TE Vwgh Erkenntnis 2000/9/29 98/02/0187

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Veröffentlicht am 29.09.2000
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
KJBG 1948 §31 Abs1 idF 1982/229;
KJBG 1987 §30;
KJBG 1987 §31 Abs1;
KJBG 1987 §31 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des FP in P, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, Schmiedgasse 31, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 24. März 1998, Zl. 5a13k7/8-1998, betreffend Untersagung der Beschäftigung von Jugendlichen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 22. September 1997 wies die Bezirkshauptmannschaft Liezen den Antrag des Arbeitsinspektorates für den 12. Aufsichtsbezirk, dem Beschwerdeführer (dieser ist Gastwirt) wegen mehrmaliger Übertretungen von Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen, BGBl. Nr. 599/1987 (KJBG), die Beschäftigung von Jugendlichen dauernd zu untersagen, gemäß § 31 Abs. 1 KJBG ab.

Auf Grund einer als Einspruch bezeichneten, auf § 11 Abs. 3 Arbeitsinspektionsgesetz 1993 gestützten Berufung des Arbeitsinspektorates für den 12. Aufsichtsbezirk hob die belangte Behörde mit Bescheid vom 24. März 1998 gemäß § 66 Abs. 4 AVG "in Verbindung mit §§ 413 Abs. 1 Z 1 und 414 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz" den angeführten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen auf und untersagte gleichzeitig dem Beschwerdeführer gemäß § 31 Abs. 1 und 2 KJBG die Beschäftigung "weiterer Jugendlicher als die derzeit bei ihm beschäftigten" auf fünf Jahre ab Rechtskraft dieses Bescheides.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Zunächst ist festzuhalten, dass es sich beim Verbot der Beschäftigung Jugendlicher gemäß § 31 KJBG nicht um eine Strafe handelt, sodass das auf ein solches Verbot bezughabende Verfahren kein Verwaltungsstrafverfahren darstellt. Wenn auch das Arbeitsinspektorat für den 12. Aufsichtsbezirk seine Berufung auf § 11 Abs. 3 Arbeitsinspektionsgesetz 1993, welcher dem Arbeitsinspektorat im Verwaltungsstrafverfahren das Berufungsrecht einräumt, gestützt hat, so kann daraus eine Unzulässigkeit der Berufung nicht abgeleitet werden, weil gemäß § 12 Abs. 4 Arbeitsinspektionsgesetz 1993 dem Arbeitsinspektorat in Verwaltungsverfahren in Angelegenheiten, die den Arbeitnehmerschutz - dazu zählen auch Verfahren nach dem KJBG - berühren, das Recht der Berufung zusteht. Die belangte Behörde hat daher zu Recht über die Berufung des Arbeitsinspektorates meritorisch entschieden.

§ 31 KJBG samt Überschrift lautet:

"Verbot der Beschäftigung Jugendlicher

§ 31 (1) Dienstgebern und deren Bevollmächtigten, die wiederholt wegen Übertretungen nach § 30 bestraft wurden, kann die Bezirksverwaltungsbehörde (Berghauptmannschaft) auf Antrag des Arbeitsinspektorates oder der zur Wahrnehmung des Dienstnehmerschutzes sonst berufenen Behörde die Beschäftigung von Jugendlichen auf bestimmte Zeit oder dauernd untersagen.

(2) Außer in den im Abs. 1 bezeichneten Fällen kann die Bezirksverwaltungsbehörde (Berghauptmannschaft), nach Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretungen der Dienstgeber und der Dienstnehmer, Dienstgebern und deren Bevollmächtigten die Beschäftigung von Jugendlichen auf bestimmte Zeit oder dauernd verbieten, wenn sie sich grober Pflichtverletzungen gegen die bei ihnen beschäftigten Jugendlichen schuldig gemacht haben oder gegen sie Tatsachen vorliegen, die sie in sittlicher Beziehung zur Beschäftigung Jugendlicher ungeeignet erscheinen lassen."

