TE OGH 2011/3/29 2R48/11s

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Veröffentlicht am 29.03.2011
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Kopf

Das Landesgericht Feldkirch als Berufungsgericht hat durch den Richter Hofrat Dr. Höfle als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Flatz und die Richterin Dr. Ciresa als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Gernot Klocker, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagten Parteien 1. V*****, 2. W*****, beide vertreten durch Dr. Rainer Welte, Rechtsanwalt in Rankweil, wegen Entfernung und Unterlassung (Gesamtstreitwert EUR 5.000,00), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 13. Jänner 2011, 4 C 930/10i-10, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass es zu lauten hat:

Text

„1. Die Beklagten sind schuldig, die in und um das Haus S*****, angebrachten Videokameras und den Scheinwerfer samt Bewegungsmelder zu entfernen, insbesondere die Kamera am Rahmen des südlich gelegenen Terrassenfensters der von der Erstbeklagten bewohnten Wohnung, die Kamera am nördlich gelegenen Fensterrahmen der von der Erstbeklagten bewohnten Wohnung, die Kamera am östlich gelegenen Dachfenster, die Kamera an dem auf der Westseite gelegenen Gartenhaus und die Kamera am Stiegenhaus vor der Wohnung des Zweitbeklagten.

2. Die Beklagten sind schuldig, es hinkünftig zu unterlassen, Videokameras, Scheinwerfer mit Bewegungsmelder oder vergleichbare Einrichtungen, insbesondere am und im von ihnen bewohnten Haus S*****, oder an im Garten dieses Hauses bestehenden Einrichtungen so anzubringen, dass diese den von der Klägerin benutzten Garten, das Aus- und Eingehen in das Haus und das Stiegenhaus aufnehmen können.

3. Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen zu Handen des Klagsvertreters die mit EUR 2.083,59 (darin enthalten EUR 298,10 an Barauslagen, EUR 297,58 an USt) bestimmten Prozesskosten zu ersetzen.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen die mit EUR 1.259,64 (darin enthalten EUR 119,56 an USt, EUR 542,30 an Barauslagen) bestimmten Kosten der Berufung zu ersetzen.

Der Entscheidungsgegenstand übersteigt insgesamt den Betrag von EUR 5.000,00 nicht.

Die Revision ist jedenfalls unzulässig.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist aufgrund des Kaufvertrages vom 28.9.2007 Eigentümerin der Liegenschaft EZ 867 Grundbuch 91119 Rieden, bestehend aus GST-NR 812/28 und .808 samt dem darauf errichteten Haus S*****, in welchem sie die im 1. Obergeschoss gelegene Wohnung gemeinsam mit ihrem Ehegatten W***** sen. bewohnt. Als Ausfluss eines familienrechtlichen Wohnungsgebrauchsrechtes bewohnt die Erstbeklagte die im ersten Halbgeschoss des Hauses gelegene Wohnung, der Zweitbeklagte die Dachgeschosswohnung. Vom Zweitbeklagten wurde westlich des Hauses S***** ein Gartenhaus errichtet.

Die Beklagten montierten auf der Liegenschaft insgesamt 5 Videokameras, und zwar beim nördlich gelegenen Fenster sowie beim Küchenfenster der von der Erstbeklagten benützten Wohnung, beim Dachfenster sowie bei der Eingangstüre zu der vom Zweitbeklagten bewohnten Wohnung im Dachgeschoss des Hauses und beim Gartenhaus des Zweitbeklagten. Bei dieser Kamera ist auch ein Bewegungsmelder installiert.

Soweit war der Sachverhalt im erstinstanzlichen Verfahren unstrittig.

Mit Klage vom 1.6.2010 begehrt die Klägerin die Entfernung der im und um das Haus S***** angebrachten Videokameras sowie des Scheinwerfers samt Bewegungsmelders und die Verpflichtung der Beklagten, es künftig zu unterlassen, Videokameras, Scheinwerfer mit Bewegungsmelder oder vergleichbare Einrichtungen an und in bestehenden Einrichtungen des von ihnen bewohnten Hauses oder Gartens dieses Hauses so anzubringen, dass sie den von der Klägerin benutzten Garten, das Aus- und Eingehen in das Haus und das Stiegenhaus aufnehmen können. Der Streitgegenstand wurde von der Klägerin insgesamt mit EUR 5.000,00 bewertet.

