TE Lvwg Beschluss 2018/1/23 VGW-241/041/14589/2017/VOR

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Veröffentlicht am 23.01.2018
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Entscheidungsdatum

23.01.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VwGVG §33
VwGVG §54 Abs1
VwGVG §54 Abs3
AVG §33 Abs4

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Suchomel über die Vorstellung der Frau H. R. gegen das Erkenntnis des VGW vom 09.10.2017, GZ: VGW-241/041/RP07/12958/2017-3, betreffend Beschwerde gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 03.08.2017, GZ: … den

BESCHLUSS

gefasst:

I.     Die Vorstellung wird gemäß § 54 Abs. 3 iVm § 31 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

II.    Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 21.11.2017 wird gemäß § 31 iVm 33 VwGVG abgewiesen.

III.  Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Begründung

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 09.10.2017, GZ: VGW-241/041/RP07/12958/2017, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 03.08.2017, Zl. …, als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Das Erkenntnis enthielt eine richtige und vollständige Rechtsmittelbelehrung und wurde laut dem im Gerichtsakt einliegenden Zustellnachweis am 11.10.2017 zugestellt .

Die von der Beschwerdeführerin gegen dieses Erkenntnis erhobene Vorstellung wurde dem Verwaltungsgericht Wien per E-Mail am 26.10.2017 um 15:17 Uhr zugestellt.

Das Verwaltungsgericht Wien hielt der Vorstellungswerberin mit Schreiben vom 30.10.2017 vor, dass das Erkenntnis am 11.10.2017 zugestellt wurde, weshalb die zweiwöchige Vorstellungsfrist (§ 54 Abs. 3 VwGVG) am 25.10.2017 endete, und dass die mit 26.10.2017 datierte Vorstellung am 26.10.2017 um 15:17 Uhr – somit außerhalb der Amtsstunden – per E-Mail übermittelt wurde, weshalb sie gemäß § 13 Abs. 2 und Abs. 5 AVG erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden am 27.10.2017 (um 7:30 Uhr) als eingebracht galt. Gleichzeitig wurde der Vorstellungswerberin die Gelegenheit geboten, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens zur Frage der Verspätung ihrer Vorstellung eine Stellungnahme abzugeben.

Mit Schriftsatz vom 21.11.2017 führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie erst mit 26.10.2017 Vorstellung erhob auf Grund eines unvorhergesehen Ereignisses und minderen Grad des Versehens, da sie die Berechnung einer Wochenfrist falsch in Erinnerung gehabt hätte.

In der Folge stellte die Einschreiterin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begehrte diesen wie folgt:

" Begründung des Wiedereinsetzungsantrags:

Aufgrund eines unvorhergesehenen Ereignisses und eines minderen Grades des Versehens habe ich die Frist zur Erhebung der Vorstellung versäumt, da ich die Berechnung einer Wochenfrist falsch in Erinnerung hatte. Ich habe fälschlicherweise angenommen, dass der Fristlauf erst mit dem auf das fristauslösende Ereignis folgenden Tag beginnt, weswegen ich die Vorstellung einen Tag verspätet erhoben habe. Dieser Denkfehler hat sich dadurch ergeben, dass ich zurzeit unter großem Druck stehe. Erstens befinde ich mich gerade in der Vorbereitungsphase auf eine große Prüfung im Studium (Prüfungstermin am 29.11.2017, ab 9 Uhr schriftlich bei Prof. K.). Zweitens bin ich seit Wochen damit belastet, eine Küche für meine Wohnung zu planen, Angebote zu vergleichen, etc, da keine vollwertige Küche in meiner Wohnung vorhanden ist, ich eine solche aber dringend benötige. Da mein Budget limitiert ist, ist der Planungsaufwand zusätzlich erhöht. Da ich kein Auto besitze, sind alle Wege sehr zeitaufwändig. Aufgrund der fehlenden Küche bin ich zusätzlich auch viel am Pendeln zwischen meiner Wohnung, der meines Freundes und meiner vorigen Wohnstätte. Die finanziell angespannte Situation bereitet mir außerdem Sorge.

In dieser Situation ist es leider passiert, dass ich aufgrund der angeführten Belastungen die Fristberechnung falsch in Erinnerung hatte. Ich bin generell ein gut organisierter, selbstständiger und pünktlicher Mensch. Dies kann ich auch dadurch bescheinigen, dass ich mein rechtswissenschaftliches Studium bis jetzt in Mindestzeit absolviert habe. Ich bitte auch zu berücksichtigen, dass ich noch Studierende und unvertreten bin. Ich habe keine fremde Hilfe in diesem Verfahren, das ich mit größtem Bemühen betreibe. Aufgrund der besonderen Situation und des großen Drucks ist es leider zu meinem Versehen hinsichtlich der Frist gekommen. Ich bitte mir dieses nachzusehen und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.“

Zur Verspätung der Vorstellung:

Gemäß § 54 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG kann gegen Erkenntnisse und Beschlüsse eines Rechtspflegers Vorstellung beim zuständigen Mitglied des Verwaltungsgerichtes erhoben werden. Die Frist zur Erhebung der Vorstellung beträgt zwei Wochen (§ 54 Abs. 3 VwGVG).

