TE Bvwg Beschluss 2018/12/6 W219 2162907-1

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Veröffentlicht am 06.12.2018
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Entscheidungsdatum

06.12.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
LFG §30
LFG §32
LFG §33
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1
ZLPV §4

Spruch

W219 2162907-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Walter TOLAR als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Christof BRUNNER, Nonntaler Hauptstraße 69, 5020 Salzburg, gegen den Bescheid des Österreichischen Aero-Clubs (FAA) vom 20.04.2017, GZ XXXX betreffend Antrag auf Erteilung einer Doppelsitzerberechtigung für Paragleiter, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.12.2018 beschlossen:

A)

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides bzw. zur Ausstellung der beantragten Doppelsitzerberechtigung (Eintragung in den Paragleiterschein des Beschwerdeführers) an den Österreichischen Aero-Club (FAA) zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 05.02.2017, bei der belangten Behörde eingelangt am 20.02.2017, beantragte der nunmehrige Beschwerdeführer die Eintragung der Doppelsitzerberechtigung für Paragleiter in seinen Paragleiterschein.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 30 iVm § 32 LFG ab.

Sie stellte zum Sachverhalt fest, dass der nunmehrige Beschwerdeführer über eine Lizenz für Paragleiter verfüge (seit 2002), nicht aber über eine Doppelsitzerberechtigung iSd § 85 ZLPV. Er sei gerichtlich und einschlägig verwaltungsstrafrechtlich unbescholten und verfüge über ein fliegerärztliches Tauglichkeitszeugnis der Klasse LAPL. Eine Flugschule habe schriftlich bestätigt, dass die erforderlichen Bedingungen zur Erteilung der Doppelbesitzerberechtigung nach Ablegung entsprechender Prüfungen erfüllt seien. Er habe mehrfach seine minderjährigen Kinder und zumindest einmal auch eine Erwachsene zum Fliegen mitgenommen und diese Tandemflüge nicht in den Flugbüchern eingetragen.

In der rechtlichen Würdigung hält die belangte Behörde fest, dass sich aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen zweifelsfrei die Erfüllung des Erfordernisses der fachlichen Befähigung iSd § 36 LFG iVm § 85 ZLPV ergebe. Auch über die gesundheitliche Eignung für die sichere Ausübung der beantragten Berechtigung bestünden angesichts der vorgelegten medizinischen Gutachten und des vorgelegten fliegerärztlichen Tauglichkeitszeugnisses keinerlei Zweifel. Allerdings liege aufgrund der mehrfach festgestellten Übertretungen von Verkehrsvorschriften die geforderte Zuverlässigkeit iSd § 32 LFG iVm § 4 ZLPV nicht vor. Zwar sei dem Beschwerdeführer beizupflichten, dass einige der Tandemflüge bereits im Sommer 2012 stattgefunden hätten und damit bereits längere Zeit zurücklägen. Allerdings seien im Sommer 2016 wiederum mehrfach Tandemflüge ohne entsprechende Berechtigung durchgeführt worden. Hinzu trete, dass diese Flüge nicht im Flugbuch eingetragen worden seien. Bei einer Doppelsitzerberechtigung übernehme der Zivilluftfahrer Verantwortung auch für einen Fluggast. Somit seien höhere Ansprüche an die Verlässlichkeit zu stellen als an einen alleinfliegenden Paragleiterpiloten. Im Sinne des § 4 Abs. 2 ZLPV werde bei einem neuerlichen Antrag in der Zukunft auf die verstrichene Zeit seit den festgestellten Verfehlungen in den Jahren 2012 und 2016 abzustellen sein.

3. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Geltend gemacht wird eine unrichtige rechtliche Beurteilung und die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Eingestanden habe der Beschwerdeführer lediglich Tandemflüge im Jahr 2012 mit seinen Kindern. Die Flüge im Jahr 2016 hätten so nicht stattgefunden. Die belangte Behörde habe weiters nicht überprüft, ob der Beschwerdeführer zu diesen Flügen, die im Ausland stattgefunden hätten, tatsächlich nicht berechtigt war. Ebensowenig habe die belangte Behörde Feststellungen zum "Wohlverhalten" des Beschwerdeführers getroffen, die jedoch zur Beurteilung des Persönlichkeitsbildes erforderlich gewesen wären. Obwohl der Beschwerdeführer pro Jahr im Durchschnitt 150 Paragleiter-Flüge absolviere, habe es bislang keinerlei Vorkommnisse, geschweige denn Unfälle gegeben. Dass er nunmehr eine Tandemparagleitausbildung absolviert habe, zeige den Willen des Beschwerdeführers, in Zukunft in Österreich Tandemflüge mit einem gültigen Tandemparagleiterschein durchführen zu dürfen. Selbst wenn man dem Beschwerdeführer sämtliche vorgeworfenen Flüge zur Last legen würde, wäre die Beurteilung im Sinne einer mangelnden Verlässlichkeit in Anbetracht der Maßstäbe, die der VwGH im Erkenntnis vom 27.11.2008, Zl. 2006/03/0144, an die Verlässlichkeit nach dem LFG angelegt hätte, überschießend.

4. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt den Verwaltungsakten mit Schriftsatz vom 26.06.2018 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

5. Vor dem Bundesverwaltungsgericht fand am 03.12.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Auf das dortige Vorbringen der Parteien wird im jeweiligen Zusammenhang eingegangen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zeitraum bis zur Erlassung des bekämpften Bescheides

Der Beschwerdeführer verfügt seit 2002 über eine Lizenz für Paragleiter. Er hat seit damals über 1000 Soloflüge absolviert. Bei diesen Flügen ist es nie zu Unfällen oder in irgendeiner Weise dokumentierten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften gekommen.

Der Beschwerdeführer hat mehrfach - jedenfalls im Jahre 2012 - sogenannte "Tandemflüge" unternommen, ohne über eine Doppelsitzerberechtigung iSd § 85 ZLPV zu verfügen. Auch bei diesen Flügen kam es zu keinerlei Unfällen.

Im Zuge einer Ausbildung bei einer Flugschule hat der Beschwerdeführer zwischen Oktober 2016 und Februar 2017 die für die Erteilung einer Doppelsitzerberechtigung erforderlichen Prüfungen und Tandemflüge mit dem Fluglehrer absolviert.

Seinem Antrag auf Eintragung der Doppelsitzerberechtigung für Paragleiter in seinen Paragleiterschein (datiert mit 05.02.2017) legte er die Unterlagen über die Ausbildung bei der Flugschule sowie insbesondere ein "Medical Certificate Class LAPL" (Tauglichkeitszeugnis) vom 22.09.2016, gültig bis 22.09.2018, bei.

1.2. Zeitraum seit der Erlassung des bekämpften Bescheides

Der Beschwerdeführer hat weiterhin regelmäßig Solo-Paragleiterflüge (mehr als 100) absolviert, ohne dass es zu Unfällen oder dokumentierten Regelverstößen gekommen ist.

Er hat jedenfalls seit dem Jahr 2016 keine weiteren Tandemflüge absolviert.

Der Beschwerdeführer ist weiterhin strafrechtlich und einschlägig verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen sich auf die entsprechenden Dokumente im Verwaltungsakt bzw. auf die Angaben in den Schriftsätzen des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Was die Feststellungen für den Zeitraum seit der Erlassung des angefochtenen Bescheides betrifft, entsprechen die Feststellungen den glaubwürdigen Aussagen des Beschwerdeführers in der Befragung während der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, denen die belangte Behörde nicht entgegentrat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Das Luftfahrtgesetz (LFG) lautet auszugsweise:

"Voraussetzungen für die Erteilung eines Zivilluftfahrerscheines

§ 30. (1) Ein Zivilluftfahrerschein ist zu erteilen, wenn der Bewerber

a) das erforderliche Mindestalter erreicht hat (§ 31),

b) verläßlich ist (§ 32),

c) körperlich und geistig tauglich ist (§ 33) und

d) fachlich befähigt ist (§ 36).

[...]

Verläßlichkeit

§ 32. Ein Bewerber um einen Zivilluftfahrerschein ist dann als verläßlich anzusehen (§ 30 Abs. 1 lit. b), wenn auf Grund seines bisherigen Verhaltens anzunehmen ist, daß er den aus diesem Bundesgesetz sich ergebenden Verpflichtungen nachkommen wird.

