TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/29 L521 2189835-1

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Veröffentlicht am 29.10.2018
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Entscheidungsdatum

29.10.2018

Norm

ASVG §101
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L521 2189835-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. über die Beschwerde von XXXX, gegen den Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt vom 08.02.2018, Zl. 2700161277-001, betreffend rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 06.09.2018 zu Recht:

A) Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes im Hinblick auf die Bescheide der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt vom 27.02.2008 betreffend Zuerkennung einer Gesamtvergütung infolge des am 09.08.2007 erlittenen Arbeitsunfalls und vom 18.01.2017 betreffend Versehrtenrente infolge des am 09.08.2007 erlittenen Arbeitsunfalls wird gemäß § 101 ASVG bewilligt und der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt die Erlassung eines neuen Leistungsbescheids aufgetragen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer erlitt als Rechtspraktikant beim Landesgericht Linz am 09.08.2007 beim Abholen von Akten aus der Schreibabteilung einen Arbeitsunfall, indem er beim Benutzen der Treppe stürzte und sich dabei eine supinatorische Teilverrenkung des linken Sprunggelenks zuzog.

2. Mit Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt vom 27.02.2008 wurde der Unfall des Beschwerdeführers als Arbeitsunfall anerkannt und ihm eine Gesamtvergütung in der Höhe des voraussichtlichen Rentenaufwandes gemäß § 209 Abs. 2 ASVG im Betrag von EUR 2.013,94 zuerkannt. Als Bemessungsgrundlage wurde der Betrag von EUR 18.174,58 festgestellt. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

3. Der Beschwerdeführer zeigte mit Telefax vom 26.05.2008 an, dass eine Besserung seiner Leiden nicht eingetreten sei und er nach einem Fußmarsch von 200 bis 300 Metern, beim Treppensteigen sowie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges Schmerzen verspüren würde. Er begehrte deshalb die Weitergewährung der Versehrtenrente.

4. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 26.05.2008 wurde mit Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt vom 30.10.2008 abgewiesen, da den durchgeführten Untersuchungen zufolge eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 vH nicht vorliegen würde. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

5. Mit E-Mail vom 11.08.2016 wandte sich der Beschwerdeführer neuerlich an die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt und zeigte eine Verschlechterung seines gesundheitlichen Zustandes an. Nach Durchführung entsprechender Erhebungen wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt vom 18.01.2017 in Stattgabe seines Antrages eine monatliche Versehrtenrente von EUR 208,03 ab dem 11.08.2016 bzw. von EUR 209,70 ab dem 01.01.2017 als Dauerrente zuerkannt. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

6. Nach anfänglich formloser elektronischer Korrespondenz betreffend die für den Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt vom 18.01.2017 maßgebliche Bemessungsgrundlage legte der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 02.02.2018 gegenüber der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt dar, sein Arbeitsunfall am 09.08.2007 habe sich während der verlängerten Gerichtspraxis zur Übernahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst ereignet. Die Ernennung zum Richteramtsanwärter sei bereits ab dem 01.03.2007 möglich gewesen, die seinerzeitige Planstellensituation habe dies jedoch nicht zugelassen und zu einer wiederholten, kettenartigen Verlängerung der Gerichtspraxis geführt. Da während einer solchen Verlängerung der Arbeitsunfall geschehen sei, habe die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt als Bemessungsgrundlage gemäß § 180 Abs. 1 ASVG das monatliche Gehalt eines Richteramtsanwärters heranzuziehen und den erlassenen Unfallrentenbescheid gemäß § 101 ASVG richtigzustellen.

7. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt vom 08.02.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes abgewiesen.

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, § 180 Abs. 1 ASVG gelange in Ansehung des Beschwerdeführers nicht zur Anwendung, da er seine Berufsausbildung nicht vor Vollendung des 30. Lebensjahres abgeschlossen habe. § 180 Abs. 2 ASVG sei nicht anzuwenden, da die in Rede stehende Gehaltssteigerung nicht vom Lebensalter des Beschwerdeführers abhängig gewesen sei.

8. Gegen den vorstehend angeführten, dem Beschwerdeführer am 15.02.2018 im Wege der Hinterlegung zugestellten Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in welcher die rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes durch Ermittlung der Bemessungsgrundlage anhand des monatlichen Gehalts eines Richteramtsanwärters bzw. in eventu im gesetzlichen Ausmaß bzw. in eventu nach billigem Ermessen unter Heranziehung des § 182 ASVG sowie die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht begehrt wird.

9. Die Beschwerdevorlage langte am 21.03.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.

10. Am 06.09.2018 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers und einer Vertreterin der belangten Sozialversicherungsanstalt durchgeführt und dabei der vom Beschwerdeführer beantragte XXXX einvernommen. Im Gefolge der mündlichen Verhandlung wurde dem Beschwerdeführer außerdem eine anlässlich de Aktenvorlage erstattete Stellungnahme der belangten Sozialversicherungsanstalt ausgehändigt und eine Replik dazu freigestellt. Diese langte am 07.09.2018 beim Bundesverwaltungsgerichte ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der am 16.02.1977 geborene Beschwerdeführer XXXX absolvierte nach der Reifeprüfung und der Ableistung des Grundwehrdienstes von Oktober 1996 bis zum November 2001 das Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Universität Linz und im Anschluss daran das Doktoratsstudium ebendort.

Mit Erledigung des Rektors der Universität Linz vom 07.05.2002 wurde der Beschwerdeführer zum (vollbeschäftigten) wissenschaftlichen Mitarbeiter in Ausbildung an der Universität Linz ab dem 01.05.2002 bestellt und damit ein Ausbildungsverhältnis zum Bund begrünet, das bis zum 30.04.2006 andauerte und durch Zeitablauf an diesem Tag endete. Der jährliche Ausbildungsbetrag wurde mit EUR 21.168,00 festgesetzt.

1.2. Mit Eingabe vom 20.04.2006 beantragte der Beschwerdeführer die Zulassung zur Gerichtspraxis ab dem 01.06.2006 und erklärte unter einem gemäß § 2 Abs. 3 des Rechtspraktikantengesetzes (RPG), die Übernahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst anzustreben.

Der Präsident der Oberlandesgerichtes Linz bewilligte am 21.04.2006 die Zulassung zur Gerichtspraxis vom 01.06.2006 bis zum 28.02.2007.

Mit Erledigung des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz vom 27.11.2006 wurde der Beschwerdeführer (nebst weiteren Rechtspraktikanten) zu einem "Vorstellungsgespräch" vor einer Kommission bestehend aus dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz, Richtern des Oberlandesgerichtes Linz, eine Vertreterin der Oberstaatsanwaltschaft Linz und eines Standesvertreters am 28.02.2007 "wegen Verlängerung der Gerichtspraxis" eingeladen. Der Beschwerdeführer hatte zuvor am 06.02.2007 einen schriftlichen Test in Form der Abfassung eines Strafurteils

Nach positiver Vorstellung vor der Kommission (sogenannte "Übernahmsprüfung") wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 28.02.2007 auf Verlängerung der Gerichtspraxis um sechs Monate - sohin bis zum 31.08.2007 - am 28.02.2007 "zwecks allfälliger Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst" bewilligt. Die Anträge weiterer Rechtspraktikanten waren teilweise ebenfalls erfolgreich, es wurden jedoch auch Anträge nicht bewilligt.

Mit Eingabe vom 20.06.2007 beantrage der Beschwerdeführer neuerlich die Verlängerung der Gerichtspraxis um sechs Monate vom 01.09.2007. Der Antrag wurde am 27.06.2007 bewilligt.

