Entscheidungsdatum
08.02.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W164 2130842-2/21E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , STA Österreich, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 30.06.2016, Zl. VSNR XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 und Abs 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) teilweise stattgegeben:
Spruchpunkt 5 des angefochtenen Bescheides wird im Umfang seiner Vorschreibung von Verzugszinsen insoweit abgeändert, als der BF die zum 20.1.2016 angefallenen Verzugszinsen iHv € 1127,59, jedoch keine Verzugszinsen für die Zeit ab 21.1.2016 zu entrichten hat.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Zur Vorgeschichte:
Mit Bescheid vom 27.1.2016 sprach die Pensionsversicherungsanstalt aus, dass eine gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer bestehende Forderung der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft (im Folgenden SVA) in Höhe von € 3.127,07 zuzüglich Verzugszinsen auf den Leistungsanspruch des nunmehrigen Beschwerdeführers in monatlichen Raten angerechnet werde.
Gegen diesen Bescheid erhob der nunmehrige Beschwerdeführer Klage an das Arbeits- und Sozialgericht Wien und führte aus, es liege seiner Meinung nach ein Irrtum vor. Er habe im Inland kein Einkommen erzielt. Es sei daher keine Abgabe zu leisten gewesen.
Die Pensionsversicherungsanstalt bestritt als beklagte Partei, verwies auf einen Rückstandsausweis der SVA und regte die Unterbrechung des Verfahrens an.
Das Arbeits- und Sozialgericht unterbrach mit Beschluss 4 CGS 13/16d vom 3.5.2016 das dort anhängige Verfahren gemäß § 74 Abs 1 ASGG zwecks Einleitung eines Verwaltungsverfahrens bei der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft.
Zum nun anhängigen Verfahren:
Mit Bescheid vom 30.6.2016, GZ: 11/mag.ck, stellte die SVA fest, dass der nunmehrige Beschwerdeführer (im Folgenden BF) von 18.7.2007 bis 30.11.2008 der Plichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs 1 Z 3 GSVG unterlegen sei. (Spruchpunkt 1) und dass der BF zum 21.06.2016 verpflichtet sei, einen Betrag von € 2000,70 an rückständigen Beiträgen a) zur Kranken- Pensions- und Unfallversicherung für den Zeitraum 07/2007 bis 09/2007; b) zur Unfallversicherung für den Zeitraum 10/2007 bis 12/2007 und c) zur Kranken- Pensions- und Unfallversicherung sowie Selbständigenvorsorge für den Zeitraum 01/2008 bis 11/2008 zu zahlen. (Spruchpunkt 2). Der BF sei weiters verpflichtet, zum 31.12.2015 Verzugszinsen von € 1.119,37 und ab 01.01.2016 weitere Verzugszinsen von 7,88% aus dem Betrag von € 1.910,17 sowie Nebengebühren von € 7,00 zu bezahlen (Spruchpunkt 3).
Zur Begründung stützte sich die SVA auf das Firmenbuch, FN Nr. XXXX , dem zufolge der BF am 18.07.2007 als Gesellschafter der " XXXX " seine Eintragung als Geschäftsführer des genannten Unternehmens beantragt habe. Am 13.11.2008 sei der Antrag auf Löschung dieser Funktion beim Firmenbuch eingelangt. Laut zentralem Gewerberegister habe die " XXXX GmbH"von 21.05.2007 bis 01.12.2010 über eine Gewerbeberechtigung für die Organisation von privaten Veranstaltungen verfügt.
Das Beitragskonto des BF sei bis 31.12.2006 ausgeglichen gewesen.
Mit Schreiben vom 08.08.2007 habe die SVA den BF darüber verständigt, dass er ab 18.7.2007 aufgrund der Erfüllung der formalen Voraussetzung als Geschäftsführer einer gewerbeberechtigten GmbH der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG sowie in der Unfallversicherung nach dem ASVG unterliege. Der BF sei ersucht worden, die beigelegte Versicherungserklärung ausgefüllt und unterschrieben zu retournieren, damit eine allfällige Ausnahme von der Pflichtversicherung festgestellt werden könne.
Am 25.10.2007 sei bei der SVA ein vom BF mit 15.09.2007 datierter und von einer australischen Adresse abgesendeter Brief eingelangt, mit dem der BF vorgebacht habe, er hätte seinen Wohnsitz in Australien und beabsichtige, diesen nach Triest an eine näher genannte Adresse zu verlegen. Der ihm vorangegangene Geschäftsführer der " XXXX GmbH" habe seine Funktion kurzfristig zurückgelegt. Der BF habe dessen Agenden daher übernehmen müssen. Interimistisch könne er die Geschäftsführung auch vom entfernten Ausland aus wahrnehmen. Um zukünftige Steuerungsmöglichkeiten für die Firma besser wahrnehmen zu können, plane der BF im Januar 2008 nach Europa zurückzukehren und die Geschäftsführung von Italien aus zu übernehmen. Der BF sei in Italien veranlagt und dort unbeschränkt abgaben- und leistungspflichtig. Er habe in Österreich keinen Wohnsitz und keinen Aufenthalt. Ihm seien in Österreich keine Beiträge vorzuschreiben. Der BF habe die an ihn übersandte Versicherungserklärung mit der Erklärung retourniert, dass er aufgrund der in Österreich ausgeübten Erwerbstätigkeit kein Einkommen erwirtschaftet habe.
Von 01.10.2007 bis 22.12.2007 sei der BF Angestellter der " XXXX GmbH" gewesen, deren Geschäftsanschrift ebenso wie die der" XXXX GmbH" in XXXX Wien lag. Die SVA habe mit Schreiben vom 30.10.2007 mit einem an diese Adresse gerichteten Schreiben eine Entsendebestätigung E101 gefordert.
