Entscheidungsdatum
30.03.2020Norm
BFA-VG §22 Abs3Spruch
G311 2226800-1/12E
Schriftliche Ausfertigung des am 23.12.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Kamerun, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX.12.2019, Zl. XXXX sowie die andauernde Anhaltung in Schubhaft nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG stattgegeben, der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben und die vollzogene Schubhaft für rechtswidrig erklärt.
II. Gemäß § 22 Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wir festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.
III. Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat gemäß § 35 VwGVG dem Beschwerdeführer den Verfahrensaufwand in Höhe von 1.659,60 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV. Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit dem im Spruch angeführten und angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark - Außenstelle Leoben, wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
Begründend wurde zunächst zum Verfahrensgang zusammengefasst Folgendes festgehalten:
Der Beschwerdeführer halte sich seit 26.01.2018 im Bundesgebiet auf, er sei erst seit 01.08.2018 mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet.
Laut einer Internetfußballplattform sei er von 04.01.2018 bis 06.07.2018, von 06.07.2018 bis 01.07.2019 sowie seit 01.07.2019 bei österreichischen Fußballvereinen als Fußballspieler tätig gewesen.
Am 28.11.2018 sei gegen ihn ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet worden. Am 17.06.2019 sei ihm die Erlassung einer Rückkehrentscheidung angedroht worden. Unter einem sei er gemäß § 52 Abs. 6 FPG aufgefordert worden, sich unverzüglich nach Deutschland zu begeben. Er habe am 06.08.2019 einen Visumsantrag am österreichischen Konsulat in München gestellt. Er sei einem Ladungstermin der belangten Behörde für "29.08.2019", zugestellt am 02.09.2019, nicht nachgekommen. Der Visumsantrag sei wegen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit am 06.09.2019 abgelehnt worden. Er sei am XXXX.2016 vom Amtsgericht XXXX zu einer Geldstrafe von Euro 1.600, -- verurteilt worden. Diese Strafe sei nicht beglichen worden und in eine Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Tagen umgewandelt worden. Der Beschwerdeführer sei 11.09.2019 in die JVA XXXX verbracht worden, er halte sich seit 18.10.2019 wieder teilweise im Bundesgebiet auf und sei weder in Deutschland noch in Österreich melderechtlich registriert.
Es wurde weiters wörtlich die Einvernahme des Beschwerdeführers am 13.12.2019 wiedergegeben und letztlich festgehalten, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und die Abschiebung geplant seien.
Es wurden weiters folgende Feststellungen getroffen:
Der Beschwerdeführer sei im Besitze eines gültigen kamerunischen Reisepasses und eines unbefristeten Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland. Er sei zumindest von 18.09.2019 bis 18.10.2019 in Deutschland in Haft gewesen. Er habe keine verwandtschaftlichen und sonstigen Beziehungen zum Bundesgebiet. Seine Kinder würden in Deutschland leben. Ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sei eingeleitet worden, er halte sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Sein Verhalten stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Er sei aus rein wirtschaftlichen Gründen nach Österreich gekommen, er sei hier nicht zur Arbeitsaufnahme berechtigt. Er sei mehrfach und über längere Zeit ohne Aufenthaltsberechtigung als Fußballspieler und Spielertrainer tätig gewesen. Er habe mehrmals gegen das Meldegesetz verstoßen und werde in Deutschland mittels Haftbefehl und SIS gesucht. Er könne nicht die nötigen Mittel für den Unterhalt nachweisen.
Diese Umstände wurden in der rechtlichen Beurteilung nochmals wiedergegeben und ausgeführt, dass sich daraus die Fluchtgefahr ergebe. Es seien § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG erfüllt. Die Schubhaft sei auch verhältnismäßig. Aus seiner Wohn- und Familiensituation, seiner fehlenden sonstigen Verankerung und des bisherigen Verhaltens bestehe ein beträchtliches Risiko des Untertauchens.