1.3. Am 09.08.2007 erlitt der Beschwerdeführer beim Landesgericht Linz beim Abholen von Akten aus der Schreibabteilung einen Arbeitsunfall, indem er beim Benutzen der Treppe stürzte und sich dabei eine supinatorische Teilverrenkung des linken Sprunggelenks zuzog. Vom 09.08.2007 bis zum 15.08.2007 war der Beschwerdeführer arbeitsunfähig. Am 16.08.2007 trat der Beschwerdeführer den Dienst wieder an.

Während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit trug der Beschwerdeführer einen Unterschenkelspaltgips, in der darauffolgenden Zeit eine Aircast-Schiene zur Stabilisierung des Sprunggelenks bis zum 11.10.2007. Auch nach der Enduntersuchung am 11.10.2007 benutzte der Beschwerdeführer die Aircast-Schiene fallweise zur Stabilisierung. Der Beschwerdeführer war deshalb in seiner körperlichen Leistungsfähigkeit eingeschränkt, was nachteilige Folgen auf seinen Verwendungserfolg zeitigte.

1.4. Am 27.12.2007 beantragt der Beschwerdeführer neuerlich die Verlängerung der Gerichtspraxis um drei Monate am dem 01.03.2008, das Gesuch wurde am 03.01.2008 bewilligt.

Einen neuerlichen Verlängerungsantrag des Beschwerdeführers vom 27.03.2008 legte der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz dem Bundesminister für Justiz zur Bewilligung vor, wobei in der Vorlage auf die bisherigen ausgezeichneten Bewertungen des Beschwerdeführers hingewiesen wurde und darin auch die Absicht des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz klar zum Ausdruck gebracht wird, eine Verlängerung der Gerichtspraxis des Beschwerdeführers zu befürworten. In der Folge erteilte der Bundesminister für die Justiz mit Note vom 17.04.2008 die Zustimmung und erfolge die neuerliche Verlängerung der Gerichtspraxis des Beschwerdeführers bis zum 30.11.2008 am 24.04.2008.

1.5. Am 14.06.2008 verlautbarte der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz die Ausschreibung von fünf, allenfalls mehr zur Besetzung gelangenden Planstellen eines Richteramtsanwärters. Der Beschwerdeführer bewarb sich auf eine solche Planstelle. Nach Bewerbungsgesprächen am 15.10.2008 vor einer Kommission bestehend aus dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz, Richtern des Oberlandesgerichtes Linz, einem Vertreter der Oberstaatsanwaltschaft Linz und zwei Standesvertretern erstellte der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz am 29.10.2008 einen Besetzungsvorschlag. Der Beschwerdeführer wurde unter den elf zur Ernennung zum Richteramtsanwärter vorgeschlagenen Bewerbern gereiht und - nach einer neuerlichen kurzfristigen Verlängerung seiner Gerichtspraxis - mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 15.12.2008 mit Wirksamkeit vom 01.01.2009 auf die Planstelle eines Richteramtsanwärters im Sprengel des Oberlandesgerichtes Linz ernannt.

Im Besetzungsvorschlag ist die vom Beschwerdeführer verrichtete Gerichtspraxis in der Dauer von zwei Jahren und vier Monaten als einer von mehreren Aspekten zugunsten des Beschwerdeführers angeführt. Die nicht gereihten Bewerber wurden dementsprechend wegen der "wesentlich kürzere[n] Ausbildungszeit" bzw. weil diese in der Qualifikation gegenüber den gereihten Bewerbern zurückblieben, nicht berücksichtigt.

1.6. Der Beschwerdeführer steht sohin seit dem 01.01.2009 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Ihm gebührte ab dem 01.01.2009 das monatliche Gehalt eines Richteramtsanwärters im Betrag von EUR 2.203,50.

1.7. Nach Absolvierung der Richteramtsprüfung im Frühjahr 2010 wurde der Beschwerdeführer mit Wirksamkeit vom 01.08.2010 zum Richter des Landesgerichtes Linz, gebunden für eine Verwendung im Evidenzbüro des Obersten Gerichtshofes in Wien, ernannt. Die als Rechtspraktikant erworbene Rechtspraxis wurde bei der Prüfung der Ernennungserfordernisse zur Gänze berücksichtigt.

1.8. Aufgrund des Arbeitsunfalles am 09.08.2007 trat eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers von 20% für neun Monate ein. Mit Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt vom 27.02.2008 wurde der Unfall des Beschwerdeführers als Arbeitsunfall anerkannt und ihm eine Gesamtvergütung in der Höhe des voraussichtlichen Rentenaufwandes gemäß § 209 Abs. 2 ASVG im Betrag von EUR 2.013,94 - ausgehend von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20% vom 16.08.2007 bis zum 31.05.2008 - zuerkannt. Als Bemessungsgrundlage wurde der Betrag von EUR 18.174,58 festgestellt. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit E-Mail vom 11.08.2016 zeigte der Beschwerdeführer eine Verschlechterung seines gesundheitlichen Zustandes an und wurde am 11.10.2016 eine dauernde Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20% festgestellt. Mit Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt vom 18.01.2017 wurde dem Beschwerdeführer eine monatliche Versehrtenrente von EUR 208,03 ab dem 11.08.2016 bzw. von EUR 209,70 ab dem 01.01.2017 als Dauerrente zuerkannt. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Als Bemessungsgrundlage wurde die im Bescheid vom 27.02.2008 festgestellte Bemessungsgrundlage herangezogen.

1.9. Der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt war bei der Erlassung der Bescheide vom 09.08.2007 und vom 18.01.2017 aufgrund eines im Verwaltungsakt abgelegten Versicherungsdatenauszugs bekannt, dass der Beschwerdeführer vor dem Antritt der Gerichtspraxis im Jahr 2006 in einem dem Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz unterliegenden Dienstverhältnis zur Universität Linz stand und dafür noch im Jahr 2006 EUR 10.657,89 ins Verdienen brachte.

Hingegen war der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt war bei der Erlassung der Bescheide vom 09.08.2007 und vom 18.01.2017 in Unkenntnis darüber, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalles die gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen Zeit der Gerichtspraxis überschritten hatte und die längere Zulassung zur Gerichtspraxis zum Zweck der Aufnahme des Beschwerdeführers in den richterlichen Vorbereitungsdienst nach der am 06.02.2007 schriftlich und am 27.02.2007 mündlich positive absolvierten, sogenannten "Übernahmsprüfung" erfolgte.

1.10. Die Verwaltungspraxis bei der Übernahme von Aufnahmewerbern in den richterlichen Vorbereitungsdienst stellt sich üblicherweise (in den einzelnen OLG-Sprengeln bestehen im Detail Abweichungen) dermaßen dar, dass im Gefolge der Erklärung, die Übernahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst anzustreben, eine obligatorische Teilnahme an Übungskursen erfolgt und eine qualifizierte Beurteilung durch die Ausbildungsrichterinnen und Ausbildungsrichter erfolgt. Vor dem Ablauf der in der Zulassung festgelegten Ausbildungszeit erfolgt eine oder mehrere schriftliche Prüfungen und eine mündliche Prüfung (sogenannte "Übernahmsprüfung") vor einer Kommission, allenfalls auch eine psychologische Eignungsuntersuchung. Bei der Entscheidung über die Aufnahme fließen auch die Beurteilungen der Ausbildungsrichter (aus ihrer täglichen Erfahrung mit dem Rechtspraktikanten) und der Leiter der Übungskurse für Rechtspraktikanten ein. Anhand der Ergebnisse der Übernahmsprüfung sowie nach Maßgabe der budgetären, personellen und räumlichen Möglichkeiten erfolgt eine Verlängerung der Gerichtspraxis zum Zweck der Absolvierung weiterer Ausbildungsstationen.

