TE Lvwg Erkenntnis 2019/1/24 LVwG-2018/44/2768-2

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Veröffentlicht am 24.01.2019
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Entscheidungsdatum

24.01.2019

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

WRG 1959 §137 Abs2 Z7;
VStG §44a Z1;
VStG §45 Abs1 Z1;

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 23.11.2018, Zahl ****, betreffend eine Übertretung nach dem WRG 1959

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahren und Sachverhalt:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 23.11.2018 wurde dem Beschwerdeführer spruchgemäß folgendes zur Last gelegt:

„Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 19.01.2017, ****, wurde Ihnen die wasserrechtliche Bewilligung für die Abwasserbeseitigungsanlage „BB“ auf Gp. **1, KG Z, unter Einhaltung unter anderem folgender Nebenbestimmungen erteilt:

1.       Die Anlageteile sind unter fachkundiger Bauaufsicht auszuführen.

2.       Über den Bauablauf ist eine Fotodokumentation anzulegen und den Ausführungsunterlagen anzuschließen.

3.       Alle elektrischen Einrichtungen sind entsprechend den Sicherheitsbestimmungen für Elektroinstallationen (ÖVE-Vorschriften) auszuführen.

4.       Die Abwasserreinigungsanlage ist mit einer Störmeldung auszurüsten.

5.       Für die Abwassermengenermittlung ist beim Zulauf der Trinkwasserleitungen ein entsprechender Wasserzähler mit Logfunktion einzubauen.

7.       Vor der Inbetriebnahme der Kläranlage sind sämtliche Behälter gern. Ö-Norm B 2503 (2012) auf Dichtheit zu prüfen.

8.       Die Kanäle und Schächte bis zum Ablauf zur Kläranlage sind gern. EN 1610 (2015) einer Druckprobe zu unterziehen. Alternativ kann für die Bestandskanäle eine normgereichte Zustandsklassifizierung vorgelegt werde, die einen baulichen Zustand ohne kurzfristigen Handlungsbedarf aufweist.

9.       Die Ausleitung ist so zu gestalten, dass diese den Bachquerschnitt nicht einengt und es zu keinen Kolkschäden kommt.

10.      Für die Betreuung der Anlage ist ein Wartungsvertrag abzuschließen. Der Wartungsvertrag ist bis zur wasserrechtlichen Überprüfungsverhandlung der Wasserrechtsbehörde vorzulegen. Jede Änderung des Wartungsvertrages ist der Wasserrechtsbehörde anzuzeigen.

11.      Die Wartung der Kläranlage ist gem. Ö-Norm B 2502-1 (2012) durchzuführen.

12.      Für die Kläranlage ist ein Betriebshandbuch (Betriebsordnung) zu erarbeiten.

13.      Die Eigenüberwachung ist gemäß Ö-Norm B-2502-1 (2012) durchzuführen.

14.      Es gelten die Emissionsgrenzwerte der Ö-Norm B 2502-1 (2012).

15.      Die Fremdüberwachung ist gem. Ö-Norm B 2502-1 (2012) durchzuführe.

16.      Der Betreiber der Kläranlage hat einen entsprechenden Ausbildungsnachweis (zB. ÖWAW Klärwärterkurs für Anlagen ? 50 EW) vorzulegen.

Bei der wasserrechtlichen Überprüfung durch den Amtssachverständigen für Kulturbautechnik vom 24.05.2017 wurde festgestellt, dass Sie die oben angeführten Nebenbestimmungen zumindest bis Juli 2018 nicht erfüllt haben.“

Dadurch habe er gegen § 137 Abs 2 Z 7 iVm § 105 WRG 1959 verstoßen und sei mit einer Geldstrafe in Höhe von € 150,- (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Stunden) zu bestrafen. Außerdem wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von € 15,- verpflichtet.

Mit Bescheid vom 06.12.2018, Zl ****, wurde die gegenständliche Abwasserbeseitigungsanlage gemäß § 121 WRG 1959 wasserrechtlich für überprüft erklärt. Am 05.06.2018 sei nämlich von der kulturbautechnischen Amtssachverständigen festgestellt worden, dass alle Auflagen außer der Auflage 4 erfüllt worden seien. Der Nachweis für die Einhaltung der Auflage 4 sei am 31.10.2018 erbracht worden.

Gegen das Straferkenntnis vom 23.11.2018 hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10.12.2018 fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und vorgebracht, dass er die Bescheidauflagen eingehalten habe.

II.      Erwägungen:

Gemäß § 137 Abs 2 Z 7 WRG 1959 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung, der die in einem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen und Nebenbestimmungen nicht einhält.

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnis, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommenen Tat zu enthalten. Zur ausreichenden Konkretisierung ist dabei in der Regel die Angabe von Tatort, Tatzeit sowie das wesentliche Tatgeschehen erforderlich (vgl VwGH 27.04.2011, 2010/08/0091).

Eine konkrete Tatumschreibung iSd § 44a Z 1 VStG muss bei der Nichteinhaltung von bescheidmäßig vorgeschriebenen Auflagen neben dem Umstand, dass die (mit der Untergliederung jenes Bescheides, in dem die in Rede stehenden Auflagen vorgeschrieben wurden, konkret zu bezeichnende) Auflagen nicht eingehalten wurden, konkret alle Handlungen oder Unterlassungen anführen, durch welche die Auflagen nicht eingehalten wurden (vgl VwGH 16.03.2016, Ra 2016/04/0034).