§ 31 Abs. 1 KJBG ermächtigt die Behörde zur Ermessensausübung dahin, ob bei Vorliegen der in der genannten Bestimmung normierten Voraussetzungen ein Verbot der Beschäftigung Jugendlicher auszusprechen ist oder nicht. Dabei hat sich die Behörde vom Sinn des Gesetzes leiten zu lassen, der im gegebenen Zusammenhang darin zu erkennen ist, dass das Beschäftigungsverbot der Verhinderung weiterer Verstöße gegen das KJBG bei der Beschäftigung Jugendlicher dienen soll. Daraus folgt, dass es nur dann zu verhängen ist, wenn den Umständen nach trotz wiederholter Bestrafung des Dienstgebers wegen Übertretungen nach § 30 KJBG weiterhin mit derartigen Verstößen gerechnet werden muss, wenn also der Dienstgeber keine Gewähr bietet, dass die Bestimmungen dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung bei der Beschäftigung Jugendlicher in Zukunft eingehalten werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. November 1992, Zl. 91/19/0004, mit weiteren Nachweisen).

In der Begründung des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer bereits mehrfach wegen Übertretungen des KJBG habe bestraft werden müssen. Bei den übertretenen Bestimmungen diese Gesetzes habe es sich um § 11 (Bestimmungen betreffend die tägliche Arbeitszeit sowie die Wochenarbeitszeit), § 19 (Bestimmungen über die Wochenfreizeit), § 26 (Führung von Verzeichnissen der beschäftigten Jugendlichen) und § 27 (Aushänge betreffend das KJBG und die Arbeitseinteilung bzw. Arbeitsplanung) gehandelt. Der Beschwerdeführer sei, weil die letzte in Rechtskraft erwachsene einschlägige Vorstrafe vom 11. September 1996 gestammt habe, aufgefordert worden anzugeben, welche Vorkehrungen er getroffen habe, die in Hinkunft die Einhaltung des KJBG erwarten ließen. Dem sei der Beschwerdeführer nur insoweit nachgekommen, als er telefonisch bekannt gegeben habe, dass es seit längerem zu keinen Beanstandungen durch das Arbeitsinspektorat gekommen sei. Trotz Zusage, die Frist zur Bekanntgabe eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung einschlägiger Übertretungen des KJBG einzuhalten, sei eine diesbezügliche Meldung seitens des Beschwerdeführers nicht erfolgt. Vielmehr habe das Arbeitsinspektorat für den 12. Aufsichtsbezirk mitgeteilt, dass entgegen der Stellungnahme des Beschwerdeführers bei einer am 29. Oktober 1997 stattgefundenen Überprüfung wiederum Beanstandungen wegen Nichteinhaltung von Schutzbestimmungen für Jugendliche erforderlich gewesen seien, die zu einer erneuten Anzeige bei der Behörde erster Instanz geführt hätten. Wiederholte Verstöße gegen das KJBG - auch wenn es sich etwa lediglich um die Nichteinhaltung von Bestimmungen betreffend Arbeitsaufzeichnungen oder um das Fehlen der Angeben über Ruhepausen handle - seien als grobe Pflichtverletzungen gegenüber den auszubildenden jugendlichen Arbeitnehmern zu verstehen. Das KJBG unterscheide nicht, ob es sich um Formalübertretungen oder andere Übertretungen handle, sondern stelle jedes Zuwiderhandeln gegen seine Vorschriften unter Sanktion. Der Beschwerdeführer habe es mangels zugesagter Bekanntgabe von Maßnahmen zur Hintanhaltung künftiger Übertretungen des KJBG an der erforderlichen Mitwirkung fehlen lassen. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Bestimmungen dieses Gesetzes seien praxisfremd und daher auch nicht einzuhalten, widerspreche die Tatsache, dass die Einhaltung dieser Bestimmungen in anderen Betrieben anstandslos möglich sei. Da weder aufklärende Gespräche noch die verhängten Strafen den Beschwerdeführer zu einer Änderung seines Verhaltens hätten bewegen können, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Der Auffassung des Beschwerdeführers, die von ihm begangenen Übertretungen des KJBG rechtfertigten die Verhängung des Verbotes der Beschäftigung von Jugendlichen nicht, weil es sich bei diesen Übertretungen überwiegend lediglich um "Formaldelikte" gehandelt habe, ist entgegenzuhalten, dass § 31 Abs. 1 leg. cit. uneingeschränkt auf Bestrafungen wegen Übertretungen nach § 30 verweist und somit keine Unterscheidung hinsichtlich der Art oder der Schwere der gesetzten Verstöße vornimmt. Ausschließliches Kriterium für die Verhängung des angeführten Verbotes nach § 31 Abs. 1 leg. cit. ist somit die wiederholte Bestrafung gemäß § 30. In dieser Hinsicht kann den Verwaltungsakten entnommen werden, dass der Beschwerdeführer seit 1993 wegen insgesamt (mindestens) fünf Verstößen gegen die Bestimmungen des KJBG bestraft werden musste und hiebei mit hohen Geldstrafen belegt wurde. In der im Berufungsverfahren eingeholten und im angefochtenen Bescheid angeführten Stellungnahme des Arbeitsinspektorats für den 12. Aufsichtsbezirk vom 16. März 1998 wird ausgeführt, eine mittlerweile am 29. Oktober 1997 durchgeführte Kontrolle des Unternehmens habe entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers, es seien bereits mehrfach Kontrollen ohne Beanstandungen vorgenommen worden, wiederum zum Ergebnis gehabt, dass diese die Bestimmungen des KJBG (§§ 11 Abs. 1, 16, 26 Abs. 1 Z 5 und 27 Abs. 2) nicht einhalte, weshalb an die Bezirkshauptmannschaft Liezen Strafanträge mit einer beantragten Strafhöhe von insgesamt S 36.000,-- hätten gestellt werden müssen. Unabhängig davon erweist sich schon auf Grund der angeführten Bestrafungen die Folgerung, der Beschwerdeführer lasse sich auch durch mehrfache Verhängung hoher Geldstrafen nicht zur Einhaltung der Bestimmungen des KJBG bewegen, als schlüssig.