Die für den Zeitraum 07/2007 bis 12/2007 fälligen Beiträge seien dem BF erstmals im 4. Quartal 2007 vorgeschrieben worden. Die Beiträge für die Pflichtversicherung im Jahr 2008 seien dem BF laufend quartalsweise im Jahr 2008 vorgeschrieben worden.
Mit 26.06.2008 habe die SVA eine Zahlungserinnerung an den BF an dessen australische Adresse gerichtet. Mit Schreiben vom 20.7.2008 habe der BF in Beantwortung dieser Zahlungserinnerung mitgeteilt, dass er diese Forderung beeinspruche. Er würde jeden Schriftverkehr mit der SVA einstellen. Alle weiteren Schreiben würden unzustellbar sein, da der BF seinen Wohnsitz wieder ändern würde.
Mit 26.07.2008 habe die SVA einen Kontoauszug für das 3. Quartal 2008 an die australische Adresse des BF gesendet. Dieser sei mit dem Vermerk "unzustellbar" zurückgekommen.
Mit Schreiben vom 02.09.2008 habe die SVA den BF um Übermittlung von Nachweisen betreffend seine selbständige Erwerbstätigkeit in Italien ersucht. Dieses Schreiben habe die SVA sowohl an die bekannte australische Adresse als auch an die seinerzeit vom BF angegebene italienische Adresse gerichtet. Das Schreiben habe an keiner der beiden Adressen zugestellt werden können.
Am "22.06.2010" (Anmerkung: wie im Laufe des Beschwerdeverfahrens geklärt werden konnte war damit die Sondermahnung vom 5.3.2010 gemeint) habe die SVA eine Sondermahnung samt Hinweis, dass diese die Einforderungsverjährung unterbreche, an den BF gerichtet. Da eine Abfrage im zentralen Melderegister keinen inländischen Wohnsitz ergeben habe, habe die SVA diese Sondermahnung ohne Zustellversuch gemäß § 8 Zustellgesetz hinterlegt.
Eine Nachfrage beim zuständigen Finanzamt habe ergeben, dass für den BF in den Jahren 2007 und 2008 keine steuerrechtliche Veranlagung (Einkommenssteuerbescheid) erfolgt sei.
Am 13.09.2011 habe die SVA eine weitere Sondermahnung samt Hinweis, dass diese die Einforderungsverjährung unterbreche, an den BF gerichtet. Da eine Abfrage im zentralen Melderegister keinen inländischen Wohnsitz ergeben habe, habe die SVA auch diese Sondermahnung ohne Zustellversuch gemäß § 8 Zustellgesetz hinterlegt.
Am 27.12.2011 habe die SVA eine weitere Sondermahnung an die Wiener Firmenadresse der " XXXX " gerichtet. In Beantwortung dieses Schreibens brachte der BF mit einem aus Bratislava gesendeten Brief vor, die Forderung bestehe zu Unrecht. Die " XXXX GmbH" verfüge über keinen Gewerbeschein und übe in Österreich keine sozialversicherungswirksame Tätigkeit aus.
Ein Telefonat der SVA mit der auf dem vom BF verwendeten Briefpapier aufscheinenden Telefonnummer ergab, dass es sich bei der vom BF angegebenen Adrese um die Adresse seines Bruders, XXXX , handelte. Dieser habe der SVA in der Folge die aktuelle Adresse des BF mitgeteilt.
Ein reger Schriftverkehr mit dem BF sei gefolgt.
Am 16.09.2014 habe die SVA eine weitere Sondermahnung an die nun bekannte slowakische Adresse des BF gesendet. In Beantwortung dieser Sondermahnung habe der BF mit Schreiben vom 26.09.2014 die Forderung abermals bestritten.
Mit Schreiben vom 11.11.2014 habe die SVA dem BF erneut die festgestellte Pflichtversicherung mitgeteilt und ihn aufgefordert, die von ihm behauptete Sozialversicherung in Italien nachzuweisen.
Mit Schreiben vom 29.1.2015 habe die SVA dem BF die Auslandsexekution angedroht.
Mit 21.01.2016 habe die SVA einen Rückstandsausweis ausgestellt und die Pensionsversicherungsanstalt ersucht, die Beitragsschuld gemäß § 106 ASVG aufzurechnen.
Die Pensionsversicherungsanstalt habe daraufhin mit Bescheid vom 27.01.2016 festgestellt, dass die offene Forderung der SVA ab 01.02.2016 auf den Leistungsanspruch des BF (Alterspension) angerechnet werde. Gegen diesen Bescheid habe der BF Klage an das Arbeits- und Sozialgericht erhoben. Das dort anhängige Verfahren sei zur Klärung der Vorfrage der Versicherungs- und Beitragspflicht unterbrochen worden.
Seit 14.06.2016 scheine im zentralen Melderegister eine österreichische Adresse des BF auf.
Rechtlich stützte sich die SVA zur Feststellung der Pflichtversicherung auf § 2 Abs 1 Z 3 GSVG, der einen Formaltatbestand normiere. Das Vorbringen des BF, er hätte 2007 und 2008 im Inland keine Einkünfte erwirtschaftet, sei daher nicht relevant. Dass der BF in der fraglichen Zeit seine Agenden als Geschäftsführer wahrgenommen habe, habe er selbst mit seinem Schreiben vom 25.10.2007 bestätigt.
Hinsichtlich der nachverrechneten Beiträge stützte sich die SVA auf § 25 Abs 4 Z 1, dritter und vierter Satz GSVG. Dem BF sei die Mindestbeitragsgrundlage vorgeschrieben worden.