Dagegen wurde mit Schriftsatz vom 19.12.2019 Beschwerde erhoben. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer halte sich seit 26.01.2018 teilweise im Bundesgebiet auf, mit 01.08.2018 habe er seinen Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Gegen den Beschwerdeführer sei mit 28.11.2018 ein schriftliches Parteiengehör mit Androhung einer Ausweisung zugestellt worden. Am 17.06.2019 sei ihm ein schriftliches Parteiengehör mit Androhung einer Rückkehrentscheidung zugestellt worden. Er verfüge über eine unbefristete Niederlassungsbewilligung in Deutschland, er wurde daher gemäß § 52 Abs. 6 FPG aufgefordert, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet von Deutschland zu begeben. Er sei dieser Aufforderung nachgekommen und habe am 06.08.2019 einen Visumsantrag beim österreichischen Konsulat in München gestellt. Er sei seit 01.07.2019 beim XXXX tätig und dort seit 02.07.2019 angemeldet. Er sei in Deutschland aufgrund einer Straftat gesucht worden, er habe sich nach Deutschland begeben und sei dann dort von 11.09.2019 bis 18.10.2019 in Haft gewesen. Ihm sei von seinen Teamkollegen des XXXX mitgeteilt worden, dass er bei der Weihnachtsfeier gesucht worden sei, er habe sich deswegen am 11.12.2019 nach Österreich begeben, das Ticket habe er auf seinem Mobiltelefon. Seine vier Kinder würden in Deutschland leben. Er sei am XXXX.2019 festgenommen worden und befinde er sich seither in Schubhaft. Es liege keine Fluchtgefahr vor, da der Beschwerdeführer in Deutschland einen Wohnsitz habe und mit seiner Lebensgefährtin und dem zweijährigen Kind in einer Wohngemeinschaft lebe. Er sei aufgrund seiner Aufenthaltskarte und des Reisepasses zum Aufenthalt berechtigt. Er sei in Österreich sehr wohl sozial verankert. Der Schubhaftbescheid sei nur textbausteinartig begründet. Die Begründung zum Ausschluss des gelinderen Mittels fehle zur Gänze. Es werde die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, der Ersatz der Aufwendungen, die Behebung des angefochtenen Bescheides sowie der Ausspruch der Rechtswidrigkeit der Schubhaft und darüber, dass die Voraussetzung für die weitere Anhaltung nicht mehr vorliegen.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 23.12.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, seine Rechtsvertreterin sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen. Bis zum Schluss der Verhandlung war auch ein Dolmetscher für Französisch anwesend, dieser musste jedoch nicht hinzugezogen werden, da der Beschwerdeführer sehr gut Deutsch spricht.
Im Anschluss an die mündliche Verhandlung wurde das Erkenntnis mündlich verkündet.
Mit Fax vom 30.12.2019 wurde seitens der belangten Behörde die schriftliche Entscheidungsausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Staatangehöriger von Kamerun, er hat sich in der Beschwerdeverhandlung mit einem am 19.07.2019 ausgestellten Reisepass der Republik Kamerun ausgewiesen. Er verfügt über eine am 19.07.2016 unbefristete ausgestellte Niederlassungserlaubnis in Deutschland, diese berechtigt ihn gemäß § 9 deutschen Aufenthaltsgesetzes zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Deutschland.
Der Beschwerdeführer spielte beginnend ab Jänner 2018 bei österreichischen Fußballvereinen Fußball, und zwar bis Juli 2018 in XXXX, ab Juli 2018 bis Juli 2019 in XXXX, ab Juli 2019 beim XXXX, einem Verein der steirischen Landesliga.
Auf die Aufforderung zur Rechtfertigung der belangten Behörde vom 28.11.2018 hat der Beschwerdeführer mit Schreiben seines Rechtsvertreters vom 30.12.2018 reagiert und mit Schreiben vom 09.05.2019 wurde eingeräumt, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers unrechtmäßig ist.
Er wurde von der belangten Behörde mit Schriftsatz vom 17.06.2019 zur Stellungnahme aufgefordert. Ihm wurde dabei die Erlassung einer Rückkehrentscheidung angedroht. Er wurde aufgefordert gemäß § 52 Abs. 6 FPG sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet von Deutschland zu begeben. Dem Ausreiseauftrag ist er zumindest am 06.08.2019 nachgekommen, zu diesem Zeitpunkt hat er einen Visumsantrag beim österreichischen Konsulat in München gestellt.
Wie sich aus dem IZR-Auszug vom 19.12.2019 ergibt, wurde dem Beschwerdeführer mit 07.09.2019 ein Visum wegen Gefährdung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit versagt.
Der BF war von 02.07.2019 bis 30.09.2019 mit seinem Hauptwohnsitz in XXXX, gemeldet. Er spielte am 09.08.2019, 17.08.2019, 23.08.2019, 31.08.2019 und 06.09.2019 in Meisterschaftsspielen des XXXX. Er befand sich in der Zeit von 11.09.2019 für 37 Tage in Deutschland in Haft. Am 18.10.2019, am 25.10.2019, am 02.11.2019 und am 08.11.2019 spielte der Beschwerdeführer wiederum im Kader des XXXX Meisterschaftsspiele.
Am 16.07.2019 wurde der BF im Zuge einer Verkehrskontrolle in XXXX angehalten. Seine Adresse wurde im diesbezüglichen Aktenvermerk der Landespolizeidirektion XXXX vom 16.07.2018 mit "XXXX" vermerkt.
Der Beschwerdeführer erfuhr um den 07.12.2019 von seinen Spielerkollegen des XXXX, dass die Polizei nach ihm suche und hat er sich daraufhin bei der Polizei in XXXX gemeldet und sich dann nach Österreich begeben. Er hat seine Unterkunftnahme hier zwar nicht behördlich gemeldet, nahm aber an seiner früheren Meldeadresse in der Unterkunft, und wurde er dort am XXXX.12.2019 von den Sicherheitsorganen angetroffen. Über den Beschwerdeführer wurde am XXXX.12.2019 die Schubhaft verhängt.
