TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/23 I415 1301991-6

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Veröffentlicht am 23.03.2020
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Entscheidungsdatum

23.03.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §70
AsylG 2005 §8
AVG §35
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I415 1301991-6/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Nigeria (alias Sudan, alias Südsudan), vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) über eine Mutwillensstrafe vom 21.01.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.02.2020 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 35 AVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit angefochtenem Bescheid des BFA vom 21.01.2019 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 35 AVG eine Mutwillensstrafe in der Höhe von Euro 726,-- verhängt. Begründend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer trotz mehrfacher Belehrung über seine Wahrheits- und Mitwirkungspflicht wiederholt einen falschen Herkunftsstaat angegeben habe. So habe der Beschwerdeführer im Zeitraum von 2005 bis dato wiederholt vorgebracht, Staatsangehöriger des (Süd-)Sudan und in XXXX geboren worden zu sein. Bereits mit Bescheid des BFA vom 25.01.2018 sei über den Beschwerdeführer aus diesen Gründen eine Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG verhängt worden. Eine dagegen erhobene Beschwerde sei mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.04.2018, Zl. I420 1201991-4/2E, abgewiesen worden unter Verweis auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.02.2018, Zl. I417 1301991-3/3E, in welchem festgestellt worden sei, dass der Beschwerdeführer nigerianischer und eben nicht (süd-) sudanesischer Staatsangehöriger sei. Am 25.10.2018 habe der Beschwerdeführer beim BFA persönlich einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses in eventu einer Identitätskarte für Fremde eingebracht. Im Zuge dieser Antragstellung habe der Beschwerdeführer zum wiederholten Male ausgeführt, Staatsangehöriger des (Süd-)Sudan und in XXXX geboren worden zu sein.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 13.02.2019, bei der belangten Behörde eingelangt am 19.02.2019, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass er seine wahre Staatsangehörigkeit, wie das BFA vehement und beharrlich festzuhalten vermeint habe, nicht verheimlicht habe, um das Verfahren auf internationalen Schutz bzw. jenes hinsichtlich des Aufenthaltstitels unnötig in die Länge zu ziehen bzw. zu verschleppen. Zudem gehe auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 18.09.2017 davon aus, dass der Beschwerdeführer aus dem Südsudan stamme. Betrachte man nämlich die Chronologie des gegenständlichen Asyl-, Aufenthalts- und Niederlassungsverfahrens sei in Würdigung der langjährigen Befassung verschiedener Verwaltungs- und Gerichtsbehörden, nachvollziehbar erkennbar, dass es sich hierbei um komplexe Verwaltungs- und Gerichtsverfahren handle, weswegen es nicht vertretbar sei, von einer Nutz- und Zwecklosigkeit und von einer „offenbar mutwilligen“ Tätigkeit zu sprechen. Die belangte Behörde führe – unter Angabe von fünf ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts – aus, dass in diesem Verfahren unter anderem wiederholt festgestellt worden wäre, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger der Republik Nigeria sei. Die fünf zitierten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts würden jedoch stets verschiedene Sachverhalte betreffen und seien die Feststellungen der zeitlich vorangegangenen BVwG-Entscheidungen (ungeprüft) übernommen worden. Aus diesen Gründen erweise sich der Bescheid über eine Mutwillensstrafe als mangelhaft und rechtswidrig, weshalb die Anträge gestellt werden, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen und in der Folge in Stattgebung der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG in der Sache selbst allenfalls nach Verfahrensergänzung entscheiden, den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben, allenfalls die Höhe der Mutwillensstrafe herabsetzen, in eventu gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG den angefochtenen Bescheid aufheben und das Verfahren an das BFA zur neuerlichen (mängelfreien) Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverweisen.

Am 13.02.2020 erfolgte in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertretung und einer Dolmetscherin eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht Außenstelle Innsbruck.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.03.2020, Zl. I415 1301991-5/10E, wurde die Beschwerde gegen die nicht erfolgte Ausstellung eines Fremdenpasses als unbegründet abgewiesen und zum wiederholten Male die nigerianische Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers festgestellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger.

Im Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz sowie bezüglich der Ausstellung eines Fremdenpasses, also im Zeitraum zwischen Juni 2005 und Februar 2020, behauptete der Beschwerdeführer jedoch wiederholt - trotz Hinweis auf die rechtlichen Konsequenzen - aus dem (Süd-)Sudan zu stammen.