Für die Monate Oktober, November und Dezember 2007 habe der BF entsprechend den Bestimmungen über die Mehrfachversicherung keine Beiträge zur Pensions- und Krankenversicherung zu leisten, da er während dieser Zeit Dienstnehmer der " XXXX GmbH" gewesen sei.
Die SVA legte die Berechnung der ausständigen Beiträge, der Verzugszinsen und der Nebengebühren dar.
Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht eine zulässige Beschwerde und brachte vor, er sei zu keiner Zeit Angestellter der XXXX GmbH gewesen und habe auch kein Gehalt aus einer Tätigkeit für dieses Unternehmen bezogen.
Beiträge aus einer allfälligen Pflichtversicherung aufgrund seiner Geschäftsführertätigkeit bei der " XXXX GmbH" wären der " XXXX GmbH" anzulasten, nicht aber dem BF. Der BF habe aus dieser Geschäftsführertätigkeit weder direkt noch indirekt Bezüge erlangt.
Der BF verwies auf die steuerrechtliche Berufungsentscheidung UFSW vom 24.11.2006, RV/1046-W105 und führte aus, dass Sozialversicherungsabgaben dieser Entscheidung zufolge betriebliche Ausgaben seien. Sie könnten daher nicht ex lege auch Privatausgaben sein.
Es wäre auch zu prüfen, von welcher Bemessungsgrundlage die SVA ausging.
Die " XXXX GmbH" sei aufgrund eines europäischen Auftraggebers gezwungen gewesen, ein Gewerbe anzumelden. Dieses sei im November 2007 wieder gekündigt worden.
Der BF sei nicht bereit, Auskunft über seine italienische Versicherung zu geben. Er legte seiner Beschwerde einen italienischen Aufenthaltstitel bei.
Die SVA legte diese Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor.
Mit Schreiben vom 29.6.2017 brachte der BF ergänzend vor, das Gewerbe der " XXXX GmbH" sei während des streitgegenständlichen Zeitraumes abgemeldet gewesen. Der BF sei im Ausland tätig gewesen und habe kein Einkommen bezogen. Es sei dem BF nicht zumutbar, Unterlagen einer Versicherung beizubringen, die nunmehr 10 Jahre zurückliege. Es sei Aufgabe der staatlichen Institutionen, bei den italienischen Institutionen die Zeiten ausheben zu lassen.
Das Bundesverwaltungsgericht hielt am 05.10.2017 eine mündliche Verhandlung ab, zu der der BF und ein Vertreter der belangten Behörde erschienen.
Der BF bestätigte dass er im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (18.7.2007 bis 30.11.2008) die Funktion des Geschäftsführers der " XXXX GmbH" innehatte und Mehrheitsgesellschafter der " XXXX GmbH" war. Bis 18.7.2007 sei sein Sohn Geschäftsführer gewesen. Da dieser plötzlich ausschied habe der BF die Geschäftsführung unter widrigen Umständen übernommen. Die Firma existiere nach wie vor, sie betreibe aber kein Gewerbe. Der BF wisse nicht, wer seinerzeit das Gewerbe angemeldet habe.
Der BF habe in der " XXXX GmbH" im Zeitraum 18.7.2007 bis 30.11.2008 die qualifizierte Mehrheit gehabt. Jedoch sei nicht mit seiner Kenntnis und mit seinem Willen ein Gewerbe betrieben worden.
Die XXXX . GmbH sei eine Beratungsfirma gewesen, und sei ohne Gewerbeberechtigung tätig gewesen. Ein öffentlicher Auftraggeber einer europäische Körperschaft habe dann eines Tages als Voraussetzung für die Auftragsvergabe verlangt, dass die Firma über eine Gewerbeberechtigung verfügen müsse.
Der BF habe am 04.11.2007 von seiner australischen Adresse ein Schreiben an die Wirtschaftskammer Österreich gerichtet, um die Löschung des Gewerbes zu betreiben. Dieses Schreiben sei offenbar untergegangen. Der BF legte das Schreiben vor.
In Australien habe der BF in der hier relevanten Zeit keinen formalen Wohnsitz gehabt, sondern immer wieder kurzfristig bei Freunden gewohnt. Sein Steuerwohnsitz sei von 1982 oder 1984 bis 2009 Italien gewesen.
Seine formale Geschäftsführertätigkeit für die " XXXX GmbH" habe der BF von Australien aus betrieben. Die reale Geschäftsführertätigkeit habe ein in Wien tätiger Mitarbeiter ausgeübt, der auch für die gewerberechtliche Seite zuständig gewesen sei.
Als Geschäftsführer der XXXX . GmbH habe der BF gröbere Entscheidungen getroffen und Akquise betrieben. Er sei viel international unterwegs gewesen. Mit dem Büro in Wien habe er telefonisch und per E-Mail Kontakt gehabt.
Die " XXXX GmbH" habe Beratungsleistungen in der Werbebranche, Konzepte, Texte, Coaching, d.h. Befähigungshilfen für Manager, Trainings angeboten, kurzfristig auch die Durchführung von Events. Für die letztgenannte Tätigkeit habe das Gewerbe angemeldet werden müssen.
Die Kunden hätten sich an den gewerblichen Geschäftsführer oder an den BF gewendet. Die XXXX GmbH habe langfristige Kunden gehabt, mit denen der BF Beziehungen gepflegt habe. Über lange Jahre seien Verträge nur mündlich geschlossen worden. Mit der XXXX sei ein schriftlicher Rahmenvertrag geschlossen worden. Der BF habe telefonisch verhandelt und sei immer wieder in Wien zu Besuch gewesen. Ein Prokurist der XXXX GmbH habe viele Agenden der XXXX GmbH mitgemacht. Dieser habe die Fäden am Betriebsstandort XXXX in der Hand gehabt, wenn der BF nicht da war.
