TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/22 I404 2169221-2

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Veröffentlicht am 22.10.2018
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Entscheidungsdatum

22.10.2018

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §46 Abs2
FPG §46 Abs2a
FPG §46 Abs2b
VwGVG §24 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I404 2169221-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX geb. XXXX StA. NIGERIA, vertreten durch: RA Edward W. DAIGNEAULT Solicitor, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien (BAW) vom 28.09.2018, Zl. 1051109602-171355688, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 17.08.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria gemäß "§ 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Weiters wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für eine freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht eingeräumt (Spruchpunkt IV.). Auch wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Es wurde festgestellt, dass die Identität des Beschwerdeführers aufgrund unbedenklicher Personendokumente feststehe.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 06.09.2017 zu GZ I416 2169221-1/5E als unbegründet abgewiesen.

2. Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 28.09.2018 wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien (in der Folge: belangte Behörde) gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG aufgetragen, zum Interviewtermin durch eine Experten-Delegation Nigeria am 12.10.2018 bei der belangten Behörde zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes als Beteiligter persönlich zu kommen und an den notwenigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken. Der Beschwerdeführer hat in seinem Besitz befindliche relevanten Dokumente mitzubringen: Reisepass, Ausweise, Urkunden und sonstige seine Identität oder Staatsangehörigkeit bescheinigende Dokumente. Für den Fall, dass er diesem Auftrag ohne wichtigen Grund nicht Folge leistet, wurde ihm die Verhängung einer Haftstrafe von 14 Tagen angedroht (Spruchpunkt I.). Der Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt II.). Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung zur Ausreise trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung nicht nachgekommen sei. Die Identität des Beschwerdeführers stehe nicht fest, weil er keine Personendokumente in Vorlage gebracht habe. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 46 Abs. 2a FPG an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments im erforderlichen Umfang, insbesondere an der Feststellung der Identität und der Staatsangehörigkeit mitzuwirken. Die belangte Behörde führte weiters aus, dass der Beschwerdeführer über kein gültiges Reisedokument verfüge und der anstehende Delegationstermin mit den Vertretern des Heimatlandes des Beschwerdeführers er der belangten Behörde ermöglichen würden, die Identität des Beschwerdeführers durch autorisierte Vertreter des Heimatlandes des Beschwerdeführers festzustellen und des Ausstellungsprozesses zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes zu starten.

3. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig Beschwerde erhoben und unter anderem vorgebracht, das die belangte Behörde festgestellt habe, dass der Beschwerdeführer über kein gültiges Reisedokument verfüge, weshalb die Befolgung der Ladung erforderlich sie. Es sei aber nicht richtig, dass seine Identität bisher nicht habe festgestellt werden können, zumal er der Behörde bereits seine Geburtsurkunde vorgelegt habe und er somit seinen Identitätsnachweis erbracht habe. Außerdem gehe aus dem Personalblatt der LPD Wien vom 16.01.2018 hervor, dass er seinen Reisepass schon vorgelegt habe, weshalb ebenfalls aus diesem Grund seine Identität feststehe und die anberaumte Ladung schon aus diesem Grund nicht von Nöten sei.

4. Mit Schreiben vom 12.10.2108, eingelangt am 18.10.2018 legte die belangte Behörde die Akten dem BVwG vor. Im vorgelegten Akt befindet sich eine Lichtbildbeilage der LPD vom 18.01.2018 in welcher der Reisepass des Beschwerdeführers (Gültigkeit bis 3.7.2021) abgebildet ist. Weiters ist eine Kopie der Geburtsurkunde des Beschwerdeführers im Akt enthalten.

Die belangte Behörde gab zum Beschwerdevorbringen keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Zur ersatzlosen Behebung des angefochtenen Bescheids:

II. 1. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die ersatzlose Behebung eines angefochtenen Bescheides ist eine Entscheidung in der Sache selbst (vgl. E 25. März 2015, Ro 2015/12/0003). Als verfahrensrechtliche Grundlage für eine solche Entscheidung ist im Spruch daher § 28 Abs. 1 und Abs. 2 (bzw. Abs. 3 Satz 1) VwGVG 2014 zu nennen (VwGH 04.08.2016 2016/21/0162).

§ 46 Abs. 2, 2a und Abs. 2b FPG lauten:

(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder Ausstellung des Reisedokuments gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

(2b) Die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 kann dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 BFA-VG gilt.

II.2. Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus Folgendes:

Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung auf die Annahme gestützt, dass es zur Prüfung der Identität und Erlangung eines Ersatzreisedokumentes der Mitwirkung des Beschwerdeführers bedarf und er zu einer Befragung durch die nigerianische Delegation zur belangten Behörde geladen wird.

Wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich, existiert ein gültiger Reisepass, ausgestellt auf den Beschwerdeführer und war dies der belangten Behörde auch bekannt. Darüberhinaus hat der Beschwerdeführer auch der Behörde seine Geburtsurkunde vorgelegt. Dies wird von der Behörde mit keinem Wort in ihrem Bescheid erwähnt. Vielmehr führt die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer nicht im Besitz eines Reisepasses sei und die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe. Dies ist nicht nachvollziehbar, zumal die belangte Behörde im Bescheid vom 17.08.2017 noch ausdrücklich festhielt, dass die Identität des Beschwerdeführers aufgrund unbedenklicher Personendokumente feststehe. Warum sie nunmehr die gegenteilige Meinung vertrete, wird jedoch nicht ausgeführt.

Für die erkennende Richterin ergibt sich daher nicht, dass es zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder Ausstellung des Reisedokuments insbesondere an der Feststellung seiner Identität der Mitwirkung des Beschwerdeführers durch eine Befragung durch eine nigerianische Delegation bedarf.

Der bekämpfte Bescheid war daher zu beheben.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2).

Da bereits aufgrund der Aktenlage der Bescheid ersatzlos zu beheben war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG unterbleiben.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen. Dies ist im gegenständlichen Fall nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, ersatzlose Behebung, Feststellungen,
Identität, Mitwirkungspflicht, Nachvollziehbarkeit, Reisedokument

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I404.2169221.2.00

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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