RS UVS Oberösterreich 1992/06/11 VwSen-400044/26/Gf/Hm

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 11.06.1992
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Siehe VwGH v. 28.4.1992, 91/11/0170, und v. 6.5.1992, 91/01/0200; Rechtssatz

Nach § 26 Abs.1 GGSt hat nicht nur der Lenker,

sondern bei dessen Abwesenheit auch der Beifahrer den Sicherheitsorganen die Kontrolle der Ladung zu gestatten und die entsprechenden Auskünfte zu erteilen. Durchsuchung eines KFZ ist in der Regel keine Hausdurchsuchung und unterliegt daher einerseits nicht dem HausRG, kann aber andererseits auch nicht auf dieses gestützt werden. Aufrechtes Waffenverbot allein begründet keinen dringenden Verdacht, daß der mit einem solchen Verbot Belegte als Beifahrer eines fremden, noch dazu seinem Arbeitgeber gehörenden KFZ eine Waffe mit sich führt. Mangels begründeten Verdachtes keine Berechtigung zur Durchsuchung des KFZ nach Waffen. Teilweise Stattgabe.

 

Die behaupteterweise in dessen Abwesenheit vorgenommene Durchsuchung des im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Kraftfahrzeuges sowie seiner Papiere durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz stellen - weil dieser Anordnung ein impliziter Befehl zugrundeliegt (vgl. B.C. Funk, Der verfahrensfreie Verwaltungsakt, Wien 1975, 208 ff) - eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar, wie sie nach Art. 129a Abs.1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.2 AVG mit Maßnahmenbeschwerde beim unabhängigen Verwaltungssenat für anfechtbar erklärt ist.

 

In Beschwerde gezogen wird nur die Durchsuchung des Kraftfahrzeuges des Beschwerdeführers einerseits und andererseits der dort vorgefundenen Papiere; hingegen bildet nach seinem Antragsvorbringen die erwähnte langdauernde Einvernahme bei der Behörde keinen Beschwerdegegenstand.

 

Wie das Verfahren ergeben hat, wurde die Überprüfung des Kraftfahrzeuges von der belangten Behörde zunächst einerseits auf § 58 des Kraftfahrgesetzes, BGBl. Nr.  267/1967, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 458/1990 (im folgenden:  KFG), und andererseits auf § 26 des Bundesgesetzes über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, BGBl. Nr. 209/1979, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 181/1988 (im folgenden: GGSt), gestützt.

 

Gemäß § 26 Abs. 1 GGSt können die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes - dazu zählen jedenfalls die Organe der den Bundespolizeibehörden beigegebenen Sicherheitswache - jederzeit an Ort und Stelle prüfen, ob die Zulässigkeit der Beförderung gefährlicher Güter i.S.d. § 22 GGSt gegeben ist; nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat der Lenker diesen Organen auf deren Verlangen auch Teile sowie Ausrüstungs- und Ausstattungsgegenstände des Kraftfahrzeuges auf dem einfachsten Weg zugänglich zu machen, soweit ihm dies ohne Verwendung besonderer Werkzeuge und ohne besondere Fähigkeiten und Kenntnisse möglich und zumutbar ist. Da sich im Zuge der Kraftfahrzeugkontrolle aus dem Gespräch mit dem Beifahrer ergeben hatte, daß mit diesem LKW üblicherweise Abfälle transportiert werden, war es für die beiden Beamten jedenfalls nicht unvertretbar, den Verdacht zu hegen, daß in den sich im Laderaum befindlichen Fässern dem GGSt unterliegende Güter transportiert werden könnten.  Nur um festzustellen, ob es sich überhaupt um gefährliche Güter i.S.d. GGSt handelt, haben die beiden Beamten Einsicht in eines der geladenen Fässer begehrt und es auch bei dieser oberflächlichen Kontrolle belassen.  Es hieße den Wortlaut des Gesetzes verkennen, wollte man die Aufassung vertreten, daß die einschreitenden Beamten angesichts des begründeten Verdachtes hiefür der persönlichen Genehmigung des nicht anwesenden Kraftfahrzeughalters bedurft hätten, nur weil dieser bis zum Abstellen des Kraftfahrzeuges auch tatsächlich als Lenker fungiert hatte. Denn einerseits sind die Behörden und deren Organe von Gesetzes wegen schon ganz allgemein dazu angehalten, möglichst einfach, rasch und zweckmäßig zu handeln (vgl. § 39 Abs.2 letzter Satz AVG) und andererseits hatte der Beifahrer ja gerade den Auftrag erhalten, sich während der Abwesenheit des Eigentümers um das Fahrzeug zu kümmern und fungierte infolgedessen - wie auch die einschreitenden Beamten zu Recht angenommen haben - als dessen Stellvertreter.  Der Einwand des Beschwerdeführers, daß dann, wenn er tatsächlich Güter transportieren würde, sein Fahrzeug mit einer entsprechenden Plakette versehen sein müßte, geht hingegen schon deshalb fehl, weil er a priori unterstellt, daß sich der Beschwerdeführer diesbezüglich rechtmäßig verhalten hat, es aber in Wahrheit offensichtlich gerade darum ging, das Vorliegen eines möglichen Verstoßes gegen diese Kennzeichnungsvorschrift zu überprüfen.