Die von den Beklagten angebrachten Videokameras seien derart montiert, dass sie die nahezu lückenlose Überwachung der Liegenschaft ermögliche. Die Ausrichtung der Kameras könne ohne Schwierigkeit jederzeit verändert werden. Insbesondere würden der Hauseingang, das Stiegenhaus und der Garten nahezu vollständig überwacht. Im Garten, der eine Allgemeinfläche darstelle, sei überdies ein Scheinwerfer mit Bewegungsmelder angebracht, welcher den Garten beim Betreten im Dunkeln hell erleuchte. Dadurch sei es für die Klägerin unmöglich, sich in ihrem und um ihr Haus zu bewegen oder das Haus zu betreten und zu verlassen, ohne von den Videokameras erfasst zu werden. Die Klägerin habe keine Erlaubnis zur Anbringung der Videokameras und des Scheinwerfers erteilt. Das den Beklagten zustehende Wohnungsrecht beschränke sich auf das Bewohnen der ihnen zugewiesenen Räumlichkeiten und Flächen. Weder am Stiegenhaus noch am Garten bestehe ein ausschließliches Nutzungsrecht der Beklagten, sodass sie sich an die Vorgaben der Klägerin als Eigentümerin der Liegenschaft zu halten hätten. Die Klägerin habe die Befestigung bzw das Anbringen von Videokameras an dem in ihrem Eigentum stehenden Haus untersagt. Durch diese Maßnahmen würden die Persönlichkeitsrechte der Klägerin, insbesondere ihr Recht auf das eigene Bild verletzt. Das Anbringen der Videokameras verstoße auch gegen die einschlägigen Bestimmungen des Datenschutzgesetzes (DSG). Eine Echtzeitüberwachung im Sinne des § 50a Abs 4 Z 1 (richtig: Z 3) DSG liege nicht vor. Eine Meldung über den Betrieb der Videokameras an die Datenschutzkommission sei nicht erfolgt. Für die Überwachung des Parkplatzes vor dem Haus würde, falls zulässig, eine einzige Kamera genügen. Wegen abhanden gekommener Schuhe oder eines, im Übrigen nicht abgesperrten, Fahrrades sei das Installieren von vier Kameras völlig unangemessen. Für den Schutz des Eigentums der Beklagten stünden überdies geeignete andere Mittel zur Verfügung. So könnten die Schuhe in der Wohnung des Zweitbeklagten abgelagert werden.

Die Beklagten, die das Klagebegehren bestreiten, rechtfertigen das Anbringen der Videokameras und des Bewegungsmelders damit, dass es seit dem Einzug der Klägerin und deren Gatten, dem Vater der Beklagten, ins Haus tagtäglich zu Störungshandlungen gekommen sei, was sie veranlasst habe, mit Besitzstörungsklagen gegen die Klägerin und deren Gatten vorzugehen. Daneben seien in den letzten Monaten in den von den Videokameras nunmehr aufgenommenen Bereichen von unbekannten Tätern strafbare Handlungen wie Sachbeschädigungen und Diebstähle gesetzt worden. Die Videokameras dienten der Überwachung des vor dem Haus gelegenen Parkplatzes, der zur Wohnung der Erstbeklagten gehörigen Terrasse, des vor der Wohnung des Zweitbeklagten gelegenen Stiegenhauses sowie des dem Zweitbeklagten zur ausschließlichen Nutzung zustehenden Sitzplatzes beim Gartenhaus, wo auch ein Bewegungsmelder installiert sei. Im Bereich des Gartenhauses, insbesondere beim Sitzplatz seien ständig Gegenstände beschädigt und teilweise entfernt worden. Die Klagsführung sei unverständlich, weil durch die Videokameras und Bewegungsmelder geradezu das Eigentum an der Liegenschaft in den von den Videokameras überwachten Teilbereichen geschützt werde. Mit Ausnahme des vor dem Gebäude gelegenen Parkplatzes stehe in diesen Bereichen der Klägerin überhaupt kein Nutzungsrecht zu. Weder würden Persönlichkeitsrechte oder schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen der Klägerin verletzt noch werde gegen einschlägige Bestimmungen des Datenschutzgesetzes verstoßen. Die Beklagten seien in Ausübung des ihnen zustehenden Wohnungsgebrauchsrechtes berechtigt, ihr Eigentum zu schützen und die zu ihrem Gebrauchsrecht gehörenden Räumlichkeiten und Außenbereiche zu überwachen. Dies sei der Klägerin auch zumutbar. Bezüglich jener Videokameras, die die Parkplätze auf der öffentlichen Verkehrsfläche überwachten, sei die Klägerin nicht aktiv klagslegitimiert. Seit Anbringung der Kameras und des Bewegungsmelders hätten sich weder Störungshandlungen noch strafbare Handlungen mehr ereignet, sodass bei entsprechender Interessenabwägung das Interesse der Beklagten am Schutz ihrer Person und ihres Eigentums weit über dem Interesse der Klägerin auf Geheimnisschutz stehe. Die Klage sei daher abzuweisen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht das Klagebegehren abgewiesen. Es hat die auf den Seiten 8 bis 10 des Urteiles wiedergegebenen Feststellungen getroffen, auf welche gemäß § 500a ZPO verwiesen wird. Rechtlich hat das Erstgericht ausgeführt, dass die Interessen der Beklagten am Schutz ihres Eigentums und ihrer körperlichen Unversehrtheit dem Interesse der Klägerin an ihrer Privatsphäre gegenüberstehe. In deren Privatsphäre werde allerdings nicht eingegriffen, weil aus dem Sachverhalt nicht hervorgehe, dass gerade ein Wohnbereich der Klägerin durch die Kameras aufgenommen werde. Auch durch die beim Gartenhaus montierte Videokamera werde die Klägerin nicht beeinträchtigt, da darauf nicht ersichtlich sei, wenn irgendjemand diesen Bereich passiere bzw durch den Garten laufe. Dies gelte auch für die Videokameras an der Wohnungstüre und im Dachgeschoss, welche auf die an die Liegenschaft angrenzende S***** gerichtet seien. Die festgestellten Vorkommnisse rechtfertigten die Installierung der Videokameras, mit denen auch eine Art Abschreckungszweck erzielt werden solle. Das berechtigte Schutz- und Sicherheitsbedürfnis der Beklagten gehe vor, zumal die Klägerin im Schutz ihrer Privatsphäre nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werde. Eine Zustimmung der Klägerin sei dazu ebenso wenig erforderlich wie eine Meldung bei der Datenschutzkommission.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die fristgerechte Berufung der Klägerin aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, der Klage stattzugeben.