2007/2008 habe sei der BF nach Italien gezogen. Er habe sich aber auch immer wieder in Australien und Österreich aufgehalten. Wann genau er sich wo aufgehalten habe, könne er nicht mehr sagen. Der Umzug sei aus Visa-Rechtlichen Gründen notwendig gewesen. Ab 2009 sei der BF nach Bratislava übersiedelt. In Italien habe der BF mit kurzen Unterbrechungen von 1982 bis 2009 einen Wohnsitz gehabt. Abgesehen von den Aufenthalten in Australien habe er sich auch dort aufgehalten, aber auch in Österreich.
Mit seinem Schreiben vom 29.6.2017 habe der BF angeben wollen, dass er für seine Tätigkeit als Geschäftsführer kein Honorar bezogen habe. Die GmbH habe aber sehr wohl Geschäfte gemacht.
Wie es zur Eintragung seiner unselbständigen Beschäftigung bei XXXX GmbH gekommen sei, sei dem BF unklar. Möglicherweise sei er im Zuge seiner Vortragstätigkeit angemeldet worden.
In der verfahrensgegenständlichen Zeit habe der BF keine Arztbesuche absolvieren müssen. Eine Pension beziehe der BF von Österreich und der Slowakei, nicht von Italien, auch nicht von Australien. Ausgleichszulage beziehe der BF keine.
Der BF beantragte, die Verzugszinsen nach den bestehenden Bestimmungen herabzusetzen.
Mit Schreiben vom 17.10.2017 (Einlangensdatum) führte der BF dazu aus, er beziehe eine österreichische Alterspension von etwa € 260,-- (variierend) brutto, von der € 12 an Krankenversicherungsbeiträgen und € 30 zur Bedienung des Zahlungsrückstandes der SVA abgezogen werde, somit € 220,-- netto. Aus seiner slowakischen Pensionsberechtigung beziehe er € 14,-- monatlich. Eine Ausgleichzulage werde in der Slowakei nicht gewährt. Für die Wohnung bezahle der BF inclusive Betriebskosten und Energie € 550,-- monatlich. Die Lebenshaltung auf bescheidenem Niveau koste weitere €
400,-- bis 500,--. Ein Auskommen sei nur durch die fallweise Unterstützung der Familie möglich. Um "über Wasser" zu bleiben biete der BF fallweise Dienstleistungen im Bildungsbereich an (zwischen 500,-- € und 4000,-- € im Jahr). Die XXXX GmbH habe 2016 einen Verlust von € 50 000,-- angehäuft. Eine Entnahme aus diesem Betrieb sei seit 4 Jahren nicht möglich. Eine Liquidation stehe bevor. Weiters gebe es eine notariell fixierte Schuldverpflichtung aus dem Jahr 2014 gegenüber einem ehemaligen Geschäftspartner für ein erfolgloses Geschäftsprojekt in Höhe von € 100.000,--, die zu bedienen dem Bf derzeit nicht möglich sei. Jede Belastung und Schmälerung seiner Einkommenssituation stelle für den BF eine existenzgefährdende Situation dar.
Im Zuge des daraufhin gewährten Parteiengehörs gab die SVA mit Schreiben vom 9.11.2017 bekannt, dass sie bezogen auf die gegenständliche Beitragsnachforderung einen Verzugszinsen-Stop ab 21.01.2016 veranlasst habe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist seit 16.10.2003 Gesellschafter der im Firmenbuch eingetragenen XXXX GmbH mit Sitz in Wien und Geschäftsanschrift in XXXX Wien, XXXX . Die XXXX GmbH wurde nach den Normen des österreichischen Gesellschaftsrechts gegründet.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 17.07.2007 wurde der BF mit sofortiger Wirkung zum Geschäftsführer dieses Unternehmens bestellt. Am 18.07.2007 wurde die Eintragung dieser Funktion ins Firmenbuch beantragt. Die Funktion wurde mit 24.07.2007 im Firmenbuch eingetragen.
Der BF war zu dieser Zeit Mehrheitsgesellschafter der XXXX GmbH. Er blieb Mehrheitsgesellschafter, bis er im Jahr 2011 Alleingesellschafter wurde.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 13.11.2008 wurde der BF mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer des genannten Unternehmens abberufen. Die Eintragung dieser Abberufung ins Firmenbuch wurde am 13.11.2008 beantragt. Die Eintragung ins Firmenbuch erfolgte am 19.11.2008.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 15.11.2011 wurde der BF erneut mit sofortiger Wirkung zum Geschäftsführer dieses Unternehmens bestellt. Am 16.11.2011 wurde die Eintragung dieser Funktion ins Firmenbuch beantragt. Die Funktion wurde mit 10.12.2011 im Firmenbuch eingetragen.
Die XXXX GmbH verfügt seit 21.05.2007 über die Gewerbeberechtigung "Organisation von privaten Veranstaltungen". Mit 21.05.2012 zeigte die " XXXX GmbH" der Wirtschaftskammer Österreich den Nichtbetrieb des genannten Gewerbes ab 1.12.2010 an.
Für den BF ist im Zentralen Melderegister kein inländischer Wohnsitz ausgewiesen.
Laut Firmenbuch lautete die Adresse des BF als Person bis 10.11.2003 XXXX Wien, XXXX , danach bis 23.05.2011 XXXX Trieste, seit 23.05.2011 lautete die Adresse des BF XXXX Bratislava II, SVK XXXX .
