TE Lvwg Beschluss 2018/9/4 VGW-152/044/5488/2018

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Veröffentlicht am 04.09.2018
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Entscheidungsdatum

04.09.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §10 Abs1
AVG §10 Abs2
AVG §10 Abs3
ZustG §9 Abs1
ZustG §9 Abs2
ZustG §9 Abs3

Text

Das Verwaltungsgericht Wien fasst durch seinen Richter Mag. Senft in der Beschwerdesache des Herrn A. B. (geb.: 1974), vertreten durch Herrn C. D., gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, vom 22.12.2017, MA35/..., mit welchem festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer gemäß §§ 39 und 42 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, idgF, die österreichische Staatsbürgerschaft zu keinem Zeitpunkt erworben und besessen hat, den

BESCHLUSS:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Begründung

I. Verfahrensgang:

1. Ab dem 9. Dezember 2014 war bei der belangten Behörde ein Feststellungsverfahren in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft hinsichtlich des Beschwerdeführers anhängig.

2. Im verwaltungsbehördlichen Akt liegt – an mehreren Stellen (Aktenseiten 88, 89, 106) – eine Vollmacht mit folgendem Inhalt ein:

"VOLLMACHT

Hiermit erteile ich

Name, Vorname:                    A. B.

Geburtsdatum und –Ort:          ... 1974 in E./Deutschland

Wohnort, Straße:                   ... F./Tunesien

folgender Person:

Name, Vorname:                   C. D.

Geburtsdatum und –Ort:          ... 1979 in G./Tunesien

Wohnort, Straße:                   ... H./Deutschland

die Vollmacht, mich in meiner Angelegenheit bezüglich der Feststellung und des Erlangen der österreichischen Staatsbürgerschaft in allen amtlichen, rechtlichen und gerichtlichen Angelegenheiten zu vertreten.

Der Bevollmächtigte ist zur Besorgung meiner Angelegenheiten ermächtigt. Er ist befugt, jede Rechtshandlung, die ich selbst vornehmen oder die ein Stellvertreter gesetzlich für mich vornehmen könnte, für mich mit derselben Wirkung vorzunehmen, wie wenn ich sie selbst vorgenommen hätte.

Mir ist bewusst, dass die Erteilung einer Vollmacht Vertrauenssache ist. Ebenso ist mir bekannt, dass ich die Vollmacht jederzeit im Ganzen oder einzelnen Teilen widerrufen kann.

Diese Vollmacht habe ich freiwillig und unbeeinflusst im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte verfasst.

F., den 25. Februar 2014

[Unterschrift Beschwerdeführer]"

3. Herr C. D. berief sich mehrmals vor der belangten Behörde auf die Vollmacht 25. Februar 2014. In einer aktenkundigen E-Mail Korrespondenz 7. und 8. Februar 2017 zwischen einer Sachbearbeiterin der belangten Behörde und Herrn C. D. geht hervor, dass die belangte Behörde Herrn D. befragt hat, ob er Anwalt sei oder er als Privatperson beauftragt worden sei, worauf Herr D. antwortete, dass die Behörde ihn "vorrangig als Privatperson betrachten könne". Daraufhin antwortete die Sachbearbeiterin der belangten Behörde, dass die Erledigung [gemeint eine Erledigung im Rahmen des Parteiengehörs] über die österreichische Vertretung in G. dem Beschwerdeführer zugestellt werden müsse. Eine Zustellung an Herrn D. sei rechtlich nicht möglich, da er nicht zur beruflichen Vertretung berufen sei.

4. Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 22. Dezember 2017 wurde gemäß den §§ 39 und 42 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) festgestellt, dass der Beschwerdeführer, A. B., geboren am ... 1974 in E., Deutschland, wohnhaft in F., Tunesien, die österreichische Staatsbürgerschaft zu keinem Zeitpunkt erworben und zu keinem Zeitpunkt besessen habe. Er sei daher nicht österreichischer Staatsbürger.

5. Als Bescheidadressat im Bescheidkopf ist A. B., ... F., Tunesien, angeführt. Eine gesonderte Zustellverfügung ist dem Bescheid nicht zu entnehmen. Mit Begleitschreiben vom 22. Dezember 2017 ersuchte die belangte Behörde die Österreichische Botschaft in G. den genannten Bescheid vom 22. Dezember 2017 dem Beschwerdeführer persönlich anhand der mitgefolgten Übernahmebestätigung auszufolgen.