Tauglichkeit

§ 33. (1) Die körperliche und geistige Tauglichkeit (§ 30 Abs. 1 lit. c) ist [...] durch ein von einer flugmedizinischen Stelle (§ 34) oder der Aufsichtsbehörde (§ 34 Abs. 3) ausgestelltes flugmedizinisches Tauglichkeitszeugnis nachzuweisen. [...]

(2) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit der Luftfahrt unter Bedachtnahme auf die Beschaffenheit der in § 27 angeführten Tätigkeiten die Arten und die Form der flugmedizinischen Tauglichkeitszeugnisse gemäß Abs. 1 sowie die vom Bewerber jeweils zu erfüllenden Voraussetzungen für deren Ausstellung durch Verordnung festzulegen.

[...]

Fachliche Befähigung, Zivilluftfahrerprüfung

§ 36. (1) Die für die Erteilung eines Zivilluftfahrerscheines erforderliche fachliche Befähigung (§ 30 Abs. 1 lit. a) ist nach der entsprechenden Ausbildung bei einer Zivilluftfahrerschule (§ 44) durch die Ablegung einer Prüfung nachzuweisen, die aus einem theoretischen und einem praktischen Teil zu bestehen hat (theoretische und praktische Zivilluftfahrerprüfung).

(2) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat durch Verordnung nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit der Luftfahrt und dem jeweiligen Stande der Wissenschaft entsprechend für die einzelnen Zivilluftfahrerscheine einschließlich der damit verbundenen Berechtigungen (§ 29 Abs. 2) die an die Ausbildung und fachliche Befähigung zu stellenden Anforderungen festzulegen.

(3) Über die fachliche Befähigung zum Segelflieger, zum Fallschirmspringer, zum Piloten von Hänge- und Paragleitern sowie motorisierten Hänge- und Paragleitern ist von der Austro Control GmbH oder einer auf Grund einer Übertragung gemäß § 140b zuständigen Behörde ein schriftliches Gutachten zweier Zivilfluglehrer, welches auf Grund einer theoretischen und praktischen Prüfung des Bewerbers zu erstellen ist, einzuholen."

Die Zivilluftfahrt-Personalverordnung 2006 (ZLPV 2006) lautet auszugsweise:

"Verlässlichkeit

§ 4. (1) Als verlässlich im Sinne der §§ 28, 32 und 51 LFG ist ein Bewerber insbesondere dann nicht anzusehen, wenn er Alkohol oder Suchtgifte missbraucht oder wenn er sich einer schweren Zuwiderhandlung oder wiederholter Zuwiderhandlungen gegen die Zoll- oder Verkehrsvorschriften oder gegen die Vorschriften zum Schutz der körperlichen Sicherheit schuldig gemacht hat.

(2) Bei Vorliegen von Verfehlungen im Sinne von Abs. 1 ist auf die seither verstrichene Zeit und auf das Verhalten des Bewerbers während dieser Zeit Bedacht zu nehmen.

[...]

Doppelsitzerberechtigung für Hänge- beziehungsweise Paragleiter

§ 85. (1) Die Doppelsitzerberechtigung für Hänge- beziehungsweise Paragleiter berechtigt zur Führung von Hänge- beziehungsweise Paragleitern mit Doppelsitz als verantwortlicher Pilot in der jeweiligen Startart.

(2) Der Bewerber für eine Doppelsitzerberechtigung für Hängebeziehungsweise Paragleiter muss im Besitz der Grundberechtigung für die jeweilige Startart seit mindestens 24 Monaten sein und mindestens eine Flugerfahrung im Ausmaß von 200 Höhenflügen, davon mindestens 30 Flüge in der jeweiligen Startart mit einem Höhenunterschied von wenigstens 300 m nachweisen. Außerdem sind ein entsprechender Eingangstest durch einen von der zuständigen Behörde dazu bestimmten Fluglehrer mit entsprechender Berechtigung abzulegen und eine Ausbildung und Prüfung gemäß den Abs. 3 bis 5 sowie gemäß dem von der zuständigen Behörde festzulegenden Lehrplan zu absolvieren.

