TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/24 I415 2231879-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.06.2020
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Entscheidungsdatum

24.06.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs3
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
StGB §87
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I415 2231879-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER über die Beschwerde des XXXX , StA. Rumänien, vertreten durch RAST & MUSLIU, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Alser Straße 23/14, gegen den Bescheid des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.05.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als das Aufenthaltsverbot auf 7 Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.        Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 11.01.2018, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen der Verbrechen der schweren absichtlichen Körperverletzung nach §§ 87 Abs. 1 und 2 erster Fall, 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von viereinhalb Jahren verurteilt. Einer dagegen erhobenen Berufung gab das Oberlandesgericht XXXX mit Urteil vom 19.10.2018, Zl. XXXX , insofern Folge, als die Dauer der Freiheitsstrafe auf vier Jahre und drei Monate herabgesetzt wurde.

2.       Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 05.02.2020 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA; belangte Behörde) dem Beschwerdeführer mit, dass die Erlassung eines 10-jährigen Aufenthaltsverbotes gegen ihn beabsichtigt sei und gewährte ihm eine 14-tägige Frist zur Erstattung einer Stellungnahme. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer mit Schreiben seiner Rechtsvertretung vom 02.03.2020 nach.

4.       Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid des BFA vom 05.05.2020, Zl. XXXX , wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein für die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

5.       Dagegen erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung fristgerecht am 04.06.2020 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Der Beschwerdeführer halte sich seit mehreren Jahren durchgehend in Österreich auf und weise familiäre Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Form seiner Ehefrau und seines im Februar 2019 geborenen Sohnes auf. außerdem würden ein Bruder, zwei Schwestern und die Eltern des Beschwerdeführers in Österreich leben; demgegenüber verfüge er in Rumänien über keine Anknüpfungspunkte. Das BFA habe in seiner Entscheidung das Kindeswohl nicht berücksichtigt. Bei seiner Tat handle es sich um das bislang einzige Fehlverhalten des Beschwerdeführers. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde Folge geben und den Bescheid aufheben, in eventu den Bescheid beheben und an die Behörde erster Instanz zur neuerlichen Entscheidung zurückverweisen, in eventu das Aufenthaltsverbot auf ein Mindestmaß reduzieren und eine mündliche Verhandlung anberaumen.

6.       Beschwerde samt Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 12.06.2020 vorgelegt und langten am 15.06.2020 bei der zuständigen Gerichtsabteilung ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist rumänischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht fest.

Er hielt sich erstmals zwischen 07.10.2011 und 22.02.2013 ohne Anmeldebescheinigung gemäß § 51 NAG in Österreich auf. Von 13.07.2014 bis 29.07.2014 befand er sich aufgrund seiner am 29.06.2014 begangenen Straftat in Österreich in Untersuchungshaft. Nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft verfügte er vorübergehend über keine Meldeadresse in Österreich. Er ist seit dem 30.01.2015 neuerlich durchgehend im Bundesgebiet gemeldet. Am 29.02.2016 wurde ihm eine Anmeldebescheinigung gemäß § 51 NAG ausgestellt.

Der Beschwerdeführer begründete ab dem 20.01.2017 einen gemeinsamen Wohnsitz mit der seit diesem Zeitpunkt in Österreich lebenden rumänischen Staatsangehörigen XXXX , die er am XXXX 2017 in Rumänien heiratete. Am XXXX 2019 wurde ihr gemeinsamer Sohn XXXX , der ebenfalls rumänischer Staatsbürger ist, geboren. Der Beschwerdeführer lebte mit ihnen bis zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung am 29.05.2019 im gemeinsamen Haushalt.

Im Bundesgebiet leben drei erwachsene Geschwister und die Eltern des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer ist jung, gesund und erwerbsfähig.

Er war zwischen Juni 2014 und Juni 2019 für einen Zeitraum von zusammengezählt rund drei Jahren immer wieder als Arbeiter bzw. geringfügig beschäftigter Arbeiter für insgesamt acht verschiedene Arbeitgeber im Bundesgebiet erwerbstätig. Seit dem Zeitpunkt seiner Inhaftierung trägt er nicht mehr zum Lebensunterhalt seiner Familie bei. Seine Ehefrau bezog von 08.10.2018 bis 17.04.2019 Wochengeld, hatte im Anschluss Anspruch auf pauschales Kinderbetreuungsgeld und bezieht seit dem 20.02.2020 Arbeitslosengeld.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX als Schöffengericht vom 11.01.2018, Zl. XXXX , wegen der Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 87 Abs. 1 und 2 erster Fall StGB [I.] und §§ 15, 87 Abs. 1 StGB [II.], jeweils in der Fassung BGBl 1974/60, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von viereinhalb Jahren verurteilt.

