TE Bvwg Beschluss 2018/10/12 W144 2164980-1

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Veröffentlicht am 12.10.2018
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Entscheidungsdatum

12.10.2018

Norm

ABGB §1332
AsylG 2005 §35 Abs1
AsylG 2005 §35 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
VwGG §30a Abs1
VwGG §46
VwGG §46 Abs1
VwGG §46 Abs3
VwGG §46 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W144 2164980-1/13E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Andreas HUBER als Einzelrichter über den Antrag der XXXX, geb. XXXX, StA. von Syrien, vom 24.09.2018 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.01.2018, Zl. W144 2164980-1/2E, beschlossen:

A) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 46 VwGG abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.01.2018, Zl. W144 2164980-1/2E, wurde nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft in Damaskus/Syrien vom 22.06.2017, Zl.:XXXX, aufgrund des Vorlageantrages der Wiedereinsetzungswerberin die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft in Damaskus vom 04.04.2017 gemäß § 35 Abs. 1 und 5 AsylG idgF als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

Der rechtsfreundlichen Vertretung der Wiedereinsetzungswerberin wurde dieses Erkenntnis rechtswirksam mit 19.01.2018 zugestellt.

Innerhalb der Revisionsfrist stellte die Wiedereinsetzungswerberin beim Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Revision.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 08.03.2018, Zl. Ra 2018/18/0101-2, wurde der Antrag auf Verfahrenshilfe bewilligt. Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien übermittelte am 11.04.2018 dem zum Verfahrenshelfer bestellten Rechtsanwalt den Bescheid über die Bestellung vom 03.04.2018.

Am 23.05.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht um 15:34 Uhr im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs die außerordentliche Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.01.2018 ein.

Der Verwaltungsgerichtshof wies mit Beschluss vom 27.08.2018, Zl. Ra 2018/18/0101-8, der dem rechtsfreundlichen Vertreter der Wiedereinsetzungswerberin am 10.09.2018 zugestellt wurde, die außerordentliche Revision gemäß § 30a Abs. 1 VwGG zurück, weil die Revision am letzten Tag der Revisionsfrist nach Ablauf der in § 20 Abs. 1 GO-BVwG festgesetzten Amtsstunden beim BVwG eingebracht worden sei und demnach verspätet sei.

Mit Schriftsatz vom 24.09.2018 stellte die Wiedereinsetzungswerberin den gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und schloss die außerordentliche Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.01.2018 an. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde wie folgt begründet:

"Im vorliegenden Fall handelte es sich bei den Umständen, welche zur Fristversäumnis geführt haben, um ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis iSd § 46 VwGG. Die Einspruchswerberin (als Wiedereinsetzungswerberin) trifft daran ebenso wenig ein Verschulden wie den ihre Interessen vertretenden einschreitenden Verfahrenshelfer. Letzterer hat insbesondere kein Organisationsverschulden zu verantworten. Dies deswegen, weil bereits eine im Jahr 2016 zirkulierte Email an das Sekretariat die Anweisung enthalten hat, Fristen vor dem BVwG - insbesondere wegen der Besonderheit der Amtsstunden nach § 20 Abs 1 GO-BVwG - entsprechend einzutragen und zu beachten. Das Sekretariat musste sich dieser Besonderheit daher bewusst sein und es wurden genügend organisatorische Vorkehrungen getroffen, damit auch im vorliegenden Fall die Wahrung der Fristen gewährleistet ist. (...)

Der Verfahrenshelfer ist in Kooperation mit der Rechtsanwaltskanzlei XXXX. Im Rahmen dieser Kooperation bezieht der Verfahrenshelfer auch Sekretariatsleistungen, wovon auch die Führung des Fristenbuchs umfasst ist. Alle eingegangenen Schriftstücke werden nach Zuordnung zum jeweiligen Akt und Überprüfung, von welchem Rechtsanwalt die Angelegenheit betreut wird, an den betreffenden Rechtsanwalt versendet, dessen Sekretariat und - bei fristauslösenden Schriftstücken - an die Sekretärin des Empfangs, die damit betraut ist, allfällige Fristen in das Fristenbuch einzutragen. Durch regelmäßige Benachrichtigungen im internen EDV- System werden dann alle involvierten Personen über die Frist bzw. deren Ablauf informiert.

