TE Vwgh Erkenntnis 2000/10/13 98/18/0065

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Veröffentlicht am 13.10.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §39a;
AVG §53b;
AVG §75 Abs1;
AVG §76 Abs1;
AVG §76 Abs2;
AVG §76 Abs5;
AVG §79;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des R O, (geboren am 15. April 1977), vertreten durch MMag. Fanz J. Heidinger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 7. Oktober 1997, Zl. SD 155/97, betreffend den Ersatz von Barauslagen (Dolmetscherkosten) i.A. Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 7. Oktober 1997 hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen von Liberia, gemäß § 76 Abs. 1 und Abs. 2 und § 39a Abs. 1 AVG Barauslagen in der Höhe von S 1.680,-- zum Ersatz vorgeschrieben.

Gegen den Beschwerdeführer, der im Dezember 1994 nach einer illegalen Einreise in Kärnten ohne Dokumente aufgegriffen worden und dessen Asylantrag in erster Instanz abgelehnt worden sei, sei nach einer am 7. Februar 1996 erfolgten Festnahme wegen Verdachts des Suchtgifthandels am 12. Februar 1996 ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eingeleitet worden. Der Beschwerdeführer sei dazu am 12. Februar 1996 unter Beiziehung eines Dolmetschers niederschriftlich vernommen worden. Dabei seien die Ereignisse während des Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sowie seine persönlichen Verhältnisse protokolliert und ihm zur Kenntnis gebracht worden, dass gegen ihn ein Aufenthaltsverbot wegen Mittellosigkeit erlassen würde. Es sei auch darüber belehrt worden, wie er sich aufgrund des Aufenthaltsverbotes zu verhalten hätte. Schließlich sei das Aufenthaltsverbot gegen ihn durch Ausfolgung erlassen und dabei übersetzt worden. Weiters sei eine Strafverhandlung durchgeführt worden. Für die Beiziehung eines Dolmetschers seien Barauslagen in der Höhe von S 1.180,-- in Rechnung gestellt worden.

Am 20. März 1996 sei der Beschwerdeführer am Westbahnhof wegen unerlaubten Aufenthalts (trotz rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes) gemäß § 85 Abs. 2 FrG festgenommen und am 21. März 1996 beim "Bezirkspolizeikommissariat Schmelz" zur Klärung des Sachverhaltes unter Beiziehung eines Dolmetschers niederschriftlich vernommen worden; anschließend sei zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt worden. Für die Beiziehung des Dolmetschers seien Barauslagen in der Höhe von S 500,-- in Rechnung gestellt worden.

Es liege auf der Hand, dass die Beiziehung des Dolmetschers auf die vom Beschwerdeführer, der die deutsche Sprache nicht (ausreichend) beherrscht habe, verschuldeten Situationen - "aufgrund der Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, Verbleiben im Bundesgebiet ohne vorläufige Aufenthaltsberechtigung trotz durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes" - zurückzuführen gewesen sei. Die Argumentation des Beschwerdeführers, von ihm könnten keine Barauslagen verlangt werden, weil er nicht Beteiligter, sondern Partei wäre, sei unzutreffend, weil der Begriff des Beteiligten weitergehend und jede Partei auch Beteiligter sei.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Barauslagen für die Beiziehung des Dolmetschers am 12. Februar 1996 dürften nicht die Kosten der Beiziehung eines Dolmetschers bei einer Strafverhandlung umfassen, sei richtig. Eine Überprüfung habe jedoch ergeben, dass der Barauslagenanteil für den Zeitaufwand des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Übersetzung der darauf bezughabenden Seiten dem Beschwerdeführer nicht berechnet worden sei. Bei einem Gesamtzeitaufwand von 45 Minuten seien ihm nur 35 Minuten, das seien S 240,--, und die Übersetzung von fünf Seiten für das Verwaltungsverfahren, das seien S 940,--, zusammen S 1.180,-- berechnet worden. Dem Einwand des Beschwerdeführers, es handle sich bei der zeitlichen Teilung des Verwaltungsverfahrens und Verwaltungsstrafverfahrens um einen Schätzwert, komme nach Vergleich des jeweiligen Einvernahmeumfangs keine Berechtigung zu, die eine geänderte Berechnung erfordert hätte.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass bei einer Vorschreibung der Barauslagen auf die Gewährleistung eines notwendigen Unterhaltes Bedacht zu nehmen gewesen wäre, sei die herrschender Lehre "(Ringhofer I, 837)", auf die auch - wenn auch kritisch - der "Kommentar von Walter MAIER" verweise, entgegenzuhalten, wonach darauf erst im Vollstreckungsverfahren Bedacht zu nehmen sei. Demnach erwiesen sich die dem Beschwerdeführer vorgeschriebenen Kosten nicht nur dem Grund nach, sondern auch der Höhe nach als gerechtfertigt. Der Berufung sei daher keine Folge zu geben gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Entgegen der Beschwerde war die belangte Behörde nicht gehalten, im angefochtenen Bescheid auf die Frage einer allfälligen Gefährdung des notwendigen Unterhaltes des Beschwerdeführers einzugehen, weil darauf gemäß § 79 AVG ausschließlich bei der Einhebung (u.a.) von Barauslagen und nicht (bereits) bei deren Vorschreibung Bedacht zu nehmen ist (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Juli 1998, Zl. 97/02/0479).