Die belangte Behörde hat gegen den Beschwerdeführer mit 18.12.2019 eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot erlassen. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Kamerun zulässig ist. Der Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt, damit war diese Entscheidung zum Entscheidungszeitpunkt durchsetzbar. Laut IZR-Auszug vom 19.12.2019 wurde dagegen Beschwerde erhoben, das diesbezügliche Beschwerdeverfahren war zum Entscheidungszeitpunkt vor dem Bundesverwaltungsgericht noch nicht anhängig.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Das Bundesverwaltungsgericht holte vor Durchführung der mündlichen Verhandlungen folgende Auszüge ein: einen Zentralmelderegisterauszug, Strafregisterauszug, Sozialversicherungsdatenauszug und Auszüge aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres sowie des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister ein. Weiters wurden auf der Internet-Plattform "ligaportal.at" alle Spiele der Herbstsaison 2019 des XXXX durchgesehen, von allen Spielen Spielberichte und Mannschaftsaufstellungen ausgedruckt und dem Gerichtsakt beigelegt. Daraus sind die Zeiten, zu denen sich der Beschwerdeführer in Österreich jedenfalls aufgehalten hat, ersichtlich. Diesbezüglich nachvollziehbare Angaben fehlen im angefochtenen Bescheid.
Die Feststellungen hinsichtlich des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Dezember 2019 in Österreich und seiner Meldung bei der Polizei gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers. Er legte dazu seine Zugtickets sowie einen Screenshot des Anrufprotokolls seines Mobiltelefons vor.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die Behörde ging davon aus, dass ein Sicherungszweck vorgelegen sei, da der Beschwerdeführer nicht freiwillig nach Kamerun habe ausreisen wollen. Es habe aufgrund des fortgeschrittenen Verfahrensstandes ein gesteigerter Sicherungsbedarf bestanden. Der Beschwerdeführer sei unkooperativ und unzuverlässig, er habe sich nicht an die aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen gehalten und sei trotz Versagung des Visums mehrfach in das Bundesgebiet eingereist.
§ 76 FPG lautet:
(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
Die "Fluchtgefahr" ist im § 76 Abs. 3 FPG gesetzlich definiert.
Nach Auffassung der belangten Behörde lag Fluchtgefahr nach § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 und 9 FPG vor.
Insofern dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht unverzüglich nachgekommen ist und er entgegen der Visumsversagung mehrfach in das Bundesgebiet eingereist ist, ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass iSd § 76 Abs. 3 FPG Fluchtgefahr gegeben war.
Nach Auffassung des erkennenden Gerichtes war jedoch die Schubhaftverhängung nicht verhältnismäßig. Dies deshalb, weil sich der BF nicht im Verborgenen aufgehalten hat, zumal er sieben Meisterschaftsspiele des XXXX in der Herbstsaison 2019 bestritt. Der belangten Behörde wäre es daher problemlos möglich gewesen, den Beschwerdeführer bei Spielen seines Vereines anzutreffen, zumal Spieltermine und -orte jederzeit vorab festgestellt werden können.
Er hat sich im Dezember 2019 aus eigenem Antrieb nach Österreich begeben und dort zwar an einer nicht gemeldeten Adresse Unterkunft genommen hat, dies war jedoch jene Adresse an der er üblicherweise schon zuvor Unterkunft genommen hatte, an dieser Adresse lag eine Meldung bis 30.09.2019 vor (siehe dazu Verhandlungsniederschrift, Seite 5).
Der Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX.12.2019 war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben. Gleichzeitung war die Anhaltung in Schubhaft von XXXX.12.2019 bis XXXX.12.2019 für rechtswidrig zu erklären.
Zum Fortsetzungsausspruch
Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG lagen zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vor:
Wie bereits ausgeführt, lag hinsichtlich des Beschwerdeführers zum Entscheidungszeitpunkt Fluchtgefahr vor. Der Beschwerdeführer nahm bei seinem Aufenthalt im Dezember 2019 in XXXX wieder an seiner üblichen Meldeadresse in XXXX, Unterkunft und wurde dort auch von den Sicherheitsorganen am 12.12.2019 angetroffen. Im Zusammenschau mit seinen auch für die belangte Behörde nachvollziehbaren Anwesenheiten im Bundesgebiet während des Spielbetriebes der Landesliga in der Herbstsaison 2019 war die Aufrechterhaltung der Schubhaft als nicht verhältnismäßig anzusehen.
Zu den Anträgen auf Kostenersatz
Der belangten Behörde gebührte als unterlegene Partei kein Kostenersatz, der Beschwerdeführer war auf Grund der Beschwerdestattgabe obsiegende Partei und hatte Anspruch auf Kostenersatz.
Der Beschwerdeführer beantragte den Ersatz von Schriftsatzaufwand und Verhandlungsaufwand. § 1 VwG-AufwErsV bestimmt die Höhe des zu ersetzenden Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei mit ? 737,60 und die Höhe des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei mit ? 922. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer daher Kosten iHv ? 1659,60 zu ersetzen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision war gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhing, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Weder wich die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlte es an einer Rechtsprechung; weiters war die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch lagen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Kostenersatz Schubhaft Schubhaftbeschwerde Voraussetzungen Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G311.2226800.1.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020