Wenn auch die belangte Behörde keine ausdrückliche Prognose über das zu erwartende Verhalten des Beschwerdeführers angestellt hat, kann doch den von ihr angeführten Argumenten entnommen werden, dass sie der Ansicht war, der Beschwerdeführer biete jedenfalls auf die Dauer von fünf Jahren keine Gewähr für die Einhaltung der Bestimmungen des KJBG (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom 26. April 1991, Zl. 90/19/0596). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann der Verwaltungsgerichtshof somit nicht finden, dass die belangte Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht und dieses nicht entsprechend begründet hätte.

Soweit der Beschwerdeführer Aussagen von bei ihm beschäftigten Jugendlichen vor der Behörde erster Instanz sowie ein gutes Betriebsklima ins Treffen führt, vermag er dadurch - mangels Relevanz - die von ihm unbestritten gebliebenen mehrfachen einschlägigen Bestrafungen nicht in Zweifel zu ziehen. Mit der Rüge, die belangte Behörde habe dadurch, dass sie ihm die Stellungnahme des Arbeitsinspektorats vom 16. März 1998 nicht zur Kenntnis gebracht und dadurch das Parteiengehör verletzt habe, gelingt es dem Beschwerdeführer - jedenfalls im Hinblick auf den auch als Entscheidungsgrundlage herangezogenen § 31 Abs. 1 KJBG - im Sinne des oben Gesagten nicht, die Wesentlichkeit des darin erblickten Verfahrensmangels darzutun. Auch der in der Beschwerde aufgeworfenen Frage, ob mit dem Beschwerdeführer aufklärende Gespräche über die Einhaltung der Bestimmungen des KJBG geführt wurden, kann angesichts der auf Grund der vorliegenden Bestrafungen klaren Beweislage keine Bedeutung zukommen.

Bei diesem Ergebnis erweist sich eine Auseinandersetzung mit der - in der Beschwerde nicht konkret relevierten - Frage, ob das gegenüber dem Beschwerdeführer ausgesprochene Verbot auch den in § 31 Abs. 2 KJBG - die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auch auf diese Gesetzesstelle gestützt - angeführten Voraussetzungen entspricht, als entbehrlich.

Die sich sohin insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. September 2000

Schlagworte

Ermessen besondere RechtsgebieteErmessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998020187.X00

Im RIS seit

23.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

17.08.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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