So stellte der Beschwerdeführer am 07.06.2005 unter Angabe der Staatsangehörigkeit (Süd-) Sudan - somit im vollen Bewusstsein der Grund- und Erfolglosigkeit seines Anbringens - einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Sprachanalyse beim Institut XXXX vom 10.04.2006 kam zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer eine Variante des Englischen spreche, die offensichtlich Nigeria zuzuordnen sei.

Das Gutachten des Linguisten XXXX vom 19.06.2010 schloss eine Hauptsozialisierung des Beschwerdeführers im (Süd-)Sudan mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus und ging mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer Hauptsozialisierung des Beschwerdeführers im Süden Nigerias aus.

Der Beschwerdeführer blieb jedoch bis zum Schluss, so auch noch bei seiner Antragstellung betreffend eines Fremdenpasses am 25.10.2018 – ebenso wie bei der mündlichen Verhandlung am 13.02.2020 – bei seiner Angabe, aus dem (Süd-)Sudan zu stammen, und erklärte das Ergebnis des Sprachgutachtens dahingehend, dass der Sachverständige viele Dinge, die er angegeben habe, falsch aufgenommen habe, er habe nämlich korrekte Antworten gegeben, der Sachverständige habe jedoch aufgeschrieben, dass er diese Antworten nicht gewusst hätte.

Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.02.2018, Zl. I417 1301991-3/3E, wurde nigerianische Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers festgestellt.

Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.04.2018, Zl. I420 1301991-4/2E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 25.01.2018, womit dem Beschwerdeführer gemäß § 35 AVG eine Mutwillensstrafe in der Höhe von Euro 726,-- verhängt wurde, als unbegründet abgewiesen und die nigerianische Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers festgestellt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.03.2020, Zl. I415 1301991-5/10E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 21.01.2019, womit der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses abgewiesen wurde, als unbegründet abgewiesen und die nigerianische Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers festgestellt.

Abschließend ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer bei der Stellung seines Antrages auf internationalen Schutz einen unzutreffenden Herkunftsstaat angab. Durch dieses rechtsmissbräuchliche prozessuale Verhalten hat der Beschwerdeführer das Verfahren auf internationalen Schutz bzw. jenes hinsichtlich der Ausstellung des Aufenthaltstitels unnötig in die Länge gezogen, was sowohl die personellen als auch die finanziellen Ressourcen des BFA erheblich belastete.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt des BFA, in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz sowie in die Niederschrift der mündlichen Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht Außenstelle Innsbruck am 13.02.2020.

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird im Übrigen auf die Ausführungen unter Punkt A) 3.3. verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur (funktionellen) Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im vorliegenden Beschwerdefall ist somit eine Einzelrichterzuständigkeit gegeben.

3.2. Zur anzuwendenden Rechtslage:

§ 35 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018, lautet:

„Mutwillensstrafen

§ 35. Gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, kann die Behörde eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen.“

3.3. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

1. Bei einer Mutwillensstrafe nach § 35 AVG handelt es sich, wie bei der Ordnungsstrafe nach § 34 AVG, nicht um die Ahndung eines Verwaltungsdeliktes, sondern um ein Disziplinarmittel (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.09.1973, 1665/72, VwSlg. Nr. 8448 A/1973, sowie das zu § 34 AVG ergangene und auf den vorliegenden Beschwerdefall übertragbare Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.05.1994, 92/10/0469, VwSlg. Nr. 14.064 A/1994).

Daraus folgt, dass das Verwaltungsstrafgesetz im Verfahren betreffend die Verhängung einer Mutwillensstrafe grundsätzlich keine Anwendung findet, zumal § 36 zweiter Satz AVG lediglich anordnet, dass die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes über den Strafvollzug (das sind die §§ 53 bis 54d VStG) sinngemäß anzuwenden sind, nicht aber jene über die Strafbemessung, über die Verjährung oder etwa über die Sprucherfordernisse hinsichtlich der Umschreibung der Tat (das sind die §§ 19, 31 und 44a VStG). Im Übrigen sind auch die Verjährungsbestimmungen des bürgerlichen Rechtes im Bereich des öffentlichen Rechtes weder unmittelbar noch analog anzuwenden (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.05.2009, 2007/07/0119).