2. Der Beschwerde ist aus den nachfolgenden Erwägungen dennoch Erfolg beschieden:

2.1. Gemäß § 75 Abs. 1 AVG sind die Kosten für die Tätigkeit der Behörde im Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu tragen, sofern sich aus den Bestimmungen der §§ 76 bis 78 AVG nichts anderes ergibt. Gemäß § 76 Abs. 1 erster Satz AVG (in der im Beschwerdeverfahren anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) hat für Barauslagen, die der Behörde bei einer Amtshandlung erwachsen, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese von Amts wegen zu tragen sind, im allgemeinen die Partei aufzukommen, die um die Amtshandlung angesucht hat. Wurde die Amtshandlung jedoch durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen gemäß 76 Abs. 2 erster Satz AVG von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind (§ 76 Abs. 2 zweiter Satz).

Gemäß § 39a Abs. 1 ist unter anderem dann, wenn eine Partei oder eine zu vernehmende Person der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig ist, erforderlichenfalls der der Behörde beigegebene oder zur Verfügung stehende Dolmetscher (Amtsdolmetscher) beizuziehen. Als Barauslagen gelten nach § 76 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. u.a. auch die Gebühren, die den Dolmetschern zustehen. Einen Anspruch auf Gebühren haben gemäß § 53b AVG aber nur nichtamtliche Dolmetscher. Ferner ergibt sich aus § 76 Abs. 5 AVG diesbezüglich näherin, dass die den Dolmetschern zustehenden Gebühren - falls nicht nach den Regelungen des § 76 Abs. 1 bis 3 AVG die Beteiligten des Verfahrens aufzukommen haben - von jenem Rechtsträger zu tragen sind, in dessen Namen die Behörde in der Angelegenheit gehandelt hat.

2.2. Im vorliegenden Fall lässt der von der belangten Behörde bestätigte erstinstanzliche Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 10. Jänner 1997 keinen Zweifel daran, dass bei den der vorliegenden Vorschreibung des Ersatzes von Barauslagen zu Grunde liegenden Einvernahmen vom 12. Februar 1995 und vom 25. März 1996 von der Behörde ein ihr "zur Verfügung stehende(r)" Dolmetscher, also ein Amtsdolmetscher im Sinn des § 39a Abs. 1 AVG, verwendet wurde.

Auf dem Boden der unter II.2.1. dargestellten Rechtslage kommt aber bezüglich eines Amtsdolmetschers ein Barauslagenersatz nicht in Betracht (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 15. April 1983, Zl. 82/02/0219). Dies hat die belangte Behörde verkannt.

3. Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 13. Oktober 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998180065.X00

Im RIS seit

05.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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