TE Lvwg Erkenntnis 2018/6/19 LVwG-1-310/2017-R4

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Veröffentlicht am 19.06.2018
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Entscheidungsdatum

19.06.2018

Norm

32009R1069 Tiermaterialien Art 21 Abs2
32011R0142 Art 17
TMG 2004 §14 Z13
VStG §44a Z1

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Schneider über die Beschwerde des B S, D-T, vertreten durch RA Thomas Braun, D-Dietershofen, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft D vom 15.03.2017, Zl X-9-2016/30599, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.   Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten Folgendes zur Last gelegt:

„Sie haben nachstehende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

Sie haben es als gemäß § 9 VStG verantwortliches zur Vertretung nach außen berufenes Organ (Geschäftsführer) der Firma A GmbH mit Sitz in D-T, Dstraße, zu verantworten, dass die genannte Firma nachstehende Transporte von Gärsubstrat (tierisches Nebenprodukt) der Kategorie 3 ohne die erforderlichen korrekt ausgefüllten Handelspapiere nach Österreich durchführte, obwohl Unternehmer sicherzustellen haben, dass tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte während des Transportes von Handelspapieren und Veterinärbescheinigungen begleitet werden, die den in Anhang VIII Kapitel III festgelegten Anforderungen entsprechen. Hierzu gehören gemäß dem Handelspapiermuster aus Anhang VIII Kapitel III unter anderem Angaben zum Absender, zum Empfänger und zum Herstellungsbetrieb.

Folgende Lieferungen wurden durchgeführt:

1.  am 29.03.2016,
Liefermenge: 26.600 kg,
Kategorie: Gärsubstrat der Kategorie 3 TNP,
Empfänger: T B in H, R;
Der tatsächliche Empfänger - nämlich Herr T B - war im Handelspapier nicht enthalten, weiters fehlten Angaben, die erkennbar den Herstellungsbetrieb der Gärsubstrate ausweisen.

2.  am 29.03.2016,
Liefermenge: 25.160 kg
Kategorie: Gärsubstrat der Kategorie 3 TNP,
Empfänger: T B in H, R;
Der tatsächliche Empfänger - nämlich Herr T B - war im Handelspapier nicht enthalten, weiters fehlten Angaben, die erkennbar den Herstellungsbetrieb der Gärsubstrate ausweisen.

3.  am 05.04.2016,
Liefermenge: 26.080 kg,
Kategorie: Gärsubstrat der Kategorie 3 TNP,
Empfänger: T B in H, R;
Der tatsächliche Empfänger - nämlich Herr T B - war im Handelspapier nicht enthalten, weiters fehlten Angaben, die erkennbar den Herstellungsbetrieb der Gärsubstrate ausweisen.

4.  am 07.04.2016,
Liefermenge: 25.580 kg,
Kategorie: Gärsubstrat der Kategorie 3 TNP,
Empfänger: T B in H, R;
Der tatsächliche Empfänger - nämlich Herr T B - war im Handelspapier nicht enthalten, weiters fehlten Angaben, die erkennbar den Herstellungsbetrieb der Gärsubstrate ausweisen.

Tatort:

H, R

5.  am 31.03.2016,
Liefermenge: 26.520 kg,
Kategorie: Gärsubstrat der Kategorie 3 TNP,
Empfänger: M H in L, Vstraße;
Im Handelspapier fehlten Angaben, die erkennbar den Herstellungsbetrieb der Gärsubstrate ausweisen.

Tatort:

L, Vstraße

6.  am 05.04.2016,
Liefermenge: 26.520 kg,
Kategorie: Gärsubstrat der Kategorie 3 TNP,
Empfänger: A F in D, M;
Im Handelspapier fehlten Angaben, die erkennbar den Herstellungsbetrieb der Gärsubstrate ausweisen.

Tatort:

D, M

7.  am 14.04.2016,
Liefermenge: 104 cbm,
Kategorie: Gärsubstrat der Kategorie 3 TNP,
Empfänger: T H in L, Bstraße;
Im Handelspapier fehlten Angaben, die erkennbar den Herstellungsbetrieb der Gärsubstrate ausweisen.