 

Aus diesen Gründen kann daher nicht gefunden werden, daß die einschreitenden Beamten bei der Überprüfung der Fässer die Ermächtigung des GGSt überschritten und sich demgemäß rechtswidrig verhalten hätten.

 

Nach § 58 Abs. 1 KFG können von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes jederzeit die Wirksamkeit der Teile und Ausrüstungsgegenstände eines Fahrzeuges, die bei seinem Betrieb betätigt werden und für die Verkehrs- oder Betriebssicherheit von Bedeutung sind, sowie der Zustand seiner Reifen an Ort und Stelle geprüft werden.

 

Diese Bestimmung ermächtigt u.a. schon nach ihrer Zwecksetzung die Sicherheitsorgane unzweifelhaft sowohl dazu, die Unterseite des überprüften Fahrzeuges zu begutachten als auch dazu, durch das Fenster in das Wageninnere zu sehen. Den einschreitenden Organen kann sohin auch insoweit nicht zum Vorwurf gemacht werden, bei der Durchführung der Verkehrskontrolle rechtswidrige Befehls- oder Zwangsakte gesetzt zu haben.

 

Vom Beschwerdeführer wurde schließlich auch vorgebracht, daß die einschreitenden Organe die Fahrerkabine sowie insbesondere die dort vorgefundenen Dokumente durchsucht haben.

 

Von der belangten Behörde wurde dieses Sachverhaltselement in der Gegenschrift zunächst grundsätzlich bestritten, doch hat sich in der mündlichen Verhandlung erwiesen, daß in der Fahrerkabine jedenfalls nach allenfalls verborgenen Waffen Nachschau gehalten wurde; daß hingegen auch eine Durchsuchung von Dokumenten des Beschwerdeführers erfolgte, konnte vom Beschwerdeführer letzlich nicht mit der für ein verwaltungsgerichtliches Verfahren erforderlichen Sicherheit (vgl. dazu z.B. VfGH vom 11.6.1991 B 154/90; vom 17.6.1991, B 580, 581/90) nachgewiesen werden.

§ 3 i.V.m. § 2 des im Verfassungsrang stehenden Gesetzes zum Schutz des Hausrechts, RGBl. Nr. 88/1862 (im folgenden: HausRG), berechtigt die Organe der öffentlichen Aufsicht dazu, eine Hausdurchsuchung vorzunehmen, wenn diese der polizeilichen Aufsicht dient; diese kann im Falle von Gefahr im Verzug auch ohne richterlichen Befehl und ohne spezielle gesetzliche Ermächtigung (vgl. VfSlg 1811/1949 und VfSlg 6553/1971; a.A. F. Ermacora, Handbuch der Grundfreiheiten und der Menschenrechte, Wien 1963, 248 und 251 ff., und H. Stolzlechner, Der Schutz des Hausrechts in Österreich, EuGRZ 1983, 7 f.) von den Organen der polizeilichen Aufsicht aus eigener Macht vorgenommen werden; hiebei ist der Begriff der "Gefahr im Verzug" nach der zitierten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung eng auszulegen.

 

Eine Hausdurchsuchung liegt jedoch überhaupt nur dann vor, wenn der nachforschenden Behörde die Person oder der Gegenstand, nach dem sie sucht, zwar bereits zuvor bekannt ist, nicht aber deren gegenwärtiger Aufenthalt, sodaß die Behörde bzw. deren Organe, die annehmen, daß sich die Person bzw. der Gegenstand in der zur Durchsuchung in Aussicht genommenen Räumlichkeit befindet, insoweit konkret zielgerichtet vorgehen (vgl. VfSlg 8815/1980; 9525/1982).

 

Gegenstand der vermeintlichen "Haus"durchsuchung waren im vorliegenden Fall allenfalls verborgene Waffen, sodaß insofern der Begriff der Hausdurchsuchung i.S.d. HausRG erfüllt gewesen wäre. Objekt der Durchsuchung war der LKW des Beschwerdeführers.  Bei einer Durchsuchung eines Kraftfahrzeuges kann aber dann nicht die Rede von einer Hausdurchsuchung sein, wenn dieses - wie im vorliegenden Fall - seiner Bestimmung nach nicht wie eine "Räumlichkeit" i.S.d. HausRG verwendet wird (vgl. VfSlg 4525/1982; 10124/1984).  Handelte es sich demnach aber im Ergebnis schon begrifflich um gar keine Hausdurchsuchung, so war die Vorgangsweise der einschreitenden Organe jedenfalls auch nicht von § 3 HausRG gedeckt.

