.:

Die in Österreich verbindlich geltenden Grenzwerte für Mobilfunksendeanlagen wurden von der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) festgelegt, von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) übernommen, von der Europäischen Union (EU) empfohlen und werden in Österreich verbindlich in der ÖNORM E 8850 festgesetzt. Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft kann gesagt werden, dass es keinen Nachweis für eine Gefährdung der Gesundheit durch elektromagnetische Felder des Mobilfunks unterhalb der von der WHO/ICNIRP empfohlenen Grenzwerte gibt.

Die Behauptung, es gäbe keine gesetzlichen Vorsorgewerte, wird zwar regelmäßig aufgestellt, ist aber falsch. Schon alleine dadurch, dass der WHO-Wert nur ein 50igstel des wissenschaftlich festgestellten Schwellwertes beträgt, ist dem Vorsorgegedanken Rechnung getragen.

Regelmäßige Messungen der Funküberwachungen in ganz Österreich zeigen, dass die tatsächlichen Immissionen nochmals deutlich unter den Grenzwerten liegen, oftmals sogar um den Faktor 100 bis 1000 und mehr.

Zu 9.:

Grundsätzlich sind beim Mobilfunk hinsichtlich der gesundheitlichen Bewertung sowohl die Mobilfunkstationen als auch die Endgeräte (Handys) je nach ihren spezifischen Expositionsbedingungen (Dauer, Zeitmuster, Flussdichte etc.) zu berücksichtigen. Vergleicht man Handy und Handymast, sind die beim Nutzer ankommenden Mobilfunkfelder des Handys wesentlich höher als die vom Handymast (Faktor 1.000 bis 10.000).

Völlig zurecht beschäftigt sich die Ärztekammer primär mit den Auswirkungen des Mobilgeräts selbst und nicht mit den Basisstationen, weil die Immissionen der Basisstationen im Vergleich zu jener des Mobilgeräts vernachlässigbar gering sind.

Mit diesen Handyregeln hat es jeder selbst in der Hand, die ihn betreffende Immission zu kontrollieren. Die Experten des BMVIT empfehlen ebenfalls einen vorsichtigen Umgang.

Zu 10.:

Die Bewilligung zur Inbetriebnahme der Sendestationen erfolgt durch die Fernmeldebüros (das wurde bereits ausgeführt). Durch die zwingend anwendbaren Grenzwerte und die regelmäßigen Überprüfungen der Fernmeldebehörde ist sichergestellt, dass es zu keinen Gesundheitsgefahren kommt.

Zu 11.:

Die von Ihnen genannten Quellen gehen am Kern des Problems vorbei. Es besteht kein Zweifel daran, dass den Vorschlägen des Unesco Vorsorgeprinzips und des Nürnberger Kodex, welcher einen völlig anderen Fokus hat, nämlich die Verhinderung von menschlichen Experimenten vor dem Hintergrund der Verbrechen des Nationalsozialismus, soweit das überhaupt mit Fragen der Mobilfunktechnologie in Verbindung gebracht werden kann, entsprochen ist.

Auch die Europarat-Empfehlung aus dem Jahr 2011 ist insofern bereits relativiert, als bis heute 100erte Studien zum Mobilfunk veröffentlicht wurden. Aufgrund der Netzgestaltung und der durch die Kleinzellentechnik niedrigen Immissionsbelastung wird dem ALARA-Prinzip in der Praxis längst entsprochen. Durch Aufklärung, wie z.B. die Handyregeln der Ärztekammer, wird überdies auch die Nutzung von Geräten im persönlichen Bereich wie DECT-Schnurlostelefone zurückgedrängt.

Im Übrigen bitte ich um Verständnis dafür, dass ich Fragen, die nicht die Vollziehung des TKG betreffen, nicht beantworten kann.

[...]“

Die Erledigung endet „mit freundlichen Grüßen“ und ist gezeichnet „Für den Bundesminister: Dr. XXXX “.

1.2.    Beschwerde vom 9. Oktober 2019

1.2.1.  Zeitliche Einordnung

Die Erledigung des BMVIT wurde der Beschwerdeführerin am 20. September 2019 zugestellt. Die gegen diese Erledigung erhobene Verhaltensbeschwerde langte am 14. Oktober 2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein (Datum des Poststempels: 11. Oktober 2019). Das Bundesverwaltungsgericht leitete die Beschwerde am 15. Oktober 2019 an das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie weiter, wo diese am selben Tag einlangte. Am 18. Oktober 2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt behördlichem Vorakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

1.2.2.  Inhalt der Beschwerde

Die Beschwerdeführerin bezeichnet ihre „Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht Wien“ als „Verhaltensbeschwerde“ und stützt diese ausdrücklich auf Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG.

