TE Lvwg Erkenntnis 2019/4/4 LVwG-AV-552/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.04.2019
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Entscheidungsdatum

04.04.2019

Norm

GewO 1994 §13 Abs1
GewO 1994 §13 Abs2
GewO 1994 §26

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch seinen Vizepräsidenten Dr. Grubner als Einzelrichter über die Beschwerde des A, wohnhaft in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 17. April 2018, Zl. ***, betreffend Abweisung des Ansuchens um Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.       Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Eingabe vom 15. Jänner 2018 beantragte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf die Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung wegen gerichtlicher Verurteilung gemäß § 13 Abs. 1 Z 1 lit. b iVm

§ 26 Abs. 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) hinsichtlich des Gewerbes Kraftfahrzeugtechnik, verbunden mit Karosseriebau- und Karosserielackiertechnik (verbundenes Handwerk).

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag ab. Begründend führte sie – zusammengefasst – aus, der Beschwerdeführer sei mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes *** vom 26. März 2014, GZ: ***, zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten (davon drei Monate unbedingt) verurteilt worden. Nach § 26 Abs. 1 GewO 1994 habe die Behörde im Falle eines erfolgten Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 GewO 1994 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten sei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Nachsicht gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 erst dann zu erteilen, wenn die Befürchtung einer Tatbegehung im Sinne des § 26 Abs. 1 GewO 1994 gar nicht besteht. Die Formulierung „nicht zu befürchten“ in § 26 Abs. 1 GewO 1994 sei demnach so zu verstehen, dass eine Nachsicht nur dann zu erteilen sei, wenn eine Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten in weiterer Folge mit guten Gründen ausgeschlossen werden könne, wohingegen eine lediglich überwiegende Wahrscheinlichkeit dazu nicht ausreichen würde. Es sei demnach ein strenger Maßstab bei der Beurteilung heranzuziehen, da die §§ 13 und 26 GewO 1994 in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zueinander stünden. Eine solche Ausnahme könne im vorliegenden Fall nicht gesehen werden. Aus dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers lasse sich für die belangte Behörde keine Prognose ableiten, dass die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten sei, da die seit der Rechtskraft der Verurteilung verstrichene Zeit zu kurz für das Feststellen eines Wohlverhaltens wäre. Das in Aussicht genommene Gewerbe biete weitere Möglichkeiten der Begehung von Straftaten, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen würden. Darüber hinaus übersteige die verhängte Freiheitsstrafe von 16 Monaten bei weitem die in § 13 Abs. 1 Z 1 lit. b GewO 1994 festgesetzte Grenze von drei Monaten. Die Tätigkeit als „Amtsgutachter der Republik Österreich“ in Sachen § 57a KFG 1967 sei für die Erteilung der Nachsicht im Übrigen irrelevant.

2.       Zum Beschwerdevorbringen:

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit sowie wegen falscher rechtlicher Beurteilung und ersuchte um Erteilung der begehrten Nachsicht. In eventu wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht beantragt.

Begründend brachte der Beschwerdeführer – im Wesentlichen – vor, die Ausführungen der belangten Behörde seien rechtswidrig, unverhältnismäßig und willkürlich und der Bescheid leide an Begründungsmängeln. So habe die belangte Behörde einen ihr vom Gesetz nicht zugebilligten Rechtsgrund erfunden, um die Abweisung seines Antrages zu begründen. Das Gesetz sehe keinen Mindestbeobachtungszeitraum vor, sondern die Nachsicht solle im Hinblick auf das berufliche Fortkommen auch „wegen der Zeitdauer“ möglich sein. Der von der belangten Behörde angenommene „zu kurze Beobachtungszeitraum“ sei willkürlich gewählt. Es sei gerade als Beweis der Zuverlässigkeit anzusehen, wenn ein Verurteilter die bedingte Strafe verbüßt und die Bewährung erfolgreich bestanden habe. Jedenfalls aber sei seine Tätigkeit als Amtsgutachter und somit als Organ der Republik Österreich Beweis für seine Zuverlässigkeit. Er arbeite seit nunmehr über fünf Jahren als Amtssachverständiger der Republik Österreich in einem KFZ-Betrieb in *** und habe auf dem Kundenparkplatz keine Autos angezündet. Im Übrigen bräuchte man dafür auch keinen Gewerbeschein. Auch die von ihm vorgelegten Dokumente im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Amtsgutachter erbrächten den Beweis dafür, dass keine Wiederholungsgefahr bestehe. Der Gesetzgeber habe mit der Schaffung der Nachsicht gerade seinen Fall positiv regeln wollen. Wer seine Bewährung erfüllt, bekomme bei fehlender Tatbegehungsgefahr aufgrund seiner nunmehr erkannten Verlässlichkeit „Strafnachsicht“.