Der Präsident des jeweiligen Oberlandesgerichts schlägt in weiterer Folge nach Bewerbung um eine freie Planstelle die aus seiner bestgeeignetsten Bewerber für die Planstelle dem Bundesministerium für Justiz vor; dieses nimmt die Endauswahl und die Ernennung zum Richteramtsanwärter vor.

Mit der Ernennung zum Richteramtsanwärter erfolgt die Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst, der grundsätzlich vier Jahre dauert. Die Zeit der Gerichtspraxis als Rechtspraktikant ist in diese Ausbildungszeit einzurechnen. Nach jeder absolvierten Ausbildungsstation gibt der Ausbildner eine schriftliche Beurteilung sowohl über die fachlichen Kenntnisse als auch die persönliche Eignung für den Richterberuf ab. Zusätzlich zur praktischen Tätigkeit wird die Ausbildung durch regelmäßige Ausbildungskurse vertieft.

Am Ende dieser Ausbildung steht die Richteramtsprüfung. Die Richteramtsprüfung besteht im Zivil- und Strafrecht je aus einem schriftlichen Teil, der je Fachbereich längstens zehn Stunden dauern darf. Die mündliche Prüfung dauert mindestens zwei Stunden. Nach bestandener Richteramtsprüfung und einer vierjährigen intensiven Ausbildung. kann sich der Richteramtsanwärter um eine freie Richterplanstelle bewerben.

1.11. Der weitere Verfahrensgang gestaltete sich wie unter Punkt I. dieser Erledigung dargestellt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die vorstehend getroffenen Feststellungen beruhen einerseits auf dem Inhalt des seitens der belangten Sozialversicherungsanstalt vorgelegten Aktes des verwaltungsbehördlichen Verfahrens, andererseits auf den seitens des Beschwerdeführers in Vorlage gebrachten Urkunden und Bestätigung sowie den amtswegig beigeschafften Aktenteilen des Personalaktes des Beschwerdeführers von dessen Zulassung zur Gerichtspraxis bis zur Ernennung zum Richteramtsanwärter. Die Ernennung des Beschwerdeführers zum Richter des Landesgerichtes Linz mit Wirksamkeit vom 01.08.2010 ist in der (öffentlich zugänglichen) Ediktsdatei verlautbar.

2.2. Die Feststellung, dass die Verletzung des Beschwerdeführers nachteilige Folgen auf seinen Verwendungserfolg zeitigte, gründen sich auf die diesbezüglichen schlüssigen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, die einerseits mit dem erstatteten schriftlichen Vorbringen im Wesentlichen übereinstimmten und sich andererseits im Lichte des Amtswissens des Bundesverwaltungsgerichts über die Ausbildungsusancen als plausibel darstellen. Insbesondere ist lebensnah, dass von einem Übernahmswerber im Hinblick auf die angestrebte Position ein hervorragender Einsatz abverlangt wird und dabei nur bedingt auf persönliche Umstände eingegangen wird (dies ergibt sich etwa auch aus dem Merkblatt für Übernahmswerber im OLG-Sprengel Graz, abrufbar auf der Website des OLG Graz unter https://www.justiz.gv.at/web2013/file/2c94848540b9d4890140debdb11d1142.de.0/auswahlverfahren%20%C3%BCbernahmswerber_2016.pdf, wonach die Nichtteilnahme an einzelnen Abschnitten des Auswahlverfahrens unabhängig von der Ursache der Versäumung das Ausscheiden aus dem Auswahlprozess nach sich zieht und demnach etwa auch eine Verhinderung infolge Unfall oder Erkrankung sich zu Lasten des Übernahmswerbers auswirkt).

Hinsichtlich allfälliger Auswirkungen des § 6c Abs. 3 des Univ.-Abgeltungsgesetzes, BGBl. Nr. 463/1974, sind keine Feststellungen zu treffen. Die zitierte Bestimmung, die tatsächlich eine Bevorzugung ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter an Hochschulen in den ersten vier Jahren nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses vorsah, wurde durch § 143 Abs. 6 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, mit 31.12.2003 - allerdings nach Maßgabe des § 132 Abs. 2 Universitätsgesetz 2002, der eine weitere Geltung bis zum Ablauf des jeweiligen Ausbildungsverhältnisses vorsah, außer Kraft gesetzt. Die Bestimmung konnte sich demnach nach dem Ende des Ausbildungsverhältnisses des Beschwerdeführers als wissenschaftlichen Mitarbeiter in Ausbildung an der Universität Linz nicht zu dessen Gunsten auswirken.

2.3. Die unter Punkt 1.9. getroffenen Feststellungen gründen sich einerseits auf den Inhalt des von der belangten Sozialversicherungsanstalt vorgelegten Aktes des verwaltungsbehördlichen Verfahrens, der einen vor Erlassung des Bescheides vom 27.02.2008 angefertigten Versicherungsdatenauszug enthält, woraus die der Gerichtspraxis des Beschwerdeführers vorangehende Beschäftigung bei der Universität Linz ersichtlich ist.

Die weitere Feststellung betreffend die Unkenntnis der belangten Sozialversicherungsanstalt von der bereits eingetretenen Überschreitung der gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen Zeit der Gerichtspraxis zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalles beruht auf den schlüssigen Angaben des Beschwerdeführers und des in der mündlichen Verhandlung befragten XXXX, der Mitarbeiter der belangten Sozialversicherungsanstalt ist. Der in der mündlichen Verhandlung gewonnene Eindruck stimmt auch mit dem Akteninhalt überein, zumal die Frage der Dauer der Gerichtspraxis erst nach der Erlassung des Bescheides vom 18.01.2017 infolge entsprechender Eingaben des Beschwerdeführers thematisiert wurde. Auch der Zeuge verantwortete sich im Ergebnis dahingehend, dass die Frage der Dauer der Gerichtspraxis zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalls erst nach der E-Mail des Beschwerdeführers vom 22.11.2017 zum Gegenstand von Überlegungen wurde.

2.4. Die Feststellungen zum Prozedere bei der Übernahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst folgen einerseits dem Inhalt des beigeschafften Personalaktes des Beschwerdeführers und andererseits den von den Präsidenten der Oberlandesgerichte veröffentlichten Informationen zur Gerichtspraxis. Im OLG-Sprengel Linz wird etwa am Beginn des 6. Monats der Gerichtspraxis für alle Aufnahmewerber ein Test durchgeführt, der Grundlage für eine Verlängerung der Gerichtspraxis ist, der Test besteht derzeit in der Verfassung eines Zivilurteils, das innerhalb von vier Stunden erstellt werden muss (siehe dazu das Informationsblatt des OLG-Sprengel Linz, abrufbar auf der Website des OLG Linz unter https://www.justiz.gv.at/web2013/file/2c94848b4689b3dd0146d700ebc80d5e.de.0/rp-infoblatt-7monate.pdf). Für den OLG-Sprengel Graz sind ähnliche Informationen veröffentlicht und wird auch dort darauf hingewiesen, dass eine Verlängerung der Gerichtspraxis nur "zum Zweck der erfolgversprechenden Teilnahme an den weiteren Stufen des Auswahlverfahrens" erfolgt (siehe dazu das Merkblatt für Übernahmswerber im OLG-Sprengel Graz, abrufbar auf der Website des OLG Graz unter

https://www.justiz.gv.at/web2013/file/2c94848540b9d4890140debdb11d1142.de.0/auswahlverfahren%20%C3%BCbernahmswerber_2016.pdf).