Die Beschwerdeführerin erhebt die Verhaltensbeschwerde wegen:

„Nicht Berücksichtigung des Standes des Wissens bei der Genehmigung von Mobilfunksendeanlagen in Bezug auf die gesundheitlichen Auswirkungen der Strahlung auf die benachbarte Bevölkerung von solchen Anlagen und Erteilung von unrichtigen Auskünften an andere Entscheidungsträger und an die Bevölkerung GZ: BMVIT – 630.290/0117-III/PT2/2019“.

Als Beschwerdegründe macht sie zum einen „Täuschung durch Erteilung unrichtiger Auskünfte“ und zum anderen „[r]echtswidriges Verhalten“ geltend. Dazu führt sie aus:

„a) Täuschung

Grundsätzlich muss eine Auskunft sachlich richtig, klar, unmissverständlich und vollständig sein.

Die Auskunft die mir mit gegenständlichem Schreiben erteilt wurde, entspricht in keinster Weise diesen vorgenannten Grundsätzen.

Nachdem Dr. XXXX zu den angesprochenen Sachfragen nicht nur mich unrichtig informiert hat, sondern als leitendes Organ der Hoheitsverwaltung auch an politische Entscheidungsträger unrichtige Auskünfte erteilt und die Ungefährlichkeit der Mobilfunkstrahlung vortäuscht, werden Entscheidungen getroffen, die gegen die ‚subjektiv öffentlichen Rechte‘ der Bürger verstoßen.

b) Rechtswidriges Verhalten

Durch die Bewilligung aller Mobilfunksendeanlagen nach dem Anzeigeverfahren § 80a und nicht individuell nach § 83 in Verbindung mit § 81 Abs. 6 TKG 2003 idgF. unter Mitwirkung medizinischer Sachverständiger, wird gegen die Bestimmung des § 73 (2) TKG verstoßen, die besagt, dass bei der Errichtung und dem Betrieb von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen gewährleistet sein muss.

[…]

Durch das rechtswidrige Verhalten des Leiters der Obersten XXXX ist die Bevölkerung, zu welcher auch ich gehöre, in ihrem Recht auf fehlerfreie Anwendung der Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes TKG 2003, so insbesondere in der ordnungsgemäßen Durchführung des in diesem Gesetz vorgesehenen Bewilligungsverfahrens, sowie in ihrem Recht auf fehlerfreie Handhabung der Bestimmungen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes AVG 1991 BGBl I 61/1991 in der jeweils geltenden Fassung verletzt. Durch diese Rechtsverletzungen werden die Nachbarn (auch ich) von Mobilfunksendeanlagen auch in ihren ‚subjektiv-öffentlichen-Rechten‘ des Gesundheits- und Immissionsschutzes verletzt.“

Die Beschwerdeführerin begehrt:

„1) Erteilung individueller Bewilligungen für Funkanlagen im Sinne des § 83 TKG und Durchführung von Bewilligungsverfahren im Sinne des § 81 Abs 6 unter Einbindung von medizinischen Sachverständigen zur Beurteilung der Gesundheitsbelange unter Berücksichtigung des Standes des Wissen.

2) Widerruf der unrichtig erteilten Auskünfte der letzten 3 Jahre in welchen behauptet wurde:

a) Die in Österreich verbindlich geltenden Grenzwerte für Mobilfunksendeanlagen wurden von der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) festgelegt, von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) übernommen, von der Europäischen Union (EU) empfohlen und werden in Österreich verbindlich in der ÖNORM E 8850 festgesetzt.

b) Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft kann gesagt werden, dass es keinen Nachweis für eine Gefährdung der Gesundheit durch elektromagnetische Felder des Mobilfunks unterhalb der von der WHO/ICNIRP empfohlenen Grenzwerte gibt.“

Sie beantragt:

„1. Das Bundesverwaltungsgericht wolle meiner Beschwerde stattgeben und die Oberste Fernmeldebehörde verpflichten, dass diese individuelle Bewilligungsverfahren für die Errichtung und den Betrieb von Mobilfunksendeanlagen, nach § 83 iVm § 81 Abs. 6 TKG 2003 idgF unter Einbeziehung von medizinischen Sachverständigen, durchführt.