Die belangte Behörde legte dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die gegenständliche Beschwerde mit Schreiben vom 29. Mai 2018 unter Anschluss des Verwaltungsaktes zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht und auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung seitens der belangten Behörde wurde ausdrücklich verzichtet.

3.       Zum Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich:

Am 15. Oktober 2018 hat das Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. In der Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie durch Anhörung des Beschwerdeführers und seines Rechtsbeistandes B. Ein Vertreter der belangten Behörde hat an der Verhandlung nicht teilgenommen.

Der Beschwerdeführer hat in der Verhandlung – zusammengefasst – angeführt, dass die Tat ein Fehler gewesen sei. Er arbeite jetzt mit seinem Sohn in der gleichen Werkstatt, bilde seinen Sohn aus und er wolle in Zukunft gemeinsam mit seinem Sohn arbeiten, er wolle sich selbständig machen. Seit 2014 sei er Amtssachverständiger und arbeite für eine Firma, die Gutachten nach § 57a KFG 1967 mache. Er habe im Raum ***/*** die Möglichkeiten zu arbeiten zu beginnen, und zwar ab dem Moment, in dem er die Gewerbeberechtigung habe. Der Beschwerdeführer legte in der Verhandlung seinen Bildungspass (Nachweis über Schulungen gemäß § 3 Abs. 3, 4 und § 11 Abs. 2 der Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung) vor.

Nach der Verhandlung hat der Beschwerdeführer den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17. April 2014, ***, übermittelt. Mit diesem Bescheid wurde der Beschwerdeführer für den Gewerbetreibenden C-GmbH zusätzlich als geeignete Person gemäß § 3 Abs. 1 der Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung (PBStV) genehmigt.

4.       Feststellungen:

Die C GmbH, für die der Beschwerdeführer arbeitet, wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. Mai 2007,
Zl. ***, zur wiederkehrenden Begutachtung von Kraftfahrzeugen gemäß § 57a KFG 1967 ermächtigt. Anlässlich einer Anzeige von Veränderungen hinsichtlich des Personals wurde der Beschwerdeführer mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17. April 2014,
Zl. ***, in seiner Funktion als Arbeitnehmer der C GmbH als geeignete Person gemäß § 3 Abs. 1 Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung (PBStV) genehmigt. Der Beschwerdeführer führt wiederkehrende Begutachtungen gemäß § 57a KFG 1967 im Rahmen seiner Arbeitnehmertätigkeit für die C GmbH durch.

Der Beschwerdeführer beabsichtigt, sich mit dem Gewerbe Kraftfahrzeugtechnik, verbunden mit Karosseriebau- und Karosserielackiertechnik (verbundenes Handwerk), selbständig zu machen.