(3) Die praktische Ausbildung für Piloten mit einer Doppelsitzerberechtigung für Hänge- beziehungsweise Paragleiter hat jedenfalls zu beinhalten:

1. mindestens einen Einweisungsflug mit einem berechtigten Fluglehrer als Piloten in der jeweiligen Startart,

2. mindestens zehn Flüge in der jeweiligen Startart mit einem Passagier, der über einen gültigen Hänge- beziehungsweise Paragleiterschein verfügt, unter unmittelbarer Aufsicht und Anleitung eines berechtigten Fluglehrers,

3. eine Einweisung in der jeweiligen Startart im Rahmen eines speziellen Lehrganges in einer berechtigten Zivilluftfahrerschule, wobei entsprechende im Lehrplan vorgesehene Flugübungen einschließlich einer speziellen Gefahreneinweisung durchzuführen sind und

4. 30 gemäß Flugauftrag einer berechtigten Zivilluftfahrerschule durchgeführte Höhenflüge mit einem Höhenunterschied von mindestens 300 m mit einem Passagier, der über einen gültigen Hängebeziehungsweise Paragleiterschein verfügt. Mindestens 15 dieser Flüge müssen unter Aufsicht der Zivilluftfahrerschule stattfinden.

(4) Gegenstände der theoretischen Ausbildung und Prüfung für eine Doppelsitzerberechtigung für Hänge- beziehungsweise Paragleiter sind, wobei die Besonderheiten der Startart, für welche die Doppelsitzerberechtigung angestrebt wird, zu berücksichtigen sind, insbesondere:

1. Hänge- beziehungsweise Paragleiterkunde (Technik),

2. Flugpraxis und Passagiereinweisung,

3. Luftrecht.

(5) Bei der praktischen Prüfung für eine Doppelsitzerberechtigung für Hänge- beziehungsweise Paragleiter hat der Bewerber in der jeweiligen Startart einen einwandfreien Flug mit einem Passagier, der über einen gültigen Hänge- beziehungsweise Paragleiterschein verfügt, durchzuführen."

3.2. Im bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Eintragung einer Doppelsitzerberechtigung in seinen Paragleiterschein ab, da aufgrund der festgestellten mehrfachen Übertretungen von Verkehrsvorschriften (und zwar sogenannter Tandemflüge noch ohne die dafür erforderliche Doppelsitzerberechtigung) die geforderte Zuverlässigkeit iSd § 32 LFG iVm § 4 ZLPV nicht vorliege. Im Sinne des § 4 Abs. 2 ZLPV werde bei einem neuerlichen Antrag in der Zukunft auf die verstrichene Zeit seit den festgestellten Verfehlungen in den Jahren 2012 und 2016 abzustellen sein.

Das Bundesverwaltungsgericht hat seiner Entscheidung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt dieser Entscheidung zu Grunde zu legen (vgl. etwa VwGH 09.09.2015, Ro 2015/03/0032), weshalb es zur "Aktualisierung" des Sachverhalts eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumte. Während der Verhandlung versicherte der Beschwerdeführer in glaubwürdiger Art und Weise, dass er seit der Erlassung des bekämpften Bescheides zwar zahlreiche Paragleiterflüge, aber keine weiteren sogenannten Tandemflüge durchgeführt habe. Zu Unfällen und anderen Verstößen gegen Verkehrsvorschriften sei es dabei nicht gekommen. Auch die belangte Behörde brachte zum Ausdruck, dass sie diese Angaben für glaubwürdig halte und dass sie wegen des seit ihrer Entscheidung verstrichenen Zeitraumes nunmehr zu einer anderen Würdigung der früheren Regelverstöße gelangen und die Zuverläsigkeit des Beschwerdeführers bejahen würde.