Tatort:

L, Bstraße

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.  Artikel 21 Abs. 2 VO 1069/2009 i.V.m. Artikel 17 VO (EG) 142/2011 i.V.m. § 14 Z. 13 Tiermaterialiengesetz, BGBl.Nr. 141/2003

2.  Artikel 21 Abs. 2 VO 1069/2009 i.V.m. Artikel 17 VO (EG) 142/2011 i.V.m. § 14 Z. 13 Tiermaterialiengesetz, BGBl.Nr. 141/2003

3.  Artikel 21 Abs. 2 VO 1069/2009 i.V.m. Artikel 17 VO (EG) 142/2011 i.V.m. § 14 Z. 13 Tiermaterialiengesetz, BGBl.Nr. 141/2003

4.  Artikel 21 Abs. 2 VO 1069/2009 i.V.m. Artikel 17 VO (EG) 142/2011 i.V.m. § 14 Z. 13 Tiermaterialiengesetz, BGBl.Nr. 141/2003

5.  Artikel 21 Abs. 2 VO 1069/2009 i.V.m. Artikel 17 VO (EG) 142/2011 i.V.m. § 14 Z. 13 Tiermaterialiengesetz, BGBl.Nr. 141/2003

6.  Artikel 21 Abs. 2 VO 1069/2009 i.V.m. Artikel 17 VO (EG) 142/2011 i.V.m. § 14 Z. 13 Tiermaterialiengesetz, BGBl.Nr. 141/2003

7.  Artikel 21 Abs. 2 VO 1069/2009 i.V.m. Artikel 17 VO (EG) 142/2011 i.V.m. § 14 Z. 13 Tiermaterialiengesetz, BGBl.Nr. 141/2003

Wegen dieser/diesen Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Zu

Geldstrafe

falls diese uneinbringlich

Gemäß

 

Euro

ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

 

1

350,00

10 Stunden

§ 14 Z. 13 Tiermaterialiengesetz, BGBl.Nr. 14/2003

2

350,00

10 Stunden

§ 14 Z. 13 Tiermaterialiengesetz, BGBl.Nr. 14/2003

3

350,00

10 Stunden

§ 14 Z. 13 Tiermaterialiengesetz, BGBl.Nr. 14/2003

4

350,00

10 Stunden

§ 14 Z. 13 Tiermaterialiengesetz, BGBl.Nr. 14/2003

5

200,00

8 Stunden

§ 14 Z. 13 Tiermaterialiengesetz, BGBl.Nr. 14/2003

6

200,00

8 Stunden

§ 14 Z. 13 Tiermaterialiengesetz, BGBl.Nr. 14/2003

7

200,00

8 Stunden

§ 14 Z. 13 Tiermaterialiengesetz, BGBl.Nr. 14/2003

Zu

Freiheitsstrafe

Gemäß

 

 

 

Ferner haben Sie zu bezahlen:

Betrag

Für

Euro

 

200,00

Strafverfahrenskosten gemäß § 64 Abs.1+2 VStG

Zu zahlender Gesamtbetrag (Strafe/Barauslagen):

Euro    2.200,00“

2.              Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor, dass der Bescheid am 15.03.2017 erlassen worden sei. Insoweit sei die hiermit eingereichte Beschwerde rechtzeitig eingebracht worden, da der Fristablauf der 13.04.2017 sei. Der erlassene Bescheid sei rechtswidrig. Unter Bezugnahme auf die Bestätigung des Herrn D S, Fahrer der jeweiligen Transporte, vom 05.10.2016 sei klar erkennbar, dass sowohl der Herkunftsbetrieb als auch der in den Verkehr Bringer/Transporteur sowie der Endabnehmer aus den vorliegenden Papieren, die gemeinsam in einem Umschlag während der Fahrt aufbewahrt worden seien, erkennbar gewesen sei. Die Handelspapiere hätten während der Fahrt ordnungsgemäß vorgelegen. Sämtliche Anforderungen (Angabe zum Absender, Empfänger und zum Herstellungsbetrieb) hätten vorgelegen und wären für eine Kontrollbehörde unverzüglich kontrollierbar und nachvollziehbar gewesen. Der Beschuldigte habe den Nachweis durch die Angaben des Fahrers belegen und den Vorwurf entkräften können. Denklogisch stünden keine anderen Beweismittel als der Fahrer zur Verfügung. Es werde daher die Einstellung in diesem Verfahren begehrt.

3.              Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß Art 21 Abs 2 VO Nr 1069/2009 stellen Unternehmer sicher, dass tierische Nebenprodukte und daraus gewonnene Produkte beim Transport von einem Handelspapier begleitet werden.

Gemäß Art 17 der VO (EG) Nr 142/2011 haben Unternehmer sicherzustellen, dass tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte während des Transports von Handelspapieren und Veterinärbescheinigungen begleitet werden, die den in Anhang VIII Kapitel III festgelegten Anforderungen entsprechen. Hierzu gehören gemäß dem Handelspapiermuster aus Anhang VIII Kapitel III ua Angaben zum Absender (siehe Feld Nr I.1.), zum Empfänger (siehe Feld Nr I.5.) und zum Herstellungsbetrieb (siehe Feld Nr I.31).