6. Der Beschwerdeführer bestätigte am 16. März 2018 (persönlich) die Übernahme des Bescheides des Amtes der Wiener Landesregierung über die Feststellung der österreichischen Staatsbürgerschaft vom 22. Dezember 2017.

7. Gegen diesen Bescheid wurde seitens des Beschwerdeführers Beschwerde erhoben. Auch vor dem Verwaltungsgericht Wien wurde im Rahmen der Beschwerdeerhebung die oben dargestellte Vollmacht des Beschwerdeführers zugunsten des C. D. vorgelegt.

8. Die belangte Behörde sah von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ab und legte den gegenständlichen Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vor, wo dieser am 24. April 2018 einlangte.

9. Aufgrund eines Schreibens des Verwaltungsgerichtes Wien vom 9. Juli 2018, mit dem der Beschwerdeführer aufgefordert wurde, bekannt zu geben, welche Staatsangehörigkeit Herr C. D. besitze bzw. wenn dieser EWR-Staatsangehöriger sein sollte, sei dies nachzuweisen, wurde seitens des Herrn C. D. mit E-Mail vom 12. Juli 2018 auf seine deutsche Staatsbürgerschaft verwiesen und eine Reisepasskopie vorgelegt, aus der hervorgeht, dass Herrn C. D. zur Passnummer ... ein (aktuell gültiger) Reisepass der Bundesrepublik Deutschland ausgestellt wurde.

10. Mit Schreiben des Verwaltungsgerichtes Wien vom 16. Juli 2018 wurde die belangte Behörde – da dem angefochtenen Bescheid diesbezüglich keine Ausführungen zu entnehmen sind – ersucht, bekanntzugeben, aus welchen Gründen der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer persönlich und nicht dem deutschen Staatsangehörigen und Bevollmächtigten C. D. zugestellt wurde.

11. Mit E-Mail Nachricht vom 20. Juli 2018 teilte die belangte Behörde unter Verweis auf die Durchsicht des verwaltungsbehördlichen Aktes mit, dass der Bescheid aufgrund der Bestimmung des § 9 Abs. 2 ZustG direkt an den Antragsteller zugestellt worden sei, da der Vertreter C. D. über keinen Hauptwohnsitz im Inland verfügt habe. Es sei allerdings nicht ermittelt worden, ob Herr D. EWR-Staatsangehöriger sei. Erst mit der Übermittlung der Anfrage des Verwaltungsgerichts sei bekannt geworden, dass Herr D. deutscher Staatsbürger sei. Sollte die Zustellung an den Vertreter (gemeint offenkundig: an den Beschwerdeführer selbst) ungültig sein, so werde ersucht zu prüfen, ob allenfalls eine Heilung dieses Mangels eingetreten sei.

12. Mit Schreiben des Verwaltungsgerichtes Wien vom 25. Juli 2018 wurde Herr C. D. aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen, ob der angefochtene Bescheid der Landesregierung von Wien vom 22. Dezember 2017 betreffend Herrn A. B., im Original von Herrn D. tatsächlich (körperlich) in Empfang genommen worden sei oder nicht, bzw. ob und wie Herr D. vom genannten Bescheid anderwertig Kenntnis genommen habe (etwa im Wege der Akteneinsicht, telefonisch, via E-Mail, Fotokopie, Telefax, oder sonstige Mitteilung). Herr D. wurde auch für den Fall, dass eine Kenntnisnahme stattgefunden habe, ersucht bekannt zu geben, wann, also an welchem Tag, Herrn D. der genannte Bescheid zugekommen sei.

13. Herr D. gab mit E-Mail Nachricht vom 23. August 2018, eingelangt beim Verwaltungsgericht Wien am 24. August 2018 bekannt, dass er persönlich keine Benachrichtigung bezüglich des Bescheides in keinerlei Weise erhalten habe, er habe den Bescheid wahrscheinlich aufgrund der entstandenen Verwaltungsgebühren erst nach Entrichtung dieser und Aushändigung des Bescheides an den Beschwerdeführer durch den Beschwerdeführer am 16. März 2018 zur Kenntnis nehmen dürfen. Auf nochmaligen Hinweis des Verwaltungsgerichtes am 24. August 2018 auf den Inhalt des Schreibens vom 25. Juli 2018, gab Herr C. D. in seiner E-Mail Nachricht vom 24. August 2018 an, dass er den angefochtenen Bescheid weder körperlich noch fernschriftlich erhalten habe. Er habe von diesem Bescheid und dessen Inhalt erst nach Aushändigung an den Beschwerdeführer am 16. März 2018, am selben Tag durch vom Beschwerdeführer an seine Person zugesandte Kopie erhalten und zur Kenntnis genommen.

