TE Vwgh Erkenntnis 2018/1/25 Ra 2017/16/0056

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Veröffentlicht am 25.01.2018
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

B-VG Art18;
StVO 1960 §25;
StVO 1960 §44 Abs1;
StVO 1960 §52 Z13d;
StVO 1960 §52 Z13e;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, LL.M., über die Revision des Magistrats der Stadt Wien gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 24. März 2017, Zl. RV/7500943/2015, betreffend Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes 2006 (mitbeteiligte Partei: Dr. N K in L), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Der Magistrat der Stadt Wien erkannte den Mitbeteiligten mit Straferkenntnis vom 25. Juni 2015 einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, iVm § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, schuldig, weil der Mitbeteiligte zu einem näher genannten Zeitpunkt in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ein näher bezeichnetes mehrspuriges Kraftfahrzeug in Wien 12, Khleslplatz 3, abgestellt habe, ohne es mit einem gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder einen elektronischen Parkschein aktiviert zu haben, wodurch die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt worden sei. Der Magistrat verhängte über den Mitbeteiligten dafür eine Geldstrafe von 63 EUR, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden.

2 Auf Grund der dagegen vom Mitbeteiligten mit Schriftsatz vom 14. Juli 2015 erhobenen Beschwerde hob das Bundesfinanzgericht das bekämpfte Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnis ersatzlos auf, weil an der im bekämpften Bescheid bezeichneten Stelle keine gesetzmäßig kundgemachte Kurzparkzone bestanden habe. Weder an der vom Mitbeteiligten passierten Einfahrtsstelle in die Kurzparkzone im 12. Bezirk (am Beginn der Ruckergasse) noch entlang der weiteren vom Mitbeteiligten befahrenen Strecke bis zum Ort des Abstellens des Fahrzeuges habe sich ein Straßenverkehrszeichen "Kurzparkzone" befunden.

3 Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision der belangten Behörde nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Magistrats der Stadt Wien legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

5 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); der Mitbeteiligte reichte mit Schriftsatz vom 8. Juli 2017 eine Revisionsbeantwortung mit dem Bemerken ein, im

12. Wiener Gemeindebezirk sei der Ortsteil Hetzendorf "als Kurzparkzone ausgenommen."

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat - durch einen gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

7 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Die Zulässigkeit seiner außerordentlichen Revision begründet der Magistrat der Stadt Wien damit, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob einheitliche Kurzparkzonen eines größeren Gebietes über mehrere Bezirke von Wien an den Ein- und Ausfahrtsstellen durch Aufstellung von Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit. a Z 13d und 13e StVO 1960 kundzumachen seien oder an den Außengrenzen der jeweiligen Bezirke.

10 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

11 Gemäß § 25 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) kann die Behörde durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes das Parken zeitlich beschränken (Kurzparkzone). Solche Verordnungen sind gemäß § 25 Abs. 2 StVO durch Zeichen nach § 52 Z 13d und 13e leg. cit. kundzumachen.

12 Gemäß § 5 Abs. 2 der Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe zu entrichten.

13 Das Bundesfinanzgericht begründete die Aufhebung des vor ihm bekämpften Straferkenntnisses damit, bei der Einfahrt des Mitbeteiligten vom 15. Wiener Gemeindebezirk in den

12. Wiener Gemeindebezirk bei der Ruckergasse habe sich kein Verkehrszeichen über den Beginn einer Kurzparkzone befunden, weshalb diese nicht ordnungsgemäß kundgemacht sei.

14 Erfolge die Kundmachung der Verordnung nicht gesetzmäßig, liege mangels Geltung der betreffenden Verordnung keine Kurzparkzone vor. Da die Gebührenpflicht von der Existenz einer Kurzparkzone im Sinne der StVO abhängig sei, entstehe der betreffende Abgabenanspruch dann nicht, wenn es infolge eines Fehlers bei der Kundmachung der betreffenden Kurzparkzonenverordnung an einer Kurzparkzone fehle. Weder an der vom Mitbeteiligten passierten Einfahrtsstelle in die Kurzparkzone im 12. Bezirk am Beginn der Ruckergasse noch entlang der weiteren vom Mitbeteiligten befahrenen Strecke bis zum Abstellort habe sich ein Straßenverkehrszeichen "Kurzparkzone" befunden. Demnach habe im maßgeblichen Zeitraum an der im angefochtenen Bescheid bezeichneten Stelle keine gesetzmäßig kundgemachte Kurzparkzone bestanden und liege die dem Mitbeteiligten angelastete Verwaltungsübertretung nicht vor.

