TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/20 D11 402219-1/2008

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Veröffentlicht am 20.11.2008
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Spruch

D11 402219-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter DDr. Markus GERHOLD als Vorsitzenden und den Richter MMag. Thomas E. SCHÄRF als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Andrea LECHNER über die Beschwerde des M.R., geb. am 00.00.2008, StA. Russland, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. Oktober 2008, FZ 08 03.811- BAG, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird stattgegeben und M.R. gem. § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) iVm. § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass M.R. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Sachverhalt und Verfahrensgang

 

Der Beschwerdeführer ist in Österreich am 00.00.2008 nachgeborener Sohn von S.C., geb. am 00.00.1986 und M.M., geb. am 00.00.1980, und stellte am 29. April 2008, vertreten durch seinen Vater, einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs 1 Z1 AsylG 2005.

 

Der Antrag des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundsasylamtes vom 20. Oktober 2008, FZ 08 03.811 gemäß § 3 Absatz 1 iVm. § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. 100/2005 (AsylG) idgF. abgewiesen. Unter Spruchpunkt II. stellte das Bundesasylamt fest, dass der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat gemäß § 8 Absatz 1 iVm. § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG abgewiesen werde. Unter Spruchpunkt III. wies das Bundesasylamt den Beschwerdeführer gemäß § 10 Absatz 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Russland aus.

 

In der Begründung des Bescheides wurde festgehalten, dass den Eltern des Beschwerdeführers durch den "UBAS" Asyl gewährt worden sei, diese Bescheide jedoch in der Folge vom Verwaltungsgerichtshof in Folge einer Amtsbeschwerde behoben worden und die Asylverfahren der Eltern wieder beim Asylgerichtshof anhängig seien.

 

Der Beschwerdeführer sei Teil der aus M.M. (Vater), M.C. (Mutter), M.S. (Schwester) und M.A. (Schwester) bestehenden Kernfamilie.

 

Den Familienmitgliedern sei weder Asyl noch subsidiärer Schutz gewährt und seien diese nach Russland ausgewiesen worden, aus diesem Grund komme die Zuerkennung von Asyl für den Beschwerdeführer alleine nicht in Betracht.

 

Mit der gegenständlichen, gegen diesen Bescheid (expediert am 20. Oktober 2008 an den gesetzlichen Vertreter des Beschwerdeführers) fristgerecht eingebrachten Berufung machte der Vater des Beschwerdeführers als gesetzlicher Vertreter Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensmängeln und unrichtiger rechtlicher Beurteilung geltend. Begründend führte er aus, es sei auf Grund der Lage in Tschetschenien davon auszugehen, dass er im Falle der Rückkehr zumindest unmenschlicher Behandlung im Sinne von Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre. Repressionen und Übergriffe gegen Tschetschenen seien weiterhin an der Tagesordnung, Amnesty International gehe davon aus, dass sich tschetschenische Volkszugehörige in der gesamten Russischen Förderation nicht dauerhaft sicher fühlen könnten. Zur innerstaatlichen Fluchtalternative und zur Situation der IDPs in Russland verweise er auf die (im Rahmen seines Berufungsverfahrens vor dem UBAS erstellten) Gutachten von Univ. Prof. Dr. H. und Dr. L.. Weiters werde durch die Ausweisung massiv in sein Recht auf Privat- und Familieleben eingegriffen.

 

II.1. Beweisaufnahme und Ermittlungsverfahren:

 

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde in dem seitens des Gerichtshofes angestrengten Ermittlungsverfahren Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den die Person des Beschwerdeführers betreffenden Akt des Bundesasylamtes, den die Eltern des Beschwerdeführers betreffenden Verwaltungsakt des Bundesasylamtes und des unabhängigen Bundesasylsenates sowie in vorgelegte Dokumente. Auf Grund des Ermittlungsverfahrens und der vorgenommenen Beweisaufnahme steht nachstehender entscheidungswesentlicher

Sachverhalt fest:

 

II.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Die Identität des Beschwerdeführers ist als M.R., geboren am 00.00.2008 in Österreich, erwiesen. Der Beschwerdeführer ist russischer Staatsangehöriger und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, moslemischen Glaubens und Sohn von M.M., geboren am 00.00.1980 und S.C., geb. am 00.00.1986.

