RS Vfgh 2019/6/14 E1610/2019

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 14.06.2019
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Index

L7030 Buchmacher, Totalisateur, Wetten

Norm

B-VG Art7 Abs1
StGG Art2
EMRK Art7
VStG §1 Abs2
Wr WettenG §13 Abs5 litc, §19, §24 Abs1 Z6, §24 Abs1
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Verstoß gegen das Günstigkeitsprinzip in einem Verwaltungsstrafverfahren nach dem Wr WettenG auf Grund zwischenzeitigen Entfalls der Strafbarkeit; Verletzung im Gleichheitsrecht mangels Auseinandersetzung mit der Rechtslage betreffend den fehlenden Hinweis auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche zur Betriebsstätte

Rechtssatz

Verletzung von Art7 EMRK durch Bestrafung gemäß §13 Abs5 litc iVm §24 Abs1 Z6 Wr WettenG wegen des Verstoßes gegen das Gebot der Benutzbarmachung von Wettterminals ausschließlich mittels Bargeldeingabe in Betriebsstätten ohne Wettannahmeschalter:

Im Zeitraum vom 07.07.2018 bis 06.10.2018 war - im Gegensatz zur Rechtslage im Zeitpunkt der Tatbegehung am 04.07.2017 durch die beschwerdeführenden Parteien und im Gegensatz zur Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes Wien (VGW - LVwG) am 20.03.2019 - (vorübergehend) nicht strafbar, wenn ein Wettunternehmer in Betriebsstätten ohne Wettannahmeschalter Wettterminals betrieb, welche a) Einsätze von mehr als € 50 pro Wette zuließen; b) mit Wertkarten benutzbar gemacht wurden; c) auf andere Weise als durch Eingabe von Bargeld benutzbar gemacht wurden.

Da das LVwG diese für die beschwerdeführenden Parteien günstigste Rechtlage nicht im Rahmen eines Günstigkeitsvergleichs gemäß §1 Abs2 VStG 1991 anwandte und die beschwerdeführenden Parteien insoweit zu Unrecht bestrafte, liegt ein Verstoß gegen Art7 EMRK vor und ist das Erkenntnis aufzuheben.

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Bestrafung gemäß §19 Abs3 iVm §24 Abs1 Z12 Wr WettenG wegen fehlender Auseinandersetzung mit der Rechtslage zur Unterlassung des Hinweises auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche:

Der Günstigkeitsvergleich des LVwG hinsichtlich der Bestrafung der beschwerdeführenden Parteien wegen des fehlenden Hinweises auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche iSd §19 Abs3 Wr WettenG, LGBl 26/2016, erschöpft sich in einem (begründungslosen) Satz; das LVwG unterlässt es, darauf einzugehen, ob (allenfalls auch) die Strafbarkeit im Hinblick auf die Unterlassung des Hinweises auf das Zutrittsverbot vor dem Hintergrund des geänderten §19 Abs2 Wr WettenG idF LGBl 40/2018 - welcher ein Zutrittsverbot nur mehr für "Betriebsstätten ohne ständige Aufsicht durch verantwortliche Personen der Wettunternehmerin" und andernfalls ein Aufenthaltsverbot vorsieht - im Hinblick auf Betriebsstätten mit ständiger Aufsicht durch verantwortliche Personen entfallen ist und ob eine solche Konstellation im vorliegenden Fall gegeben ist. Aus diesem Grund ist das angefochtene Erkenntnis insoweit mit Willkür behaftet und aufzuheben.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Glücksspiel, Strafe (Verwaltungsstrafrecht), Verwaltungsstrafverfahren, Günstigkeitsprinzip, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, Entscheidungserlassung (Zeitpunkt maßgeblich für Rechtslage), Entscheidungsbegründung, Wetten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2019:E1610.2019

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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