Die Beklagten haben in ihrer Berufungsbeantwortung beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung erweist sich als berechtigt.

Im Rahmen der Beweisrüge bekämpft die Klägerin die nachstehenden Feststellungen des Erstgerichtes:

- Die Erstbeklagte montierte sodann eine Kamera beim Küchenfenster, um den Balkon davor beobachten zu können, von welchem ihr Fahrrad gestohlen worden war. Diese Kamera ist lediglich auf den Balkon hin ausgerichtet.

- Diese Kamera ist auf den Bereich des vor dem Fenster gelegenen „Parkplatz“ gerichtet (Beilage ./1).

- Eine zweite Kamera montierte der Zweitbeklagte beim Dachfenster. Diese Kamera ist, ebenso wie die von der Erstbeklagten beim nördlich gelegenen Fenster montierte Kamera, auf die S*****, gerichtet (Beilage ./3). Erfasst wird dabei lediglich der Straßenabschnitt, wo die Fahrzeuge geparkt werden.

An Stelle dieser Feststellungen werden von der Klägerin folgende Feststellungen begehrt:

- „Die Erstbeklagte montierte sodann eine Kamera beim Küchenfenster. Diese Kamera überwacht die vor der Küche gelegene Terrasse und den vor der Terrasse gelegenen Gartenabschnitt, welcher von der Klägerin genutzt wird.“

- „Die zweite Kamera am nördlich gelegenen Fenster überwacht einen gesamten Abschnitt der S*****.“

- „Eine zweite Kamera montierte der Zweitbeklagte beim Dachfenster. Diese Kamera ist, ebenso wie die von der Erstbeklagten beim nördlich gelegenen Fenster montierte Kamera auf die S***** gerichtet und erfasst dabei die gesamte S***** vor dem Haus.“

Die Klägerin stützt sich dabei auf die von den Beklagten vorgelegten Lichtbilder, woraus sich einerseits ergebe, dass durch die beim Küchenfenster montierte Kamera nicht nur der Balkon, sondern auch der angrenzende Nachbars-Gartenzaun, eine Leiter, verschiedene Pflanzen und eine Gießkanne zu sehen seien, welche sich auf dem von der Klägerin genutzten Gartenteil befänden. Daraus ergebe sich, dass sich die Klägerin in ihrem eigenen Garten nicht bewegen könne, ohne von der gegenständlichen Videokamera erfasst zu sein. Mit den zur Straße hin ausgerichteten Videokameras werde öffentlicher Grund, und zwar die gesamte S***** vor dem Haus, überwacht, was jedoch den Behörden vorbehalten sei. Auf die Beweisrüge und das Vorliegen allfälliger sekundärer Feststellungsmängel ist allerdings aus folgenden Erwägungen nicht weiter näher einzugehen:

In der Rechtsrüge macht die Klägerin geltend, dass das Erstgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass für die installierten und in Betrieb genommenen Videokameras keine Meldepflicht im Sinne des Datenschutzgesetzes (DSG) erforderlich sei. Tatsächlich handle es sich um eine meldepflichtige und mangels Meldung bei der Datenschutzkommission daher rechtswidrige Videoüberwachungsanlage, sodass die Klägerin einen auf die Bestimmungen des DSG gestützten Unterlassungsanspruch habe. Das Erstgericht sei zu Unrecht von einer Datenanwendung gemäß § 17 Abs 2 Z 4 DSG ausgegangen. Eine Meldepflicht nach § 50c DSG bestehe, zumal es sich auch nicht um ein Einfamilienhaus handle. Die Klägerin habe daher einen auf die Bestimmungen des DSG gestützten Unterlassungsanspruch. Die Überwachung des öffentlichen Grundes (S*****) mit einem Teil der Kameras sei ebenfalls unzulässig, weil dies ausschließlich Behörden erlaubt sei. Im Übrigen hätten die Beklagten kein ausschließliches Wohnungsgebrauchsrecht an den von ihnen beanspruchten Teilen des Hauses. Das Erstgericht hätte daher zum Ergebnis gelangen müssen, dass die Klägerin als Alleineigentümerin berechtigt sei, derartige Installationen an und in ihrem Haus zu untersagen, zumal bei einer Interessenabwägung dem Schutz der Privatsphäre der Klägerin Vorrang vor den Interessen der Beklagten zukomme.