 

§ 39a des Waffengesetzes, BGBl. Nr. 443/1986 (im folgenden: WaffenG), ermächtigt die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes u.a. zur Durchsetzung eines Waffenverbotes (§ 12 WaffenG) dazu, die Kleidung und Behältnisse von Personen an Orten zu durchsuchen, an denen aufgrund eines konkreten Hinweises oder sonstiger bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht besteht, daß diesem Verbot zuwidergehandelt wird und diese Durchsuchung zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit geboten erscheint.

 

Allein der Umstand, daß gegen den Beifahrer des Beschwerdeführers ein aufrechtes Waffenverbot bestand, vermochte jedenfalls noch nicht einen dringenden Verdacht des Verstoßes gegen das Waffenverbot, wie ihn § 39a WaffenG fordert, zu begründen. Angesichts des Umstandes, daß sich die Person, gegen die das aufrechte Waffenverbot bestand, in einem fremden Kraftfahrzeug und bloß als Beifahrer, d.h. in der Funktion eines Arbeitnehmers seines Vorgesetzten, aufhielt, hätte es entsprechend konkreter und stichhaltiger Verdachtsmomente bedurft, die einen Hinweis auf das Vorliegen eines aktuellen Verstoßes gegen das aufrechte Waffenverbot geliefert hätten. Solche Anhaltspunkte lagen aber nicht vor, im Gegenteil: Anders als zuvor bei den leicht sichtbaren Fässern läßt hier die Vermutung des Mitführens einer Waffe unter den gegebenen Umständen nicht nur die Annahme eines dringenden Verdachtes i.S.d. § 39a WaffenG nicht als gerechtfertigt erscheinen, sondern widerspricht eine solche Vermutung schon von vornherein der allgemeinen Lebenserfahrung. Demnach konnten aber die einschreitenden Sicherheitsorgane nicht mit Grund davon ausgehen, daß der Beifahrer des Beschwerdeführers trotz aufrechten Waffenverbotes in einem fremden Kraftfahrzeug - erst recht nicht im LKW seines Arbeitgebers - Waffen mit sich führen würde.  Bei der aus grundrechtlicher Sicht - es handelt sich bei Durchsuchungen gemäß § 39a WaffenG notwendig um einen Eingriff in das Eigentums(-oder Haus)recht gebotenen engen Auslegung des Tatbestandsmerkmales des "dringenden Verdachtes" i.S. der genannten Bestimmung war daher im vorliegenden Fall die Vorgangsweise der Organe der genannten Behörde auch durch diese Vorschrift nicht gesetzlich gedeckt: Bloß die Tatsache eines bestehenden Waffenverbotes ohne konkreten Hinweis auf einen potentiellen Verstoß gegen dieses vermag keinesfalls eine - wenn auch bloß oberflächliche - Durchsuchung fremden Eigentums im Sinne des § 39a WaffenG zu rechtfertigen, erst recht nicht, wenn sich der Eigentümer im örtlichen Nahebereich aufhält und - wie im vorliegenden Fall - für die Sicherheitsorgane ohnedies leicht greifbar gewesen wäre. Selbst wenn der Beifahrer hiefür seine Zustimmung erteilt hätte, wäre diese nicht durch eine entsprechende Vertretungsmacht gedeckt gewesen, sodaß die einschreitenden Organe auch keinesfalls von einem wirksamen Rechtsschutzverzicht ausgehen hätten können.

 

Da sich aber auch sonst keine gesetzliche Ermächtigung für das Vorgehen der Organe der belangten Behörden finden läßt, lag insoweit eine rechtswidrige, den Beschwerdeführer jedenfalls in seinem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf Nichtvornahme einer gesetzlosen Durchsuchung seines Kraftfahrzeuges verletzende Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor; ob darüber hinaus auch eine Grundrechtsverletzung stattgefunden hat, kann bei diesem Ergebnis auf sich beruhen, weil der angefochtene Verwaltungsakt schon wegen des Verstoßes gegen einfachgesetzliche Rechtsvorschriften für rechtswidrig zu erklären war.

Schlagworte
Maßnahmenbeschwerde: Zulässigkeitsvoraussetzungen; faktische Amtshandlung; Hausdurchsuchung; Begriff; Stattgabe; Abweisung; Zurückweisung; Öle und Fette - Gefährliche Güter
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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