Detaillierte Angaben zum Übernahmeverfahren enthält auch das Merkblatt für Rechtspraktikanten im OLG-Sprengel Innsbruck, abrufbar auf der Website des OLG Innsbruck unter https://www.justiz.gv.at/web2013/file/2c94848542ec4981014371fe4b7c0cc7.de.0/merkblatt.pdf). Auch das Bundesministerium selbst skizziert die Modalitäten der Auswahl vor der Übernahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst in einer entsprechenden öffentlich zugänglichen Publikation mit dem Titel "Der Weg zum Richter/Staatsanwalt - Auswahl, Ausbildung und Ernennung" (diese ist ebenfalls im Internet abrufbar unter https://www.justiz.gv.at/web2013/file/2c94848534e6045f01357b3d19ca04a5.de.0/auswahl.pdf).

2.5. Zwischen den Parteien ist schließlich unstrittig, dass der am 09.08.2007 erlittene Unfall als Arbeitsunfall zu qualifizieren ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes:

3.1.1. Gemäß § 414 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. I Nr. 59/2018, kann gegen Bescheide der Versicherungsträger oder des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz oder des Bundesministers für Gesundheit in Verwaltungssachen und wegen Verletzung ihrer (seiner) Entscheidungspflicht in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Verwaltungssachen sind gemäß § 355 erster Satz ASVG alle nicht gemäß § 354 ASVG als Leistungssachen geltenden Angelegenheiten.

Leistungssachen sind § 354 ASVG zufolge die Angelegenheiten, in denen es sich handelt um

1. die Feststellung des Bestandes, des Umfanges oder des Ruhens eines Anspruches auf eine Versicherungsleistung einschließlich einer Feststellung nach § 367 Abs. 1, soweit nicht hiebei die Versicherungszugehörigkeit (§§ 13 bis 15), die Versicherungszuständigkeit (§§ 26 bis 30), die Leistungszugehörigkeit (§ 245) oder die Leistungszuständigkeit (§ 246) in Frage steht;

2. Feststellung der Verpflichtung zum Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung,

3. Streitigkeiten über Ersatzansprüche der Träger der Sozialhilfe gemäß Abschnitt II des Fünften Teiles;

4. Feststellung von Versicherungs- und Schwerarbeitszeiten außerhalb des Leistungsfeststellungsverfahrens auf Antrag des Versicherten (§ 247),

4a. die Feststellung der Invalidität (§§ 255a, 280a) oder der Berufsunfähigkeit (§ 273a),

5. die Feststellung der Kontoerstgutschrift sowie einer Ergänzungsgutschrift oder eines Nachtragsabzuges (§ 15 APG),

6. die Feststellung des Rechtsanspruches auf berufliche Maßnahmen der Rehabilitation nach § 253e (§ 270a, § 276e).

3.1.2. Der Beschwerdeführer bringt in seinem Rechtsmittel zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes vor, dass ein auf Grundlage des § 101 ASVG ergangener Bescheid nach der bisherigen Rechtsprechung (nur) mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden könne. Seit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 habe sich jedoch die maßgebliche verfassungsrechtliche Lage grundlegend geändert, zumal Art. 94 Abs. 2 B-VG den Bundes- und Landesgesetzgeber explizit dazu ermächtige, anstelle der Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgericht einen Instanzenzug an ein ordentliches Gericht vorzusehen.

Im gegenständlichen Fall habe die belangte Sozialversicherungsanstalt den Antrag des Beschwerdeführers nicht abgewiesen, weil die Voraussetzungen des § 101 ASVG nicht vorliegen würden, sondern weil der vorgebrachte Sachverhalt nicht unter § 180 Abs. 1 ASVG zu subsumieren sei. Die belangte Sozialversicherungsanstalt habe somit bereits im gegenständlichen Verfahren meritorisch über das Leistungsmehrbegehren entschieden und nicht über die Zulässigkeit des Antrages gemäß § 101 ASVG, weshalb eigentlich eine Leistungssache vorliegen würde. Aus Gründen der Vorsicht habe der Beschwerdeführer deshalb bereits Klage beim Arbeits- und Sozialgericht Wien erhoben.

3.1.3. Der Verfassungsgerichthof hat in seiner Entscheidung vom VfSlg. 13.824/1994 zur Zuständigkeit des Landeshauptmannes zur Entscheidung über den Einspruch gegen einen den Antrag auf rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes bei Geldleistungen festgehalten, dass die Herstellung des gesetzlichen Zustandes gedanklich in zwei Akte zerlegt werden kann. Einerseits die Entscheidung, dass der gesetzliche Zustand wegen eines wesentlichen Irrtums über den Sachverhalt oder eines offenkundigen Versehens herzustellen ist (dies stellt eine Verwaltungssache dar), und andererseits die Herstellung dieses Zustandes selbst (die stellt eine Leistungssache dar). Der Verfassungsgerichtshof hält im gegebene Zusammenhang auch fest, dass die und die Feststellung eines wesentlichen Irrtums oder eines offenkundigen Versehens noch nicht notwendig auch schon die Entscheidung über den herzustellenden gesetzlichen Zustand impliziert. Im Verwaltungsverfahren habe sich die Entscheidung daher auf die Frage der Zulässigkeit der Herstellung des gesetzlichen Zustandes zu beschränken und dem Sozialversicherungsträger bejahendenfalls die Herstellung durch Erlassung eines neuen Leistungsbescheides aufzutragen.

Für das gegenständliche Verfahre ist nunmehr zunächst relevant, der Spruch des angefochtenen Bescheides explizit auf § 101 ASVG gestützt ist und als Gegenstand des normativen Abspruches der Antrag des Beschwerdeführers auf Herstellung des gesetzlichen Zustandes vom 22.11.2017 angesprochen wird. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes ist schon deshalb - im Sinn der vorstehenden Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes und der §§ 345 und 355 ASVG - von einer Verwaltungssache auszugehen, die gemäß § 414 ASVG der Kognition des Bundesverwaltungsgerichtes im Fall der Erhebung eines Rechtsmittels unterliegt. Der Verwaltungsgerichtshof ist dem in einem rezenten Beschwerdeverfahren nicht entgegengetreten (siehe dazu den Beschluss vom 13.09.2017, Ra 2016/08/0174, in diesem Sinn auch ausdrücklich VwGH 12.09.2012, Zl. 2009/08/0090; 22.01.2003, Zl. 2003/08/0003). Das Bundesverwaltungsgericht vertritt daher die Auffassung, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 an der hier für die Zuständigkeit maßgeblichen Rechtslage - im Ergebnis - nichts geändert hat. Fellinger lässt die Frage in Mosler/Müller/Pfeil, SV-Komm § 101 ASVG Rz 6, im Übrigen im Ergebnis unbeantwortet.

Die Sache des Beschwerdeverfahrens besteht in der Überprüfung, ob die Voraussetzungen des § 101 ASVG gegeben sind. Über den Bestand, den Umfang oder das Ruhens eines Anspruches auf eine Versicherungsleistung hat das Bundesverwaltungsgericht nicht zu entscheiden. Die Kognitionsbefugnis beschränkt sich im gegenständlichen Fall darauf, der belangten Sozialversicherungsanstalt (allenfalls) die Erlassung eines neuen Leistungsbescheids aufzutragen. Dieser kann freilich - sofern er Anlass dazu geben sollte - mit Klage nach Maßgabe der §§ 65 ff ASGG bekämpft werden.