 

III. Beweiswürdigung

 

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers beruhen auf der im erstinstanzlichen Verwaltungsakt des Beschwerdeführers einliegenden Geburtsurkunde sowie dem glaubhaften Vorbringen der Eltern des Beschwerdeführers in deren Asylverfahren zu 258.981-0/2008/25 E (M.M.) und GZ. D 11 258978-0/2008/24E (S.C.).

 

IV. Rechtlich folgt daraus:

 

Gemäß Artikel 1290c erkennt der Asylgerichtshof nach Erschöpfung des Instanzenzuges

 

1. über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen

 

2. über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Asylsachen.

 

Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG), BGBl I 2008/4, sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985, nichts anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 2006 in Kraft. Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997), BGBl. 76/1997 tritt mit Ausnahme des § 42 Abs. 1 mit Ablauf des 31. Dezember 2005 außer Kraft (§ 73 Abs. 2 AsylG 2005).

 

Daraus folgt, dass der am 29. April 2008 gestellte, gegenständliche Antrag auf Gewährung von Asyl nach den Bestimmungen des AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 100/2005 zu führen ist.

 

Die gegenständliche Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelangt, der Beschwerdeführer legitimiert. Auf die Beschwerde war mithin einzutreten.

 

Wie das Bundesasylamt in seinem Bescheid zutreffend ausgeführt hat, sind im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für die Anwendung eines Familienverfahrens gemäß § 34 AsylG 2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 100/2005, erfüllt. Der Asylantrag des Vaters des Beschwerdeführers wurde zunächst mit Bescheid des Bundesasylamtes in Spruchpunkt I. abgewiesen. Der dagegen eingebrachten Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes stattgegeben und dem Vater des Beschwerdeführers mit dem hg. Erkenntnis vom 14. November 2008, GZ. D 11 258981-0/2008/25E gemäß § 7 AsylG 1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 12 AsylG 1997, wurde festgestellt, dass dem Vater des Beschwerdeführers damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der GFK iVm Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31. Jänner 1967, BGBl. Nr. 78/1974, ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Stellt gemäß § 34 Abs. 1 AsylG 2005 ein Familienangehöriger (§ 2Abs. 1 Z22) von

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§8) zuerkannt worden ist oder

 

3. einem Asylwerber

 

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist (§ 34 Abs. 2 AsylG 2005).

 

Gemäß § 34 Abs.3 AsylG 2005, in der Fassung in der Fassung BGBl. I. Nr. 4/2008, hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, mit Bescheid den Status des subsidiär Schutzberechtigte zuzuerkennen, es sei denn, dass

 

1. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat möglich ist oder

 

2. dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid (§ 34 Abs. 4 AsylG 2005).

 

Die Bestimmungen des Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Asylgerichtshof (§ 34 Abs. 5 AsylG 2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008)

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist im Sinne dieses Bundesgesetzes Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familieneigenschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsland bestanden hat.

 

Die gemäß § 3 iVm. § 34 Abs. 4 AsylG 2005 geforderten Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall erfüllt. Der Asylantrag des Vaters des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes abgewiesen. Der gegen den Bescheid des Vaters eingebrachten Berufung wurde mit hg. Erkenntnis vom 20. November 2008, GZ 258981-0/2008/25E gemäß § 7 AsylG 1997 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 12 AsylG 1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, wurde festgestellt, dass dem Vater der Beschwerdeführerin damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

Gemäß § 3 Abs. 5 AslyG 2005 ist die Entscheidung, mit der Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
11.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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