Das Bundesverwaltungsgericht sieht vor diesem Hintergrund die Zuverlässigkeit nunmehr als gegeben an: Gemäß § 4 Abs. 2 ZLPV 2006 ist im Zuge der Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Bewerbers um einen Zivilluftfahrerschein bei Vorliegen von Verfehlungen (hier: wiederholter Zuwiderhandlungen gegen Verkehrsvorschriften) auf die seither verstrichene Zeit und auf das Verhalten des Bewerbers während dieser Zeit Bedacht zu nehmen. Die letzten dem Beschwerdeführer vorgeworfenen sogenannten Tandemflüge ohne Vorliegen der beantragten Doppelsitzerberechtigung fanden nach dem Vorbringen der belangten Behörde im Jahr 2016 statt und würden daher aktuell mehr als zwei Jahre zurück liegen. Während dieser zwei Jahre beging der Beschwerdeführer bei fortgesetzter intensiver Solo-Flugtätigkeit keine weiteren Verstöße. Insgesamt ist nunmehr - bei der zur Beurteilung der Verlässlichkeit gebotenen Betrachtung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers (vgl. etwa VwGH 25.06.2003, 2002/03/0069) - auf ein Persönlichkeitsbild zu schließen, nach dem der Beschwerdeführer die sich aus dem LFG ergebenden Verpflichtungen einhalten wird.

Dazu kommt noch folgende Überlegung: Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Zuverlässigkeitprüfung nach § 95 GewO - diese ist der hier nach § 32 LFG vorzunehmenden Zuverlässigkeitsprüfung wesensverwandt - ausgesprochen, die bloße Tatsache, dass eine Tätigkeit, für die eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, von dem Bewerber unbefugt ausgeübt wurde, berechtige für sich alleine noch nicht, diesem die Zuverlässigkeit abzusprechen. Es müsse vielmehr aus den besonderen Umständen hervorleuchten, dass dieses Verhalten einer abträglichen Geistesart und Sinneshaltung entspricht (VwGH 20.03.1984, 82/04/0089). Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer genau jene Tätigkeit, für die er nunmehr die Verleihung einer Berechtigung anstrebt, noch ohne Vorliegen dieser Berechtigung durchgeführt und damit gegen Verkehrsvorschriften verstoßen. Allerdings lässt wie oben dargelegt das Persönlichkeitsbild aufgrund des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers - der mittlerweile die notwendigen Prüfungen absolviert, während längerer Zeit keinerlei einschlägige Regelverstöße mehr begangen und insgesamt in langjähriger fliegerischer Tätigkeit keinerlei Unfälle verursacht hat - keine abträgliche Geistesart und Sinneshaltung erkennen.

3.3. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 leg.cit. nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Im vorliegenden Fall steht nunmehr fest, dass die für die Erteilung der begehrten Doppelsitzerberechtigung gemäß § 30 Abs. 1 lit. b iVm § 32 LFG iVm § 4 ZLPV 2006 erforderliche Zuverlässigkeit gegeben ist. Das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (vgl. § 30 Abs. 1 lit. a, c und d LFG) hat die belangte Behörde schon im bekämpften Bescheid bejaht.

Allerdings ist während der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu Tage getreten, dass das vom Beschwerdeführer vorgelegte und erforderliche "Medical Certificate" mittlerweile abgelaufen ist.

Das Bundesverwaltungsgericht sieht es im vorliegenden besonderen Fall als im Interesse der Raschheit und Kostenersparnis gelegen, den bekämpften Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückzuverweisen: Eine antragsgemäße Ausstellung der begehrten Berechtigung könnte als Realakt durch das Bundesverwaltungsgericht selbst ohnehin nicht erfolgen, sondern müsste der belangten Behörde aufgetragen werden.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde vor der (allfälligen) Ausstellung der begehrten Berechtigung die ausständigen Ermittlungen - insbesondere die Sicherstellung des Vorliegens eines aktuellen flugmedizinischen Tauglichkeitszeugnisses - durchzuführen haben.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053).

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die vorliegende Entscheidung ergeht aufgrund einer eindeutigen Rechtslage bzw. folgt der zitierten Rechtsprechung (zur Zuverlässigkeit insb. VwGH 20.03.1984, 82/04/0089; 25.06.2003, 2002/03/0069).

Schlagworte

Befähigungsnachweis, Behebung der Entscheidung, Berechtigungsumfang,
Ermittlungspflicht, fachliche Eignung, Glaubwürdigkeit, Kassation,
mangelhaftes Ermittlungsverfahren, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, mündliche Verhandlung,
Persönlichkeitsstruktur, Verlässlichkeit, Zurückverweisung,
Zuverlässigkeitsprüfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W219.2162907.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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