2. Das Bundesverwaltungsgericht wolle weiters meiner Beschwerde stattgeben und die Oberste Fernmeldebehörde verpflichten die unrichtig erteilten Auskünfte ihres XXXX der letzten 3 Jahre zu widerrufen, diese in einem geeigneten öffentlich zugänglichen Medium zu veröffentlichen und solche Äußerungen in Zukunft zu unterlassen, in welchen behauptet wurde:

a) Die in Österreich verbindlich geltenden Grenzwerte für Mobilfunksendeanlagen wurden von der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) festgelegt, von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) übernommen, von der Europäischen Union (EU) empfohlen und werden in Österreich verbindlich in der ÖNORM E 8850 festgesetzt. Die Behauptung, es gäbe keine gesetzlichen Vorsorgewerte, wird zwar regelmäßig aufgestellt, ist aber falsch.

b) Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft kann gesagt werden, dass es keinen Nachweis für eine Gefährdung der Gesundheit durch elektromagnetische Felder des Mobilfunks unterhalb der von der WHO/ICNIRP empfohlenen Grenzwerte gibt.“

2.       Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den jeweils erwähnten Unterlagen und Schriftsätzen, welche Teil der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verfahrensakten sind.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1.    Zu den für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen:

3.1.1.  § 28 Abs 1 VwGVG („Erkenntnisse“), BGBl I Nr 33/2013, lautet wie folgt:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[...]"

§ 31 Abs 1 VwGVG („Beschlüsse“) ordnet Folgendes an:

„§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

[...]"

3.1.2.  Der 9. Abschnitt des TKG 2003, BGBl I Nr 70/2003, trägt die Überschrift „Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen“ und lautet auszugsweise wie folgt:

„9. Abschnitt

Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen

Technische Anforderungen

§ 73. (1) Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen müssen in ihrem Aufbau und ihrer Funktionsweise den anerkannten Regeln der Technik und den nach den internationalen Vorschriften zu fordernden Voraussetzungen entsprechen.

(2) Bei der Errichtung und dem Betrieb von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen müssen der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen sowie der ungestörte Betrieb anderer Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen gewährleistet sein. Bei der Gestaltung von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen ist unter Beachtung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit auch auf die Erfordernisse des Umweltschutzes, insbesondere auch im Hinblick auf eine fachgerechte Entsorgung, Bedacht zu nehmen.

(3) Durch Verordnung kann der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie dem jeweiligen Stand der Technik entsprechend die näheren Bestimmungen und technischen Voraussetzungen für Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen festsetzen, insbesondere für

1. die Typenzulassung von Funkanlagen und

2. den Betrieb von Funkanlagen auf fremden Schiffen, Luftfahrzeugen und anderen Verkehrsmitteln, die sich im österreichischen Hoheitsgebiet aufhalten.

Errichtung und Betrieb von Funkanlagen

§ 74. (1) Die Errichtung und der Betrieb einer Funkanlage ist unbeschadet der Bestimmungen des FMaG 2016, nur zulässig

1. im Rahmen der technischen Bedingungen einer Verordnung nach Abs. 3, oder

2. nach einer Anzeige des Betriebs einer Funkanlage auf Grund einer Verordnung nach Abs. 3 oder

2a. im Rahmen einer gemäß Abs. 2, 2a, 2b oder einer gemäß § 4 zu erteilenden Bewilligung oder

3. im Rahmen einer gemäß § 81 zu erteilenden Bewilligung mit gleichzeitiger Frequenzzuteilung durch die Fernmeldebehörde (§ 54 Abs. 14) oder die KommAustria (§ 54 Abs. 3 Z 1),

4. im Rahmen einer gemäß § 81 zu erteilenden Bewilligung nach einer Frequenzzuteilung durch die Regulierungsbehörde gemäß § 55,

5. im Rahmen einer Amateurfunkbewilligung.

[…]

(3) In den nicht dem § 53 Abs. 2 unterliegenden Fällen hat der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie die technischen Bedingungen und Verhaltensvorschriften für den Betrieb von Funkanlagen durch Verordnung festzulegen. Dabei ist auf die internationale Normierung und auf die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen und störungsfreien Betriebs einer Telekommunikationsanlage Bedacht zu nehmen. Soweit dies für die Überwachung des störungsfreien Betriebs von Funkanlagen erforderlich ist, kann in dieser Verordnung festgelegt werden, dass bestimmte Funkanwendungen einer Anzeigepflicht gemäß § 80a unterliegen.

[…]

Anzeigeverfahren

§ 80a. (1) Die Inbetriebnahme einer Funkanlage gemäß einer Verordnung nach § 74 Abs. 3 ist der Fernmeldebehörde schriftlich anzuzeigen. Die Anzeige hat die Angaben gemäß § 81 Abs. 1 Z 1 bis 3 zu enthalten.