Mit Schreiben vom 15.9.2007 (eingelangt am 25.10.2007) gab der BF bekannt, dass er seinen Wohnsitz in Australien habe, beabsichtige, diesen im Januar 2008 nach Triest an eine näher genannte Adresse (es handelt sich um jene Adresse, die im Firmenbuch aufscheint) zu verlegen und dass er die Geschäftsführung der " XXXX GmbH" von Australien aus wahrnehme.
Mit 30.10.2007 richtete die SVA ein Schreiben an " XXXX c/o XXXX GmbH", XXXX Wien und forderte die Vorlage eines Entsendeformulars E101.
Dieses Schreiben wurde retouniert mit dem Vermerk "retour, Bitte an XXXX Australia"
Die SVA veranlasste daraufhin die Versendung dieses Schreibens an die australische Adresse des BF (ohne Nachweis). Es langte keine Antwort ein.
Mit Schreiben vom 26.6.2008 richtete die SVA eine Sondermahnung an den BF an die genannte australische Adresse.
Der BF beantwortete diese Sondermahnung mit einem Schreiben vom 20.7.2008 (Einlangensdatum 31.7.2008) mit dem der BF mitteilt, er würde ab sofort jeden Schriftverkehr mit der SVA einstellen und würde seinen Wohnsitz ändern. Nachfolgende Schreiben der SVA würden unzustellbar sein. Der BF gab keine neue Zustelladresse bekannt.
Die Vorschreibung des dritten Quartals 2008 (Datum 26.7.2008) wurde dem BF an seine australische Adresse gesandt und kam mit dem Vermerk "unknown at this adress" am 25.9.2008 retour.
Mit zwei gleichlautenden Schreiben vom 2.9.2008 gerichtet an den BF
1) an der über ihm bekannten australischen Adresse und 2) an der im Firmenbuch aufscheinenden italienischen Adresse forderte die SVA den BF erneut auf, Nachweise betreffend einer in Italien ausgeübten selbständigen Erwerbstätigkeit vorzulegen. Beide Schreiben kamen als unzustellbar ("unknown at this adress") retour.
Mit 5.3.2010 richtete die SVA einen Postauftrag über den Mahnsaldo von € 2.699,33 an den BF und stellte diesen durch Hinterlegung gem. § 8 Zustellgesetz ohne Zustellversuch zu. Eine Verständigung über die Hinterlegung dieser Sondermahnung an der Adresse der " XXXX GmbH" erfolgte nicht.
Am 13.09.2011 richtete die SVA eine Sondermahnung von € 2.944,50 an den BF und stellte diese durch Hinterlegung gem. § 8 Zustellgesetz ohne Zustellversuch zu. Eine Verständigung über die Hinterlegung dieser Sondermahnung an der Adresse der " XXXX GmbH" erfolgte nicht und wurde als nicht zweckmäßig angesehen: Die " XXXX GmbH" hatte mit 1.12.2010 das Ruhen des Gewerbes angezeigt.
Mit 20.12.2011 richtete die SVA ein Schreiben an den BF per Adresse der Geschäftsanschrift der XXXX GmbH.
Mit 19.1.2012 beantwortete der BF dieses Schreiben und gab die Adresse XXXX an.
Am 16.9.2014 richtete die belangte Behörde eine Sondermahnung an den BF an seine slowakische Adresse.
Der BF beantwortete dieses Schreiben mit 26.9.2014 und machte Einwendungen gegen die Forderung.
Mit 30.6.2016 erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid.
Aktuell hat der BF seinen Wohnsitz in XXXX -Bratislava XXXX .
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den Akt der belangten Behörde, durch Einsicht in das Firmenbuch FN XXXX und die daran angeschlossenen Urkunden, weiters durch Abhaltung der mündlichen Verhandlung vom 05.10.2017 und durch Einholung einer schriftlichen Auskunft der Wirtschaftskammer vom 17.08.2017 über den Zeitpunkt der Ruhendmeldung des verfahrensgegenständlichen Gewerbes, weiters durch Einholung schriftlicher Stellungnahmen der Verfahrensparteien wie in Punkt 1. "Verfahrensgang" näher ausgeführt wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 194 GSVG gelten (soweit hier maßgeblich) hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes wobei § 414 Abs 2 und 3 ASVG nicht anzuwenden ist (§ 194 Z 5 GSVG).
Gemäß § 414 Abs 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Der Senat besteht aus einem/einer Vorsitzenden RichterIn und zwei fachkundigen Laienrichter/inne/n, von denen der/die eine dem Kreis der DienstnehmerInnen und der/die andere dem Kreis der Dienstgeber anzugehören hat. Der Antrag ist gleichzeitig mit der Beschwerde oder dem Vorlageantrag oder binnen vier Wochen ab Zustellung der Beschwerde einzubringen.
Da § 414 Abs 2 ASVG auf eine Verfahren zur Durchführung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes nicht anzuwenden ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Erfüllung des Pflichtversicherungstatbestandes nach § 2 Abs 1 Z 3
GSVG:
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG in der anzuwendenden Fassung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung die zu Geschäftsführern bestellten Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung pflichtversichert, sofern diese Gesellschaft Mitglied einer der in Z 1 bezeichneten Kammern ist (Anmerkung: Kammer der gewerblichen Wirtschaft) und diese Personen nicht bereits aufgrund ihrer Beschäftigung (§ 4 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) als Geschäftsführer der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz unterliegen oder aufgrund dieser Pflichtversicherung Anspruch auf Kranken- oder Wochengeld aus der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz haben, auch wenn dieser Anspruch ruht, oder auf Rechnung eines Versicherungsträgers Anstaltspflege erhalten oder in einem Kurheim oder in einer Sonderkrankenanstalt untergebracht sind oder Anspruch auf Ersatz der Pflegegebühren gemäß § 131 oder § 150 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes einem Versicherungsträger gegenüber haben.