Nach der Durchsicht, Kontrolle und Unterfertigung durch den VerfahrenshelferXXXXam 23.5.2018 wurde der Schriftsatz an das Sekretariat zeitgerecht vor 15:00 physisch übergeben, damit es diesen per ERV auch fristgerecht einbringen kann. Es musste allen Beteiligten klar und bewusst sein, dass der Schriftsatz vor 15:00 Uhr eingebracht werden sollte, da der 23.5.2018 der letzte Tag der Revisionsfrist war. Warum dies nicht passiert ist, ist nicht mehr rekonstruierbar und war weder vorhersehbar noch abwendbar, zumal sich bei dem Sekretariat um tüchtige und bisher bewährte Mitarbeiter handelt, die in der Kanzlei bereits seit Jahren beschäftigt sind.

Ein derartiges Versehen, nämlich, dass ein Schriftstück nicht fristgerecht eingebracht wurde, ist den Mitarbeitern im Sekretariat des Verfahrenshelfers bis dato noch nie passiert und sie können sich dieses Versehen nur so erklären, dass sie entweder durch ein dringendes Telefonat oder eine dringende Weisung eines Juristen unterbrochen und aus ihrer Tätigkeit gerissen wurden. Insbesondere aufgrund ihrer sonstigen Gewissenhaftigkeit ist ihnen und auch dem Verfahrenshelfer dieser Zwischenfall unerklärlich.

Ein Versehen einer bzw eines Kanzleibediensteten stellt für den Rechtsanwalt nämlich dann ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, wenn der Rechtsanwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Angestellten hinreichend nachgekommen ist (VwGH 24.5.2012, 2012/03/0041).

Die Überwachungspflicht geht allerdings nicht so weit, (VwGH 24.5.2012, 2012/03/0041; 16.9.2010, 2007/09/0069) dass sich der Rechtsanwalt nach Zusammenstellung, Kontrolle und Übergabe sämtlicher Schriftstücke an die erfahrene und bisher bewährte Kanzleikraft in jedem Fall noch von der tatsächlichen Durchführung der Expedierung der Sendung überzeugen muss. Rein technische bzw manipulative Vorgänge - etwa das Kuvertieren und die Aufgabe von Postsendungen - beim Abfertigen von Schriftstücken kann der Rechtsanwalt ohne nähere Beaufsichtigung einer verlässlichen Kanzleikraft überlassen (VwGH 6.9.2012, 2012/18/0056).

Eine regelmäßige Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft rein manipulative Tätigkeiten auch tatsächlich ausführt ist dem Parteienvertreter nicht zuzumuten, will man seine Sorgfaltspflicht nicht Überspannen (VwGH 23.11.2009, 2009/03/0089; 28.2.2014, 2014/03/00011).

Der Umstand, dass der Schriftsatz um 15:34 Uhr und somit 34 Minuten nach Ende der Amtszeit eingebracht wurde, stellt im vorliegenden Fall ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis dar, wodurch der Verfahrenshelfer an der rechtszeitigen Einbringung der außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des BVwG vom 16.1.2018 gehindert wurde. Dabei handelt es sich um ein einmaliges Versehen des sonst erfahrenen und sonst sehr gewissenhaften Sekretariats des Verfahrenshelfers. Ein derartiges Versehen kann auch einem sorgfältigen Menschen unterlaufen. Da die Wiedereinsetzungswerberin bzw deren Verfahrenshelfer nur ein leichtes Verschulden daran trifft, dass sie an der Möglichkeit zur Einbringung eines Rechtsmittels gehindert war, liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung des Wiedereinsetzungsantrages vor.

