TE Vwgh Erkenntnis 2000/9/27 2000/04/0121

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Veröffentlicht am 27.09.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §367 Z25;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2000/04/0097 E 24. Jänner 2001

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des J P in W, vertreten durch Dr. C und Dr. W, Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 29. Mai 2000, Zl. UVS-04/G/51/164/1999/2, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit erstbehördlichem Bescheid vom 10. Februar 1999 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als gewerberechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener einer näher bezeichneten Aktiengesellschaft verantwortlich zu sein, dass diese Gesellschaft als Betreiberin einer näher bezeichneten Betriebsanlage den gemäß §§ 74 bis 83 GewO 1994 vorgeschriebenen Auflagenpunkt 36 des Bescheides vom 18. November 1981, GZ MBA 20-Ba 14392/4/81, wonach die im Plan mit "FHT" gekennzeichneten Türen brandhemmend (T 30) gemäß ÖNORM B 3850 auszuführen seien, am 30. September 1998 insofern nicht eingehalten habe, als die Tür beim Hubtisch durch Flaschenkisten und die Tür vom Verkaufsraum zum Lager durch Warenkantons in Offenstellung fixiert gewesen und sohin nicht selbsttätig ins Schloss gefallen seien. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 25 GewO 1994 in Verbindung mit "Punkt 3.6. der ÖNORM B 3850 GewO i. V.m. dem Bescheidpunkt 36 des Bescheides vom 18.11.1981, MBA 20-Ba 14391/4/81" begangen, weshalb über ihn gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag) verhängt wurde.

Der dagegen erhobenen Berufung gab der Unabhängige Verwaltungssenat Wien mit dem Bescheid vom 29. Mai 2000 keine Folge und bestätigte das erstbehördliche Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass in der "Tatumschreibung" im Spruch an Stelle der Wortfolge "Punkt 3.6. der ÖNORM B 3850 GewO" die Wortfolge "ÖNORM B 3850 Punkt 3.6. idF vom 1.5.1976" zu treten habe und als Strafsanktionsnorm § 367 Einleitungssatz GewO 1994 heranzuziehen sei. Zur Begründung führte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien im Wesentlichen aus, der Auflagenpunkt 36 des genannten Betriebsanlagengenehmigungsbescheides laute: "Folgende Türen sind brandhemmend gemäß ÖNORM B 3850 auszuführen: Die im Plan mit 'FHT.'

gekennzeichneten Türen." Gemäß dem mit "Selbstschließung" überschriebenen Punkt 3.6. der im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommenden ÖNORM B 3850 (in der Fassung vom 1. Mai 1976) müssten Brandabschlüsse so eingerichtet sein, dass sie von selbst ins Schloss fallen. Bei Selbstschließvorrichtungen dürften keine auf Verdrehung beanspruchten Flachfedern verwendet werden. Da nach diesen Bestimmungen Brandabschlüsse jedenfalls selbstschließend eingerichtet sein müssten und eine Fixierung einer an sich selbstschließenden Brandschutztüre in Offenstellung und damit eine Unterbrechung des selbsttätigen Schließvorganges unzulässig sei, und es in diesem Zusammenhang auch nicht darauf ankomme, ob nun das selbsttätige Schließen auf Grund eines Defektes der Schließvorrichtung oder etwa durch Fixierung der Tür in Offenstellung durch Verstellung mit Lagerungen nicht gegeben gewesen sei, sei der objektive Tatbestand der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung als verwirklicht anzusehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, nicht gemäß § 367 Z. 25 GewO 1994 bestraft zu werden. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt er vor, es sei ihm durch die Formulierung in der fraglichen Auflage des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides nicht erkennbar gewesen, dass die jeweiligen Türen nicht nur in Bezug auf ihren Brandwiderstand auszuführen gewesen seien, sondern auch beim Betrieb der Filiale hinsichtlich dieser Türen eine bestimmte Vorsorge zu treffen sei, etwa dass diese Türen stets geschlossen sein müssten. Bei Genehmigung einer Betriebsanlage würden regelmäßig Auflagen bezüglich der Ausführung der Betriebsanlage vorgeschrieben; darüber hinaus zunehmend auch tätigkeitsbezogene Auflagen, die sich nicht auf die Ausführung der Betriebsanlage bezögen, sondern auf deren Benützung. Ein derartiger Inhalt sei der in Rede stehenden Auflage, die ausdrücklich von der "brandhemmenden Ausführung" der Türen spreche, in keiner Weise zu entnehmen. Der Auflage sei nur zu entnehmen, dass die Türen brandhemmend gemäß ÖNORM B 3850 auszuführen seien, was auch einen Selbstschließmechanismus impliziere. Die fraglichen Türen seien in dieser Weise ausgeführt. Eine nicht brandhemmende Ausführung der Türen sei dem Beschwerdeführer nicht zur Last gelegt worden. Das angefochtene Straferkenntnis beruhe auf einer über den äußersten möglichen Wortsinn hinausgehenden Auslegung des Straftatbestandes. Dass ein Offenhalten der Tür mittels Flaschenkisten bzw. Warenkartons nicht gestattet sei, sei der fraglichen ÖNORM nicht zu entnehmen. Der Beschwerdeführer habe der Auflage nur entnehmen können und müssen, dass er die Ausführung der Türen zu kontrollieren habe, nicht aber deren Verwendung. Als rechtswidrig erweise sich der angefochtene Bescheid auch deshalb, weil im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides zwar der Unterpunkt der ÖNORM B 3850 angegeben worden sei, jedoch nicht jene Fassung dieser ÖNORM, die dem Straferkenntnis zu Grunde gelegt worden sei. Während der Verjährungsfrist sei eine Korrektur des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses nicht vorgenommen worden, diese sei vielmehr erst in dem nach Ablauf der Verjährungsfrist ergangenen Berufungsbescheid erfolgt. Damit sei innerhalb der Verjährungsfrist dem Gebot der Bezeichnung der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a Z. 1 VStG nicht entsprochen worden.