Der Beschwerdeführer ist nun mit seinem Vorbringen im Recht, dass die belangte Sozialversicherungsanstalt sich im angefochtenen Bescheid mit den Voraussetzungen des § 101 ASVG gar nicht erst näher auseinandergesetzt hat und vielmehr gleich die vom Beschwerdeführer begehrte Heranziehung einer höheren Bemessungsgrundlage für die Bemessung der ihm gebührenden Leistungen verneint. Der Bescheid erweckt damit ob der herangezogenen Begründung den Eindruck, dass es sich um einen Leistungsbescheid handeln würde. Tatsächlich kommt indes der Begründung eines Bescheides keine normative Wirkung zu (vgl. VwGH 20.05.2015, Zl. 2012/10/0113) und vermag somit die Begründung des angefochtenen Bescheides auch nicht eine Leistungssache und damit einen Rechtszug zu den ordentlichen Gerichten zu konstituieren. Aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides geht nämlich - wie bereits erörtert - eindeutig hervor, dass die belangte Sozialversicherungsanstalt über den Antrag des Beschwerdeführers auf Herstellung des gesetzlichen Zustandes vom 22.11.2017 absprechen wollte und demnach eine Verfahren in einer Verwaltungssache geführt wurde.

3.1.4. Dessen ungeachtet hat bereits der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 13.824/1994 darauf hingewiesen, dass ein Verfahren gemäß § 101 ASVG in einer engen Beziehung mit einem Verfahren in Leistungsangelegenheiten steht.

Wie unten sogleich zu erörtern sein wird, muss im Fall eines Irrtumes über den Sachverhalt für die Begründetheit eines Antrages gemäß § 101 ASVG nicht nur ein solcher Irrtum festgestellt werden. Der Irrtum muss auch wesentlich sein, wobei ein Irrtum dann als wesentlich im Sinn des § 101 ASVG anzusehen ist, wenn er für die rechtliche Beurteilung des den Gegenstand des Verwaltungsverfahrens bildenden Leistungsanspruches Bedeutung erlangt und sich der richtiggestellte Sachverhalt rechtlich dahin auswirkt, dass die geforderte Geldleistung zuzuerkennen wäre (VwGH 29.06.1999, Zl. 97/08/0588). Der seinerzeitige Irrtum muss dafür kausal sein, dass die Leistung zu Unrecht verweigert wurde. Führen zunächst außer Acht gelassene Tatsachen nicht dazu, dass die Anspruchsvoraussetzungen am Stichtag vorlagen, dann ist ein Antrag gemäß § 101 ASVG abzuweisen (VwGH 28.03.2012, Zl. 2012/08/0047).

Die Frage der Auswirkung des Irrtums auf die Leistungsebene kann demgemäß in einem Verfahren gemäß § 101 ASVG niemals gänzlich ausgeklammert werden, zumal eben ein Irrtum, der für die (richtige) rechtliche Beurteilung des den Gegenstand des Verwaltungsverfahrens bildenden Leistungsanspruches gar keine Bedeutung erlangen würde, gar nicht zum Erfolg eines Antrages gemäß § 101 ASVG führen kann. Insoweit sind die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Bedenken nicht von der Hand zu weisen. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes geht freilich die Prüfung, ob der unterlaufene Irrtum bei der Bemessung der Leistungshöhe von Bedeutung sein kann, nicht über Beurteilung einer Vorfrage hinaus und wäre ein ordentliches Gericht - welches nach Erlassung eines neuen Leistungsbescheides jedenfalls angerufen werden kann - an die entsprechende Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht gebunden.

Im gegenständlichen Fall ist daher keinesfalls ausgeschlossen, dass die belangte Sozialversicherungsanstalt einen im Spruch mit ihrem Bescheid vom 18.01.2017 identen Bescheid neuerlich erlässt und die Frage der Begründetheit des Vorbringens des Beschwerdeführers im Hinblick auf die heranzuziehende Bemessungsgrundlage dermaßen einer Überprüfung im Rechtsmittelweg zugänglich macht. Vor dem Hintergrund der dem ASVG (bzw. dem ASGG) nach wie vor innewohnenden Differenzierung im Rechtsmittelzug wäre eine solche Vorgehensweise auch systematisch richtig, zumal damit eben der in Leistungsangelegenheiten zuständige Instanzenzug bemüht würde (siehe dazu bereits VwGH 07.08.2002, Zl. 99/08/0096; OGH 16.03.2004, 10 Ob S 357/02a).

3.1.5. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt jedoch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes auch, dass im gegenständlichen Verfahren keine strengen Maßstäbe an bei der Beurteilung der Frage der Wesentlichkeit des der belangten Sozialversicherungsanstalt unterlaufenen Irrtums anzulegen sind. Die Frage, ob sich der richtiggestellte Sachverhalt dahingehend auswirken würde, dass die geforderte Geldleistung zuzuerkennen wäre, ist im gegenständlichen Fall nämlich in hohem Maße strittig und durch die vorliegende Rechtsprechung der Höchstgerichte keinesfalls geklärt. In diesem Fall dient das gegenständliche Verfahren nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes vorranging dem Zweck, eine Thematisierung dieser strittigen Rechtsfrage im zuständigen Instanzenzug zu ermöglichen. Wohl ist sogleich in Anbetracht der bislang zu § 101 ASVG ergangenen Rechtsprechung eine dahingehende Prognose anzustellen, jedoch kann es - in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen zur Zuständigkeit - nicht Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes sein, die zuständigen ordentlichen Gerichte in der vollständigen Vorwegnahme der Beurteilung der hier strittigen Rechtsfrage zu präjudizieren.

Im gegebene Zusammenhang ist schließlich festzuhalten, dass die sukzessive Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in Leistungssachen erst aufgrund der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK erforderlich wurde (siehe dazu EGMR U 29.05.1986, Feldbrugge gegen Niederlande, Nr. 8562/79; U 29.05.1986, Deumeland gegen Deutschland, Nr. 9384/81). Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 wurden nun Verwaltungsgerichte mit Tribunalqualität und voller Kognitionsbefugnis im Tatsachenbereit eingerichtet. Die von Fellinger vollkommen zutreffend als wünschenswert angesehen Vereinheitlichung des Rechtsschutzes kann daher ebenso gut in einer Konzentration der Verfahren bei den Verwaltungsgerichten bestehen. Eine alleinige Zuständigkeit des Sozialgerichts ist gerade aufgrund der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 keinesfalls zwingend.

Zur Klarstellung der Frage der Zuständigkeit wird schließlich die Revision zugelassen (siehe dazu unten B).

3.2. In der Sache:

3.2.1. Gemäß § 101 ASVG ist mit Wirkung vom Tage der Auswirkung des Irrtums oder Versehens der gesetzliche Zustand herzustellen, wenn sich nachträglich ergibt, dass eine Geldleistung bescheidmäßig infolge eines wesentlichen Irrtums über den Sachverhalt oder eines offenkundigen Versehens zu Unrecht abgelehnt, entzogen, eingestellt, zu niedrig bemessen oder zum Ruhen gebracht wurde.