2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt iSd § 35 AVG mutwillig, wer sich (u.a.) im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und der Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet. Darüber hinaus verlangt das Gesetz aber noch, dass der Mutwille offenbar ist; dies ist dann anzunehmen, wenn die wider besseres Wissen erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschieht, dass die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, für jedermann erkennbar ist (vgl. dazu VwGH 16.02.2012, 2011/01/0271, VwSlg. Nr. 18.337 A/2012, mwN).

Der Tatbestand des § 35 AVG kann - außer durch die offenbar mutwillige Inanspruchnahme der Behörde - auch noch dadurch verwirklicht werden, dass in der Absicht, die Angelegenheit zu verschleppen, unrichtige Angaben gemacht werden.

Die Voraussetzungen zur Verhängung einer Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG sind im vorliegenden Beschwerdefall gegeben:

2.1. Zunächst ist der Umstand herauszustreichen, dass Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 die Glaubhaftmachung ist, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abs. A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention, demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht (vgl. dazu etwa den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 02.09.2015, Ra 2015/19/0143). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl. VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Das bedeutet, dass neben der Person des Asylwerbers dem Herkunftsstaat im Asylverfahren eine zentrale Bedeutung zukommt: Der Asylwerber determiniert mit der Bekanntgabe seines Herkunftsstaates in seinem Antrag auf internationalen Schutz - im Zusammenhalt mit dem geltend gemachten, individuellen Fluchtgrund - den Verfahrensgegenstand des Asylverfahrens, wobei es sich bei der Gewährung von Asyl bzw. von subsidiärem Schutz nicht um einen amtswegig zu erlassenden, sondern um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt handelt (VwGH 30.03.2006, 2003/20/0345). Sowohl der Herkunftsstaat als auch der persönliche Fluchtgrund müssen also vom Asylwerber in seinem Antrag auf internationalen Schutz behauptet und überdies zumindest glaubhaft gemacht werden.

Die hohe Relevanz des behaupteten Herkunftsstaates aber auch der Identität, unter der ein Asylwerber im Asylverfahren auftritt, erschließt sich etwa daraus, dass das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative immerhin einen Abweisungsgrund für einen Antrag auf internationalen Schutz darstellt (vgl. § 3 Abs. 3 Z 1 sowie § 8 Abs. 3 und 6 AsylG 2005). So ordnet die Gesetzesbestimmung des § 11 Abs. 2 AsylG 2005 unmissverständlich an, dass bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, „auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber“ abzustellen ist. Macht ein Asylwerber falsche Angaben zu seinem Herkunftsstaat, läuft diese Prüfung zwangsläufig ins Leere.

2.2. Für den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet das, dass die offenbare Mutwilligkeit des prozessualen Verhaltens des Beschwerdeführers darin begründet liegt, dass er seine nigerianische Herkunft verschleierte und behauptete, (süd-)sudanesischer Staatsangehöriger zu sein. Die Mutwilligkeit ist also darin zu sehen, dass der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz ab ovo bewusst unrichtig begründete, sodass ihm die tatsächliche Grund- und Aussichtslosigkeit seines dergestalt gestellten Asylantrages jedenfalls bewusst war.

Abgesehen von der Mutwilligkeit seines prozessualen Verhaltens kann dem Beschwerdeführer aber auch eine Verschleppung seines Asylverfahrens zur Last gelegt werden, weil er mit der Angabe eines falschen Herkunftsstaates ganz offenkundig auch bezweckte, das BFA bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes in die Irre zu leiten, um eine rasche Beendigung seines Asylverfahren zu vereiteln.

Ex post betrachtet steht nach der Offenlegung seiner tatsächlichen Herkunft fest, dass das BFA jedoch mit seiner Annahme richtig lag, der Beschwerdeführer stamme - entgegen seinen Behauptungen - nicht aus dem (Süd-)Sudan, sondern aus Nigeria. Es muss angenommen werden, dass der Beschwerdeführer auf der unzutreffenden Angabe seines Herkunftsstaates deswegen beharrte, weil er davon ausging, als Staatsangehöriger des (Süd-)Sudans Chancen auf die Zuerkennung von Asyl oder auf subsidiären Schutz zu haben, die er im Fall der Offenlegung seines wahren Herkunftsstaates nicht gehabt hätte.

2.3. Zur Höhe der verhängten Mutwillensstrafe ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sie nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen des Höchstbetrages in der Höhe von 726,-- Euro derart zu bemessen ist, dass der Täter von weiterem derartigem Fehlverhalten abgehalten werden kann (vgl. dazu etwa den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.12.1999, 98/12/0406).

Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass das BFA mit dem angefochtenen Bescheid den Strafrahmen des § 35 AVG in der Höhe von bis zu 726,-- Euro voll ausschöpfte.

Für das Bundesverwaltungsgericht besteht aufgrund der vorsätzlichen, in rechtsmissbräuchlicher Absicht und über einen Zeitraum von fast 15 Jahren gesetzten Täuschungshandlungen des Beschwerdeführers keine Veranlassung, die vom BFA festgesetzte Strafhöhe zu reduzieren. Angesichts dieses gravierenden Fehlverhaltens kann nämlich eine Verhaltensänderung des Beschwerdeführers aufgrund seiner besonders auffallenden Gleichgültigkeit gegenüber der Wahrheitspflicht und dem - eine redliche Antragstellung verlangenden - gesetzlichen Ordnungsrahmen nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes nur durch die Verhängung der Höchststrafe erzielt werden.

Zu Lasten des Beschwerdeführers ist auch der von ihm verursachte Vermögensschaden auf Seiten des Bundes als Rechtsträger des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zu berücksichtigen. Abgesehen davon, dass er sich durch die Stellung eines grundlosen Asylantrages während des - von ihm mutwillig in Gang gesetzten und dann auch noch prolongierten - Asylverfahrens Leistungen aus der Grundversorgung erschlich sowie das Verfahren bezüglich seines Aufenthaltstitels unnötig in die Länge zog, beanspruchte er nicht nur erhebliche personelle Ressourcen des BFA (aber auch des Bundesverwaltungsgerichtes), sondern der Bund wurde durch sein Verschulden zudem mit hohen Barauslagen belastet, zumal diese aufgrund der Kostentragungsregelung des § 70 AsylG 2005 nicht auf den Beschwerdeführer überwälzt werden können – beispielsweise für die Sprachanalyse vom 10.04.2006 und das linguistische Gutachten vom 19.06.2010.

Weiters sei an dieser Stelle erwähnt, dass gegen den Beschwerdeführer schon einmal mit Bescheid des BFA vom 25.01.2018 eine Mutwillensstrafe in der Höhe von € 726,-- verhängt und eine dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.04.2018, Zl. I420 1301991-4/2E, als unbegründet abgewiesen wurde. Letztlich konnte den Beschwerdeführer aber auch dies nicht davon abhalten im Antragsverfahren auf Ausstellung eines Fremdenpasses am 25.10.2018 abermals eine (süd-)sudanesische Herkunft zu behaupten.

Im Zuge seiner Antragsstellung am 18.10.2019 auf Gewährung der Verlängerung der Ausstellung der „Rot-Weiß-Rot Plus Karte“ beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung gab der Beschwerdeführer seine Staatsangehörigkeit erneut mit (Süd-)Sudan an.

Nicht zuletzt ist bei einem Verhalten, wie es der Beschwerdeführer an den Tag gelegt hat, auch der schädliche Effekt auf die Verfahrensdauer in den Verfahren über Anträge anderer Asylwerber zu beachten. Ein solches Verhalten muss sich nämlich mit seiner durch eine langjährige und über mehrere Rechtsgänge verlaufende, letztlich jedoch mutwillig erfolgte Inanspruchnahme von Behördenkapazitäten zwangsläufig zu Lasten der Position redlicher Antragsteller auswirken.

Diese Gesichtspunkte sind unter Beachtung der Regelungsintention des § 35 AVG bei der Bemessung der Sanktionshöhe als erschwerend zu werten. Strafmildernde Umstände wurden vom Beschwerdeführer hingegen nicht ins Treffen geführt.

Aus dem Gesagten konnte auch die Einkommenssituation des Beschwerdeführers bei der Bemessung der Strafhöhe nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Dazu kommt, dass - nach Maßgabe des § 36 zweiter Satz AVG - § 19 Abs. 2 VStG nicht anwendbar ist und auch sonst keine gesetzliche Grundlage dafür besteht, die es zwingend erfordern würde, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse in die Strafbemessung einfließen zu lassen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1994, Zl. 92/10/0469, VwSlg. Nr. 14.064 A/1994).

3. Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid war daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 35 AVG als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Disziplinarstrafe falsche Angaben Gutachten Herkunftsstaat Mitwirkungspflicht mündliche Verhandlung Mutwillensstrafe Sachverständigengutachten Strafbemessung Verzögerung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I415.1301991.6.00

Im RIS seit

23.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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