Dieser Verurteilung liegt zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 29.06.2014 in XXXX Nachgenannten eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB) absichtlich

I.       zugefügt hat, und zwar M.M., indem er ihm mit dem rechten Unterarm von hinten aus dem Rückhalt einen wuchtigen Schlag mit einem nicht mehr festzustellenden Gegenstand gegen dessen Kopf versetzte, wodurch M.M. auf den Straßenbahngleistrog stürzte und ein schweres Schädel-Hirntrauma, nämlich einen Eindrückungsbruch des rechten Scheitelbeines, eine Schädelbasisfraktur, Blutungen ober- und unterhalb der harten Hirnhaut rechts, Hirnquetschungen sowie eine Blutung zwischen den weichen Hirnhäuten, sohin eine an sich schwere Körperverletzung als auch eine länger als 24 Tage andauernde Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit erlitt und die Tat eine schwere Dauerfolge (§ 85) nach sich zog, nämlich aus neurologischer Sicht eine Restsymptomatik einer Tetraparese mit minimaler Kraftminderung an der linken oberen Extremität mit geringer Feinmotilitätsstörung linksbetont sowie aus psychiatrischer Sicht ein organisches Psychosyndrom mit deutlicher Frontalhirnsymptomatik, am ehesten knapp mittelgradig einzustufen, mit insbesondere beeinträchtigter Steuerungsfunktion mit distanzlosem, enthemmten Verhalten, Störung der Konzentrationsfähigkeit und der Gedächtnisleistungen, beeinträchtigter Kritikfähigkeit, Aufmerksamkeitsschwankungen, vorzeitig erhöhter cerebraler Ermüdbarkeit und Wortfindungsstörungen mit Ausdrucksschwierigkeiten im Rahmen des bestehenden Psychosyndroms,

II.      zuzufügen versucht hat, und zwar in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit seinem Bruder M.B. als Mittäter (§ 12 StGB) dem am Boden liegenden K.K., indem sie mehrmals gewalttätig und brutal mit den Füßen gegen dessen Kopf und oberen Brustbereich traten, wobei sie trotz seiner infolge eintretenden Bewusst- und Regungslosigkeit nicht von ihm abließen, wodurch dieser eine Gehirnerschütterung erlitt.

Der genaue Tathergang wird auf Seiten 5 und 6 des Strafurteiles folgendermaßen beschrieben:

„Gegen 3.40 Uhr wollte C.B., der Cousin beider Angeklagten, in das Lokal, als ihm der Zutritt vom Türsteher O.Y. verweigert wurde. Im Zuge der Diskussion mischten sich mehrere Personen aus dem Umkreis von C.B. in den Streit an, weshalb es zu einer Schlägerei kam. Auch der Erst- und Zweitangeklagte kamen aus dem Lokal und beteiligten sich an dem Streit. Der Erstangeklagte (Anmerkung: der Beschwerdeführer) hatte dabei ein Glas in der Hand und warf dieses in Richtung des Kellners R.K. Das Glas verfehlte R.K. und zerbrach an der Lokalaußenmauer. Im Zuge der Rangelei erhielt der Erstangeklagte von einem nicht mehr feststellbaren Beteiligten der Schlägerei einen Schlag gegen die linke Gesichtshälfte, wodurch er eine Rißquetschwunde über der linken Augenhöhle erlitt. Aufgrund seiner blutenden Wunde zog er sich sein weißes T-Shirt aus und war nur mehr mit einer kurzen Hose bekleidet.

M.M. stand zu dieser Zeit alleine bei der Haltestelle der Straßenbahnlinie […] und wartete auf den Nachtbus, als er plötzlich vom Erstangeklagten, welcher aufgrund der Schlägerei vor dem Lokal […] äußerst aggressiv war, von hinten einen wuchtigen Schlag mit einem nicht mehr feststellbaren Gegenstand gegen seinen Hinterkopf erhielt. Durch diesen Schlag fiel M.M. nach vorne auf die Straßenbahngleise und war bewusstlos. Der Erstangeklagte lief daraufhin zurück zum Lokal […].