Betreffend den Beschwerdeführer scheint im Strafregister der Republik Österreich folgende rechtskräftige, nicht getilgte Verurteilung auf:

„01) LG *** *** vom 26.03.2014 RK 26.03.2014

§ 169 (1) StGB

§ 12 2. Fall StGB § 288 (1 u 4) StGB

§§ 125, 126 (1) Z 7 StGB

Freiheitsstrafe 16 Monate, davon Freiheitsstrafe 13 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Vollzugsdatum 04.11.2014

zu LG *** *** RK 26.03.2014

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 04.11.2014

LG *** *** RK 05.11.2014

zu LG *** *** RK 26.03.2014

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 04.11.2014

LG *** *** vom 07.09.2017

Nach dem derzeitigen Stand der Strafregistereintragung(en) …

… wird die Tilgung voraussichtlich mit 04.11.2024 eintreten.

… ist die Auskunftsbeschränkung ausgeschlossen.“

Der Verurteilung liegt zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 31. Dezember 2013 in *** einen fremden PKW mit Benzin übergoss und diesen anzündete, wobei das Feuer in Folge auf fünf weitere fremde PKWs übergriff. Zudem schlug der Beschwerdeführer mit einem Hammer die Heck- bzw. Windschutzscheiben von drei fremden PKWs sowie einmal auch die vorderen Scheinwerfergläser ein, wodurch er einen nicht mehr festzustellenden, 3 000 Euro, im Zweifel jedoch 50 000 Euro nicht übersteigenden Gesamtschaden herbeiführte, und verständigte danach die Einsatzkräfte. Schließlich bestimmte er am 7. Jänner 2014 in *** bzw. an einem noch festzustellenden Ort im Inland zwei andere Personen dazu, als Zeugen vor dem Landeskriminalamt Niederösterreich bzw. der Polizeiinspektion *** bei deren förmlicher Vernehmung in dem gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung wahrheitswidrig auszusagen, sie hätten den Abend des 31. Dezember 2013 mit ihm gemeinsam verbracht.

Mit 4. November 2014 verbüßte der Beschwerdeführer den unbedingten Teil der Freiheitsstrafe. Die Probezeit musste nicht verlängert werden und wurde der bedingte Teil der Freiheitsstrafe mit 7. September 2017 endgültig nachgesehen. Die Tilgung der gerichtlichen Verurteilung wird voraussichtlich mit 4. November 2024 eintreten.

Betreffend den Beschwerdeführer scheinen in der Verwaltungsstrafdatei der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf Vormerkungen (Übertretungen von § 20 Abs. 2 StVO 1960, von § 24 Abs. 3 lit. b StVO 1960 und von § 102 Abs. 3 5. Satz KFG 1967) auf. Betreffend den Beschwerdeführer scheinen auch in der Verwaltungsstrafdatei der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach Vormerkungen (Übertretungen von § 102 Abs. 3 5. Satz bzw. § 106 Abs. 2 KFG 1967) auf.

Eine aktuelle GISA-Abfrage betreffend den Beschwerdeführer lieferte, unter Ausschluss der Berücksichtigung von bereits beendeten Gewerben, kein Ergebnis.

5.       Beweiswürdigung:

Der angeführte entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem seitens der belangten Behörde vorgelegten – nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes – unbedenklichen Verwaltungsakt zu Zl. ***, aus dem Gerichtsakt des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich sowie aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen.

Die Feststellungen zu den Umständen und dem Ausmaß der ausschlussbegründenden Verurteilung leiten sich aus dem Strafregister sowie aus dem, dem Verwaltungsakt inne liegenden Urteil des Landesgerichtes *** vom 26. März 2014, GZ: ***, ab. Die Feststellungen zu den verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen ergeben sich aus den von den Bezirkshauptmannschaften Gänserndorf und Mistelbach vorgelegten Auszügen aus der Verwaltungsstrafdatei.

Die Feststellungen zu der der C GmbH, FN ***, erteilten Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Kraftfahrzeugen gemäß § 57a KFG 1967 sowie zum Umstand, dass der Beschwerdeführer als hierzu geeignete Person genehmigt wurde, sind aus dem vom Beschwerdeführer über Aufforderung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich fristgerecht vorgelegten Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17. April 2014,
Zl. ***, ableitbar.

Der festgestellte Sachverhalt ist im Wesentlichen als unstrittig zu beurteilen.