(2) Stellt die Behörde fest, dass die Angaben unvollständig sind, hat sie den Anzeiger aufzufordern, die Anzeige binnen einer gleichzeitig festzusetzenden, angemessenen Frist zu verbessern.

Bewilligungsverfahren

§ 81. (1) Anträge gemäß § 74 Abs. 1 Z 3 und 4 sind schriftlich einzubringen. Der Antrag hat jedenfalls zu enthalten:

1. Name und Anschrift des Antragstellers,

2. Angaben über den Verwendungszweck der Funkanlage und

3. Angaben über die Funktionsweise der Funkanlage,

4. einen allfälligen Bescheid der Regulierungsbehörde gemäß § 55.

Auf Aufforderung der Behörde sind Unterlagen zum Nachweis der technischen Eigenschaften der Funkanlage sowie die Erklärung über die Konformität der verwendeten Geräte vorzulegen.

(Anm.: Abs. 2 mit Ablauf des 31.12.2019 außer Kraft getreten)

(2a) Über einen Antrag gemäß Abs. 1 hat das Fernmeldebüro zu entscheiden. Über Anträge gemäß Abs. 1 hinsichtlich Funksendeanlagen, die für Rundfunk im Sinne des BVG-Rundfunk vorgesehen sind, hat die KommAustria zu entscheiden. Die Behörde hat die Entscheidung binnen sechs Wochen ab Einlangen des vollständigen Antrags zu treffen, es sei denn, dass auf Grund internationaler Vereinbarungen der Abschluss einer Frequenzkoordinierung abzuwarten ist. Hat die Behörde ein vergleichendes Auswahlverfahren durchzuführen, verlängert sich die Frist um acht Monate.

(Anm.: Abs. 3 mit Ablauf des 31.12.2019 außer Kraft getreten)

(3a) Über die Zuteilung von Frequenzen im Rahmen einer Sekundärnutzung im Sinn des § 54 Abs. 6a entscheidet das Fernmeldebüro.

(4) Für den Fall, dass die Zuteilung von Frequenzen nicht durch die Regulierungsbehörde erfolgt ist, entscheidet über die Zuteilung unbeschadet des Abs. 3 und des § 74 Abs. 2, 2a und 2b die gemäß § 54 Abs. 3 zuständige Behörde nach den Kriterien des § 54.

(5) Bescheide gemäß § 83 sind auf höchstens zehn Jahre befristet zu erteilen. Wurden die Frequenzen durch die Regulierungsbehörde gemäß § 55 zugeteilt, richtet sich die Befristung des Bescheides gemäß § 83 nach der im Zuteilungsbescheid ausgesprochenen Befristung.

(6) Bescheide gemäß §§ 75 76 und 83 können Nebenbestimmungen enthalten. In den Fällen des § 55 können zusätzliche Auflagen vorgeschrieben werden, die erforderlich sind um im Rahmen des konkreten Einsatzes der Funkanlage den störungsfreien Betrieb von anderen Funkanlagen sicherzustellen, insbesondere, wenn ein Koordinierungsverfahren mit in- oder ausländischen Funkanlagen erforderlich ist. In den übrigen Fällen können mit Bedingungen und Auflagen Verpflichtungen auferlegt werden, deren Einhaltung nach den Umständen des Falles für den Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Menschen nach den Kriterien des § 54 Abs. 1d, zur Vermeidung von Sachschäden, zur Einhaltung internationaler Vereinbarungen, zur Sicherung des ungestörten Betriebes anderer Fernmeldeanlagen oder aus sonstigen technischen oder betrieblichen Belangen geboten erscheint.

(6a) Falls eine Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb von Funkanlagen, die auf von der Regulierungsbehörde zugeteilten Frequenzen (§ 55) betrieben werden, Auflagen enthält, um im grenznahen Gebiet Störungen ausländischer Funkanlagen zu vermeiden, können durch Vereinbarung der betroffenen Betreiber untereinander diese Auflagen modifiziert werden, soferne damit die Effizienz der Frequenznutzung gesteigert oder das Auftreten funktechnischer Störungen zwischen den betroffenen Betreibern verringert wird. Eine derartige Vereinbarung darf keine technischen oder wettbewerbsrechtlichen Auswirkungen auf Dritte hervorrufen und bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Bewilligung durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie und kann bei Wegfall der oben genannten Voraussetzungen widerrufen werden. Vor Erteilung dieser Bewilligung sowie vor deren Widerruf ist eine Stellungnahme der Regulierungsbehörde einzuholen.