Die Klägerin stützt ihren Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch erkennbar auf mehrere Tatbestände, einerseits auf einen behaupteten Eingriff in ihr Eigentumsrecht, andererseits auf eine behaupteten Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte und einen Verstoß gegen die Bestimmungen des DSG (vgl § 32 Abs 2 DSG).

Die persönliche Dienstbarkeit des Gebrauches berechtigt zur Nutzung einer fremdem Sache ohne Verletzung ihrer Substanz. Gegenstand des Wohnungsrechtes sind bewohnbare Gebäudeteile samt Nebenräumen und zugehörigen Außenflächen wie Garten, Wäscheaufhängung, Badesteg (Koch in KBB², § 521 ABGB Rz 2; Memmer in Kletecka/Schauer ABGB-ON 1.00 § 521 Rz 11). Der Eigentümer darf weiterhin alle Teile des Hauses, die nicht zu den im Rahmen des Wohnungsrechtes überlassenen Räumlichkeiten gehören, benutzen und die nötige Aufsicht über das Gebäude ausüben (§ 522 ABGB) (vgl Memmer aaO Rz 21). Nach des § 484 ABGB ist das Dienstbarkeitsrecht einschränkend auszuüben, da die Interessen des Eigentümers der dienenden Liegenschaft beachtet werden müssen, der möglichst wenig von der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit belastet werden soll (Koch aaO § 484 ABGB Rz 4 mwN). Die in § 521 ABGB geregelte Dienstbarkeit der Wohnung gewährt dem Berechtigten die Befugnis, die Wohnräume im Rahmen seiner Bedürfnisse zu benutzen (1 Ob 134/01i mwN; 2 Ob 301/02g). Der Widerstreit zwischen den Interessen des Berechtigten und jenen des Belasteten einer Dienstbarkeit ist in ein billiges Verhältnis zu setzen, wobei aber keine erhebliche Mehrbelastung des dienenden Grundstückes entstehen darf (RIS-Justiz RS0011733). Nach den jeweiligen Verhältnissen soll dem Berechtigten der angestrebte Vorteil ermöglicht, dem Belasteten aber so wenig wie nur möglich geschadet werden (4 Ob 217/08b). Das Erstgericht hat daher grundsätzlich zu Recht eine Interessensabwägung zwischen den Parteien vorgenommen.

Gemäß § 16 ABGB hat jeder Mensch angeborene, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte und ist daher als eine Person zu betrachten. Diese Bestimmung wird heute allgemein nicht als bloßer Programmsatz, sondern als Zentralnorm unserer Rechtsordnung angesehen. Sie anerkennt die Persönlichkeit als Grundwert. Aus ihr wird - ebenso wie aus anderen durch die Rechtsordnung geschützten Grundwerten (Art 8 EMRK; § 1 DSG) - das jedermann angeborene Persönlichkeitsrecht auf Achtung seines Privatbereiches und seiner Geheimsphäre abgeleitet. Grundfreiheiten und Menschenrechte richten sich primär an den Staat, während sie im Privatrecht ihre Verwirklichung im Allgemeinen in Form der mittelbaren Drittwirkung finden. Soweit das nicht durch besondere einfachgesetzliche Normen geschieht, transportiert § 16 ABGB die verfassungsmäßig garantierten Grundrechte in das Privatrecht. Sie dienen damit nicht nur der Absicherung von fundamentalen Freiheiten und Rechten der Bürger gegenüber der Staatsmacht, sondern haben darüber hinaus auch Auswirkungen auf das Verhältnis der Bürger untereinander, indem die durch sie verkörperten Wertungen bei der Auslegung und Lückenfüllung privatrechtlicher Beziehungen zu berücksichtigen sind. Aus dem Charakter der Persönlichkeitsrechte als absolute Rechte bejaht die Rechtsprechung Unterlassungsansprüche bei Persönlichkeitsverletzungen auch dann, wenn sie gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen sind (Aicher in Rummel³ § 16 ABGB Rz 35). Bei bereits erfolgtem Verstoß stehen auch Beseitigungsansprüche zu (SZ 74/168; Koch aaO § 16 ABGB Rz 9). Entscheidend für den jeweiligen Schutz ist eine Güter- und Interessenabwägung (RIS-Justiz RS0116695; 7 Ob 89/97g, 6 Ob 6/06k, 4 Ob 98/926 Ob 2401/96y).