6.       Rechtslage und Erwägungen:

Gemäß § 13 Abs. 1 Z 1 lit. b iVm Z 2 GewO 1994 sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie von einem Gericht wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe verurteilt worden sind und die Verurteilung nicht getilgt ist.

Die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung bindet die Gewerbebehörde solcher Art, dass ihr die neuerliche Prüfung, ob der Antragsteller jene Straftaten, nach denen er verurteilt wurde, tatsächlich begangen hat, verwehrt ist. Hingegen hat die Gewerbebehörde die Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale für die Erteilung der Nachsicht selbstständig zu beurteilen, ohne hierbei an gerichtliche Strafzumessungsgründe bzw. den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung über die bedingte Strafnachsicht oder den Strafaufschub gebunden zu sein (vgl. VwGH 17. April 2012, 2008/04/0009); es handelt sich hierbei um einen ausschließlich von der Gewerbebehörde zu beurteilenden gewerberechtlichen Tatbestand.

Bei der mit Urteil des Landesgerichtes *** vom 26. März 2014,
GZ: ***, rechtskräftig am 26. März 2014, verhängten teilbedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB und des Vergehens der falschen Beweisaussage als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB, § 288 Abs. 1 und 4 StGB handelt es sich um eine im Lichte des § 13 Abs. 1 Z1 lit. b GewO 1994 einschlägige Strafe, da selbige eine dreimonatige Freiheitsstrafe übersteigt.

Nach derzeitigem Stand der Strafregistereintragung tritt die Tilgung voraussichtlich mit 4. November 2024 ein und ist die Verurteilung damit jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das erkennende Gericht nicht getilgt, weshalb auch die Voraussetzung von § 13 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 erfüllt ist.

Gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 GewO 1994 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.

Hierbei ist eine Prognoseentscheidung zu treffen, die eine nachvollziehbare hypothetische Beurteilung des zukünftigen Verhaltens einer Person zum Gegenstand hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verbietet es die Verfassungsbestimmung des Art. 6 Abs. 2 EMRK („Unschuldsvermutung“) nicht, für das zukünftige Verhalten eines rechtskräftig Verurteilten eine negative Prognose zu erstellen (vgl. Kreisl, § 26 GewO, E/R/W GewO, Rz 9).

In § 26 Abs. 1 GewO 1994 ist als Nachsichtsvoraussetzung u.a. die positive Persönlichkeitswertung vorgesehen. Die zweite – kumulative – Voraussetzung (arg: „und“) ist, dass nach der Eigenart der strafbaren Handlung die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist. Beide genannten Voraussetzungen sind nicht losgelöst voneinander zu prüfen, sondern sind sie vielmehr anhand des konkreten Einzelfalls miteinander in Beziehung zu setzen, um so zu einer Persönlichkeitswertung des jeweiligen Antragstellers zu gelangen, anhand derer abgeschätzt werden kann, ob eine objektiv nachvollziehbare Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Verurteilte bzw. Bestrafte bei Ausübung des Gewerbes gleiche oder ähnliche Taten begehen wird. Zu berücksichtigen sind alle äußeren Umstände, die auf die Persönlichkeitsentwicklung – sowohl im positiven als auch im negativen Sinn – von Einfluss sein können (vgl. Kreisl, § 26 GewO, E/R/W GewO, Rz 10). Die erforderliche Abwägung kann in der Regel aufgrund allgemeiner menschlicher Erfahrung vorgenommen werden, die Einholung eines psychologischen Gutachtens ist demnach (grundsätzlich) nicht erforderlich (vgl. Grabler/Stolzlechner/ Wendl, Kommentar zur GewO, § 26 Rz 10).

