TE OGH 2009/6/18 8Ob25/09y

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Veröffentlicht am 18.06.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die Hofrätin Dr. Glawischnig und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, 1041 Wien, Prinz-Eugen-Straße 20-22, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ing. Dietmar R*****, vertreten durch Dr. Heinz Pratter, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen 114,26 EUR (Revisionsinteresse 85,71 EUR) sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 2. Oktober 2008, GZ 6 R 224/08t-23, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Nach den vom Berufungsgericht zugrundegelegten Feststellungen hat der Verbraucher die vom Beklagten im Rahmen des Internet-Shops vertriebenen Antennen zwar ausgepackt und teilweise getestet, aber daraus keinerlei Nutzen gezogen und die Ware auch nicht beschädigt, sondern am folgenden Tag gleich wieder zurückgeschickt. Er ist noch am selben Tag vom Vertrag zurückgetreten. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Verbraucher die Ware damit „nicht in Betrieb genommen habe" und dies auch keine „Benützung" im Sinne des § 5 g KSchG darstelle, die den Beklagten zur Zurückbehaltung eines Teils des Kaufpreises berechtige, weshalb dem der Höhe nach außer Streit stehenden Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben wurde.

In seinem als außerordentliche Revision zu wertenden Rechtsmittel (vgl § 502 Abs 5 Z 3 ZPO) releviert der Beklagte als erhebliche Rechtsfrage, dass § 5 g Abs 1 Z 1 KSchG anders als § 4 Abs 1 Z 1 KSchG einen Anspruch des Konsumenten auf Erstattung der gesetzlichen Zinsen kenne und in der Literatur bereits aufgezeigt worden sei, dass diese Abweichung eine erhebliche Rechtsfrage darstelle. Dem ist jedoch schon im Ansatz entgegenzuhalten, dass dies gar nicht Gegenstand der Entscheidung des Berufungsgerichts war und der Kläger solche Zinsen auch gar nicht geltend gemacht hat. Dies ist auch zur Frage, wer das Risiko eines zufälligen Untergangs der Sache zu tragen hat, festzuhalten.

Soweit sich der Beklagte auf § 5 g Abs 1 Z 2 KSchG stützt und geltend macht, dass danach der Verbraucher ein angemessenes Entgelt für die Benutzung einschließlich einer Entschädigung für eine damit verbundene Minderung des allgemeinen Werts der Leistung zu zahlen habe, ist auf die Feststellungen zu verweisen. Danach hatte der Verbraucher hier keinerlei Nutzen, sondern testete bloß von den insgesamt vier gelieferten Antennen nur zwei derselben und hat diese hiebei auch nicht beschädigt, sondern bereits am nächsten Tag wieder zurückgesendet. In der vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidung 1 Ob 110/05s (SZ 2005/137) hat der Oberste Gerichtshof bereits unter Bezugnahme auf die sogenannte Fernabsatzrichtlinie (97/7/EG) auf die Regierungsvorlage (1998 BlgNR 20. GP) verwiesen, wonach es mit der Richtlinie nicht vereinbar wäre, wenn dem Verbraucher die Verpflichtung zur Zahlung eines Benützungsentgelts oder eines Ausgleichs der Wertminderung schon dann auferlegt würde, wenn er die Sache lediglich begutachtet oder zwecks Erprobung kurzfristig in Gebrauch nimmt (also nicht - wie im dort zu beurteilenden Fall - „extensiv" in Gebrauch nimmt). Dass das österreichische Recht richtlinienkonform auszulegen ist, ist allgemein anerkannt (P. Bydlinski in KBB2 § 6 Rz 7 mwN) und überschreitet hier auch nicht die Grenzen der Wortinterpretation (vgl allgemein dazu RIS-Justiz RS0114158).

Dass allein das bloße Ausprobieren, ob die Sache funktioniert, noch keine Benützung im Sinne des §5 g Abs 1 Z 2 KSchG darstellt, wird nicht nur in dieser Entscheidung ausgeführt, sondern auch in der Lehre vertreten (vgl in diesem Sinne etwa Krejci in Rummel ABGB3 §§ 5a bis i KSchG Rz 38 iVm § 4 Rz 17; Apathy in Schwimann ABGB3 § 5g KSchG Rz 1 iVm § 4 Rz 10; Mayrhofer in Fenyves/Kerschner/VonkilchKlang3 § 4 KSchG Rz 19; Kathrein in KBB2 § 4 KSchG Rz 3). Im Hinblick auf die bereits vorliegende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs und die eindeutigen Stellungnahmen im gesamten Fachschrifttum vermag die Revision des Beklagten vor dem Hintergrund der konkreten Feststellungen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen. Auf die Frage, inwieweit überhaupt die Festlegung eines Entgelts für die Benutzung den Vorgaben der Richtlinie entspricht, ist hier nicht einzugehen (vgl dazu zuletzt etwa die Schlussanträge in der Rs Messner/Krüger C-489/07, aber auch EuGH 17. 4. 2008 Rs Quelle AG C-404/06).

Textnummer

E91207

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0080OB00025.09Y.0618.000

Im RIS seit

18.07.2009

Zuletzt aktualisiert am

18.11.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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