Eine Verletzung der Geheimsphäre stellen jedenfalls geheime Bildaufnahmen im Privatbereich und fortdauernde unerwünschte Überwachung dar (RIS-Justiz RS0107155). Zur Privatsphäre gehören auch private Lebensumstände, die nur einem eingeschränkten Kreis von Personen bekannt und nicht für eine weite Öffentlichkeit bestimmt sind (Rummel in Rummel³ §  1328a ABGB Rz 3). Die Berechtigung des Klagebegehrens setzt daher zunächst voraus, dass das Recht der Klägerin auf Achtung der Privatsphäre (Geheimsphäre), das als absolutes Persönlichkeitsrecht Schutz gegen Eingriffe Dritter genießt ( SZ 70/18; SZ 51/146 ua), verletzt wird. Ist ein Eingriff in die Privatsphäre zu bejahen, muss in der Folge geprüft werden, ob dem Eingriff ein berechtigtes Interesse des Überwachers entgegensteht. Für dessen Vorliegen ist der Überwacher behauptungs- und beweispflichtig, den auch die Behauptungs- und Beweislast dafür trifft, dass die Maßnahme ihrer Art nach überhaupt geeignet ist, das angestrebte Ziel zu erreichen. Steht dann fest, dass der Eingriff in die Privatsphäre in Verfolgung eines von der Rechtsordnung anerkannten Interesses erfolgte, steht dem Beeinträchtigten wiederum der Einwand offen, dass die Maßnahme nicht das schonendste Mittel zur Zweckerreichung darstellte. Stellt sich dabei heraus, dass die Maßnahme nicht das schonendste Mittel zur Zweckerreichung war, erübrigt sich auch die Vornahme einer Interessenabwägung (RIS-Justiz RS0120423).

Nach der Legaldefinition des § 50a Abs 1 Satz 1 DSG wird unter „Videoüberwachung“ die systematische, insbesondere fortlaufende Feststellung von Ereignissen, die ein bestimmtes (überwachtes) Objekt oder eine bestimmte (überwachte) Person betreffen, durch technische Bildaufnahme- oder Bildübertragungsgeräte verstanden. Eine identifizierende Videoüberwachung liegt nicht erst dann vor, wenn es sich um aufgezeichnete Informationen handelt, die von jedermann unmittelbar einer bestimmten Person zugeordnet werden können, sondern schon dann, wenn die Betroffenen nachträglich bestimmbar sind. Bestimmbarkeit und damit Identifizierbarkeit bedeutet, dass die Videoaufzeichnung auf Grund eines oder mehrere Merkmale letztlich einer bestimmten Person zugeordnet werden kann (vgl zum Kriterium der Bestimmbarkeit die Entscheidung der Datenschutzkommission vom 21. 6. 2005, K507.515-21/0004-DVR/2005). Systematische, verdeckte, identifizierende Videoüberwachung mit abrufbarer Bildaufzeichnung stellt immer einen Eingriff in das gemäß § 16 ABGB iVm Art 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung der Geheimsphäre dar. Bei der systematischen Videoüberwachung ist der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht wegen des Überwachungsdruckes zu bejahen: Die systematische Videoüberwachung unterscheidet sich von der ohne Hinzutreten besonderer Umstände im Regelfall zulässigen Beobachtung mit dem bloßen Auge dadurch, dass eine Videokamera im Unterschied zu einem menschlichen Beobachter in Bezug auf Wahrnehmungs- und Erinnerungsfähigkeit keinerlei Beeinträchtigung unterliegt und damit in der Lage ist, ein komplettes Gesamtbild der aufgenommenen Personen zu erstellen, wobei die gemachten Aufzeichnungen zeitlich nahezu unbegrenzt aufbewahrt werden können. Die Summe von Informationen in ihrer systematischen Ausformung ist nach der sogenannten „Mosaiktheorie" auch dann geschützt, wenn die einzelne Information für sich keinen Schutz genießt (8 Ob 108/05y mwN).

Aus der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist also – unabhängig von der Bestimmung des § 50a DSG – als allgemeiner Grundsatz abzuleiten, dass durch das Vermitteln eines Gefühls des potenziell möglichen ständigen Überwachtseins in die Privatsphäre eingegriffen wird (7 Ob 248/09k mwN), und zwar auch dann, wenn „nur“ Alltägliches, aber eben nicht für die Öffentlichkeit bestimmtes Privatleben beobachtet würde. Dabei ist ein Recht des Liegenschaftseigentümers zu bejahen, dass die auf seiner Liegenschaft ein- und ausgehenden Personen (Familienangehörige, Mieter, Gäste, Angestellte) nicht systematisch beobachtet werden. Zur Gewährleistung der Privatsphäre des Liegenschaftseigentümers ist somit auch erforderlich, dass er nicht gewärtigen muss, dass die Nutzung (oder Nichtnutzung) seiner Liegenschaft durch ihn selbst oder Dritte systematisch überwacht und aufgezeichnet wird (vgl RIS-Justiz RS0107155).