Im Zusammenhang mit der Eigenart der strafbaren Handlung ist auf das beeinträchtigte Rechtsgut abzustellen; das Brandstiftungsdelikt zählt zu den gemeingefährlichen Straftaten, beim Vergehen der Bestimmung zur Falschaussage ist das beeinträchtigte Rechtsgut der Schutz der Rechtspflege. Darüber hinaus liegen der verfahrensgegenständlichen Verurteilung aber auch strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen, konkret die (mutwillige) Beschädigung mehrerer Kraftfahrzeuge, zugrunde.

Bei Erstellung einer Zukunftsprognose kommt der Verschaffung eines – im Rahmen einer mündlichen Verhandlung gewonnenen – persönlichen Eindrucks von der betreffenden Person besondere Bedeutung zu (vgl. VwGH 26. Jänner 2012, 2009/09/0187; VwGH 12. Juli 2011, 2011/09/0097; VwGH 20. März 2012, 2011/21/0298; VwGH 25. April 2013, 2012/18/0072; VwGH 18. Februar 2015, Ra 2014/04/0035).

Aufgrund der Einvernahme des Beschwerdeführers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sich das erkennende Gericht ein Bild von der Persönlichkeit des Beschwerdeführers verschaffen. Wenn auch der Beschwerdeführer in der öffentlichen mündlichen Verhandlung bemüht war, einen positiven Eindruck zu hinterlassen und er ein Bemühen zu einer redlichen Lebensführung erkennen ließ, war im Hinblick auf die gegenständliche Verurteilung, insbesondere die Anzahl der Tathandlungen bzw. Angriffe, die massive kriminelle Energie, die durch die Taten manifestiert wurde, im Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer verursachten Gemeingefahr sowie der Tatsache, dass der Beschwerdeführer eine Gewerbeberechtigung für genau jenen Berufszweig erlangen möchte, in welchem er laufend mit jenen Gegenständen bzw. Sachen in Berührung kommt, an denen er die überwiegende Anzahl der Tathandlungen verwirklicht hat, vom erkennenden Gericht auf ein Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Erlassung dieser Entscheidung zu schließen, das nicht die Verneinung der Befürchtung der Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei Ausübung des von ihm angestrebten Gewerbes im Sinne des § 26 Abs. 1 GewO 1994 zulässt. Dabei bietet die Ausübung des beabsichtigten Gewerbes vielmehr in vielfacher Weise Gelegenheit zur Begehung von strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen und von Gemeingefährdungsdelikten und insoweit zu Begehung ähnlicher (gegen dieselben Rechtsgüter gerichteter) Delikte, wie sie der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers zugrunde lagen.

Sohin kann das erkennende Gericht, bezogen auf die zweite Nachsichtsvoraussetzung, nämlich die Eigenart der strafbaren Handlung, die Befürchtung, dass es im verfahrensgegenständlichen Gewerbe der Kraftfahrzeugtechnik, verbunden mit Karosseriebau- und Karosserielackiertechnik (verbundenes Handwerk), wegen des regen und selbstverantwortlichen Kontaktes mit fremden Kraftfahrzeugen zu einem ähnlichen Delikt insbesondere gegen fremdes Vermögen kommen könnte, bereits aufgrund allgemein menschlicher Erfahrung und den untenstehenden Ausführungen nicht gänzlich ausschließen.