Befand sich der Versicherte zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalles noch in einer Berufs- oder Schulausbildung, so wird § 180 Abs. 1 ASVG zufolge von dem Zeitpunkt ab, in dem die begonnene Ausbildung voraussichtlich abgeschlossen gewesen wäre, die Bemessungsgrundlage jeweils nach der Beitragsgrundlage errechnet, die für Personen gleicher Ausbildung durch Kollektivvertrag festgesetzt ist oder sonst von ihnen in der Regel erreicht wird; hiebei sind solche Erhöhungen der Beitragsgrundlage nicht zu berücksichtigen, die der Versicherte erst nach Vollendung seines 30. Lebensjahres erreicht hätte.

Die Bestimmung des § 180 Abs. 1 ASVG ist gemäß § 180 Abs. 2 ASVG entsprechend für Versicherte anzuwenden, die zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalles noch nicht 30 Jahre alt waren, sofern die Errechnung der Bemessungsgrundlage auf diese Art für den Versicherten günstiger ist.

3.2.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 101 ASVG liegt ein Irrtum über den Sachverhalt dann vor, wenn der Sozialversicherungsträger Sachverhaltselemente angenommen hat, die mit der Wirklichkeit zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht übereinstimmten. Die Voraussetzungen des § 101 ASVG sind auch dann erfüllt, wenn der für die rechtliche Beurteilung maßgebliche Sachverhalt im seinerzeitigen Verfahren nicht ermittelt worden ist oder Fehleinschätzungen auf tatsächlicher Ebene (etwa durch eine unrichtige Befundaufnahme) vorliegen. Es müssen nicht sämtliche Tatbestandsmerkmale eines Anspruchs vom Irrtum betroffen sein (VwGH 13.09.2017, Ra 2016/08/0174 mwN).

Der Irrtum ist dann als wesentlich im Sinn des § 101 ASVG anzusehen, wenn er für die rechtliche Beurteilung des den Gegenstand des Verwaltungsverfahrens bildenden Leistungsanspruches Bedeutung erlangt. Der seinerzeitige Irrtum muss dafür kausal sein, dass die Leistung zu Unrecht verweigert wurde (VwGH 28.03.2012, Zl. 2012/08/0047). Führen zunächst außer Acht gelassene Tatsachen nicht dazu, dass die Anspruchsvoraussetzungen am Stichtag vorlagen, dann ist ein Antrag gemäß § 101 ASVG abzuweisen (VwGH 26.05.2004, Zl. 2001/08/0030).

Im gegenständlichen Fall hat das Beweisverfahren eindeutig ergeben, dass die belangte Sozialversicherungsanstalt zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 27.02.2008, womit dem Beschwerdeführer eine Gesamtvergütung in der Höhe des voraussichtlichen Rentenaufwandes gemäß § 209 Abs. 2 ASVG im Betrag von EUR 2.013,94 zuerkannt und als Bemessungsgrundlage der Betrag von EUR 18.174,58 festgestellt wurde, in Unkenntnis darüber, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalles die gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen Zeit der Gerichtspraxis überschritten hatte und die längere Zulassung zur Gerichtspraxis zum Zweck der Aufnahme des Beschwerdeführers in den richterlichen Vorbereitungsdienst nach positiver "Übernahmsprüfung" im Fall der weiteren praktischen Bewährung erfolgte.

Der für die rechtliche Beurteilung erforderliche Sachverhalt wurde demnach nicht vollständig ermittelt (die Verschuldensfrage kann in Anbetracht des § 101 ASVG dahingestellt bleiben - wobei anzumerken ist, dass einerseits der Beschwerdeführer seinerzeit selbst kein dahingehendes Vorbringen tätigte, andererseits jedoch in Anbetracht der Dauer der Beschäftigung als Rechtspraktikant zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalls auch objektiv erkennbar war, dass die Gerichtspraxis über die gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen Zeit hinaus verlängert wurde. Dass die Gerichtspraxis für Personen die nicht "Übernahmswerber" sind, sohin die Übernahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst anstreben, verlängert wird, ist dermaßen unüblich, dass eine längere als die als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis notwendige Zeit bei einer objektiven Betrachtung der Sachlage jedenfalls Anlass für weitere Nachforschungen darstellen sollte). Das für die Heranziehung des § 101 ASVG zunächst erforderliche Tatbestandsmerkmal eines Irrtums über den Sachverhalt ist sohin gegeben.

3.2.3. In einem weiteren Schritt ist daher zu prüfen, ob dieser Irrtum als wesentlich im Sinn des § 101 ASVG anzusehen ist, mithin kausal für eine zu niedrig festgestellte Bemessungsgrundlage war. Der Beschwerdeführer beruft sich dazu insbesondere auf § 180 ASVG und dass bei Anwendung dieser Bestimmung richtigerweise das Gehalt eines Richteramtsanwärters ohne Prüfung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen wäre. Hiezu sind folgende Erwägungen maßgeblich:

3.2.4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hat die besondere Bemessungsgrundlage in § 180 ASVG hat Zweck, die Unterversorgung jüngerer Unfallopfer zu vermeiden. Trifft der Unfall einen Versicherten in jungen Jahren, wird er nur eine niedrige Beitragsgrundlage haben, die sich bis an sein Lebensende nicht verändern könnte. Es soll daher eine fiktive Bemessungsgrundlage gebildet werden, der der kollektivvertragliche oder tatsächlich regelmäßig erzielbare Lohn zugrunde zu legen ist, den Personen mit gleicher Ausbildung bis zum 30. Lebensjahr erzielen können; auf diese Weise soll jugendlichen Versehrten eine einigermaßen akzeptable Rentenhöhe gewährleistet werden (RIS-Justiz RS0109876).

In Anbetracht des erörterten Normzwecks ist die Heranziehung des § 180 Abs. 1 ASVG im gegenständlichen Fall aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht nur sachgerecht, sondern geboten.

Bei der Gerichtspraxis handelt es sich ohne jeden Zweifel um ein Ausbildungsverhältnis, welches Personen, die die vorgesehene wissenschaftliche Berufsvorbereitung für einen Beruf abgeschlossenen haben und für den die Gerichtspraxis gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist, die Möglichkeit verschafft, ihre Berufsvorbildung durch eine Tätigkeit in der Gerichtsbarkeit fortzusetzen und dabei ihre Rechtskenntnisse zu erproben und zu vertiefen (§ 1 Abs. 1 Rechtspraktikantengesetz [RPG], BGBl. Nr. 644/1987 idF BGBl. I Nr. 32/2018). Die Gerichtspraxis ist insoweit etwa mit dem Unterrichtspraktikum (§ 1 Abs. 1 Unterrichtspraktikumsgesetz) oder der Basisausbildung von Ärzten gemäß § 6 Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2015 zu vergleichen.

Da ein Rechtsanspruch auf Zulassung zur Gerichtspraxis nur im zeitlichen Umfang besteht, der gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist (siehe dazu § 2 Abs. 1 Z. 5 Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz [RStDG], BGBl. Nr. 305/1961 idF BGBl. I Nr. 60/2018, § 2 Abs. 2 Rechtsanwaltsordnung, RGBl. Nr. 96/1868 idF BGBl. I Nr. 32/2018, und § 117a Abs. 2 Notariatsordnung, RGBl. Nr. 75/1871 idF BGBl. I Nr. 58/2018; derzeit sieben Monate) und eine Verlängerung unter Vorbehalt steht, ist außerdem evident, dass die Gerichtspraxis keine dauernde Verwendung begründet, sondern nur eine der Ausbildung in einem der genannten juristischen Berufe vorgelagerte Station darstellt.