Gemäß § 3 Abs. 2 Handelskammergesetz in der anzuwendenden Fassung sind Mitglieder jeder Kammer der gewerblichen Wirtschaft alle physischen und juristischen Personen sowie offenen Handelsgesellschaften (Kommanditgesellschaften) und eingetragenen Erwerbsgesellschaften, die zum selbständigen Betrieb von Unternehmungen des Gewerbes, der Industrie, des Handels, des Geld-, Kredit- und Versicherungswesens, des Verkehrs und des Fremdenverkehrs berechtigt sind.
Der BF war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Mehrheitsgesellschafter der XXXX GmbH. Er hat mit Schreiben vom 25.10.2007 und im ZTuge der mündlichen Verhandlung vom 05.10.2017 selbst unbestritten gelassen, dass er seine Funktion tatsächlich wahrgenommen hat. Soweit der BF einwendet, er habe aus der strittigen Tätigkeit keine Bezüge erlangt, muss auf die Gesetzeslage und die dazu ergangene herrschende Judikatur verwiesen werden:
Die Geschäftsführereigenschaft eines Gesellschafters einer GmbH stellt ein formelles Merkmal dar, das das Bestehen einer Pflichtversicherung nach sich zieht. Ist die GmbH Mitglied einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft und liegt keine Pflichtversicherung nach § 4 Abs 2 ASVG vor, so ist der Tatbestand des § 2 Abs 1 Z 3 GSVG erfüllt. Die Pflichtversicherung der in § 2 Abs 1 Z 3 GSVG genannten Personen knüpft an das Formalkriterium der Bestellung zum Geschäftsführer an und besteht unabhängig davon, ob der Gerschäftsführer faktisch tätig wird oder ob er aus der Geschäftsführertätigkeit ein Entgelt bezieht. (vgl. Scheiber in Sonntag /(Hrsg.) GSVG, Linde Verlag 2017, RZ 37, 39 mit Hinweis auf VwGH 2006/08/0321 und 97/08/0551).
Soweit der BF einwendet, die " XXXX GmbH" hätte ihr Gewerbe bereits im November 2007 gekündigt, ist auf die im Beschwerdeverfahren eingeholte Auskunft der Wirtschaftskammer zu verweisen, derzufolge die " XXXX GmbH" das Gewerbe erstmals 21.05.2012 für den Zeitraum ab 1.12.2010 ruhend gemeldet hat. Bezüglich des vom BF anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 05.10.2017 vorgelegten Schreibens vom 14.11.2007 ist davon auszugehen, dass dieses Schreiben der Wirtschaftskammer Österreich nicht zugegangen ist. Die bloße nachträgliche Vorlage dieses Schreibens durch den BF war nicht geeignet, ein anderes Beweisergebnis herbeizuführen. Einen Nachweis der Zustellung dieses Schreibens konnte der BF nicht erbringen.
Soweit der BF sinngemäß einwendet, er wäre im verfahrensgegenständlichen Zeitraum den italienischen Rechtsnormen der Sozialversicherung unterlegen, ist dem entgegenzuhalten, dass der BF während der verfahrensgegenständlichen Zeit Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer der nach den österreichischen Rechtsnormen gegründeten und der Wirschaftskammer Österreich zugehörigen " XXXX GmbH" mit Sitz in Österreich war. Anhaltspunkte für eine sich aus der VO (EWG) 1408/71 ergebende Anknüpfung an das italienische Sozialversicherungssystem liegen daher nicht vor.
Beitragshöhe
Soweit der BF in seiner Beschwerde einwendet, er sei zu keiner Zeit Angestellter der Vienna Jet GmbH gewesen und habe auch kein Gehalt aus einer Tätigkeit für dieses Unternehmen bezogen, ist festzustellen, dass die SVA dem BF gerade für jene Zeiten, während derer sie die nun verneinte Angestelltentätigkeit angenommen hat, keine Beiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung vorgeschrieben hat. Auf das diesbezügliche Vorbringen ist daher nicht näher einzugehen. Die für diesen Zeitraum vorgeschriebenen Unfallversicherungsbeiträge gründen sich wiederum auf die festgestellte selbständige Erwerbstätigkeit des BF. Das eben genannte Vorbringen ist daher für den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nicht relevant. Es liegt insoweit keine Beschwer vor.
Soweit der BF einwendet, nicht er sondern nur die " XXXX GmbH" komme als Beitrags-Zahlungspflichtige in Frage, ist auf die einschlägigen Gesetzesbestimmungen zu verweisen: Gemäß § 24 GSVG trifft die Beitragspflicht den Versicherten. Eine Beitragspflicht der vom BF geführten Gesellschaft kann aus dem gewerblichen Sozialversicherungsgesetz nicht abgeleitet werden. Soweit der BF mit dem zuletzt genannten Argument einwenden wollte, er hätte die verfahrensgegenständliche Tätigkeit als unselbständig Beschäftigter ausgeübt, ist dem entgegenzuhalten, dass der BF in der verfahrensgegenständlichen Zeit unbestritten Mehrheitsgesellschafter der " XXXX " war. Eine Ausübung der verfahrensgegenständlichen Tätigkeit als unselbständig Beschäftigter kommt daher nicht in Betracht.
Die vom BF vorgelegte steuerrechtliche Berufungsentscheidung UFSW vom 24.11.2006, RV/1046-W105 bietet für die hier vorzunehmende Entscheidung keine entscheidungswesentlichen Anhaltspunkte.