In diesem Zusammenhang ist zunächst dem Vorbringen des Beschwerdeführers, der Gesetzgeber hätte mit § 26 GewO 1994 gerade seinen Fall positiv regeln wollen und das berufliche Fortkommen solle gerade durch die Nachsicht ermöglicht werden, entgegenzuhalten, dass die §§ 13 und 26 GewO 1994 zueinander in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis stehen. Sinn und Zweck des § 26 GewO 1994 ist es, zu verhindern, dass Bestimmungen, die für den Regelfall richtig sind, auf Ausnahmefälle angewendet, zu widersinnigen Ergebnissen führen (vgl. Kreisl, vor § 26 GewO, E/R/W GewO, Rz 1). Daher dient diese Bestimmung (nur) zur Vermeidung von Härtefällen, welche im vorliegenden Fall vom erkennenden Gericht nicht gesehen werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Nachsicht gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 erst dann zu erteilen, wenn die Befürchtung einer Tatbegehung iSd § 26 Abs. 1 GewO 1994 gar nicht besteht (vgl. u.a. VwGH 17. September 2010, 2010/04/0026; 17. April 2012, 2008/04/0009; 25. September 2012, 2012/04/0113), wobei auf die „Hintergründe und Absichten“ des Beschwerdeführers bei Begehung der strafbaren Handlungen nicht einzugehen ist (vgl. Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7 § 26 Rz 4; vgl. VwGH 28. September 2011, 2011/04/0148-0151). Die Formulierung „nicht zu befürchten“ in § 26 Abs. 1 GewO 1994 ist dahingehend zu verstehen, dass eine Nachsicht nur dann zu erteilen ist, wenn eine Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten in weiterer Folge mit guten Gründen ausgeschlossen werden kann, wohingegen eine lediglich überwiegende Wahrscheinlichkeit dazu nicht ausreicht (vgl. Kreisl in Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO § 26 Rz 11).

Bei der Beurteilung des Persönlichkeitsbildes ist zwar auch der seit der Begehung der Straftaten verstrichene Zeitraum zu berücksichtigen. Das bloße Verstreichen eines bestimmten und gegebenenfalls auch längeren Zeitraums seit Begehung von Straftaten führt jedoch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht automatisch zu einer positiven Prognoseentscheidung (vgl. z.B. VwGH 28. April 2004, 2003/03/0017). Daraus folgt, dass der bloße Ablauf der Probezeit keinesfalls einen Rechtsanspruch auf Nachsicht konstituiert. Es ist vielmehr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (u.a. in Abhängigkeit von der Dauer und dem Ausmaß der strafbaren Handlungen, der Bemühungen zur Schadensbereinigung, dem Verhalten im strafgerichtlichen und verwaltungs-behördlichen Verfahren, dem persönlichen Eindruck, eventuelle Rückfälligkeit) ein Beobachtungszeitraum zu wählen, der geeignet ist, eine qualifizierte Zukunftsprognose zu erstellen. Mit anderen Worten ist auf jenen Zeitraum abzustellen, mit dem dem zwischenzeitlichen Wohlverhalten des Betreffenden jenes Gewicht beigemessen werden kann, um eine positive Prognoseentscheidung mit der notwendigen Sicherheit erstellen zu können. Davon kann – unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die letzte strafbare Handlung am 7. Jänner 2014 gesetzt wurde, die Verurteilung am 26. März 2014 erfolgte und dem Wohlverhalten in der Zeit des strafgerichtlichen Verfahrens geringere Bedeutung zukommt (vgl. OGH 25. August 1993, 13 Os 83/93 mwV; OGH 14. Jänner 1987, 1 Ob 37/86, uvm) – bei einer Dauer wie der gegenständlichen keine Rede sein (vgl. z.B. VwGH 17. November 2004, 2003/04/0123, wonach eine bereits sechs Jahre zurückliegende Verurteilung wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, Abs. 3 und 148 StGB alleine durch die verstrichene Zeit noch keine Änderung des aus dieser Straftat abzuleitenden Persönlichkeitsbildes bedeute).

Im vorliegenden Fall liegen vielmehr konkrete Umstände vor, die die Annahme berechtigen, dass bei Ausübung des in Aussicht genommenen Gewerbes, anlässlich dessen der Beschwerdeführer regelmäßig und vor allem selbstverantwortlich mit fremden Fahrzeugen in Kontakt kommen würde, die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat zu befürchten ist, zumal die gegenständliche Straftat selbst einen engen Bezug zu Kraftfahrzeugen aufweist.