(7) In den Fällen des § 56 Abs. 4 hat die Fernmeldebehörde auf Antrag des Rechtsnachfolgers einen Feststellungsbescheid über den erfolgten Übergang des Bescheides zu erlassen.“

3.1.3.  Auf Grundlage des § 74 Abs 3 TKG 2003 wurde eine Verordnung, mit der „generelle Bewilligungen“ für näher genannte Funkanlagen erteilt werden („Verordnung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, mit der generelle Bewilligungen erteilt werden“, BGBl II Nr 64/2014 idF BGBl II Nr 317/2019 – „Bewilligungsverordnung“), erlassen.

§ 1 dieser Verordnung lautet:

„Generelle Bewilligungen

§ 1. Hinsichtlich der in der Anlage genannten Funkanlagen wird die generelle Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt.“

3.2.    Die Beschwerdeführerin bezeichnet ihre Beschwerde als eine Verhaltensbeschwerde und stützt diese auf Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG.

In ihrer Beschwerde bringt die Beschwerdeführerin zusammengefasst vor, dass sich die Beschwerdeführerin durch die im vorliegenden „Schreiben“ des BMVIT enthaltenen Auskünfte getäuscht fühle, da diese sachlich nicht richtig, unklar, unmissverständlich und unvollständig seien. Zudem habe der Verfasser dieses Schreibens auch an politische Entscheidungsträger unrichtige Auskünfte erteilt und gegen die „subjektiv öffentlichen Rechte“ der Bürger verstoßen. Ferner werde durch die Bewilligung aller Mobilfunkanlagen nach dem Anzeigeverfahren gemäß § 80a TKG 2003 (und der Nicht-Durchführung gemäß § 83 iVm § 81 Abs 6 TKG 2003) gegen die Bestimmungen des § 73 Abs 2 TKG 2003 verstoßen.

Die Beschwerdeführerin beantrage daher, das Bundesverwaltungsgericht möge die Oberste Fernmeldebehörde verpflichten, dass diese „individuelle[n] Bewilligungsverfahren für die Errichtung und den Betrieb von Mobilfunksendeanlagen [...] durchführt“ und, dass diese „die unrichtig erteilten Auskünfte ihres Leiters der letzten 3 Jahre“ widerrufe.

3.3.    Zur Qualifikation der vorliegenden Beschwerde als Verhaltensbeschwerde:

Qualifiziert man die vorliegende Beschwerde als Verhaltensbeschwerde ist der Beschwerdeführerin Folgendes entgegenzuhalten:

3.3.1.  Art 130 Abs 1 B-VG enthält eine Aufzählung von Angelegenheiten, in denen Beschwerde an ein Verwaltungsgericht erhoben werden kann (Bescheide von Verwaltungsbehörden, rechtswidrige Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder Verletzung der Entscheidungspflicht, kurz: Säumnis). Gemäß Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG können durch Bundes- oder Landesgesetz „sonstige Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über Beschwerden gegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Verwaltungsbehörde in Vollziehung der Gesetze“ vorgesehen werden. Art 132 Abs 4 B-VG sieht hierzu vor: „[W]er in anderen als den in Abs. 1 und 2 genannten Fällen und in den Fällen, in denen ein Gesetz gemäß Art. 130 Abs. 2 eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte vorsieht, wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben kann, bestimmen die Bundes- oder Landesgesetze.“

Aus Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG folgt, dass die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über Verhaltensbeschwerden nicht ex constitutione besteht, sondern durch Landes- oder Bundesgesetz erst begründet werden muss. Zu einer solchen Regelung wird der Gesetzgeber durch Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG ermächtigt, aber nicht verpflichtet. Allerdings kann sich aus dem Rechtsstaatsprinzip sowie den Grundrechten ein verfassungsrechtliches, aus Art 47 GRC ferner ein unionsrechtliches Gebot ergeben, Rechtsschutz auch gegen typenfreies Verwaltungshandeln zu eröffnen. Es verbleiben vor allem individuelle Maßnahmen der schlicht-hoheitlichen Verwaltung sowie die Säumnis bei der Setzung nicht bescheidförmiger Hoheitsakte der Verwaltung (also das Unterlassen eines „Verhaltens") als zulässige Beschwerdegegenstände übrig. Eine Beschränkung auf bestimmte Sachgebiete besteht nicht. Ebenso wenig gibt Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG einen Verfassungsbegriff des „Verhaltens" vor; vielmehr wird dem Gesetzgeber nur ein Rahmen gesetzt, innerhalb dessen er den Beschwerdegegenstand ausgestalten kann. Die Frage, welches Verhalten anfechtungsfähig ist, beantwortet sich daher anhand der Materiengesetze. Einschlägige Regelungen finden sich gegenwärtig ua in § 88 Abs 2 SPG und § 54 Abs 2 MBG (vgl. Adler/Fister, Die Verhaltensbeschwerde – Zum Beschwerdetypus des Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG, ecolex 2014, 764).