Am äußeren Gürtel zum Zugang zur XXXX Station […] befand sich der betrunkene K.K. In weiterer Folge rannten beide Angeklagte zu K.K. und ließen ihre Aggressionen auch bei ihm aus, indem sie ihn im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit unbekannten weiteren Tätern gegen seinen Körper schlugen bis er zu Boden fiel. Als K.K. am Boden lag, traten beide Angeklagten mehrfach mit ihren Füßen gegen den Oberkörper, Kopf- und Gesichtsbereich, wobei es K.K gelang seine Hände schützend vor sein Gesicht zu halten. In dem Moment kamen G.F., A.S., G.R. und M.L. vom Bahnsteig hinunter und sahen, dass beide Angeklagten auf den wehrlosen K.K. traten und versuchten schlichtend einzugreifen, indem G.F. den Erstangeklagten aufforderte aufzuhören. Die Angeklagten ließen deshalb von K.K. ab, wobei der Erstangeklagte versuchte mit seinem Schuh, den er in der Hand hielt, auf G.F. zu schlagen, welcher von M.L. zurückgezogen wurde. Danach rannten beide Angeklagten in Richtung Bahngleis der XXXX Station.“

Nach der zum Tatzeitpunkt geltenden alten Rechtslage (BGBl 1974/60) betrug der Strafrahmen für die vom Beschwerdeführer begangenen Taten noch ein bis zehn Jahre (eine Erweiterung der Strafdrohung auf bis zu 15 Jahre erfolgte mit Inkrafttreten des Strafrechtsänderungsgesetzes 2015 am 01.01.2016).

Bei der Strafbemessung wurden der bisher ordentliche Lebenswandel und dass es teilweise beim Versuch geblieben ist als mildernd, das Zusammentreffen von zwei Verbrechen, die heimtückische Begehung und die mehrfache Deliktsqualifikation der schweren Körperverletzung zum Nachteil des Opfers M.M. als erschwerend gewertet.

Das Landesgericht XXXX führte dazu näher aus: „In Hinblick auf das Zusammentreffen von zwei Verbrechen beim Erstangeklagten sowie dem hohen Unrechtsgehalt seiner Taten war aus spezialpräventiven Gründen mit einer empfindlichen Freiheitsstrafe vorzugehen. Auch die Auswirkungen solcher Taten auf das Opfer und auf die Gesellschaft dürfen nicht unbeachtet bleiben. Vor allem ein derart aus dem Hinterhalt geführter wuchtiger Schlag gegen den Kopf des wehrlosen und unbeteiligten Opfers M.M., welcher lediglich zur falschen Zeit am falschen Ort stand, kann in der Gesellschaft nicht geduldet werden. (…)“ (Strafurteil Seiten 20-21)

Mit Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom 19.10.2018, Zl. XXXX , wurde die Freiheitsstrafe in Stattgebung einer dagegen erhobenen Berufung auf vier Jahre und drei Monate herabgesetzt.

Ergänzend wandte das Oberlandesgericht XXXX den Milderungsgrund der Berauschung des Erstangeklagten an. Zudem erachtete es die Voraussetzungen des besonderen Milderungsgrundes des § 34 Abs. 2 StGB als gegeben, weil das Strafverfahren über vier Jahre und damit unverhältnismäßig lange gedauert habe. In Anbetracht der nur geringfügig veränderten Strafzumessungslage habe das Erstgericht eine durchaus tat- und schuldangemessene Sanktion gefunden. Die gleich zweimalige Tatbegehung gegen völlig unbeteiligte Opfer ohne jeglichen erkennbaren Grund spreche für eine dermaßen massive Geringschätzung der körperlichen Unversehrtheit anderer, dass trotz des bisherigen ordentlichen Lebenswandels der Strafrahmen fast zur Hälfte habe ausgeschöpft werden müssen.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 29.05.2019 durchgehend in Strafhaft.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich stellt eine erhebliche und schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1.    Zum Verfahrensgang und zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Einsicht wurde auch genommen in das Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 11.01.2018, Zl. XXXX , sowie das Berufungsurteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom 19.10.2018, Zl. XXXX . Auszüge aus dem Zentralen Melderegister, dem Zentralen Fremdenregister, dem AJ-Web, dem Schengener Informationssystem und dem Strafregister wurden ergänzend eingeholt.

Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde.

Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen. Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt und somit entscheidungsreif ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

2.2      Zur Person des Beschwerdeführers

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund der vorliegenden Kopie seines rumänischen Reisepasses Nr. XXXX fest (AS 50).

Die Feststellungen zum Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, zu seinen bisherigen Wohnsitzmeldungen und zur ihm erteilten Anmeldebescheinigung gemäß § 51 NAG ergeben sich aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit einer eingeholten zmr-Auskunft und einem Auszug aus dem zentralen Fremdenregister (izr).

Die Feststellungen zu der im Bundesgebiet lebenden Familie des Beschwerdeführers ergeben sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt und einem Abgleich der eingeholten zmr-Auskünfte aller Familienmitglieder.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Auch dem Beschwerdeschriftsatz sind keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers zu entnehmen. Die detaillierten Zeiten seiner Erwerbstätigkeit gehen aus einem aktuellen Auszug des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger hervor, ebenso wie die Zeiten der Erwerbstätigkeit seiner Ehefrau im Bundesgebiet. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer zum Lebensunterhalt seiner Familie nicht beiträgt, ergibt sich aus dem Umstand, dass er sich in Strafhaft befindet in Zusammenschau einem aktuellen Versicherungsdatenauszug, wonach er zuletzt im Juni 2019 einer Beschäftigung nachging.

Die Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten, zu seiner rechtskräftigen Verurteilung in Österreich und zu den Strafzumessungsgründen basieren auf einem eingeholten Strafregisterauszug und den vorliegenden Strafurteilen vom 11.01.2018 und vom 19.10.2018.

Die Verbüßung der Haftstrafe ergibt sich aus dem Strafregister in Zusammenschau mit der Wohnsitzmeldung des Beschwerdeführers in einer Justizanstalt gemäß zmr.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1      Zur Erlassung eines Aufenthaltsverbots (Spruchpunkt I.)

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger Rumäniens EWR-Bürger iSd § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen EWR-Bürger, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Wenn der EWR-Bürger eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 3 FPG sogar unbefristet erlassen werden.

Hinsichtlich Personen, die das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben, ist nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in § 66 Abs 1 letzter Satzteil FPG vorgesehene Gefährdungsmaßstab, der jenem in Art 28 Abs 2 der Freizügigkeitsrichtlinie entspricht, heranzuziehen. Dieser Maßstab liegt im abgestuften System der Gefährdungsprognosen über dem Gefährdungsmaßstab nach dem ersten und zweiten Satz des § 67 Abs 1 FPG. § 53a Abs 1 NAG stellt in Bezug auf den Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt auf einen fünf Jahre rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet ab. Auf dieser Grundlage darf nur bei Vorliegen von Gründen iSd § 66 Abs 1 letzter Satzteil FPG (schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit) ein Aufenthaltsverbot erlassen werden (vgl. zuletzt VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0205).

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309).

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs. 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

Die Verhältnismäßigkeit eines Aufenthaltsverbots ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289)

Gemäß Art. 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art. 8 Abs. 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Gemäß § 9 BFA-VG ist (ua) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, durch das in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:

Als Staatsangehöriger Rumäniens ist der Beschwerdeführer EWR-Bürger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG und fällt in den persönlichen Anwendungsbereich des § 67 FPG. Er hält sich seit dem 30.01.2015 durchgehend im Bundesgebiet auf, womit die Voraussetzung eines durchgehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet seit mehr als 5 Jahren iSd §53a NAG, jedoch nicht 10 Jahren, erfüllt ist. Daher kommt für ihn der Prüfungsmaßstab des § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG zur Anwendung und die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens des Beschwerdeführers davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet schwerwiegend gefährdet wäre.

Das BFA hat das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer zu Recht bejaht. Es liegt eine aktuelle und schwerwiegende Gefährdung des öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Gewaltkriminalität in maßgeblicher Intensität vor.