Der Anspruch auf Abwehr von Eingriffen in die Privatsphäre wird vom Obersten Gerichtshof dabei unabhängig davon bejaht, ob sich die Kameras in Betrieb befinden oder nicht, wenn der Kläger keine Kontrollmöglichkeit über sie hat (7 Ob 89/97g). Der Oberste Gerichtshof hatte zu 7 Ob 89/97g den Fall zu beurteilen, dass Nachbarn zwei Überwachungskameras so montierten, dass sie auf die Liegenschaft des Klägers ausgerichtet waren, um „Abschreckungsmaßnahmen gegen die Familie des Klägers zu setzen, allenfalls auch durch das durch die Kamera vermittelte Gefühl des Beobachtetseins". Die Kameras waren nicht funktionstauglich. Die Beklagten teilten aber dem Kläger mit, dass sie mit einem Bewegungsmelder gekoppelt seien und dadurch aktiviert würden, sodass der Kläger konkret die Befürchtung haben konnte, dass die Beklagten die Kameras jederzeit von ihm unbemerkt anschließen und in Betrieb setzen könnten. Der Oberste Gerichtshof billigte dem Kläger unter diesen Umständen ein berechtigtes Interesse daran zu, dass Teile seiner Liegenschaft und Fenster seiner Hausfront nicht vom Blickwinkel der Kameras erfasst würden. Dem stehe kein erkennbares Interesse der Beklagten gegenüber, weil ein die Liegenschaft des Klägers nicht erfassender Blickwinkel der Kameras ihr Sicherungsbedürfnis genauso wahre.

Der Entscheidung 6 Ob 6/06k lag zu Grunde, dass mittels Videokamera oder auch nur Kameraattrappe ein Teil des Hauses des Klägers erfasst wurde. Es wurde die Rechtsansicht vertreten, der Kläger habe davon ausgehen müssen, dass der Beklagte zumindest bei bestimmten Gelegenheiten zum Mittel der Videoaufzeichnung greifen würde, und sei deshalb einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt gewesen. In der Entscheidung 6 Ob 2401/96y wurde schließlich ein Eingriff in die Privatsphäre des Mieters durch eine auf seine Wohnungseingangstür gerichtete Kamera bejaht, die lückenlos die Personen aufzeichnete, die seine Wohnung betraten oder verließen, und die zur Wahrung des Interesses des Vermieters an Schutz vor Einbrechern im Hinblick auf andere mögliche Kamerapositionen nicht notwendig war.

Unstrittig ist, dass die Beklagten die Videokameras und den Bewegungsmelder ohne Einwilligung der Klägerin als Liegenschaftseigentümerin angebracht haben, und zwar jeweils außerhalb der vom eigentlichen Wohnungsgebrauchsrecht umfassten Räumlichkeiten bzw in einem Bereich, der als Allgemeinfläche (Stiegenhaus, Garten) auch der Klägerin und ihrer Familie zur Mitbenützung dient oder dienen kann. Das Erstgericht hat festgestellt, dass sich die Klägerin und ihre Familie auf Grund der Videokameras „nicht mehr wohl fühlen“, was - ungeachtet der Einschränkung des Erstgerichtes „aus welchem Grund auch immer“ - zweifelsohne auf den durch die angebrachten Videokameras erzeugten Überwachungsdruck zurückgeführt werden kann. Nachdem es unter Berücksichtigung der oben angeführten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auf den durch die Videoüberwachung erzeugten Überwachungsdruck ohne Kontrollmöglichkeit des Überwachten ankommt und nicht primär auf den bei den Aufzeichnungen sichtbaren Bereich ankommt, sind auch weitere Feststellungen zu den tatsächlich durch die Kameras überwachten Ausschnitten entbehrlich.

Ein Eingriff in die Privatsphäre der Klägerin durch die von den Beklagten ohne die Zustimmung der Klägerin im und außerhalb des Mehrfamilienhauses installierte Videoüberwachung ist daher grundsätzlich zu bejahen. Das Vorbringen in der Berufung, dass es sich um eine Videoüberwachung im Sinne der §§ 50a ff DSG handle, wird von den Beklagten nur insofern bestritten, als sie behaupten, dass die von den Beklagten aufgenommenen Daten nur analog gespeichert würden. Damit entfernen sie sich allerdings von der unbekämpft gebliebenen Feststellung des Erstgerichtes, dass die Aufzeichnung mit einem Festplattenrekorder erfolgt. Ein Festplattenrekorder, auch Video Disk Recorder, ist ein Rekorder, der Videos oder Audio digital auf eine Festplatte aufzeichnet (vgl Wikipedia „Festplattenrekorder“). Es handelt sich damit um ein digitales Speichermedium, sodass entgegen der Ansicht der Beklagten keine der Ausnahmen von der Meldepflicht nach § 50c Abs 2 DSG (Echtzeitüberwachung; Aufzeichnung bloß auf analogen Datenträgern) gegeben ist.

