TE Vwgh Beschluss 2020/9/18 Ra 2018/06/0244

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Veröffentlicht am 18.09.2020
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Index

L82007 Bauordnung Tirol
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
50/01 Gewerbeordnung

Norm

BauO Tir 2018
BauO Tir 2018 §1 Abs4
BauO Tir 2018 §2 Abs1
BauO Tir 2018 §34
BauO Tir 2018 §46 Abs1
BauO Tir 2018 §46 Abs8
B-VG Art133 Abs4
GewO 1994 §74
GewO 1994 §77
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionssache der E H in S, vertreten durch Dr. Burghard Seyr, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 23, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 21. September 2018, LVwG-2018/36/1534-5, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Die Revisionswerberin ist Eigentümerin des Grundstücks Nr. X, EZ Y, KG S. Sie ist Geschäftsführerin einer näher genannten GmbH, der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft I vom 1. Februar 2018 die gewerberechtliche Genehmigung für den Betrieb eines Lagerplatzes für leere Absetz- und Abrollcontainer sowie für LKW-Anhänger auf dem genannten Grundstück unter näher angeführten Auflagen erteilt wurde.

2        Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft I vom 6. Juni 2018 wurde der Revisionswerberin gemäß § 46 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 2018 (TBO 2018) aufgetragen, die ohne baurechtliche Genehmigung errichtete bauliche Anlage in Form eines bis zu 1,3 m aufgeschütteten Lagerplatzes auf dem oben genannten Grundstück bis zum 10. Juli 2018 zu entfernen und den ursprünglichen Gelände- und Vegetationszustand wiederherzustellen.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen. Eine ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

4        Begründend stellte das Verwaltungsgericht einleitend fest, dass die Revisionswerberin die Eigentümerin des gegenständlichen Grundstücks sei und keine baurechtliche Bewilligung für die Errichtung dieses Lagerplatzes vorliege. Gemäß § 2 Abs. 1 TBO 2018 seien bauliche Anlagen solche, die mit dem Erdboden verbunden sind und zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich seien. Den Ausführungen des hochbautechnischen Sachverständigen zufolge erfordere die Herstellung eines entsprechenden Lagerplatzes für Absetz- und Abrollcontainer sowie zum Abstellen von LKW auf einer Fläche von 2.100 m2 entsprechende bautechnische Kenntnisse für die Abtragung der Humusschicht, die Herstellung eines Unterbaues, die Aufbringung eines entsprechenden Frostkoffers und einer Fräsasphaltschicht. Es liege zwar eine gewerberechtliche Bewilligung für den Lagerplatz vor, jedoch unstrittig kein Baukonsens. Die Ausnahme des § 1 Abs. 4 TBO 2018 komme nicht zur Anwendung, da die Bestimmungen der Gewerbeordnung nicht auf sämtliche nach der TBO 2018 zu wahrenden bau- und raumordnungsrechtlichen Interessen Bedacht nehme. Ein baupolizeilicher Auftrag habe sich weiters gemäß § 46 Abs. 1 TBO 2018 an die Eigentümerin und nicht an die pachtende Gesellschaft zu richten, zumal es sich bei gegenständlichem Lagerplatz nicht um ein Superädifikat handle.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        In ihrem Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision führt die Revisionswerberin zusammengefasst aus, dass die Container und die Aufschüttung keine baulichen Anlagen im Sinne der TBO 2018 darstellten, das Aufstellen der Container falle unter die Ausnahme des § 1 Abs. 4 TBO 2018. Die Erdanschüttung sei kein selbständiger Bauteil, die Anwendung allgemeiner bautechnischer Kenntnisse nicht notwendig, zudem sei sie aufgrund des Pachtvertrags errichtet worden, was ebenfalls für das Vorliegen eines Superädifikates spreche. Bloße Schüttungen seien nicht bewilligungspflichtig. Auch liege kein genehmigungspflichtiger Lagerplatz vor, da dieser weder überdacht sei noch andere baurechtliche Anknüpfungspunkte vorlägen. Die Baubehörde habe auch das gewerberechtliche Genehmigungsverfahren außer Acht gelassen.

9        Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

10       Die Revision übersieht zu allererst, dass die Container und deren Beschaffenheit nicht Gegenstand des Verfahrens sind. Mit den Ausführungen zu den Containern wird somit schon deshalb keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dargetan.

11       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird den an die gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gestellten Anforderungen nicht entsprochen, wenn die revisionswerbende Partei bloß allgemein behauptet, das Verwaltungsgericht sei von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen, ohne konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher hg. Rechtsprechung ihrer Ansicht nach das Verwaltungsgericht in welchen Punkten abgewichen sein soll (vgl. etwa VwGH 2.5.2019, Ra 2019/05/0059, mwN). Diesen Anforderungen entspricht die vorgelegte Revision nicht.

12       Darüber hinaus handelt es sich bei der Frage, ob im gegenständlichen Lagerplatz eine bauliche Anlage vorliegt, um eine Einzelfallbetrachtung. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 17.12.2019, Ra 2019/06/0175, mwN). Es ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht, das Feststellungen zur Frage der notwendigen bautechnischen Kenntnisse getroffen hat, denen die Revision nicht entgegentritt, mit seiner Einstufung des Lagerplatzes als bauliche Anlage gemäß § 2 Abs. 1 TBO 2018 von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 2 Abs. 1 TBO 2018 und den Vorgängerbestimmungen abgewichen wäre (vgl. VwGH 29.6.2000, 2000/06/0043; 25.4.2001, 99/10/0185). Die Revision übersieht auch, dass eine gewerberechtliche Betriebsanlagenbewilligung allenfalls erforderliche baurechtliche Bewilligungen für die Herstellung der Anlage nicht zu ersetzen vermag. Inwiefern das Verwaltungsgericht die gewerberechtliche Bewilligung zu berücksichtigen gehabt hätte, ist daher nicht ersichtlich und vermag das Zulässigkeitsvorbringen mit seinen Hinweisen auf angebliche Verfahrensmängel auch insofern keine grundsätzliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

13       § 1 Abs. 4 TBO 2018 ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil bei der Bewilligung des Betriebs eines Lagerplatzes gemäß § 74 GWO 1973 nicht auf alle nach der TBO 2018 geschützten Interessen Bedacht zu nehmen ist (vgl. auch VwGH 24.4.2007, 2004/05/0285). Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob die Anwendung des § 1 Abs. 4 TBO 2018 den formellen Hinweisauf die TBO 2018 voraussetzt, oder ob es genügt, dass das die andere Bewilligung vorsehende Materiengesetz auf die von der TBO 2018 geschützten Interessen Bedacht nimmt.

14       Wenn nun die Revisionswerberin vermeint, als Eigentümerin des Grundstücks nicht Adressatin eines Auftrags gemäß § 46 Abs. 1 und 8 TBO 2018 sein zu können, so ist Folgendes zu beachten:

Aus dem eindeutigen Wortlaut der § 46 Abs. 1 und 8 TBO 2018 ergibt sich, dass ein Superädifikatsberechtigter nur dann herangezogen werden darf, wenn der Eigentümer eine Superädifikatsberechtigung mitteilen kann. Aus den unbestritten gebliebenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ergibt sich, dass sich aus dem im Verfahren vorgelegten Pachtvertrag eine derartige Berechtigung nicht ergibt und es zwischen den Parteien auch keine weiteren Vereinbarungen dazu gab. Die Revision ist diesen Feststellungen nicht entgegen getreten und zeigt daher auch damit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf.

15       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 18. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018060244.L00

Im RIS seit

09.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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