Der Ausbildungsbeitrag im Ausmaß von 50% des Monatsentgelts einer Vertragsbediensteten oder eines Vertragsbediensteten während der Ausbildungsphase (derzeit beträgt der Ausbildungsbeitrag EUR 1.318,95 brutto pro Monat), verdeutlicht den Charakter der Gerichtspraxis als Ausbildungsverhältnis. Dass dieser Ausbildungsbeitrag gerade bei Personen, deren Gerichtspraxis zum Zweck der anschließenden Übernahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst keine adäquate Abgeltung der erbrachten Leistungen darstellt, bedarf aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keiner näheren Erörterung.

Ausgehend von der eingangs zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kann daher schon vor einem Eingehen auf den hier relevanten Sachverhalt festgehalten werden, dass ein Arbeitsunfall während der Gerichtspraxis zu einer niedrigen Bemessungsgrundlage führt (da die Beitragsgrundlage entsprechend niedrig ist), die Beitragsgrundlage jedoch nicht die Verhältnisse des Verunfallten abbildet, da in der anschließenden weiteren Verwendung als Richteramtsanwärter bzw. Richter, als Rechtsanwaltsanwärter bzw. Rechtsanwalt oder als Notariatskandidat bzw. Notar regelmäßig ein wesentlich höheres Einkommen erzielt wird und die niedrige Beitragsgrundlage letztlich vorrangig auf budgetäre Erwägungen zurückgeht. Ein Arbeitsunfall während der Gerichtspraxis birgt daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes regelmäßig die Gefahr einer Unterversorgung, sodass § 180 Abs. 1 ASVG, der diese Erscheinung hintanhalten soll, hier einen sachgerechten Ausgleicht darstellt.

3.2.5. In Ansehung des hier entscheidungswesentlichen Sachverhalts gebietet sich dieser Schluss aus mehreren Gründen umso mehr:

Vorauszuschicken ist, dass die Rechtsstellung eines Rechtspraktikanten, der die Übernahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst anstrebt (und dies förmlich gemäß § 2 Abs. 3 RPG erklärt), eine besondere ist. Sie sind zur Teilnahme an Übungskursen verpflichtet (§ 7 RPG), für ihre Beurteilung gilt bereits § 12 RiStDG (§ 8 Abs. 2 RPG). Auf dem Erlasswege ist außerdem geregelt, dass die beabsichtigte Übernahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst ein Grund für die Bewilligung einer Verlängerung der Gerichtspraxis ist (als weiterer Grund ist lediglich das Vorliegen eines sozialen oder familiären Härtefalles formuliert; siehe dazu den Erlass vom 12.05.2012, BMJ-Pr599.00/0005-Pr 6/2012, über die Verlängerungspraxis der Rechtspraktikantinnen und Rechtspraktikanten; Aufnahmepraxis in den richterlichen Vorbereitungsdienst).

Ferner ist vorauszuschicken, dass sich in der Verwaltungspraxis bei der Übernahme von Aufnahmewerbern in den richterlichen Vorbereitungsdienst die Durchführung schriftlicher und mündliche Prüfungen (sogenannte "Übernahmsprüfung") in jedem Übernahmeverfahren etabliert hat. Für diese "Übernahmsprüfung" besteht zwar keine explizite gesetzliche Grundlage, dennoch hat sich diese Vorgehensweise faktisch etabliert und wird dies auch öffentlich dargetan (vgl. etwa ausführlich das Merkblatt für Rechtspraktikanten im OLG-Sprengel Innsbruck, abrufbar auf der Website des OLG Innsbruck unter https://www.justiz.gv.at/web2013/file/2c94848542ec4981014371fe4b7c0cc7.de.0/merkblatt.pdf). Im OLG-Sprengel Linz wird explizit ausgeführt, dass am Beginn des 6. Monats der Gerichtspraxis für alle Aufnahmewerber ein Test durchgeführt wird, der Grundlage für eine Verlängerung der Gerichtspraxis ist, der Test besteht in der Verfassung eines Zivilurteils, das innerhalb von vier Stunden erstellt werden muss (siehe dazu das Informationsblatt für Rechtspraktikanten/innen im OLG-Sprengel Linz, abrufbar auf der Website des OLG Linz unter https://www.justiz.gv.at/web2013/file/2c94848b4689b3dd0146d700ebc80d5e.de.0/rp-infoblatt-7monate.pdf). Für den OLG-Sprengel Graz sind ähnliche Informationen veröffentlicht und wird auch dort darauf hingewiesen, dass eine Verlängerung der Gerichtspraxis nur "zum Zweck der erfolgversprechenden Teilnahme an den weiteren Stufen des Auswahlverfahrens" erfolgt (siehe dazu das Merkblatt für Übernahmswerber im OLG-Sprengel Graz, abrufbar auf der Website des OLG Graz unter

https://www.justiz.gv.at/web2013/file/2c94848540b9d4890140debdb11d1142.de.0/auswahlverfahren%20%C3%BCbernahmswerber_2016.pdf).

Diese Praxis führt dazu, dass die bereits die Zurücklegung der sogenannten "Übernahmeprüfung" - die fallbezogen zunächst zu einer Verlängerung der Gerichtspraxis führte, was im Einklang mit der bundesweit üblichen Vorgehensweise steht - die hohe Wahrscheinlichkeit einer (tatsächlichen) Übernahmen in den richterlichen Vorbereitungsdienst begründet, zumal vor der Ernennung zum Richteramtsanwärter keine verbleibaren (insbesondere keine schriftlichen) Prüfungen mehr erfolgen.

Ausgehend davon erweist sich der Standpunkt des Beschwerdeführers als zutreffend, dass bereits die (erstmalige) Verlängerung der Gerichtspraxis am 28.02.2007 "zwecks allfälliger Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst" die hohe Wahrscheinlichkeit der Ernennung zum Richteramtsanwärter begründete. Dass Unwägbarkeiten wie etwa die Planstellensituation oder ein unterschiedlicher Verwendungserfolg oder andere Aspekte der Entscheidungsfindung einzelfallbezogen zu einer früheren bzw. späteren Ernennung von "verlängerten" Rechtspraktikanten zum Richteramtsanwärter führen konnten, ändert nichts daran, dass die erfolgte Verlängerung "zwecks allfälliger Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst" eine hohe Ernennungswahrscheinlichkeit begründete und - wie gerade im gegenständlichen Fall ersichtlich ist - auch dazu führte, dass aufgrund der hohen Aussicht auf die Ernennung die betreffenden Aufnahmewerber wie etwa der Beschwerdeführer eine mehrfache Verlängerung der Gerichtspraxis (verbunden mit einem durchaus beachtlichen Entgang an Einkommen) in Kauf nahmen, um die Ernennung abzuwarten (im Fall einer nur eventuell möglichen Ernennung wäre gerade ein solches Verhalten nicht zu erwarten, wobei im Fall des Beschwerdeführers auffällt, dass auch andere, gemeinsam mit ihm am 28.02.2007 erstmals "verlängerte" Rechtspraktikanten erst gemeinsam mit dem Beschwerdeführer zum Richteramtsanwärter ernannt wurden).