II. Sachverhalt:

1. Im – dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren zugrunde liegenden – Verfahren vor der belangten Behörde haben sich der Beschwerdeführer bzw. Herr C. D. auf die oben dargestellte Vollmacht vom 25. Februar 2014 berufen. Von der Bevollmächtigung des C. D. war (auch) die Vertretung im verwaltungsbehördlichen Verfahren erfasst.

2. Der Bescheid der Wiener Landesregierung vom 22. Dezember 2017 wurde seitens der belangten Behörde nur dem Beschwerdeführer persönlich am 16. März 2018 via die Österreichische Botschaft in G. zugestellt, nicht aber seinem Vertreter C. D..

2.1. Als Bescheidadressat im Bescheidkopf des Bescheides vom 22. Dezember 2017 ist A. B., ... F., Tunesien, angeführt. Eine gesonderte Zustellverfügung ist dem Bescheid nicht zu entnehmen.

3. Herr C. D. ist deutscher Staatsangehöriger. Sein Wohnsitz liegt in Deutschland, H., .... Herr C. D. hat die dem Beschwerdeführer persönlich zugestellte Bescheidausfertigung im Original nicht körperlich in Empfang genommen. Er hat am 16. März 2018 vom angefochtenen Bescheid insoweit Kenntnis erhalten, als ihm der Beschwerdeführer eine Kopie zugesandt hat.

III. Beweiswürdigung:

Die oben getroffenen Feststellungen zum Inhalt des verwaltungsbehördlichen Akt bzw. zur Bescheidzustellung gründen sich auf dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, an dessen Echtheit und Vollständigkeit kein Grund zu zweifeln besteht, insbesondere auch auf die Vollmacht vom 25. Februar 2014.

Der festgestellte Umstand, dass Herr C. D. deutscher Staatsangehöriger ist, beruht auf seinen Angaben und dem vorgelegten Auszug aus seinem deutschen Reisepass. Seine in Deutschland gelegene Wohnanschrift ergibt sich aus der im verwaltungsbehördlichen Akt einliegenden Vollmacht vom 25. Februar 2014. Der Zeitpunkt bzw. der Weg der Kenntnisnahme des angefochtenen Bescheides durch Herrn C. D. ergibt sich aus dessen Ausführungen im E-Mail vom 24. August 2018.

IV. Rechtlich folgt:

§ 10 AVG in der gegenständlich maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 100/2011 lautet:

"Vertreter

§ 10. (1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

(3) Als Bevollmächtigte sind solche Personen nicht zuzulassen, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben.

…"

§ 9 ZustG in der anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 5/2008 lautet (soweit vorliegend maßgeblich):

"Zustellungsbevollmächtigter

§ 9. (1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

(2) Einer natürlichen Person, die keinen Hauptwohnsitz im Inland hat, kann eine Zustellungsvollmacht nicht wirksam erteilt werden. Gleiches gilt für eine juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft, wenn diese keinen zur Empfangnahme von Dokumenten befugten Vertreter mit Hauptwohnsitz im Inland hat. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des Zustellungsbevollmächtigten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

…"

1. Im gegenständlichen verwaltungsbehördlichen Verfahren wurde die Bevollmächtigung des Herrn C. D. durch den Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde geltend gemacht und eine Vollmachtsurkunde vorgelegt. Vom Umfang der Bevollmächtigung des C. D. war (auch) die Vertretung im gegenständlichen verwaltungsbehördlichen Verfahren erfasst.

2. Die gegenständliche Vollmacht, die als allgemeine Vertretungsvollmacht im Sinne des § 10 AVG zu werten war, schloss auch die Zustellungsbevollmächtigung mit ein (vgl. etwa VwGH 17.06.2003, 2003/05/0010, VwGH 08.05.2008, 2007/06/0167).

3. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid keine Ausführungen zur vorgelegten Vollmacht getroffen. Sie ist offenbar auch nicht von einer mangelhaften Vollmacht ausgegangen, da kein Mängelbehebungsauftrag erlassen wurde. Aus der E-Mail Korrespondenz der belangten Behörde mit Herrn C. D. vom 7. und 8. Februar 2017 geht jedoch hervor, dass die belangte Behörde ein behördliches Schriftstück betreffend Parteiengehör aufgrund des Umstandes, dass er nicht zur berufsmäßigen Vertretung befugt sei, nicht dem Bevollmächtigten zugestellt hat.