Vor diesem Hintergrund wird Verwaltungshandeln daher nur unter der Voraussetzung einer Verhaltensbeschwerde im Sinne des Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG bekämpfbar, wenn die Beschwerdemöglichkeit an ein Verwaltungsgericht durch eine einfachgesetzliche Regelung eingeräumt wird (vgl. dazu etwa VfSlg 19.986/2015; VwGH 30.04.2018, Ro 2016/01/0013; 20.12.2016, Ra 2016/21/0119; 17.03.2017, Ra 2017/01/0059).

3.3.2.  Die vorliegende Erledigung des BMVIT ist gemäß den zitierten Bestimmungen daher nur unter der Voraussetzung (mit „Verhaltensbeschwerde“) bekämpfbar, dass die Beschwerdemöglichkeit an ein Verwaltungsgericht durch eine einfachgesetzliche Regelung eingeräumt wird.

Der einfache Gesetzgeber sieht im TKG 2003 keine Möglichkeit vor, eine – wogegen immer gerichtete – Verhaltensbeschwerde zu erheben. Die Verhaltensbeschwerde der Beschwerdeführerin findet demnach im TKG 2003 keine Grundlage. Darüber hinaus existiert auch keine sonstige – nach Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG erforderliche – einfachgesetzliche Bestimmung, die eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über eine derartige Verhaltensbeschwerde vorgesehen hätte.

Aufgrund ihrer eindeutigen Ausführungen kann die gegenständliche Erledigung auch nicht in eine Maßnahmenbeschwerde umgedeutet werden. Darüber hinaus würde eine Beschwerde betreffend die zukünftige Durchführung von individuellen Bewilligungsverfahren, den Widerruf von unrichtig erteilten Auskünften und die Unterlassung zukünftiger Äußerungen per se keine Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt darstellen.

Daran kann auch § 53 VwGVG, auf den sich die Beschwerdeführerin beruft, nichts ändern. Dieser bestimmt: „Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf Verfahren über Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG die Bestimmungen über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt sinngemäß anzuwenden.“ § 53 VwGVG ordnet dabei lediglich die sinngemäße Anwendung von Verfahrensbestimmungen an, normiert aber kein eigenes Beschwerderecht. Der Gesetzgeber hat für den vorliegenden Sachverhalt keine Möglichkeit zur Erhebung einer Verhaltensbeschwerde vorgesehen. Es liegen somit schon grundsätzlich keine Bestimmungen vor, die eine Anwendung des § 53 VwGVG zulassen.

Vor diesem Hintergrund fehlt der Verhaltensbeschwerde die für die Beschwerdeerhebung notwendige Rechtsgrundlage, weshalb diese daher schon aus diesem Grund zurückzuweisen ist (vgl. VwGH 30.04.2018, Ro 2016/01/0013).

3.3.3.  Abgesehen davon ist diesbezüglich Folgendes festzuhalten:

Das Begehren der Beschwerdeführerin besteht im Wesentlichen darin, die „Oberste Fernmeldebehörde“ dazu zu verpflichten, Bewilligungen von Mobilfunksendeanlagen nicht nach dem Anzeigeverfahren gemäß § 80a TKG 2003 zu erteilen, sondern nach einem individuellen Bewilligungsverfahren gemäß § 81 TKG 2003 unter Einbeziehung medizinischer Sachverständiger.

Gemäß § 74 Abs 3 TKG 2003 „hat“ der BMVIT für die nicht dem § 53 Abs 2 TKG 2003 unterliegenden Fälle durch Verordnung die technischen Bedingungen und Verhaltensvorschriften für den Betrieb von Funkanlagen zu regeln. Die damalige BMVIT hat auf dieser gesetzlichen Grundlage die zitierte Bewilligungsverordnung erlassen. Diese bestimmt, dass den in der Anlage dieser Verordnung genannten Funkanlagen „die generelle Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt“ wird. Solche Anlagen sind daher nach der Systematik des TKG 2003 lediglich gemäß § 80a TKG 2003 iVm der Bewilligungsverordnung anzeigepflichtig; sie durchlaufen kein gesondertes Bewilligungsverfahren nach § 81 TKG 2003. Hingegen unterliegen Anlagen, die nicht in dieser Verordnung genannt sind, einem gesonderten Bewilligungsverfahren.