Dem Beschwerdeführer wurde vorliegend aber lediglich vorgehalten, dass am 24.05.2017 festgestellt worden sei, dass er die Auflagen 1 bis 5 und 7 bis 16 des Bewilligungsbescheides vom 19.01.2017 „zumindest bis Juli 2018“ nicht eingehalten habe. Mit welchen konkreten Handlungen oder Unterlassungen er diese Auflagen verletzt haben soll, geht weder aus dem angefochtenen Straferkenntnis noch aus dem vorliegenden Strafakt hervor.

Dazu kommt, dass der Spruch eines Straferkenntnisses die Anführung des Zeitpunktes der Begehung der Tat und, falls es sich um einen Zeitraum handelt, dessen Anfang und Ende in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art zu umfassen hat (vgl VwGH 20.11.2008, 2007/09/0255). Abgesehen davon, dass die Behörde am 24.05.2017 unmöglich feststellen konnte, ob die Auflagen bis Juli 2018 eingehalten wurden, wird ein Bescheid, dessen Spruch widersprüchliche Angaben hinsichtlich der Tatzeit enthält, den Erfordernissen des § 44a VStG nicht gerecht (vgl VwGH 21.03.1995, 94/09/0039).

In diesem Zusammenhang ist auch klarzustellen, dass nicht sämtliche Auflagen des Bewilligungsbescheides vom 19.01.2017 bereits ab Erlassung dieses Bescheides einzuhalten waren. So sind die Auflagen 1 und 2 während der Bauphase, die Auflagen 3, 4, 5, 8, 9, 12 und 16 bis zur Baufertigstellung, die Auflage 7 bis zur Inbetriebnahme, die Auflage 10 bis zur Überprüfungsverhandlung und die Auflagen 11, 13, 14 und 15 während der Betriebsphase einzuhalten.

Für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit der vorgeworfenen Handlungen bzw Unterlassungen wäre es erforderlich gewesen, dem Beschwerdeführer vorzuwerfen, in welchem konkreten Zeitraum bzw zu welchem Zeitpunkt er welche konkreten Handlungen bzw Unterlassungen zu verantworten hat. Weder aus dem angefochtenen Straferkenntnis noch aus dem vorliegenden Strafakt geht hervor, in welchem Zeitraum die gegenständliche Anlage errichtet wurde, wann sie fertiggestellt wurde (gemäß Bewilligungsbescheid vom 19.01.2017 war die Anlage bis zum 31.12.2017 fertigzustellen), wann sie in Betrieb genommen wurde, wann und ob eine Überprüfungsverhandlung stattgefunden hat und wann die Betriebsphase begonnen hat. Anhand des vorliegenden Sachverhaltes kann somit nicht beurteilt werden, ob überhaupt gegen einzelne Auflagenpunkte verstoßen wurde.

So lässt sich etwa dem Strafakt entnehmen, dass der Beschwerdeführer der Wasserrechtsbehörde am 04.04.2018 die Bestätigung einer Fachfirma über die ordnungsgemäße Bauausführung (datiert mit 05.12.2017), eine Fotodokumentation über die Bauarbeiten, die Beauftragung einer Fachfirma mit der Fremdüberwachung (datiert mit 05.12.2017) sowie einen Ausbildungsnachweis zum Klärwärter (datiert mit 28.09.2017) vorgelegt hat. Ob und warum diese Handlungen zur Erfüllung der Auflagen 1, 2, 10 und 16 nicht ausreichend waren oder ob sie nach Ansicht der Behörde verspätet waren, bleibt völlig unklar.

Betreffend des Tatzeitraumes ist weiters anzumerken, dass sich aus dem Kollaudierungsbescheid vom 06.12.2018 ergibt, dass bereits am 05.06.2018 alle Auflagen außer der Auflage 4 erfüllt waren. Diese Feststellung steht im offenkundigen Wiederspruch zum Tatvorwurf, dass die Auflagen 1 bis 3, 5 sowie 7 bis 16 „zumindest bis Juli 2018“ nicht eingehalten worden seien.

Zusammenfassend liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, welche konkreten Handlungen oder Unterlassungen der Beschwerdeführer in welchem konkreten Zeitraum (Bauphase, Fertigstellung, Inbetriebnahme, Überprüfungsverhandlung, Betriebsphase) zu verantworten hat. Daher kann nicht beurteilt werden, ob überhaupt strafbare Handlungen oder Unterlassungen vorliegen.

Der Beschwerdeführer hat gemäß § 44a Z 1 VStG ein subjektives Recht, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat richtig und vollständig vorgehalten wird (vgl VwGH 08.08.2008, 2008/09/0042). Die Umschreibung dieser Tat hat so präzise zu sein, dass er seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist (vgl VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 12.03.2010, 2010/17/0017), sie muss mithin die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind, ermöglichen (vgl VwGH 20.07.1988, 86/01/0258) und sie darf keinen Zweifel daran bestehen lassen, wofür der Täter bestraft worden ist (vgl VwGH 23.04.2008, 2005/03/0243). Im Spruch sind die wesentlichen Tathandlungen konkret und nicht nur mit den Worten des Tatbestandes auszuführen (vgl VwGH 26.05.1992, 88/05/0263); aus der Umschreibung der Tathandlung muss sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden können (vgl VwGH 18.10.2007, 2005/09/0126). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Straferkenntnis nicht. Dem Landesverwaltungsgericht ist es auch nicht möglich, den Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entsprechend zu ändern bzw zu ergänzen, ohne eine unzulässige Auswechslung der Tat vorzunehmen (vgl VwGH 15.05.2017, Ra 2017/17/0214).

III.    Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Spielmann

(Richter)

Schlagworte

Abwasserbeseitigungsanlage;
Bescheidauflagen;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2018.44.2768.2

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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