TE Vwgh Beschluss 2019/1/30 Ra 2019/10/0002

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Veröffentlicht am 30.01.2019
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Index

19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
72/01 Hochschulorganisation;

Norm

AVG §1;
AVG §56 impl;
AVG §56;
AVG §63 Abs2;
MRK Art6;
UniversitätsG 2002 §103 Abs1;
UniversitätsG 2002 §103 Abs4;
UniversitätsG 2002 §103 Abs9;
UniversitätsG 2002 §7 Abs1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2019/10/0006 B 30. Januar 2019

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, BSc, über die Revision der Mag. M B in W, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 8. November 2018, Zl. W227 2133667-1/12E, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Erteilung der Lehrbefugnis (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Rektorat der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 8. November 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht - im Beschwerdeverfahren - einen Antrag der Revisionswerberin vom 24. November 2014 auf Erteilung der Lehrbefugnis für das Fach "Korrepetition" gemäß § 103 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 - UG zurück.

2 Dem legte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen zugrunde, der Antrag der Revisionswerberin sei auf die Verleihung einer Lehrbefugnis für das Fach Solo- und Klassenkorrepetition im Rahmen des Instrumentalunterrichts gerichtet, was diese im gesamten Verfahren nicht in Abrede gestellt habe.

3 An der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (MDW) sei kein Fach für Solo- und Klassenkorrepetition im Rahmen des Instrumentalunterrichts eingerichtet. Das an der MDW eingerichtete Diplomstudium "Dirigieren", welches in die Studienzweige "Orchesterdirigieren", "Chordirigieren" und "Korrepetition" gegliedert sei, sei als "Opernkorrepetition im Dirigierstudium" zu verstehen.

4 Die zuletzt wiedergegebenen Feststellungen mit Blick auf den "Wirkungsbereich" (vgl. § 103 Abs. 1 zweiter Satz UG) der MDW stützte das Verwaltungsgericht beweiswürdigend insbesondere auf ein eingeholtes Gutachten des Fachvertreters Univ.-Prof. M., ein Gutachten von o. Univ.-Prof. L. sowie ein Gutachten von Prof. C. im Zusammenhang mit Ausführungen der MDW; diesen vom Verwaltungsgericht als schlüssig erachteten Beweismitteln erkannte es (erkennbar) höheren Beweiswert zu als einer im Kern wiedergegebenen, von der Revisionswerberin vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme von Dr. Sch. (vgl. S. 4 des Erkenntnisses).

5 In rechtlicher Hinsicht begründete das Verwaltungsgericht die von ihm bestätigte Zurückweisung des Habilitationsantrags der Revisionswerberin im Wesentlichen damit, dass die beantragte Lehrbefugnis nicht in den "Wirkungsbereich der Universität" nach § 103 Abs. 1 zweiter Satz UG falle. Dieser Wirkungsbereich ergebe sich daraus, dass Fächer an der Universität bereits gelehrt würden oder in diesen Fächern Forschung betrieben werde (Hinweis u.a. auf § 7 Abs. 1 UG). Anders als nach der Rechtslage vor der UG-Novelle 2009 (BGBl. I Nr. 81/2009) genüge es nicht mehr, dass die beantragte Lehrbefugnis den Wirkungsbereich der Universität "sinnvoll ergänze"; die entsprechende Wortfolge sei durch die genannte Novelle aus dem Gesetz gestrichen worden (Hinweis auf Rainer in Perthold-Stoitzner, UG3 Rz 7 zu § 103).

6 Zwar habe das Rektorat den Habilitationsantrag am 25. November 2014 an den Senat weitergeleitet, der am 17. Dezember 2014 die Zusammensetzung der Habilitationskommission und darüber hinaus beschlossen habe, dass noch eine inhaltliche Klärung des Begriffs "Korrepetition" zu erfolgen habe. Daraus sei allerdings - entgegen der Rechtsauffassung der Revisionswerberin - eine Bejahung der Zuständigkeit durch das Rektorat nicht abzuleiten, weil die erfolgte Weiterleitung an den Senat lediglich eine Verfahrensanordnung darstelle, welche nicht die an Bescheide geknüpften Rechtsfolgen nach sich ziehe (Hinweis zu Verfahrensordnungen allgemein etwa auf VwGH 27.6.1995, 95/20/0047).

7 Nach der hg. Rechtsprechung habe für die Abgrenzung eines wissenschaftlichen (hier: künstlerischen) Fachs die im Wissenschaftsbetrieb unangefochtene vorherrschende Gesamtauffassung der beteiligten Fächer bzw. ihrer Vertreter entscheidende Bedeutung (Hinweis u.a. auf VwGH 16.6.2009, 2007/10/0182). Da sich der Habilitationsantrag der Revisionswerberin auf ein Fach beziehe, welches an der MDW zum (nach § 7 Abs. 1 UG) relevanten Stichtag 30. September 2002 und danach nicht eingerichtet sei, habe die belangte Behörde den Antrag zu Recht zurückgewiesen.