Bei den vom Beschwerdeführer begangenen Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung – in einem Fall versucht, im anderen mit schweren Dauerfolgen – handelt es sich um schwere Straftaten, die die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar bedrohen und an deren Verhinderung ein wichtiges Grundinteresse der Gesellschaft besteht.

Der VwGH hat wiederholt ausgeführt, dass der Verhinderung von Gewaltdelikten (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474; 22.02.2017, Ra 2017/19/0043) eine große Bedeutung aufgrund deren schwerwiegender Beeinträchtigung öffentlicher Interessen zukomme.

Das vom Beschwerdeführer gezeigte Verhalten, insbesondere die grundlose, brachiale Gewalteinwirkung aus dem Hinterhalt auf sein wehrloses, unbeteiligtes Opfer M.M., das gerade auf einen Nachtbus wartete, sowie auf den ebenso völlig unbeteiligten und betrunkenen K.K. lässt eine massive Herabsetzung der inneren Hemmschwelle und das Vorliegen einer hohen kriminellen Energie beim Beschwerdeführer erkennen.

Das Landesgericht für Strafsachen XXXX als Schöffengericht und auch das Oberlandesgericht XXXX als Berufungsgericht attestierten dem Beschwerdeführer eine hohe Gewaltbereitschaft und eine derart massive Geringschätzung der körperlichen Unversehrtheit anderer, dass trotz des bisher ordentlichen Lebenswandels des Beschwerdeführers und selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass seine (bisher einzige) Straftat auch zum Zeitpunkt der Verurteilung bereits mehrere Jahre zurücklag, der zur Verfügung stehende Strafrahmen fast bis zur Hälfte ausgeschöpft wurde. Auch die Tatsache, dass das Strafgericht die Verhängung einer zur Gänze unbedingten Freiheitsstrafe als notwendig erachtete, zeigt den beträchtlichen Gesinnungs- und Erfolgsunwert der von ihm begangenen Taten auf.

Aus diesem Grund gehen die Beschwerdeausführungen, wonach das BFA nicht ausreichend berücksichtigt habe, dass es sich bei der Verurteilung um das bislang einzige Fehlverhalten des Beschwerdeführers handle, ins Leere.

Auch fand der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren, selbst in seiner Beschwerde, keine Worte hinsichtlich seiner Tatverantwortung, sodass er eine Reue oder gar Einsicht nicht zu vermitteln mochte. Im gegen ihn geführten Strafverfahren bestritt er trotz der eindeutigen Beweislage seine Täterschaft und zeigte keinerlei Tateinsicht.

Letztlich ist der seit der Straftat des Beschwerdeführers vergangene vorfallfreie Zeitraum zu kurz, um vor dem Hintergrund der vom Beschwerdeführer gezeigten Gewaltbereitschaft Rückschlüsse auf ein zukünftiges Wohlverhalten ziehen zu können. Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (siehe VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Der Beschwerdeführer befindet sich nach wie vor in Strafhaft und hat noch nicht einmal ein Drittel der über ihn verhängten Haftstrafe verbüßt. Er wird den Wegfall der durch seine strafgerichtliche Verurteilung indizierten Gefährlichkeit erst durch einen längeren Zeitraum des Wohlverhaltens in Freiheit nach dem Strafvollzug unter Beweis stellen müssen.

Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des BFA, dass vom Beschwerdeführer auch zukünftig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit iSd § 66 Abs 1 letzter Satzteil FPG ausgehen wird, nicht zu beanstanden.

Weitere Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist, dass ein damit verbundener Eingriff in das Familien- und Privatleben verhältnismäßig sein muss.

Das Aufenthaltsverbot greift in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ein.

Vor Antritt seiner Strafhaft am 29.05.2019 lebte der Beschwerdeführer mit seiner Ehefrau und seinem im Februar 2019 geborenen Sohn, beide rumänischer Staatsangehörigkeit, in einem gemeinsamen Haushalt in Österreich. Darüber hinaus leben auch die Eltern und drei erwachsene Geschwister des Beschwerdeführers im Bundesgebiet. Außerdem hält sich der Beschwerdeführer insgesamt nicht unerhebliche Zeit in Österreich auf und ist hier auch immer wieder Erwerbstätigkeiten nachgegangen. Ein dementsprechend vorhandenes Privatleben zu Arbeitskollegen und Freunden ist anzunehmen.