Nach der Auflage Punkt 36 des in Rede stehenden Betriebsanlagengenehmigungsbescheides sind die gegenständlichen Türen der Betriebsanlage "brandhemmend" auszuführen, wobei für die Auslegung dieses Begriffes die ÖNORM B 3850 (in der im Zeitpunkt der Erlassung des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides geltenden Fassung) heranzuziehen ist. Wie auch der Beschwerdeführer nicht bestreitet, umfasst nach dem Punkt 3.6. dieser ÖNORM der Begriff "brandhemmend" auch, dass eine derart ausgeführte Tür mit einem Selbstschließmechanismus so ausgestattet sein muss, dass sie von selbst ins Schloss fällt. Das bedeutet aber, dass eine solche Tür dann nicht mehr als brandhemmend bezeichnet werden kann, wenn - aus welchen Gründen immer - die Funktion des Selbstschließens nicht mehr gegeben ist. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher der Rechtsansicht des Beschwerdeführers dadurch, dass im konkreten Fall der Selbstschließmechanismus der fraglichen Tür durch deren Fixierung in Offenstellung mittels Kisten und Kartons außer Betrieb gesetzt worden sei, sei deren Eigenschaft als "brandhemmend gemäß ÖNORM B 3850" nicht beeinträchtigt worden, nicht zu folgen. Damit erweist sich aber auch die Rechtsansicht der belangten Behörde, durch die Fixierung der fraglichen Türen in Offenstellung sei gegen die Auflage Punkt 36 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides verstoßen worden, als frei von Rechtsirrtum.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber auch den in der Beschwerde geltend gemachten Mangel des Tatvorwurfes nicht zu erkennen. Es trifft zwar zu, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die nach § 44a Z. 1 VStG gebotene Umschreibung der Tat bei einer Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 25 GewO 1994 die wörtliche Wiedergabe der als verletzt erachteten Auflage des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides erfordert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 89/04/0249). Enthält diese Auflage eine Verweisung auf eine ÖNORM, so ist aber im Fall der Missachtung der Auflage der entsprechende Punkt der ÖNORM zwar als verletzte Norm im Spruch des Straferkenntnisses gemäß § 44a Z. 2 VStG zu zitieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. September 1996, Zl. 95/04/0209), eine Notwendigkeit, diese Untergliederung auch im Rahmen der Darstellung der Tat nach § 44a Z. 1 VStG darzustellen, besteht aber nicht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. September 2000

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)Mängel im Spruch Nichtangabe der verletzten Verwaltungsvorschrift

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000040121.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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