Soweit der BF eine Prüfung der Bemessungsgrundlagen beantragte, ist auf die Begründung des angefochtenen Bescheides zu verweisen, der zufolge die SVA von der gesetzlichen Mindestbeitragsgrundlage ausging. Die SVA hat in der Begründung ihres Bescheides auch die Berechnung der vorgeschriebenen Beiträge im Detail nachvollziehbar und unter Verweis auf die angewendeten rechtlichen Bestimmungen dargelegt. Es bestehen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer fehlerhaften Beitragsvorschreibung. Konkrete Einwendungen hat der BF nicht vorgebracht.
Frage der Verjährung:
Gemäß § 40 Abs 1 GSVG verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. (...) Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.
Gemäß § 35 Abs 1 GSVG sind die Beiträge, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, mit dem Ablauf des Kalendermonates fällig, für den sie zu leisten sind. (...)
Gemäß § 35 Abs 2 GSVG sind solche Beiträge, die durch den Versicherungsträger für die Beitragsmonate eines Kalendervierteljahres gemeinsam vorgeschrieben werden, mit dem Ablauf des zweiten Monates des betreffenden Kalendervierteljahres fällig. Werden Beiträge auf Grund einer nachträglichen Feststellung der Einkünfte des Versicherten durch die Finanzbehörden vorgeschrieben, so sind sie mit dem Letzten des zweiten Monates des Kalendervierteljahres fällig, in dem die Vorschreibung erfolgt.
Als die Feststellungverjährung unterbrechende Maßnahme ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jede nach außen hin in Erscheinung tretende und dem Beitragsschuldner zur Kenntnis gebracht der Tätigkeit des Versicherungsträgers zu verstehen, die der rechtswirksamen Feststellung der Beitragsschuld diente. Eine solche Maßnahme stellt schon eine durch ausgewiesene Bedienstete des Versicherungsträgers beim Beitragsschuldner vorgenommene Beitragsprüfung dar. Auch andere objektiv dem Feststellungsziel dienenden Aktivitäten des Versicherungsträgers, wie die Übersendung von Kontoauszügen über Rückstände an bestimmten Beiträgen durch den Versicherungsträger sind als verjährungsunterbrechende Maßnahmen anzusehen, ebenso die Einleitung eines Verfahrens zur Erlassung eines auf Zahlung der Beiträge gerichteten Leistungsbescheides. Solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts über die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist, ist die Verjährung gehemmt.
a) Maßnahmen zur Feststellung und Hereinbringung der Beitragsschuld im vorliegenden Fall:
Mit Schreiben vom 08.08.2007 verständigte die SVA den BF darüber, dass er ab 18.7.2007 aufgrund der Erfüllung der formalen Voraussetzung als Geschäftsführer einer gewerbeberechtigten GmbH der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG sowie in der Unfallversicherung nach dem ASVG unterliege.
Mit Schreiben vom 15.9.2007 (eingelangt am 25.10.2007) gab der BF bekannt, dass er seinen Wohnsitz in Australien habe, beabsichtige, diesen im Januar 2008 nach Triest an eine näher genannte Adresse zu verlegen und dass er die Geschäftsführung der " XXXX GmbH" von Australien aus wahrnehme.
Mit 30.10.2007 richtete die SVA ein Schreiben an " XXXX und forderte die Vorlage eines Entsendeformulars E101.
Dieses Schreiben wurde retouniert mit dem Vermerk "retour, Bitte an XXXX Australia"
Die SVA veranlasste daraufhin die Versendung dieses Schreibens an die australische Adresse des BF (ohne Nachweis). Es langte keine Antwort ein.
Mit Schreiben vom 26.6.2008 richtete die SVA eine Sondermahnung an den BF an die genannte australische Adresse.
Der BF beantwortete diese Sondermahnung mit einem Schreiben vom 20.7.2008 (Einlangensdatum 31.7.2008) mit dem der BF mitteilt, er würde ab sofort jeden Schriftverkehr mit der SVA einstellen und würde seinen Wohnsitz ändern. Nachfolgende Schreiben der SVA würden unzustellbar sein. Der BF gab keine neue Zustelladresse bekannt.
Mit zwei gleichlautenden Schreiben vom 2.9.2008 gerichtet an den BF
1) an der über ihm bekannten australischen Adresse und 2) an der über ihn bekannten italienischen Adresse forderte die SVA den BF erneut auf, Nachweise betreffend einer in Italien ausgeübten selbständigen Erwerbstätigkeit vorzulegen. Beide Schreiben blieben unbeantwortet. Das an die australische Adresse gesendete Schreiben kam mit dem Vermerk ("unknown at this adress") retour.
Mit 5.3.2010 richtete die SVA einen Postauftrag über den Mahnsaldo von € 2.699,33 an den BF und stellte diesen durch Hinterlegung gem. § 8 Zustellgesetz ohne Zustellversuch zu. Eine Verständigung über die Hinterlegung dieser Sondermahnung an der Adresse der " XXXX GmbH" erfolgte nicht.
Am 13.09.2011 richtete die SVA eine Sondermahnung von € 2.944,50 an den BF und stellte diese durch Hinterlegung gem. § 8 Zustellgesetz ohne Zustellversuch zu. Eine Verständigung über die Hinterlegung dieser Sondermahnung an der Adresse der " XXXX GmbH" erfolgte nicht und wurde als nicht zweckmäßig angesehen: Die " XXXX GmbH" hatte mit 1.12.2010 das Ruhen des Gewerbes angezeigt.