Die aus seinem Aufenthalt ableitbare Integration des Fremden ist in ihrem Gewicht jedoch dadurch gemindert, dass die dafür maßgebliche soziale Komponente durch das ihm zur Last liegende Fehlverhalten wesentlich reduziert ist (vgl. etwa VwGH vom 28.09.2004, 2001/18/0221).

Die vorübergehende Trennung des Beschwerdeführers von seiner Ehefrau und von seinem in Österreich lebenden Kind ist gerechtfertigt, weil dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund seiner schwerwiegenden Straffälligkeit ein sehr großes Gewicht beizumessen ist (vgl VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271).

Bei der gemäß § 9 BFA-VG durchzuführenden Interessensabwägung ist weiters zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer das familiäre und private Umfeld in Österreich erst begründet hat, nachdem er sich bereits wegen der von ihm begangenen Straftat in Untersuchungshaft befunden hatte. Sein Privat- und Familienleben entstand somit in einem Zeitraum, indem ihm die Unsicherheit seines Aufenthaltes und auch die Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein musste. Der Beschwerdeführer musste erwarten, dass sein Verhalten zu aufenthaltsbeendenden Maßnahmen führen könne. Darüber hinaus ist die Beziehung zu seiner Frau und seinem Sohn ohnehin aufgrund des momentanen Strafvollzugs derzeit stark eingeschränkt und ist in den nächsten Jahren keine Änderung dieser Situation in Sicht.

Art. 24 Abs. 2 GRC (der Art. 1 zweiter Satz BVG über die Rechte von Kindern entspricht) normiert, dass das Kindeswohl bei allen Kindern betreffenden Maßnahmen öffentlicher Stellen oder privater Einrichtungen eine vorrangige Erwägung sein muss. Eine absolute Priorisierung ist damit gleichwohl nicht gefordert; im Einzelfall kann die volle Entfaltung auch zugunsten der (höheren) Schutzwürdigkeit anderer Interessen zurücktreten (Fuchs ins Holoubek/Lienbacher, GRC-Kommentar (2014) Art 24 Rz 33). Gegenständlich fällt die Abwägung – wie auch vom BFA berücksichtigt – auch unter Beachtung des Kindeswohles zu Lasten des Beschwerdeführers aus. Ein Kontakt bzw. eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Österreich wird auch nicht dauerhaft verunmöglicht bzw. bestünde gegebenenfalls die Möglichkeit, das Familienleben außerhalb Österreichs fortzusetzen.

Sämtliche in Österreich lebenden Familienangehörigen des Beschwerdeführers, auch seine Ehefrau und sein minderjähriger Sohn, verfügen über die rumänische Staatsbürgerschaft. Die Ehefrau des Beschwerdeführers lebt erst seit Januar 2017, sohin seit rund dreieinhalb Jahren in Österreich. Eine Unzumutbarkeit eines Umzuges nach Rumänien oder der Aufrechterhaltung des Kontakts durch moderne Kommunikationsmittel und Besuche der Ehefrau mit Kind in Rumänien kann nicht erkannt werden. Eine vorübergehende Trennung ist dem Beschwerdeführer und seiner Familie auch zumutbar, zumal der Kontakt auch während der Inhaftierung des Beschwerdeführers nicht intensiver sein kann. Eine allfällige finanzielle Unterstützung des Beschwerdeführers durch seine in Österreich lebenden Familienangehörigen bzw. die Leistung von Unterhaltszahlungen kann auch vom bzw. ins Ausland erfolgen. Eine Trennung von seinem Kind hat der Beschwerdeführer - auch unter Berücksichtigung des Kindeswohls - im öffentlichen Interesse hinzunehmen.

Letztlich ist auch auf die Judikatur des VwGH zu verweisen, wonach die allfällige Trennung von Familienangehörigen ebenso wie mögliche Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung im Heimatland im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen sind (vgl. VwGH 09.07.2009, 2008/22/0932; 22.02.2011, 2010/18/0417) und selbst Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Lebensverhältnisse, die infolge der alleinigen Rückkehr auftreten können, hinzunehmen sind (vgl. VwGH 15.03.2016, Zl. Ra 2015/21/0180).