Die zulässigen Einsatzzwecke einer Videoüberwachung, für welche die §§ 6 und 7, insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (§ 7 Abs 3) gelten, werden in § 50a Abs 2 DSG taxativ aufgezählt; demnach ist eine Videoüberwachung nur zulässig, sofern dies zum Schutz eines überwachten Objekts oder der überwachten Person oder sonst der Erfüllung rechtlicher Sorgfaltspflichten, jeweils einschließlich der Beweissicherung, dient. Die Beklagten rechtfertigen das Anbringen der Videoüberwachung damit, dass es seit dem Einzug der Klägerin und deren Gatten, dem Vater der Beklagten, ins Haus tagtäglich zu Störungshandlungen gekommen sei, was sie veranlasst habe, mit Besitzstörungsklagen gegen die Klägerin und deren Gatten vorzugehen. Daneben seien in den letzten Monaten in den von den Videokameras nunmehr aufgenommenen Bereichen von unbekannten Tätern strafbare Handlungen wie Sachbeschädigungen und Diebstähle gesetzt worden. Sie stützen ihr Interesse an der Überwachung damit auf das Grundrecht der Unverletzlichkeit ihres Eigentumsrechtes (Art 5 StGG).

Ein Betroffener ist durch eine Videoüberwachung dann nicht in seinen schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen (§ 7 Abs 2 Z 3 DSG) verletzt, wenn 1. diese im lebenswichtigen Interesse einer Person erfolgt, 2. Daten über ein Verhalten verarbeitet werden, das ohne jeden Zweifel den Schluss zulässt, dass es darauf gerichtet war, öffentlich wahrgenommen zu werden, oder 3. er der Verwendung seiner Daten im Rahmen der Überwachung ausdrücklich zugestimmt hat (§ 50a Abs 3 DSG). Ein Betroffener ist nach § 50a Abs 4 DSG darüber hinaus durch eine Videoüberwachung ausschließlich dann nicht in seinen schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen (§ 7 Abs 2 Z 3) verletzt, wenn sie nicht im Rahmen der Vollziehung hoheitlicher Aufgaben erfolgt und 1. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, das überwachte Objekt oder die überwachte Person könnte das Ziel oder der Ort eines gefährlichen Angriffs werden, oder 2. unmittelbar anwendbare Rechtsvorschriften des Völker- oder des Gemeinschaftsrechts, Gesetze, Verordnungen, Bescheide oder gerichtliche Entscheidungen dem Auftraggeber spezielle Sorgfaltspflichten zum Schutz des überwachten Objekts oder der überwachten Person auferlegen, oder 3. sich die Überwachung in einer bloßen Echtzeitwiedergabe von das überwachte Objekt/die überwachte Person betreffenden Ereignissen erschöpft, diese also weder gespeichert (aufgezeichnet) noch in sonst einer anderen Form weiterverarbeitet werden (Echtzeitüberwachung), und sie zum Zweck des Schutzes von Leib, Leben oder Eigentum des Auftragsgebers erfolgt. Der Oberste Gerichtshof hat sowohl den Schutz des Eigentums als auch das Interesse an größtmöglicher Sicherheit vor unbefugtem Eindringen und vor Sachbeschädigung als von der Rechtsordnung anerkanntes Interesse schon anerkannt (RIS-Justiz RS0107156, RS0107155). Dem hat allerdings die Klägerin den Einwand entgegen gehalten, dass die von den Beklagten getroffene Maßnahme nicht das schonendste Mittel zur Zweckerreichung darstelle. Gibt es weniger eingriffsintensive alternative Mittel als eine Videoüberwachung, ist diesen der Vorzug zu geben. Stellt sich dabei heraus, dass die Maßnahme nicht das schonendste Mittel zur Zweckerreichung war, erübrigt sich auch die Vornahme einer Interessenabwägung (RIS-Justiz RS0120423).

Dieser Einwand der Klägerin erweist sich im Ergebnis als berechtigt. Seit der Novelle zum Datenschutzgesetz 2010, BGBl I 2009/133, fallen auch Einfamilienhäuser und dazugehörige Grundstücke unter den vollen Anwendungsbereich des Datenschutzgesetzes. Bei Mehrfamilienhäusern, wie dem vorliegenden, war dies bereits davor der Fall. Das bedeutet, dass - mit einer hier nicht zutreffenden Ausnahme - vor der Inbetriebnahme einer Videoanlage eine Prüfung durch die Datenschutzkommission zu erfolgen hat (§ 50c Abs 1 DSG). Nicht meldepflichtig sind unter anderem wohl Datenanwendungen, die von natürlichen Personen ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten vorgenommen werden (vgl § 17 Abs 2 Z 4 DSG unter Hinweis auf § 45 DSG). § 45 DSG gilt allerdings nicht für die Überwachung von Einfamilienhäusern und dazu gehörigen Grundstücken, da neben potentiellen Einbrechern auch andere Personen (Besucher, allfällige Hausangestellte wie etwa Reinigungspersonal) davon betroffen sein könnten (Dohr/Pollirer/Weiss/Knyrim, DSG² §§ 50a Allgemeines, Seite 350; § 50a Anm 2, Seite 367; Sedef, Private Videoüberwachung nach der DSG-Novelle 2010, MR 2010, 81 [86]). Die hier unstrittig ohne Meldung an die Datenschutzkommission durchgeführte Videoüberwachung ist daher nicht rechtmäßig (Lindinger, Videoüberwachung im Mietrecht, immolex 2010, 344) und damit von der Klägerin nicht zu dulden.