Vor diesem Hintergrund richtet sich das Begehren der Beschwerdeführerin, die „Oberste Fernmeldebehörde“ dazu zu verpflichten, Mobilfunksendeanlagen, die gemäß der Bewilligungsverordnung unter das Anzeigeverfahren gemäß § 80a TKG 2003 fallen würden, dem individuellen Bewilligungsverfahren zu unterziehen, auf die verpflichtende Durchführung der „Oberste[n] Fernmeldebehörde“ von gesetz- bzw. verordnungswidrigen Verfahren, weshalb bereits deshalb das vorliegende Begehren der Beschwerdeführerin nicht zulässig sein kann.

3.4.    Zur mangelnden Qualifikation der vorliegenden Erledigung als Bescheid:

3.4.1.  Unter Bescheiden gemäß § 56 AVG sind alle jene hoheitlichen („behördlichen“) Erledigungen von Verwaltungsbehörden zu verstehen, durch die in bestimmten einzelnen Angelegenheiten der Verwaltung gegenüber individuell bestimmten Personen in einer förmlichen und der Rechtskraft fähigen Weise über (subjektive) Rechtsverhältnisse materiellrechtlicher oder formellrechtlicher Art abgesprochen wird, sei es, dass Rechtsverhältnisse festgestellt, sei es, dass sie gestaltet werden (vgl. Hengschläger/Leeb, AVG Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz [2005] § 56 Rz 2).

Zunächst liegt nur dann ein Bescheid vor, wenn der betreffende Akt erkennbar von einer bestimmten Verwaltungsbehörde erlassen wurde und diesem auch der Spruch (die hoheitliche, normative und außenwirksame Anordnung) sowie der – taugliche – Bescheidadressat entnommen werden können. Zu den (formalen) Mindesterfordernissen der schriftlichen Ausfertigung eines Bescheides im Sinne des § 56 AVG zählen auch die Erkennbarkeit des Namens des Genehmigenden sowie die ordnungsgemäße Fertigung, also – grundsätzlich – die Unterschrift des Genehmigenden oder die Beglaubigung durch die Kanzlei (vgl. Hengschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 3).

Von einem Bescheid kann daher nur dann die Rede sein, wenn der Wille der Behörde darauf gerichtet ist, dadurch hoheitliche Befugnisse (Kompetenzen) in Anspruch zu nehmen, dass sie in förmlicher und der Rechtskraft fähigen Weise über subjektive Rechtsverhältnisse – individuell bezeichneter Personen – abspricht und sie diesen Willen auch entsprechend zum Ausdruck bringt. Eine Erledigung kann demgemäß nur dann ein Bescheid sein, wenn entweder aus ihrer Form, insbesondere aus ihrer Bezeichnung als Bescheid (§ 58 Abs 1 AVG), und aus ihrem Inhalt (Spruch) oder zumindest eindeutig aus ihrem Inhalt hervorgeht, dass damit gegenüber individuell bestimmten Personen eine normative (rechtsverbindliche) Anordnung getroffen werden soll. Für den Bescheidcharakter einer behördlichen Willenserklärung ist daher maßgebend, ob nach ihrem Inhalt ein autoritatives Wollen der Behörde anzunehmen ist, ob sie also einen die zur Entscheidung stehende Rechtssache bindend regelnden Spruch (im materiellen Sinn) enthält. Der Spruch stellt ein Essentiale des Bescheides dar, sein Fehlen führt jedenfalls – mangels normativer Anordnung, also Normqualität – zur absoluten Nichtigkeit des „Bescheides“ (vgl. Hengschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 16 und 17).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt (vgl. jüngst VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0033), kann auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch normativ rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der Erledigung, also in dem Sinn auch aus deren Form ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge im Verfahren, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung und damit als Spruch im Sinn des § 58 Abs 1 AVG gewertet werden.

Bei Zweifeln über den Inhalt einer behördlichen Erledigung kommt auch der sonstigen Form der Erledigung entscheidende Bedeutung zu, und zwar dem Gebrauch der Höflichkeitsklausel „Sehr geehrter Herr" oder der Verwendung „teilt Ihnen mit". Aus dieser Form einer Erledigung ist eher zu schließen, dass kein Bescheid, sondern eine nicht normative Willenserklärung vorliegt. Hier ist demgemäß eine Erledigung (die nicht als Bescheid gekennzeichnet ist) auch aufgrund der Anrede „Sehr geehrter Herr" lediglich als Mitteilung einer Rechtsansicht anzusehen (vgl. VwGH 23.01.2007, 2006/06/0277).