Gemäß § 14 Z 13 Tiermaterialiengesetz begeht, wer gegen Gebote oder Verbote der Verordnung (EG) Nr 1069/2009 oder der Verordnung (EU) Nr 142/2011 verstößt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung erfüllt oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 Euro zu bestrafen.

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl VwGH verst. Sen. 13.06.1984, Slg 11466 A).

Um dem im § 44a Z 1 VStG enthaltenen Konkretisierungsgebot zu entsprechen, ist es erforderlich, die Tat hinsichtlich aller wesentlichen Tatbestandselemente vollständig zu umschreiben. Die dem Beschuldigten vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen liegen (nur) dann vor, wenn nicht sichergestellt wurde, dass tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte während des Transports von Handelspapieren und Veterinärbescheinigungen begleitet werden (siehe Art 17 der VO [EG] Nr 142/2011 und Art 21 Abs 2 VO Nr 1069/2009). Aus der Sachverhaltsdarstellung des Amtes der Vorarlberger Landesregierung vom 12.05.2016, Zl Va-4860-40, samt angeschlossenen Anlagen in Verbindung mit dem Schreiben vom 29.8.2916, Zl Va-4860-88, ergibt sich, dass die in Rede stehenden Lieferungen der Gärsubstrate von der Schweiz, nämlich von der Biogasanlage B E AG in M über den Grenzübergang S M/H nach Österreich zu verschiedenen Vorarlberger Landwirten verbracht worden sind. Für die Konkretisierung der Tatumschreibung wäre die Aufnahme dieses Transportweges in den Spruch - neben der Anführung der im Handelspapier festgestellten Mängel - erforderlich gewesen (vgl. dazu Anforderungen an die spezifischen Eintragungen im Handelspapier: „ … während des Transports … “). Die nach dem Art 17 der VO (EG) Nr 142/2011 auferlegten Verpflichtungen während des Transports (ähnlich VwGH 2003/03/0199 zu § 8 TGSt) dienen ua dem Zweck, anlässlich einer Kontrolle und auch danach die Rechtmäßigkeit des Transportes und des deklarierten Transportgutes, gerade bei einer Verbringung desselben vom Ausland nach Österreich, sofort überprüfen zu können. Die bloße Anführung der Empfängeradresse der Gärsubstrate - ohne näheren Hinweis für eine stattgefundene Transportfahrt (mit Umschreibung des Transportes zumindest mit: „Transport von …. bis …“) -, die von entsprechend ausgefüllten Handelspapieren begleitet werden muss, vermag diesem als wesentlich anzusehenden Erfordernis nicht zu genügen. Überdies wäre es im gegenständlichen Fall im Hinblick auf den Transport von tierischen Produkten geboten gewesen, auch das Transportmittel (Angabe des jeweiligen LKW-Kennzeichens bzw. Aufliegerkennzeichens/siehe dazu Eintragungen im Handelspapier) und den jeweiligen Lenker (siehe dazu jeweils die auf den Wiegescheinen der B E AG aufscheinenden, namentlich angeführten Lenker) anzuführen, um die vorgeworfenen Tathandlungen einem konkreten Transport zuzuordnen; dies ist in den gegenständlichen Fällen deshalb von Bedeutung, weil es sich um an verschiedenen Tagen mit verschiedenen Transportmitteln und unterschiedlichen Lenkern durchgeführte Transporte handelt.

Für die Strafbarkeit einer Übertretung der zitierten Bestimmungen ist es maßgeblich, dass diese als essentiell anzusehenden Tatbestandsmerkmale innerhalb der Verjährungsfrist nach § 31 Abs 2 VStG vorgeworfen werden; da innerhalb der Verjährungsfrist kein entsprechender Vorhalt erfolgte und der Spruch des Straferkenntnisses – wie ausgeführt – wesentliche Tatbestandsmerkmale vermissen lässt, war dem Verwaltungsgericht eine Sanierung dieses Mangels verwehrt (vgl VwGH 26.04.2007, 2003/03/0173). Das Straferkenntnis war daher schon aus diesem Grund aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

4.              Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Tiermaterialgesetz, Tatumschreibung, Transport, Handelspapiere

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2018:LVwG.1.310.2017.R4

Zuletzt aktualisiert am

16.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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