15 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es dann, wenn von der Kurzparkzone ein größeres Gebiet erfasst werden soll, dass an allen Einfahrtsstraßen und Ausfahrtsstellen Vorschriftszeichen nach § 52 lit. a Z 13d und 13e StVO angebracht sind. Ist diese Kennzeichnung erfolgt, so sind von der Kurzparkzone alle Straßen in dem von diesen Vorschriften umgrenzenden Gebiet erfasst (vgl. die bei Pürstl, Straßenverkehrsordnung (2007) § 25, E 19, zitierte Rechtsprechung, insbesondere VwGH 24.11.2006, 2006/02/0232).

16 Dass sich eine Kurzparkzone auf das Gebiet eines Bezirkes der Gemeinde Wien beschränken müsste und sich nicht darüber hinaus erstrecken und etwa nicht mehrere Bezirke umfassen könnte, geht aus dem Gesetz nicht hervor. Im Gegenteil hat der Verwaltungsgerichtshof etwa eine Teile des ersten und neunten Wiener Gemeindebezirkes umfassende Kurzparkzone als rechtmäßig kundgemacht angesehen (VwGH 4.8.2005, 2005/17/0056).

17 Der Verfassungsgerichtshof (VfGH 10.3.2004, V 78/03, VfSlg. 17.162) hat von "einer in sich geschlossenen Kurzparkzone" gesprochen, welche ein "in sich geschlossenes Gebiet" erfasse und durch gemeinsames Vorgehen der zuständigen Behörden (Gemeinde - § 94d StVO - einerseits und Bezirksverwaltungsbehörde - § 94b Abs. 1 StVO - andererseits) erreicht werde. Die Kundmachung einer solchen (wenn auch gemeinsam im Wege zweier Verordnungen erlassenen) Kurzparkzone richte sich nach § 52 lit. a Z 13d und 13e StVO.

18 Umfasst daher die im Revisionsfall in Rede stehende Kurzparkzone ein Gebiet, welches sich nicht auf Teile des 12. Wiener Gemeindebezirkes beschränkt, sondern auch angrenzende Bezirke, zumindest teilweise, erfasst, so sind an den Bezirksgrenzen, soferne sie nicht Grenzen der Kurzparkzone sind, keine Verkehrszeichen nach § 52 StVO erforderlich, sondern lediglich an den Ein- und Ausfahrtsstraßen in die (Bezirksgrenzen überschreitende, in sich geschlossene) Kurzparkzone als solche.

19 Im Revisionsfall stützt sich das Bundesfinanzgericht darauf, dass an der Einfahrt aus dem 15. Wiener Gemeindebezirk in den 12. Wiener Gemeindebezirk bei der Ruckergasse kein entsprechendes Verkehrszeichen aufgestellt gewesen sei.

20 Allerdings sind zufolge der im fraglichen Zeitraum geltenden Verordnungen des Magistrats der Stadt Wien jeweils vom 9. August 2012 sowohl das Gebiet des 15. Wiener Gemeindebezirkes (mit Ausnahme hier nicht interessierender Straßen) wie auch ein näher abgegrenztes Gebiet des 12. Wiener Gemeindebezirkes, welches an der vom Bundesfinanzgericht angesprochenen Stelle (Beginn der Ruckergasse) an das Gebiet des 15. Wiener Gemeindebezirkes grenzt, zur Kurzparkzone erklärt und werden in den jeweiligen Verordnungen die erklärten Bereiche ausdrücklich in eine flächendeckende Kundmachung der Kurzparkzonen der Bezirke 12, 14, 15, 16 und 17 einbezogen.

21 Da somit an der vom Bundesfinanzgericht angenommenen Stelle an der Grenze zwischen dem

12. und 15. Wiener Gemeindebezirk keine Grenze der einheitlichen Kurzparkzone vorliegt, an deren Einfahrtsstelle ein Verkehrszeichen nach § 52 lit. a Z 13d StVO erforderlich wäre, bildet das Fehlen eines solchen Verkehrszeichens an dieser Stelle und ein daraus abgeleiteter Mangel an Kundmachung der Verordnung über eine Kurzparkzone keine tragfähige Begründung für die Aufhebung des vor dem Bundesfinanzgericht bekämpften Straferkenntnisses.

22 Der Mitbeteiligte übersieht, dass der Tatort Khleslplatz nicht in dem in der Revisionsbeantwortung genannten Ortsteil Hetzendorf außerhalb der in Rede stehenden Kurzparkzone liegt.

23 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 25. Jänner 2018

Schlagworte

Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017160056.L00

Im RIS seit

20.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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