Auch ist davon auszugehen, dass nach wie vor Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat Rumänien bestehen. Er ist dort aufgewachsen, kennt die Gepflogenheiten und spricht die übliche Sprache. Es wird ihm daher ohne unüberwindliche Probleme möglich sein, sich wieder in die dortige Gesellschaft zu integrieren.

Den Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich steht das große öffentliche Interesse an der Verhinderung strafbarer Handlungen und an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften gegenüber. Es ist nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde bei Abwägung dieser gegenläufigen Interessen zu dem Ergebnis kam, dass das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung das persönliche Interesse des Beschwerdeführers an der Möglichkeit, sich in Österreich aufzuhalten, überwiegt.

Angesichts des gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers ist davon auszugehen, dass das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen durch den Beschwerdeführer, Schutz der Rechte Dritter) dringend geboten.

Aufgrund der Delinquenz des Beschwerdeführers, der über ihn verhängten unbedingten Haftstrafe in der Dauer von vier Jahren und drei Monaten und der evidenten vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährlichkeit kommt unter Bedachtnahme auf die in § 67 Abs. 1 FPG iVm § 9 BFA-VG und Art 28 Abs 1 RL 2004/38/EG festgelegten Kriterien eine Aufhebung des Aufenthaltsverbots nicht in Betracht.

Die vom BFA verhängte zehnjährige Dauer des Aufenthaltsverbotes ist jedoch unverhältnismäßig, weil auch das Strafgericht den zur Verfügung stehenden Strafrahmen nicht ganz zur Hälfte ausschöpfte. Die Dauer des Aufenthaltsverbotes ist daher entsprechend zu reduzieren. Das Gericht geht davon aus, dass aufgrund des konkreten Unrechtsgehalts der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten unter Berücksichtigung der konkreten Strafzumessungsgründe ein siebenjähriges Aufenthaltsverbot ausreicht, um der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit wirksam zu begegnen und ihn zu einem Umdenken hin zu einem rechtskonformen Verhalten zu veranlassen.

Das Aufenthaltsverbot laut Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist somit in Stattgebung des entsprechenden Eventualantrages in der Beschwerde auf sieben Jahre herabzusetzen. Während dieser Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots wird es dem Beschwerdeführer möglich sein, seine Lebenssituation nachhaltig zu stabilisieren und seinen Gesinnungswandel durch die Vermeidung eines Rückfalls zu untermauern.

Eine weitere Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbots ist angesichts der der brutalen Art und Weise der vom Beschwerdeführer verübten Gewaltdelikte und aufgrund der Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren und drei Monaten nicht möglich.

3.2      Zur Nicht-Erteilung eines Durchsetzungsaufschubs (Spruchpunkt II.) und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III.)

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Aufgrund der schwerwiegenden Straftaten des Beschwerdeführers ist seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig. Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG ist vor diesem Hintergrund korrekturbedürftig, sodass die Beschwerde auch in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids unbegründet ist.

3.3      Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:

§ 21 Abs. 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung, und zwar selbst dann, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC). Eine Beschwerdeverhandlung muss daher nur dann durchgeführt werden, wenn ein entscheidungswesentlicher Sachverhalt klärungsbedürftig ist. Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt zwar der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen wie hier, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (vgl. VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233).

Da im gegenständlichen Fall der Sachverhalt aus der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt erscheint und auch bei einem positiven Eindruck vom Beschwerdeführer bei einer mündlichen Verhandlung keine weitere Herabsetzung oder gar ein Entfall des Aufenthaltsverbots möglich wäre, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten, zumal von der Richtigkeit der ergänzenden Tatsachenbehauptungen des Beschwerdeführers ausgegangen wird bzw. auch bei deren Zutreffen keine andere, für ihn günstigere Entscheidung möglich wäre.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Frage der Rückkehrentscheidung und der Einreiseverbote betreffend straffällige EWR-Angehörige, auch nicht mit Inlandsanknüpfungen im Privat- oder Familienleben.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthalt im Bundesgebiet Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung - Entfall Durchsetzungsaufschub Gefährdung der Sicherheit Gefährdungspotenzial Gewalttätigkeit Haft Haftstrafe Interessenabwägung Körperverletzung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen schwere Straftat Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Verbrechen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I415.2231879.1.00

Im RIS seit

18.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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