Da die Zustellung des durch die Landesrechtspflegerin ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes Wien unbestritten am 11.10.2017 erfolgte und die zweiwöchige Vorstellungsfrist, bei der es sich um eine durch Gesetz
(§ 54 Abs. 3 VwGVG) festgesetzte Frist handelt, die gemäß § 33 Abs. 4 AVG vom Verwaltungsgericht nicht erstreckt werden kann, somit am 11.10.2017 zu laufen begann und am 25.10.2017 endete, ist die vorliegende am 26.10.2017 per E-Mail unbestritten um 15:17 Uhr, außerhalb der Amtsstunden, übermittelte Vorstellung, da sie erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden am 27.10.2017 als eingebracht galt, verspätet (siehe dazu VfGH 03.03.2014, G 106/2013, sowie VwGH 23.05.2012, 2012/08/0102).

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist maßgebliche Voraussetzung für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet allein die Versäumung der Rechtsmittelfrist und nicht auch ein allfälliges Verschulden der Partei an der Verspätung (vgl. VwGH 11.7.1988, 88/10/0113; 28.4.1993, 93/02/0051). Anders gesagt kommt es lediglich auf die terminliche Einhaltung der gesetzlichen Rechtsmittelfrist und nicht auf etwaige Hinderungsgründe für die rechtzeitige Erhebung des Rechtsmittels an (vgl. VwGH 29.3.2001, 2001/20/0109; 27.4.2004, 2004/21/0014).

Im Falle der verspäteten Einbringung eines Rechtsmittels ist es der Behörde bzw. dem nunmehr zuständigen Verwaltungsgericht (hier: infolge der eingetretenen Rechtskraft des Erkenntnisses der Landesrechtspflegerin) verwehrt, auf das (materielle) Rechtsmittelvorbringen einzugehen und eine Sachentscheidung zu treffen (vgl. etwa VwGH 19.5.1994, 93/07/0167; 16.5.1997, 95/19/1303; 22.2.2001, 2000/20/0504). Ist die Vorstellung verspätet eingebracht worden, reicht die aus der Einbringung der Vorstellung erwachsende Zuständigkeit des Richters des Verwaltungsgerichtes nur soweit, dass er die Vorstellung durch verfahrensrechtlichen Beschluss zurückzuweisen hat (vgl. dazu sinngemäß VwGH 16.5.1997, 95/19/1303; 22.2.2001, 2000/20/0504).

Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

§ 33 VwGVG regelt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten und lautet:

(1)    Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2)    Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags

       oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(3)    Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

        

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

 2.     nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat, bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4)    Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(5)    Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6)    Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt.

Vorweg ist dazu auszuführen, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. 2006/13/0061 vom 31.05.2006) die Frist für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrages bereits ab der objektiven Erkennbarkeit zu laufen beginnt. Bei strenger Sichtweise hätte die Beschwerdeführerin die ihre Vorstellung mit 26.10.2017 datiert hat und in dieser die Zustellung des Erkenntnisses mit 12.10.2017 anführte und in einem ebenfalls vom 26.10.2017 stammenden ergänzenden Schriftsatz ausgeführte die Zustellung sei am 11.10.2017 erfolgt, bereits am 26.10.2017 die Fristversäumnis erkennen können, womit der am 21.11.2017 gestellte Wiedereinsetzungsantrag verspätet und somit zurückzuweisen wäre.

Aber auch inhaltlich liegt kein Grund für die Gewährung der Wiedereinsetzung vor:

Unabwendbar im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGVG ist ein Ereignis dann, wenn sein Eintritt objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden kann; unvorhergesehen ist es hingegen, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und seinen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte (siehe zu den gleichlautenden Begriffen in § 71 AVG etwa VwSlg 9024 A sowie VwGH 10.10.1991,91/06/0162 sowie vom 22.9.1992, 92/04/0194). Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, das heißt die im Verkehr mit Behörde und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (siehe etwa VwGH vom 10.2.1994, 94/18/0038).

Der gegenständliche Wiedereinsetzungsantrag wird im Wesentlichen damit begründet, dass die Vorstellung deshalb verspätet eingebracht worden ist, weil die Beschwerdeführerin durch verschiedene private Erledigungen sich die Frist falsch gemerkt habe. Die vorgebrachten Gründe sind jedoch weder unvorhergesehen noch unabwendbar. Prüfungen sind ein essentieller Bestandteil der Tätigkeit von Studenten. Das Wechseln zwischen Wohnsitzen, insbesondere die teilweise Benützung der Wohnung des Freundes ist ebensowenig unabsehbar, wie die Planung einer neuen Küche.

Die Beschwerdeführerin hätte jedenfalls die Verpflichtung gehabt, sich vor der Einbringung des Rechtsmittels entsprechend zu informieren. Die Beschwerdeführerin ist, wie sie selbst ausführt, Jus Studentin. Die Einhaltung von Fristen in gerichtlichen Verfahren ist allgemein bekannt, sie hat offenbar keine Vorsorge getroffen das Ende der Frist zu vermerken. Wenn sie offenbar den privaten Angelegenheiten mehr Aufmerksamkeit als der Beachtung gerichtlicher Fristen schenkt, zudem keinerlei effiziente Maßnahmen zur Beachtung der Fristen gesetzt wurden, liegt auch kein minderer Grad des Versehens vor.

Das Verwaltungsgericht Wien sieht insgesamt gegenständlich keinen Anlass, von der ständigen höchstgerichtlichen Judikatur abzuweichen, weshalb der Wiedereinsetzungsantrag spruchgemäß abzuweisen war.

U n z u l ä s s i g k e i t d e r o r d e n t l i c h e n R e v i s i o n

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Vorstellung; Frist; nicht erstreckbare; Wiedereinsetzung, Antrag auf; unvorhergesehenes Ereignis; minderer Grad des Versehens; leichte Fahrlässigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.241.041.14589.2017.VOR

Zuletzt aktualisiert am

30.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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