RS Vfgh 2019/11/27 E5018/2018

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Veröffentlicht am 27.11.2019
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

B-VG Art7 Abs1
EStG 1988 §15 Abs3, §27 Abs1, §32
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch einen Haftungs- und Abgabenbescheid betreffend Kapitalertragsteuer nach Widerruf einer Privatstiftung mangels Berücksichtigung des um den Wert des Fruchtgenussrechts verminderten Verkehrswerts der Liegenschaft im Zeitpunkt der Zuwendung an die Privatstiftung

Rechtssatz

Auch wenn dem Bundesfinanzgericht (BFG) insoweit zuzustimmen ist, dass sich aus der Bestimmung des §15 Abs3 Z1 EStG 1988 ergibt, dass die steuerlich maßgebenden Werte aus der Perspektive der Stifterin und nicht der Privatstiftung zu ermitteln sind, verkennt es die Rechtslage grob, wenn es aus dem Umstand, dass die Stifterin aus den von ihr zugewendeten Liegenschaften vor Zuwendung an die Privatstiftung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte, folgert, dass gemäß §16 Abs1 Z8 lita EStG 1988 für die unter Zurückbehaltung eines Fruchtgenussrechtes zugewendeten Liegenschaften die tatsächlichen Anschaffungs- bzw Herstellungskosten maßgebend wären.

Wie der VfGH bereits in E v 23.02.2017, E2212/2015, ausgesprochen hat, wurde der Privatstiftung an einzelnen Liegenschaften auf Grund der Zurückbehaltung des Fruchtgenussrechtes nur der um das Nutzungsrecht verminderte Vermögenswert zugewendet, sodass das zugewendete Wirtschaftsgut der Privatstiftung nicht der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen kann.

Steuerlich maßgebend iSd §15 Abs3 Z1 lita iVm §32 Z4 litb EStG 1988 sind in diesen Fällen daher jene Werte, die im Fall einer mit einem Fruchtgenussrecht belasteten Liegenschaft aus Sicht der Stifterin anzusetzen sind. Wie die beschwerdeführende Partei und auch das Finanzamt in seiner Ergänzung zur Gegenschrift zutreffend ausführen, ist es denkunmöglich, diesen Wert im Fall einer Liegenschaft, für die die Spekulationsfrist gemäß §30 EStG idF vor BGBl I 22/2012 im Zeitpunkt der Zuwendung an die Privatstiftung bereits abgelaufen war, mit den tatsächlichen (historischen) Anschaffungs- bzw Herstellungskosten anzusetzen, sind diese doch in Folge Ablaufs der Spekulationsfrist im Anwendungsbereich des §30 EStG idF vor BGBl I 22/2012 steuerlich nicht maßgebend.

Vielmehr ist in solchen Fällen der - um den Wert des Fruchtgenussrechtes verminderte - Verkehrswert der Liegenschaft im Zeitpunkt der Zuwendung an die Privatstiftung maßgebend, womit auch der Zielsetzung der Regelung, die Gesamtbelastung von Stifter und Stiftung mit Ertragsteuern an jenem Niveau auszurichten, das im Fall des Fortbestehens des zugewendeten Vermögens beim Stifter gegeben wäre, Rechnung getragen wird.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Einkommensteuer, Kapitalertragsteuer, Stiftung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2019:E5018.2018

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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