Zwar ist dem Beschwerdeführer beizupflichten, wenn er vorbringt, man brauche keine Gewerbeberechtigung um Autos anzuzünden, dennoch bietet gerade die Ausübung des KFZ-Gewerbes in vielfacher Weise Gelegenheit zur Begehung von strafbaren Handlungen insbesondere gegen fremdes Vermögen, wie sie der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers zugrunde lagen. Der § 26 Abs. 1 iVm § 13 Abs. 1 GewO 1994 dient hauptsächlich dem Schutz von Personen (potenziellen Kunden, Arbeitnehmern und sonstigen in Betracht kommenden Geschäftspartnern des Gewerbetreibenden) und Vermögen durch Hintanhaltung der Begehung gleichartiger Straftaten bei einer erstmaligen oder erneuten Gewerbeausübung. Gegenstand der Prognoseentscheidung und der Risikobewertung ist ausschließlich das zukünftige Verhalten im Rahmen der Ausübung des Gewerbes.

Im Hinblick auf die bei Begehung der Straftaten geübte Vorgangsweise und die Höhe der Schadensbeträge, sowie die verursachte Gemeingefährdung genügt der Umstand, dass der Beschwerdeführer seit Begehung der Straftaten bzw. seit der gerichtlichen Verurteilung unbescholten blieb und seine Tätigkeit als geeignete Person nach § 57a KFG 1967 ohne Vorkommnisse ausübte, nicht für die Annahme eines günstigen Persönlichkeitsbildes. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung für die Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers sind auch die Verwaltungsstrafvormerkungen zu berücksichtigen. Auch daraus ist der Schluss zulässig, dass es dem Beschwerdeführer offensichtlich schwerfällt, sich an die Vorgaben der Rechtsordnung zu halten, da es sich im vorliegenden Fall um eine Vielzahl von Verwaltungsübertretungen handelt. Aus diesem Verhalten ist die Annahme einer positiven Einstellung zur Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen nicht ableitbar. Diese Verurteilungen können somit auch nicht zu einer positiven Prognose des Charakterbildes des Beschwerdeführers beitragen. Daran vermögen auch dem Beschwerdeführer zugutekommende Umstände wie das umfassende Geständnis im Strafprozess und die Verständigung der Einsatzkräfte nach der Sachbeschädigung im Ergebnis nichts zu ändern. Die Dauer des zwischenzeitlichen Wohlverhaltens ist in Anbetracht der Anlasstaten und dem Umstand, dass der Beschwerdeführer zum Beweis seiner Persönlichkeitsänderung bloß ins Treffen führt, er sei gemäß § 57a KFG 1967 berechtigt, als selbständiger Vertreter der Republik Österreich Überprüfungen gemäß § 57a KFG 1967 durchzuführen, als für eine positive Prognose unzureichend anzusehen.

Im Übrigen kann auch den in der Beschwerde vorgebrachten Argumenten, wonach der Beschwerdeführer entsprechend dem vorgelegten Bildungspass gemäß § 57a KFG 1967 bereits seit 2014 berechtigt sei, als selbständiger Vertreter der Republik Österreich Überprüfungen gemäß § 57a KFG 1967 durchzuführen, nicht gefolgt werden. Diesem Vorbringen ist vielmehr entgegenzuhalten, dass sich der Bildungspass auf § 3 PBStV bezieht, welcher die fachspezifischen Voraussetzungen für die Berechtigung als geeignetes Personal im Zusammenhang mit Überprüfungen nach § 57a KFG 1967 regelt. Dies ist von einer vom Landeshauptmann zu erteilenden Ermächtigung für Gewerbetreibende im Sinne des § 57a Abs. 1 Satz 1 KFG 1967 – bei welcher es unter anderem auf die Vertrauenswürdigkeit ankommt – zu unterscheiden.

Der Beschwerde war daher der Erfolg zu versagen und es war spruchgemäß zu entscheiden.

7.       Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war, weil die Entscheidung einerseits nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des VwGH abweicht und sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen zB VwGH 15. Dezember 2016, Ra 2016/18/0343).

Schlagworte

Gewerbliches Berufsrecht; Kraftfahrzeugtechnik; Gewerbeausübung; Ausschluss; Nachsicht; Prognose;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.552.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

25.04.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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