3.1. Dazu ist jedoch festzuhalten, dass im Verwaltungsverfahren weder absoluter noch relativer Anwaltszwang herrscht (vgl. VwSlg 1982 A/1951 sowie Hengstschläger/Leeb, AVG § 10 Rz 1, Stand 1.1.2014, rdb.at). Es sind auch ansonsten keine Hinweise aktenkundig, dass die Vertretung des Beschwerdeführers durch den deutschen Staatsangehörigen C. D. im gegenständlichen Fall unzulässig wäre.

4. Gemäß § 9 Abs. 2 erster Satz ZustG kann einer natürlichen Person, die keinen Hauptwohnsitz im Inland hat, eine Zustellungsvollmacht nicht wirksam erteilt werden. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt jedoch gemäß § 9 Abs. 2 letzter Satz ZustG nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des Zustellungsbevollmächtigten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

5. Bei der Erteilung einer Zustellungsvollmacht an einen EWR-Bürger – C. D. ist deutscher Staatsangehöriger – ist also vom Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland abzusehen, sofern die Zustellungen durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des Zustellungsbevollmächtigten – wie im gegenständlichen Fall durch den Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990 – sichergestellt sind. Der Bescheid wäre daher an den (zustell-)bevollmächtigten deutschen Staatsangehörigen an seiner aktenkundigen Adresse in Deutschland zuzustellen gewesen, da ab dem Zeitpunkt an dem das Bestehen eines Vollmachtsverhältnisses der Behörde gegenüber nachgewiesen wird, dem (Zustell-)Bevollmächtigten mit Wirkung für die Partei zuzustellen ist (VwGH 22.03.1993, 92/13/0151).

6. Die gegenständliche Bevollmächtigung im verwaltungsbehördlichen Verfahren hatte die Wirkung, dass dem (Zustell-)Bevollmächtigten C. D. alle Schriftstücke bei sonstiger Unwirksamkeit zuzustellen sind und dieser als Empfänger zu bezeichnen ist (vgl. etwa VwGH 11.11.2013, 2012/22/0120). Gegenständlich wurde im Bescheid der Empfänger unrichtig bezeichnet, da der Beschwerdeführer selbst angeführt wurde (eine gesonderte Zustellverfügung liegt nicht vor). Die Zustellung an den Vollmachtgeber war aber unwirksam.

7. § 9 Abs. 3 letzter Satz ZustG ist für die Heilung eines Zustellmangels, der in der unrichtigen Bezeichnung des Empfängers liegt, lex specialis gegenüber § 7 ZustG. Während § 7 ZustG keine Heilung einer unrichtigen Empfängerbezeichnung zulässt, heilt nach § 9 Abs. 3 letzter Satz ZustG der in der unrichtigen Bezeichnung des Empfängers gelegene Mangel, wenn das Dokument dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich zukommt (vgl. Bumberger/Schmid, ZustG, § 9, K24).

8. Gegenständlich hat Herr C. D. am 16. März 2018 vom angefochtenen Bescheid insoweit Kenntnis erhalten, als ihm der Beschwerdeführer eine Kopie zugesandt hat. Die Kenntnis des Vertreters vom Bescheidinhalt durch Übermittlung einer Telekopie oder Fotokopie stellt jedoch kein "tatsächliches Zukommen" des Bescheides gegenüber dem Vertreter dar. Maßgeblich ist für den Tatbestand des "tatsächlichen Zukommens", dass der Bescheid im Original vom Vertreter tatsächlich (körperlich) in Empfang genommen wird (vgl. VwGH 11.11.2013, 2012/22/0120, VwGH 16.07.2014, 2013/01/0173).

9. Mangels rechtswirksamer Zustellung und des Nichtvorliegens der Voraussetzung für eine Heilung der Zustellung liegt somit kein anfechtbarer (erlassener) Bescheid vor, weshalb die Beschwerde (mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes) zurückzuweisen war.

10. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gegenständlich gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

11. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen (oben zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Prozessvollmacht; Zustellverfügung; Zustellungsbevollmächtigter; Wohnsitzerfordernis; EWR-Vertragsstaat; formeller Empfänger; Zustellmangel; Heilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.152.044.5488.2018

Zuletzt aktualisiert am

06.11.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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