Von wesentlicher Bedeutung ist im gegebenen Zusammenhang auch, dass gemäß § 15 RStDG die vor der Ernennung zum Richteramtsanwärter zurückgelegte Praxis als Rechtspraktikant ganz oder teilweise in den Ausbildungsdienst als Richteramtsanwärter einzurechnen ist, soweit durch diese Praxis eine den Zwecken des Ausbildungsdienstes entsprechende Verwendung und Ausbildung des Richteramtsanwärters gewährleistet ist. Mit dieser Bestimmung bringt der Gesetzgeber zunächst zum Ausdruck, dass er (auch) die Zeit einer zum Zweck der Übernahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst verlängerten Gerichtspraxis bei entsprechender Verwendung und Ausbildung der als Richteramtsanwärter zurückgelegten Dienstzeit als gleichwertig ansieht. In Ansehung des Beschwerdeführers führte dies dazu, dass er nach der Ernennung zum Richteramtsanwärter vergleichsweise rasch zum Richter ernannt wurde, da der überwiegende Teil des vierjährigen Ausbildungsdienstes von ihm infolge einer entsprechenden Anrechnung bereits als "verlängerter" Rechtspraktikant zurückgelegt wurde. Es kann daher auch nicht schlechthin davon gesprochen werden, dass die verlängerte Gerichtspraxis (bzw. die Gerichtspraxis per se) für die folgende Ausbildung zum Richter bedeutungslos wäre, sieht doch der Gesetzgeber - wie soeben erörtert - unter Voraussetzungen eine Gleichwertigkeit an und war diese im Fall des Beschwerdeführers auch tatsächlich gegeben. Im Ergebnis hatte die Ausbildung zum Richter spätestens mit der am 27.02.2007 verfügten Verlängerung der Gerichtspraxis des Beschwerdeführers bereits begonnen, was auch der gängigen Verwaltungspraxis entspricht. Bei einer Gesamtbetrachtung legte der Beschwerdeführer - wie vorstehend bereits erwähnt - den überwiegenden Teil der Zeit seiner richterlichen Ausbildung als Rechtspraktikant zurück. Vor diesem Hintergrund wäre es nahezu absurd zu behaupten, dass die Tätigkeit als Rechtspraktikant nicht schon der Ausbildung im Hinblick auf die Ernennung zum Richteramtsanwärter und in weiterer Folge zum Richter dienen würde, ordnet doch § 15 RStDG gerade das Gegenteil an. Zwar ist die belangte Sozialversicherungsanstalt mit ihrem - erstmals in der Replik zur Beschwerde vorgetragenen Argument - im Recht, dass die Rücklegung der Gerichtspraxis an sich nicht in jedem Fall die Übernahmen in den richterlichen Vorbereitungsdienst nach sich zieht. Dabei wird allerdings auf Sachverhaltsebene übersehen, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalls bereits den wesentlichen Aufnahmeschritt der sogenannten "Übernahmsprüfung" erfolgreich zurückgelegt hat und ihm im Ergebnis in seinem Vorbringen zu folgen ist, dass er lediglich die Ernennung zum Richteramtsanwärter abzuwarten hatte.

3.2.6. § 180 Abs. 1 ASVG ist zunächst unabhängig vom Alter anzuwenden (Müller in Mosler/Müller/Pfeil, SV-Komm § 180 ASVG Rz 2). Die entgegenstehende Ansicht der belangten Sozialversicherungsanstalt im angefochtenen Bescheid ist nicht nachvollziehbar.

Der Begriff der Berufsausbildung setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass eine Ausbildung im Hinblick auf den zukünftigen Beruf vorgenommen wird. Wesentlich für den Begriff der Berufsausbildung ist, welches Berufsziel der Versicherte zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls angestrebt hat (OGH 28.04.1998, 10 Ob S 420/97f). Fallbezogen stand der Beschwerdeführer in einer Berufsausbildung, zumal er die Gerichtspraxis im Hinblick auf die Übernahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst verrichtete und gemäß § 2 Abs. 1 Z. 5 RStDG auch zu verrichten hatte. Ferner bedarf es keiner weiteren Erörterung, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalls die Ernennung zum Richteramtsanwärtern anstrebte, erklärte er dies doch bereits zum Antritt der Gerichtspraxis am 01.06.2006 sowie im Gesuch um Zulassung.

Der Beschwerdeführer hätte zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalls mit dem von ihm bereits erworbenen Wissensstand auch bereits zum Richteramtsanwärter ernannt werden können, zumal er die formalen Erfordernisse des § 2 RDG in der damals anzuwendenden Fassung BGBl. BGBl. I Nr. 53/2007 allesamt erfüllte und von der ihn im Februar 2007 begutachtenden Kommission auch als grundsätzlich persönlich und fachlich für die mit der Ausübung des richterlichen Amtes verbundenen Aufgaben geeignet angesehen wurde. Eine Ernennung wäre bereits mit dem 01.03.2007 möglich gewesen. Der Beschwerdeführer hätte damit auch keine weiteren Zusatzkenntnisse erwerben müssen, um das Berufsziel Richteramtsanwärter zu erreichen (siehe dazu OGH 28.04.1998, 10 Ob S 82/98a). Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge ist im Übrigen auch damit zu rechnen, dass Aufnahmewerber vor Vollendung des 30. Lebensjahres zum Richteramtsanwärter ernannt werden. In Ansehung des Beschwerdeführers traf dies nur deshalb nicht zu, weil er zuvor mehrere Jahre als Universitätsassistent erwerbstätig war. Würde ihm dieser Umstand im gegebenen Zusammenhang zum Nachteil ausgelegt, würde dies eine unsachliche Schlechterstellung des Beschwerdeführers bewirken, was zu vermeiden ist. In Anbetracht dessen ist - entgegen der Argumentation des angefochtenen Bescheids - auch nicht von Relevanz, wann der Beschwerdeführer zur Richteramtsprüfung hätte antreten können.

Dass die Gerichtspraxis als Berufsausbildung im Hinblick auf das Berufsziel Richteramtsanwärter anzusehen ist, ergibt sich nicht nur aus der Notwendigkeit der Zurücklegung derselben als Ernennungsvoraussetzung (im Gegensatz etwa zur Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter, die die Gerichtspraxis nicht voraussetzt, siehe dazu § 30 RAO). Der Gesetzgeber spricht in § 1 Abs. 1 RPG selbst davon, dass die Gerichtspraxis den Personen, für den die Gerichtspraxis gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist, die Möglichkeit geben soll, ihre Berufsvorbildung durch eine Tätigkeit in der Gerichtsbarkeit fortzusetzen und dabei ihre Rechtskenntnisse zu erproben und zu vertiefen. Da die Gerichtspraxis als Ernennungsvoraussetzung beim Richteramtsanwärter vorgesehen ist, bringt der Gesetzgeber somit in § 1 Abs. 1 RPG klar zum Ausdruck, die Gerichtspraxis als Ausbildungszeit im Hinblick auf die Ernennung zum Richteramtsanwärter anzusehen.

In Anbetracht des Wortlautes von § 180 ASVG ist schließlich bedeutungslos, dass das Berufsziel Richteramtsanwärter nur ein Karriereschritt auf dem Weg zu einem weiteren beruflichen Ziel des Beschwerdeführers war - nämlich nach Absolvierung der Richteramtsprüfung zum Richter ernannt zu werden.

3.2.7. Zusammenfassend ergibt sich, dass aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Voraussetzungen des § 180 Abs.1 ASVG in Ansehung des Beschwerdeführers gegeben sind, da die zum Zweck der allfälligen Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst nach Zurücklegung der "Übernahmsprüfung" verlängerte Gerichtspraxis als Berufsausbildung im Hinblick auf die Tätigkeit als

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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