Videoüberwachungen im öffentlichen Raum sind grundsätzlich den Sicherheitsbehörden vorbehalten, falls keine rechtliche Befugnis vorliegt (Dohr/Pollirer/Weiss/Knyrim aaO Seite 352, 368). Generell kommt es daher bei der Videoüberwachung des Eingangs- und Fassadenbereiches daher darauf an, ob und inwieweit durch die Überwachung auch öffentlicher Raum (zB Gehsteig vor dem Haustor) betroffen ist. Dies ist nämlich nur im Ausnahmefall, dh nur im absolut unvermeidlichen und räumlichen Ausmaß erlaubt. Für zulässig angesehen wurde beispielsweise die Videoüberwachung der Fassade eines denkmalgeschützten Gebäudes, das an öffentliche Plätze angrenzt (Sedef aaO; Lindinger aaO). Die straßenseitig an der Außenwand des Hauses angebrachten Videokameras, die nach den erstinstanzlichen Feststellungen den Straßenabschnitt erfassen sollen, wo die Fahrzeuge der Hausbewohner abgestellt werden, müssen bereits aus diesem Grund als unzulässig angesehen werden.

Ob die Klägerin überhaupt die Überwachung eines außerhalb des Wohnungsgebrauchsrechts liegenden Bereiches von ihrer Liegenschaft aus zu dulden hat, kann allerdings dahingestellt bleiben, da bereits die anzustellende Verhältnismäßigkeitsprüfung ergibt, dass der Schutz des Eigentums an den Fahrzeugen auch anderweitig, beispielsweise durch eine entsprechende Garagierung, sichergestellt werden könnte. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des § 7 Abs 3 DSG gilt auch für die Videoüberwachung (§ 50a Abs 2 Satz 1 DSG). Sofern also taugliche Mittel bestehen, die weniger eingriffsintensiv sind als das Mittel der Videoüberwachung, sind diese jedenfalls vorzuziehen. Weniger eingriffsintensiv ist beispielsweise die Echtzeitüberwachung, da keine Speicherung der anfallenden Daten stattfindet, oder die Verwendung von Alarmanlagen, Sicherheitstüren, Gegensprechanlagen (Sedef aaO Seite 83, 86 mwN; Lindinger aaO). Aus diesen Gründen muss auch die Überwachung des Balkons vor der Wohnung der Erstbeklagten und des Sitzplatzes im Bereich des Gartenhauses als unzulässig angesehen werden, weil hier jedenfalls gelindere Mittel zum Schutz des Eigentums der Beklagten bestünden, beispielsweise die Wahl eines anderen Aufbewahrungsortes für das Fahrrades und/oder eine (geeignetere) Sperrvorrichtung; die entsprechende Befestigung der Holzbilder und der Figuren durch eine feste Verbindung mit dem Untergrund (bsp. Anschrauben). Mangels eines gegenteiligen Vorbringens der Beklagten ist auch davon auszugehen, dass der Scheinwerfer und der Bewegungsmelder beim Gartenhaus ausschließlich Zwecken der Videoüberwachung dient, sodass auch diese ohne Zustimmung der Hauseigentümerin angebrachten Einrichtungen zu entfernen sind.

Letztlich ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aber auch die Überwachung des Stiegenhauses im Inneren des Mehrfamilienhauses als unzulässig einzustufen. Es handelt dabei sich zweifelsohne um eine Allgemeinfläche der Liegenschaft, selbst wenn die Klägerin den von der Kamera beobachteten Teil nicht als Zugang zur eigenen Wohnung benötigt. Soweit sich im Stiegenhausbereich auch die Garderobe des Zweitbeklagten befindet, ist auch hier eine anderweitige Sicherung, beispielsweise eine Unterbringung der Gegenstände in der Wohnung oder zumindest in einem versperrbaren Schrank, denkbar.

Das Vorliegen der Wiederholungsgefahr ist ebenfalls zu bejahen, nachdem die Beklagten auch noch im Berufungsverfahren die Ansicht vertreten, zur Videoüberwachung in der gewählten Form berechtigt zu sein.

In Stattgebung der Berufung ist der Klage daher zur Gänze Folge zu geben. Die abändernde Entscheidung bedingt auch eine neue Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, welche auf § 41 ZPO beruht. Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand verpflichtet, der Klägerin die tarifmäßig verzeichneten Kosten des erstinstanzlichen Verfahren zu ersetzen.

Gemäß §§ 41, 50 ZPO sind die im Berufungsverfahren unterliegenden Beklagten auch verpflichtet, der Klägerin die tarifmäßig verzeichneten Kosten der Berufung zu ersetzen.

Die Klägerin hat das Beseitigungs- und Unterlassungsbegehren mit insgesamt EUR 5.000,00 bewertet, was von den Beklagten unbeanstandet geblieben ist. Es besteht keine Veranlassung für das Berufungsgericht, davon bei der Bewertung des Entscheidungsgegenstandes abzugehen.

Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig.

Textnummer

EFE0100001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00929:2011:00200R00048.11S.0329.000

Im RIS seit

08.06.2011

Zuletzt aktualisiert am

15.07.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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