Mit 20.12.2011 richtete die SVA ein Schreiben an den BF per Adresse der Geschäftsanschrift der XXXX GmbH.
Mit 19.1.2012 beantwortete der BF dieses Schreiben und gab die Adresse XXXX an.
Es folgte ein Schriftverkehr zwischen dem BF und der SVA.
Am 16.9.2014 richtete die belangte Behörde eine Sondermahnung an den BF an seine slowakische Adresse.
Der BF beantwortete dieses Schreiben mit 26.9.2014 und machte Einwendungen gegen die Forderung.
Mit 30.6.2016 erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid.
Auf seiner Beschwerde vom 25.7.2016 hat der BF die Österreichische Adresse XXXX Wien, XXXX als seine Wohnadresse angegeben.
Frage der wirksamen Zustellung der Sondermahnungen vom 5.3.2010 und 13.9.2011:
Gemäß § 8 ZustG hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.(Abs 1) Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.(Abs 2)
Gemäß § 23 Zustellgesetz gilt folgendes:
Hat die Behörde auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift angeordnet, dass ein Dokument ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen ist, so ist dieses sofort bei der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes, beim Gemeindeamt oder bei der Behörde selbst zur Abholung bereitzuhalten (Abs 1)
Die Hinterlegung ist von der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes oder vom Gemeindeamt auf dem Zustellnachweis, von der Behörde auch auf andere Weise zu beurkunden (Abs 2)
Soweit dies zweckmäßig ist, ist der Empfänger durch eine an die angegebene inländische Abgabestelle zuzustellende schriftliche Verständigung oder durch mündliche Mitteilung an Personen, von denen der Zusteller annehmen kann, dass sie mit dem Empfänger in Verbindung treten können, von der Hinterlegung zu unterrichten (Abs 3)
Das so hinterlegte Dokument gilt mit dem ersten Tag der Hinterlegung als zugestellt (Abs 4)
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis 96/07/0203 vom 12.12.1996 klargestellt hat, kann durch das Unterbleiben der in § 23 Abs 3 ZustG für den Fall ihrer Zweckmäßigkeit vorgesehenen Verständigung keine Unwirksamkeit der nach § 23 Abs 1 ZustG rechtens angeordneten Zustellung durch Hinterlegung ohne vorangehenden Zustellversuch bewirkt werden, weil es sich bei der Norm des § 23 Abs 3 ZustG um eine sanktionslose Ordnungsvorschrift handelt, deren Missachtung auf die Rechtswirksamkeit der nach § 23 ZustG verfügten Zustellung ohne Einfluss ist.
Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus: Der BF hat der belangten Behörde die Bekanntgabe seiner Zustelladresse mit Schreiben vom 20.07.2008 ausdrücklich verweigert. Daraufhin unternommene Zustellversuche an die (aus früheren Schreiben des BF bekannten) Adressen in Australien und Italien verliefen erfolglos.
Vor diesem Hintergrund war die belangte Behörde berechtigt, die Zustellungen vom 5.3.2011 und 13.9.2011 gem. § 8 ZustG ohne vorherigen Zustellversuch vorzunehmen. Der Umstand, dass keine Verständigung an die Adresse der " XXXX GmbH" gesendet wurde, hat keine Auswirkung auf die Rechtswirksamkeit dieser Zustellung.
Daraus ist insgesamt abzuleiten, dass die SVA ab Fälligkeit der verfahrensgegenständlichen Beiträge regelmäßig in einem kürzer als drei Jahre liegenden Abstand zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahmen gesetzt und diese den Zahlungspflichtigen wirksam zugestellt hat.
Frage der Nachsicht/Herabsetzung von Verzugszinsen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis 2001/08/0041 vom 20.10.2004 ausgeführt hat, trägt das Institut der Verzugszinsen nach § 35 Abs. 5 GSVG keinen pönalen Charakter, sondern stellt ein wirtschaftliches Äquivalent für den Zinsenverlust dar, den der Beitragsgläubiger dadurch erleidet, dass er die geschuldete Leistung nicht innerhalb von 15 Tagen nach der Fälligkeit erhält (Hinweis auf das zu § 59 Abs. 1 ASVG ergangene E 17. November 1999, Zl. 99/08/0124).
Gemäß § 35 Abs 5, vorletzter Satz, GSVG, kann der Versicherungsträger die Verzugszinsen herabsetzen oder nachsehen, wenn durch die Einhebung in voller Höhe die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners gefährdet wären.
Gemäß § 35 Abs 5, letzter Satz GSVG können die Verzugszinsen überdies nachgesehen werden, wenn es sich um einen kurzfristigen Zahlungsverzug handelt und der Beitragsschuldner seine Beitragspflicht ansonsten regelmäßig erfüllt hat.
Die Anwendung von § 35 Abs 5, letzter Satz GSVG kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht.
Hinsichtlich § 35 Abs 5, vorletzter Satz GSVG ist auszuführen: § 35 Abs 5, vorletzter Satz bildet eine "Kann-Bestimmung"; das darin eingeräumte Ermessen ist pflichtgemäß auszuüben (VwGH 2013/08/0126 vom 27.01.2016). Dem BF war daher Gelegenheit zu geben, seine wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen (VwGH 87/08/0037 vom 20.05.1987).
Die SVA hat im Zuge des Beschwerdeverfahrens bekannt gegeben, dass sie für die Zeit ab dem 20.01.2016 keine Verzugszinsen fordert. Die im angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Verzugszinsen waren entsprechend herabzusetzen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beitragsrückstand, Geschäftsführer, Herabsetzung, Teilstattgebung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W164.2130842.2.00Zuletzt aktualisiert am
21.02.2018