3.4.2.  Im vorliegenden Fall wurde die Erledigung vom 13. September 2019 vom BMVIT verfasst, die Beschwerdeführerin ist die Adressatin der gegenständlichen Erledigung, der Name des Genehmigenden (Dr. XXXX ) ist erkennbar und die Erledigung wurde ordnungsgemäß unterfertigt. Die Erledigung wurde der Beschwerdeführerin zudem elektronisch zugestellt.

Für das Nicht-Vorliegen eines Bescheids spricht insbesondere, dass die Erledigung keine ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid, keinen als Spruch gekennzeichneten Teil und auch keine Rechtsmittelbelehrung enthält. Auch eine sonstige bescheidmäßige Gliederung fehlt: Die Erledigung beginnt mit der Anrede: „Sehr geehrte Frau XXXX “ und endet mit der Formel „Mit freundlichen Grüßen". Überdies wird im Text die Wendung „mitzuteilen" gebraucht. Als Einleitung wird in der gegenständlichen Erledigung vom 13. September 2019 überdies ausdrücklich festgehalten, dass dieses Schreiben in Beantwortung der von der Beschwerdeführerin an den BMVIT gerichteten „Fragen“ ergeht [arg. „erlaube ich mir, Ihnen zu Ihren Fragen, die Vollziehung des TKG (Telekommunikationsgesetz 2003) betreffend, Nachstehendes mitzuteilen“].

Auch fehlt der Erledigung ein entsprechender normativer Inhalt: In diesem Schreiben werden die von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Fragen detailliert beantwortet, indem der BMVIT die Beschwerdeführerin über die in Österreich geltenden Grenzwerte für Mobilfunksendeanlagen, den Umgang damit, die entsprechenden gesundheitlichen Erwägungen hierzu, die regelmäßige Überprüfung durch die Fernmeldebehörde und die regelmäßigen Messungen der Funküberwachung informierte, darlegte, dass derzeit keine wissenschaftlichen Anhaltspunkte dahingehend bestehen würden, dass eine Gesundheitsgefährdung bei Einhaltung der Grenzwerte bestünde, und Messungen zeigen würden, dass eine Überschreitung der Grenzwerte bei einem weiteren Ausbau von 5G ausgeschlossen sei sowie die näheren rechtlichen Rahmenbedingungen erörterte. Schlussendlich wird festgehalten: „Im Übrigen bitte ich um Verständnis dafür, dass ich Fragen, die nicht die Vollziehung des TKG betreffen, nicht beantworten kann.“ In dieser Erledigung hat der BMVIT daher weder rechtsgestaltend noch rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes normativ entschieden sowie keinen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt. Viel eher werden in der vorliegenden Erledigung die von der Beschwerdeführerin zuvor gestellten Fragen beantwortet; auch die entsprechende Rechtsauffassung des BMVIT wird der Beschwerdeführerin näher dargelegt.

Mangels ausdrücklicher Bezeichnung als Bescheid und mangels normativen Inhaltes der Erledigung, ist die Erledigung des BMVIT vom 13. September 2019 nicht als Bescheid zu qualifizieren. Eine dagegen erhobene Beschwerde ist – mangels Vorliegens eines Bescheides und damit einer notwendigen Prozessvoraussetzung – zurückzuweisen (vgl. dazu auch VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0033).

Vor diesem Hintergrund ist daher auf Zurückweisung der vorliegenden Beschwerde zu erkennen.

3.5.    Wenn die Beschwerdeführerin darüber hinaus begehrt, das Bundesverwaltungsgericht möge die „Oberste Fernmeldebehörde“ dazu verpflichten, verschiedene in den letzten drei Jahren getätigte Äußerungen „ihres Leiters“ zu widerrufen und solche Äußerungen in Zukunft zu unterlassen, ist ihr entgegenzuhalten, dass dem Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung über ein derartiges Begehren jedenfalls keine Zuständigkeit zukommt.

3.6.    Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im vorliegenden Fall gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn dieser von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH 28.02.2018, Ro 2017/04/0120).

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die Rechtslage ist eindeutig und die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur.

Schlagworte

Bescheidcharakter Bescheidqualität Beschwerderecht Bewilligung Erledigung gesundheitliche Beeinträchtigung Mobilfunkanlage Mobilfunksendeanlage Rechtsgrundlage Unzulässigkeit der Beschwerde Verhaltensbeschwerde Zurückweisung Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W120.2224341.1.00

Im RIS seit

17.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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