Das Versehen konnte der Einspruchswerberin bzw. ihrem Vertreter frühestens am Tag der Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses, somit am 10.9.2018 auffallen. Nur dadurch wurden sie darauf erst aufmerksam, dass die außerordentliche Revision am 23.5.2018 außerhalb der Amtsstunden eingebracht wurde. Da aus den oben genannten Gründen die Voraussetzungen für die Bewilligung des Wiedereinsetzungsantrages vorliegen, stellt die Beklagte innerhalb offener Frist den Antrag, die Wiedereinsetzung in die ursprüngliche Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision sowie die Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses des VwGH vom 27.8.2018."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der oben dargestellte Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem vorliegenden Gerichtsakt, insbesondere aus den angeführten Entscheidungen, Unterlagen und Schriftsätzen. Das Bundesverwaltungsgericht geht von dem im Wiedereinsetzungsantrag dargestellten Sachverhalt aus.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. § 46 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 46. (1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist und der Frist zur Stellung eines Vorlageantrages ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil das anzufechtende Erkenntnis, der anzufechtende Beschluss oder die anzufechtende Revisionsvorentscheidung fälschlich einen Rechtsbehelf eingeräumt und die Partei den Rechtsbehelf ergriffen hat oder keine Belehrung zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages, keine Frist zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsbehelf zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Revision beim Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die den Rechtsbehelf als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Erhebung der Revision bzw. der Stellung eines Antrages auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Revision hat über den Antrag das Verwaltungsgericht zu entscheiden. Ab Vorlage der Revision hat über den Antrag der Verwaltungsgerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluss zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht oder der Verwaltungsgerichtshof können dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung statt.

3.2. Da das vorangegangene Revisionsverfahren beim Verwaltungsgerichtshof bereits abgeschlossen wurde und der nunmehr gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag eingebrachte Revisionsschriftsatz noch nicht dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wurde, ist zur Entscheidung über den gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 46 Abs. 4 VwGG das Bundesverwaltungsgericht berufen.

3.3. Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass von einer Kenntnis der Verspätung eines Rechtsmittels bereits auszugehen ist, sobald die Partei (bzw. deren Vertreter) die Verspätung bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen konnte und musste (siehe VwGH 18.09.1996, 96/03/0140; 26.07. 2002, 99/02/0314; 30.03.2004, 2003/06/0070). Geht man im vorliegenden Fall vom Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag aus, es habe allen Beteiligten klar und bewusst sein müssen, dass die Revision vor 15:00 Uhr eingebracht werden sollte, dann hätte es doch - selbst wenn man die zeitgerechte Einbringung (etwa durch ein dringendes Telefonat oder eine Arbeitsanweisung) vergessen hat - sofort beim Einbringen um 15:34 Uhr am 23.05.2018 auffallen müssen, dass das Rechtsmittel verspätet eingebracht wurde und wäre diesfalls bei gehöriger Sorgfalt zu erwarten, dass die Hilfskräfte des Rechtsvertreters diesen umgehend darauf aufmerksam gemacht hätten. Auf Grundlage dieser Annahme wäre der erst am 24.09.2018 gestellte Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Frist des § 46 Abs. 3 erster Satz VwGG zurückzuweisen. Da im Wiedereinsetzungsantrag jedoch geltend gemacht wurde, dass der Wiedereinsetzungswerberin bzw. ihrem Rechtsvertreter erst mit Zustellung des die verspätete Revision zurückweisenden Beschlusses die Versäumung der Revisionsfrist bekannt geworden sei, ergibt sich hieraus, dass den Kanzleikräften das Fristende mit 15.00 Uhr offensichtlich nicht wie angegeben bewusst war.

3.4. Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs - etwa im Beschluss vom 18.12.2014, Ra 2014/01/0015 - in Bezug auf das Verschulden von Rechtsvertretern ergibt sich Folgendes:

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 15. Juli 2014, Zl. Ro 2014/02/0024). Ein dem Vertreter widerfahrenes Ereignis stellt einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 23. Mai 2014, Zl. 2014/02/0034)."

Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen haben. Wer darüber hinaus einen Wiedereinsetzungsantrag auf das Verschulden einer Hilfsperson stützt, hat schon im Wiedereinsetzungsantrag durch ein substantiiertes Vorbringen darzulegen, aus welchen Gründen ihn selbst kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden trifft, etwa dass und in welcher Weise der Wiedereinsetzungswerber die erforderliche Kontrolle ausgeübt hat. Die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist stecken den Rahmen für die Untersuchung der Frage ab, ob ein Wiedereinsetzungsgrund gegeben ist (vgl. VwGH 26.04.2017, Ra 2017/05/0018). Ein Versehen eines Angestellten eines Rechtsanwaltes ist diesem als Verschulden anzurechnen, wenn der Rechtsanwalt die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle gegenüber dem Angestellten unterlassen hat. Der bevollmächtigte Anwalt muss den Aufgaben, die ihm aus dem Bevollmächtigungsvertrag erwachsen, auch insoweit nachkommen, als er sich zu ihrer Wahrung seiner Kanzlei als Hilfsapparat bedient (vgl. VwGH 05.04.2018 Ra 2017/19/0557).

Dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag zufolge wurde das Sekretariat des Rechtsvertreters per E-Mail im Jahr 2016 angewiesen, Fristen vor dem Bundesverwaltungsgericht, insbesondere wegen der Besonderheit der Amtsstunden, zu beachten. Der Rechtsvertreter übergab am 23.05.2018 "zeitgerecht" - konkretere Angaben wurden nicht erstattet, sodass dies indiziert, dass die verbleibende Einbringungszeit etwa nur einige Stunden betragen hat - vor 15:00 Uhr die unterfertigte Revision physisch an das Sekretariat zwecks fristgerechter Einbringung per ERV. Dass er dabei auf die dringende Einbringung vor 15:00 Uhr bzw. auf die Besonderheit einer Einbringung vor dem Hintergrund der diesbezüglich gegenteiligen Rechtslage und Praxis in Zivil- und Strafverfahren vor den ordentlichen Gerichten hinwies, wurde im Wiedereinsetzungsantrag nicht behauptet. Vielmehr erschließt sich aus dem Vorbringen des Rechtsvertreters im Wiedereinsetzungsantrag, diese Besonderheit habe dem Sekretariat aufgrund des im Jahr 2016 versandten E-Mails bewusst sein müssen, dass ein besonderer Hinweis auf die Einbringung vor Ablauf der Amtsstunden nicht gegeben wurde. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 05.04.2018, Ra 2017/19/0557, zum Ausdruck gebracht hat, bedarf die Frage, binnen welcher Frist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof einzubringen ist, aber jedenfalls einer Beurteilung durch den einschreitenden Rechtsanwalt selbst. "Das Unterbleiben einer das Erfordernis der Einbringung vor Ablauf der Amtsstunden klarstellenden Anweisung an die Kanzleikraft ist dem Rechtsvertreter als eine einen minderen Grad des Versehens übersteigende Sorglosigkeit anzulasten" (VwGH 05.04.2018, Ra 2017/19/0557). Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist im vorliegenden Fall nicht mehr von einem minderen Grad des Versehens des Rechtsvertreters auszugehen. Der Vertreter hätte gerade bei einer nur mehr einige Stunden verbleibenden Restzeit einer Frist zumindest einmal vor Fristende nachfragen müssen, ob die Einbringung auch tatsächlich erfolgt sei.

Somit konnte im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag nicht aufgezeigt werden, dass der rechtsfreundlichen Vertretung der Wiedereinsetzungswerberin an der Versäumung der Revisionsfrist kein Verschulden oder lediglich ein minderer Grad des Versehens anzulasten ist. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung war daher gemäß § 46 VwGG keine Folge zu geben.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Voranzustellen ist, dass der gegenständliche Beschluss auf § 46 VwGG gestützt wurde, weshalb die Revision § 25a Abs. 2 VwGG zufolge nicht ausgeschlossen ist (siehe dazu auch VwGH 23.10.2014, Ro 2014/11/0067). Nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 164/2013 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG sind auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Artikels sinngemäß anzuwenden.

Die Revision im Hinblick ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die vorliegende Entscheidung folgt der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Amtsstunden, Aufsicht, außerordentliche Revision, Bewilligung der
Verfahrenshilfe, Einbringung, Fahrlässigkeit, Fristablauf,
Fristüberschreitung, Fristversäumung, konkrete Darlegung, Kontrolle,
minderer Grad eines Versehens, rechtswirksame Zustellung,
Rechtzeitigkeit, Revisionsfrist, Sorgfaltspflicht, unvorhergesehenes
und unabwendbares Ereignis, Verfahrenshilfe, Verschulden, Versehen,
verspäteter Wiedereinsetzungsantrag, Verspätung, Wiedereinsetzung,
Wiedereinsetzungsantrag, zumutbare Sorgfalt, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W144.2164980.1.01

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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