8 Eine Verhandlung habe gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen können, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lasse (Hinweis u.a. auf VwGH 24.4.2018, Ra 2017/10/0137).

9 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 3.1. Die Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision rügen zunächst, das Verwaltungsgericht habe trotz mehrmaligen Antrags auf Durchführung einer Verhandlung und Zeugennennung keine mündliche Verhandlung durchgeführt; diese wäre zur Klärung der Frage, ob das Fach "Korrepetition" existiere oder nicht, notwendig gewesen. In diesem Zusammenhang behauptet die Revisionswerberin (unter anderem) eine Verletzung des Art. 6 EMRK.

13 Dazu ist festzuhalten, dass Entscheidungen im Habilitationsverfahren nicht als solche über zivilrechtliche Ansprüche ("civil rights") im Sinn des Art. 6 EMRK zu qualifizieren sind (vgl. VwGH 12.9.2005, 2002/10/0217).

14 Außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 6 EMRK bzw. des Art. 47 GRC obliegt es allerdings dem Revisionswerber, welcher das Unterbleiben einer Verhandlung als Verfahrensmangel rügt, in seinen Ausführungen gemäß § 28 Abs. 3 VwGG die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels konkret darzulegen (vgl. die Nachweise bei Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 E 34 zu § 24 VwGVG, sowie VwGH 27.1.2016, Ra 2014/10/0003, mwN). Dies hat die Revisionswerberin jedoch in den vorliegenden Zulässigkeitsausführungen unterlassen.

15 3.2. Mit den weiteren Ausführungen wendet sich die Revisionswerberin gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung und behauptet dabei unter anderem, das Verwaltungsgericht hätte das von ihr vorgelegte Gutachten von Dr. Sch. "zur Gänze ignoriert".

16 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen (vgl. VwGH 14.8.2018, Ra 2018/01/0344, mwN). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit einer im Einzelfall erfolgten Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer grob fehlerhaften, unvertretbaren Weise vorgenommen hat, sodass dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt ist (vgl. etwa VwGH 23.7.2018, Ra 2016/07/0080, mwN).

17 Eine derart fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes können die Zulässigkeitsausführungen der Revisionswerberin nicht aufzeigen; insbesondere liegt ein Begründungsmangel, der die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf deren inhaltliche Rechtmäßigkeit beeinträchtigen würde, nicht vor.

18 3.3. Soweit die Revisionswerberin im Folgenden die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Zurückweisung ihres Antrages in Zweifel zieht und dazu auf den Beschluss des Senates vom 17. Dezember 2014 über die Zusammensetzung der Habilitationskommission verweist, ist sie nicht im Recht.

19 So bestehen gegen die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, dass die zuvor erfolgte Weiterleitung des Antrages vom Rektorat an den Senat eine bloße, keine weiteren Rechtswirkungen begründende Verfahrensanordnung darstellte, keine Bedenken. Die Zuständigkeit zur Zurückweisung eines Habilitationsantrages - etwa weil die beantragte Lehrbefugnis nicht in den Wirkungsbereich der betreffenden Universität fällt - kommt gemäß § 103 Abs. 4 UG dem Rektorat zu, wobei es für diese Entscheidung - im Gegensatz zu einer meritorischen Entscheidung über den Habilitationsantrag nach § 103 Abs. 9 UG - eines Beschlusses der Habilitationskommission nicht bedarf.

20 3.4. Mit der abschließend in den Zulässigkeitsausführungen vorgebrachten Behauptung, die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Bestehen des Faches "Korrepetition" an der MDW seien "rechtlich unrichtig", entfernt sich die Revisionswerberin von den in diesem Zusammenhang vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen zu dem künstlerischen Fach, auf welches der Habilitationsantrag der Revisionswerberin gerichtet war, einerseits und dem Lehrangebot an der MDW andererseits (vgl. die Wiedergabe oben unter Rz 2 und 3); schon aus diesem Grund wird auch mit diesem Vorbringen eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht dargelegt (vgl. VwGH 24.5.2018, Ra 2017/07/0013, oder 30.11.2017, Ra 2017/08/0083, jeweils mwN).

21 4. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 30. Jänner 2019

Schlagworte

sachliche ZuständigkeitBescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter VerfahrensanordnungenAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019100002.L00

Im RIS seit

27.02.2019

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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